Fußballgeschichte der Stadt - Berliner "Fuwo" wird 100 Jahre alt und digital
Berliner Fußball-Fans brauchen Informationen über den Berliner Fußball. Mit einer Kriegsunterbrechung gibt es die in der Berliner "Fuwo". Das Blatt feiert nun seinen hundertsten Geburtstag - mit einem besonderen Blick in die Geschichte.
100 Jahre, mit ein bisschen Pause zwischendurch: Die Berliner Fußballzeitschrift "Fuwo" feiert an diesem Sonntag ihr sehr rundes Jubiläum. Am 24. September 1923 war die erste Ausgabe des Fußball-Fachblatts in Berlin erschienen.
Nun blickt die Redaktion zurück auf 100 Jahre komischer Verwicklungen, sportlicher und systemischer Trennungen und Vereinnahmungen. Es sind viele Jahrzehnte großer Siege und noch größerer Niederlagen im Berliner Fußball. 50 Jahre ihres bisherigen Lebens war die "Fuwo" gar doppelt auf dem Platz- rechts und links der Mauer.
Kurz nach der Gründung ein Boom - an der Seite Herthas
Gegründet von Fußball-Enthusiasten zu Beginn der 1920er Jahre erschien das Blatt von Anfang an mit einem ausschließlich lokalen Fokus. Vor allem Herthas Erfolge Mitte der 1920er Jahre verhalfen der Berliner Fußballwoche, kurz "Fuwo", zu außerordentlicher Popularität und auch zu überregionalem Interesse. Auch wenn Hertha fünf Endspiel-Anläufe brauchte, um 1930 schließlich das erste Mal Deutscher Meister zu werden - die "Fuwo" beschrieb, umschrieb und umjubelte torgenau zusammen mit seinen Lesern die Spielverläufe in der neuen Fußballhauptstadt.
Im Fahrwasser der sich deutschlandweit zum Erfolg spielenden Hertha wurde auch die Berliner "Fuwo" erfolgreicher und erschien schon bald mit mehreren Regionalausgaben. Im Jahr 1944 - wenige Monate vor Kriegsende wurde das Blatt aber "kriegsbedingt" eingestellt und dann erst 1950 in West-Berlin von seinem Gründer, dem Journalisten Kurt Stoof, neu gegründet - als offizielles Organ des Landesfußballverbands, damals hieß der tatsächlich Verband Brandenburgischer Ballspielvereine (VBB), später Berliner Fußball-Verband (BFV).
Es gab eine "Fuwo" im Osten und eine "Fuwo" im Westen
Dabei war bei der Wiederaufnahme der Arbeit nach dem Krieg auch sehr schnell klar, dass das Blatt zum Organ der Westberliner Vereine wurde, denn die Ostvereine gehörten sehr bald schon einem eigenen ostdeutschen Fußballverband an, dem Deutschen Fußball-Verband (DFV) der DDR.
Die Berichterstattung oder Dokumenation der Ergebnisse der Ostberliner und ostdeutschen Vereine geschah in der Berliner "Fuwo" in den Jahren der Teilung nur sehr reduziert, denn der Fokus des Blatts war gerichtet auf alle Vereine und Ligen Westberlins.
Wenige Monate vor diesem Neustart im Westen war in Ostberlin im Herbt 1949 die "Neue Fußballwoche - Fuwo" gegründet worden, im Titel nur zu unterscheiden von dem Westberliner Ur-Blatt durch den Zusatz "Neue". Die ostdeutsche Zeitschrift begleitete vor allem den Fußballbetrieb der oberen DDR-Ligen, überstand aber die Publikationskämpfe der Nachwendezeit nicht und wurde 1992 eingestellt.
Konzentration auf die eigenen Stärken - das Regionale
Dafür wurde nach der Wende und der Wiedervereinigung dann in der Berliner "Fuwo" auch wieder über die Vereine in den Ostberliner Bezirken bis in die Jugendligen berichtet. Der wöchentliche Erscheinungstag ist dabei seit jeher Montag, also der Tag nach den Spieltagen des Wochenendes. Berichtet oder zumindest in Tabellen und Ergebnislisten dokumentiert wird dabei meist aus nahezu allen Altersklassen, genauer von der Jugend bis zu den Alten Herren, und aus allen Leistungsklassen, also von der Bundesliga bis hinab in die Kreisliga C und sogar Betriebs- und Freizeitliga.
Ähnlich wie viele Vereine - ob nun vielleicht Hertha oder Tasmania ganz oben oder kleinere Vereine in den niedrigen Kreisklassen - kämpft und kämpfte auch die Berliner "Fuwo" mit Hochphasen und Tiefpunkten. Die besonderen Herausforderungen lauteten dabei für die Berliner "Fuwo" Leserschwund, Digitalisierung und steigende Produktionskosten.
Nach 100 Jahren in die digitale Zukunft
Doch in einem Punkt spielt die Berliner "Fuwo" nun zu ihrem Jubiläum einen Vorteil aus, mit dem keine andere Berliner Sportredaktion punkten kann: 100 Jahre Fußballdokumention bis in die untersten Ligen. Diese Zahlen- und Berichtsgeschichte, festgehalten in tausenden gedruckten Ausgaben, soll nun digitalisiert werden.
Fuwo-Chefredakteur Horst Bläsig sieht darin eine neue Chance für das seit Jahren mit Auflagenschwund kämpfende Blatt: "Jeder, der mal wissen möchte: 'Mensch, Opa, der hat immer so viel erzählt, er war ganz groß bei Tasmania" - der kann dann bald hier nachlesen, ob das mit dem Opa auch so war."
Als Krönung dieser digitalen Historie will die Berliner "Fuwo" künftig auch seine Inhalte als App präsentieren. Dann wird es möglich, genau zu vergleichen, wie sich das mit den Fouls und den Toren und den Spielerwechseln schon vor 100 Jahren verhielt: Berliner Fußballgeschichte für alle frei zugänglich.
Mit Informationen von Uri Zahavi
Sendung: rbb UM6, 23.09.2023, 18:00 Uhr