Bundestreffen in Cottbus - Woidke fordert auf Bauerntag weitere staatliche Unterstützung von Landwirten
Der Brandenburger Ministerpräsident spricht auf dem Bauerntag in Cottbus - und präsentiert sich als Gegenspieler der Ampel-Regierung. Der Bauernverband zeigt sich erfreut über Woidkes Unterstützung - und erneuert seine Forderungen an den Bund.
Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die Bundesregierung im Streit um die Abschaffung der Steuervergünstigungen für Agrardiesel zu einer Kehrtwende zugunsten der Bauern aufgefordert. Die Entscheidung zum Agrardiesel sei - auch wenn sie in Teilen korrigiert worden sei - "eine falsche Entscheidung - und dabei bleibe ich auch", sagte Woidke am Donnerstag beim Deutschen Bauerntag in Cottbus.
"Wenn man Dinge nur halbrichtig macht oder sogar falsch, dann braucht man Kraft - man braucht dann nämlich die Kraft zur Korrektur", sagte Woidke weiter. "Ich wünsche der Bundesregierung vor allen Dingen auch diese Kraft zur Korrektur." Die Bauern applaudierten dabei lautstark. "Das wäre ein wichtiges Signal nicht nur in die Landwirtschaft hinein, sondern insgesamt in die ländlichen Räume."
Der Regierungschef forderte stabile Rahmenbedingungen für die Agrarbetriebe, damit sie weiter in umweltschonende Produktionsverfahren und Klimaschutz investieren könnten. Die Anforderungen an die Branche, zum Beispiel beim Umwelt- und Tierschutz, würden immer höher. Das müsse auch ausgeglichen werden, sagte Woidke und bezog sich dabei rein auf Steuergeld.
Distanz zur Ampel
Woidke warnte auch vor zu viel Bürokratie. Er kündigte an, dass Brandenburg - wie andere Bundesländer auch - deswegen kein grünes Licht für das Düngegesetz im Bundesrat am 5. Juli geben werde. Woidke fordert für den Brandenburger Landtag die Wiedereinrichtung eines Sonderausschusses zum Abbau von Normen und Standards. "Lieber Cem Özdemir, ich glaube, das wäre auch ein guter Vorschlag für die Bundesebene", sagte er adressiert an den grünen Bundeslandwirtschaftsminister.
Damit geht Woidke nicht zum ersten Mal im Jahr der anstehenden Landtagswahlen auf Distanz zur Ampel-Koalition im Bund. Im vergangenen Februar hatte Woidke angekündigt, Brandenburg werde dem sogenannten Wachstumschancengesetz, einer größeren Gesetzesänderung, im Bundesrat nur zustimmen, wenn der Bund im Gegenzug die Kürzungen beim Agrardiesel zurücknehme [youtube.com]. Davon war kurz darauf keine Rede mehr. Brandenburg stimmte zu und die Staatskanzlei gab laut der "MAZ" zu Protokoll, die beiden Dinge hätten nichts miteinander zu tun [maz-online.de].
Bauernpräsident fordert weitere Entlastungen vom Bund
Der Bauernpräsident Joachim Rukwied bedankte sich am Donnerstag bei Woidke für dessen Unterstützung: "Das macht uns Mut." Rukwied geht das Entlastungspaket der Bundesregierung nicht weit genug, wie er sagte. Darin geht es etwa um Erleichterungen bei der Verrechnung von Gewinnen aus guten und schlechten Jahren bei der Steuer und um weniger Bürokratie. Um die höheren Kosten für mehr Tierwohl tragen zu können, schlägt der Bauernverband unter anderem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Fleisch vor.
Rukwied hatte deutlich gemacht, dass die Mehrwertsteuer auf Fleisch von bisher ermäßigten sieben Prozent um zwei oder drei Punkte erhöht werden könnte - aber nicht auf den vollen Satz von 19 Prozent, damit auch einkommensschwächere Familien weiterhin Fleisch und Wurst kaufen könnten. Zugleich sollte die Politik eine Vereinbarung treffen, "dass dieses Geld ausschließlich in der Tierhaltung landet für den Umbau der Ställe, für höhere Haltungsformen".
Özdemir: "In der Agrarpolitik über Jahrzehnte viel liegen geblieben"
Özdemir äußerte am Donnerstag Verständnis für die Kritik des Bauernverbandes: "Auf dem Bauerntag ging es immer etwas deutlicher zu, etwas herzhafter zu. Und das gehört dazu. Die Arbeitsbeschreibung des Bauernverbandes ist nicht, Bundesregierungen zu loben, sondern für ihre Branche möglichst viel zu erreichen."
Seine Aufgabe sei es, die Interessen der Landwirte mit dem Naturschutz und dem Verbraucherschutz zusammenzubringen. "Ich komme nicht mit leeren Händen. Was Bürokratieabbau angeht, ist das Entlastungspaket das umfangreichste, das es in den letzten Jahren gab."
Das Thema sei kleinteilig, mache für die Berufsgruppe aber einen Unterschied, so Özdemir weiter. In der Agrarpolitik sei über Jahrzehnte viel liegen geblieben, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag im Deutschlandfunk. "Ich sorge dafür, dass das vollgefüllte Fass, das mir dankenswerterweise durch meine Vorgänger überreicht wurde, abgetragen wird. Das dauert halt."
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.06.2024, 14:00 Uhr