Wirtschaftskriminalität - Berliner Justiz warnt vor Betrug mit Cybertrading
Die Werbung ist gefälscht, die Renditeversprechen enorm. Am Ende ist das Geld einfach nur: weg. Die Berliner Justiz verfolgt immer öfter Betrugsfälle mit Cybertrading. Dass die Krypto-Finanzwelt kaum reguliert sei, mache es den Tätern leicht. Von S. Schöbel
Betrug mit Cybertrading, vor allem der Handel mit Kryptowährungen, stellt aus Sicht der Berliner Justiz ein immer größeres Problem dar. Dabei setzen die Täter immer häufiger gefälschte Trading-Webseiten ein, die sie in den Sozialen Medien mit hohen Gewinnversprechen und Fakes bewerben. Das geht aus einer Antwort der Innenverwaltung auf eine aktuelle parlamentarische Antwort der Linken hervor.
Ziel der Täter sei es, unerfahrene Anleger mit dem Versprechen auf schnelle Gewinne anzulocken. Dabei wird besonders häufig mit mutmaßlich positiven Medienberichten über das Anlageprodukt geworben, die jedoch alle falsch sind.
So werde beispielweise oft ein Zusammenhang mit der TV-Sendung "Die Höhle der Löwen" hergestellt. In dieser Fernsehsendung stellen Erfinder oder Gründer Geschäftsideen vor, in der Hoffnung, dass Investoren in ihr Start-up investieren. Durch den Verweis auf diese VOX-Sendung solle "gezielt Vertrauen und Seriosität" erweckt werden, dahinter verberge sich aber eine betrügerische Absicht.
Auch über Dating-Plattformen würden die Täter gezielt Personen ansprechen, um sie in emotional schwachen Momenten zur Geldanlage zu überreden, heißt es. Über die Betrugsmasche hatte zuletzt auch die rbb-Sendung "Täter, Opfer, Polize" berichtet.
Fantasieprodukte und Fake-Werbung
Die Opfer würden dabei auf gefälschten Handelsplattformen geschickt, wo sie ihre personenbezogenen Daten hinterlassen müssen. "Die Website selbst enthält nur wenige Angaben zu betreibenden Personen", so die Innenverwaltung. "Es handelt sich um Fantasieprodukte zur Täuschung der Anlegenden." Tatsächlich stehe dahinter ein Netzwerk aus bestens organisierten Betrügern, die mit ausländischen Callcentern und psychologisch geschulten Fake-Beratern agieren. Die Opfer würden dann regelrecht zur Geldanlage gedrängt, unter anderem indem sich die Täter über Fernwartungssoftware Zugriff auf die Computer ihrer Opfer verschaffen.
Die Zahlung für vermeintlichen Geldanlagen geschehe über falschen Konten oder direkt über Kryptobörsen und verschlüsselte Konten, sogenannte "Wallets". Die Täter gaukeln den Anlegern dann Gewinne vor und motivieren damit zu weiteren Investitionen. "Sobald Anlegende Auszahlungen aus dem Guthaben wünschen, werden sie, sofern sie noch einen Kontakt zum Betreibenden der Plattform herstellen können, vertröstet." Eine Geldanlage fand in Wirklichkeit aber nie statt, so die Innenverwaltung. Den Täter werde auch dadurch geholfen, dass der Markt mit Kryptowährungen bislang weitgehend unreguliert ist, so die Innenverwaltung.
Wirtschaftskriminalität sorgt für Schäden in Millionenhöhe
"Anlagebetrug trifft oft die finanziell weniger gebildeten oder vulnerablen Menschen, die sich erhoffen, durch Investitionen ihren Lebensstandard zu verbessern", sagte der finanz- und rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Sebastian Schlüsselburg. Hinter den Taten stecke meistens das Organisierte Verbrechen, und neben den finanziellen Schäden werde auch das Vertrauen in den Rechtsstaat auf die Probe gestellt. "Staatsanwaltschaft, Polizei und Gerichte müssen deswegen für diesen Kampf unbedingt besser ausgestattet werden", so Schlüsselburg. Das sollte eine höhere Priorität haben als zum Beispiel die Befriedung des Görlitzer Parks mit einem Zaun. "Die großen Fische tragen Nadelstreifenanzüge und keine Brustbeutel."
Insgesamt verzeichnete die Berliner Justiz allerdings auch Erfolge im Kampf gegen die Wirtschaftskriminalität. So sank 2023 die Gesamtzahl der Fälle im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent - allerdings nachdem sie Fallzahlen während der Pandemie durch zahlreiche Betrugsfälle mit Coronahilfen oder Testzentren stark angestiegen war. Zum Vergleich: Zählte die Justiz 2019 noch rund 2.700 Fälle von Wirtschaftskriminalität, waren es 2023 insgesamt fast 5.700.
Während die Aufklärungsquote bei relativ einfachen Betrugs- und Insolvenzdelikten bei weit über 90 Prozent lag, betrug sie bei Anlage- und Finanzdelikten nur etwas mehr als 70 Prozent. Die Gesamtschadenssumme der Wirtschaftsdelikte lag im vergangenen Jahr bei fast 400 Millionen Euro.
Sendung: Inforadio, 30.09.2024, 11:00 Uhr