Berlin-Kreuzberg - Wenn Fastfood-Müll zum Problem wird

Fr 15.11.24 | 23:00 Uhr
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Verpackungsmüll auf einer Straße im Kreuzberger Bergmannkiez. (Quelle: rbb/Everwien)
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Video: rbb24 | 15.11.2024 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: rbb/Everwien

Fastfood geht einher mit Verpackungsmüll, der dann oft in der Gegend herumliegt. Das zeigt sich vor allem in den touristischen Gegenden Berlins. Im Bergmannkiez in Kreuzberg können sie gerade ein Lied davon singen. Von Andrea Everwien

Rund um die Kreuzberger Bergmannstraße stolpert man seit einiger Zeit vermehrt über Kaffeebecher, Burger-Schalen, Papierservietten jeder Art. Immer wieder fallen auch rot-weiße Verpackungen mit dem gleichen Schriftzug ins Auge: "Munchies" – ein neuer Fastfood-Anbieter im Kiez.

Der Laden bietet klassisches US-amerikanisches Fastfood, gemischt mit ein bisschen Texas-Feeling: Birria, Tacos und Burger, alles "halal", also dem islamischen Reinheitsgebot entsprechend. Dazu gibt es Pommes, hier "fries" genannt. Das "Munchies" ist Thema bei Influencern auf Youtube und auch durch TikTok mittlerweile international bekannt.

Die Nachfrage ist entsprechend. Bis zu 1.000 Menschen wollen täglich "Munchies"-Essen haben, sagen die Geschäftsinhaber dem rbb. Es sei ein Riesenproblem, den Andrang zu bewältigen - der Verkaufsraum sei nur 26 Quadratmeter groß.

Lange Schlangen und viel Müll

Die Schlangen vor dem Laden sind also lang, Autos parken in zweiter Reihe, die Gäste setzen sich mit dem Essen auf die Stufen umliegender Hauseingänge, die nahegelegenen Spielplätze und die Parklets der verkehrsberuhigten Bergmannstraße. Nicht alle nutzen für ihren Müll dann die dafür vorgesehenen Mülleimer, wie Passanten und Anwohner berichten.

Viele in der Nachbarschaft ärgern sich deshalb. "Jeder hat seine Tüte. Darin ist noch alle mögliche Verpackung, Flaschen und ich habe auch beobachtet, wie einfach die Flaschen dann so ins Gebüsch geworfen werden", sagt eine Frau, die am Chamissoplatz wohnt. Andere sprechen von Verlotterung, auch auf dem Portal nebenan.de ist der Müll seit längerem Gesprächsthema und sorgt für erregte Debatten.

"Munchies" fühlt sich bedroht

Der Ärger hat auch das "Munchies" erreicht. Inzwischen werde das Geschäft mit seinen Mitarbeitern bedroht von Menschen, die ihnen Müllbeutel in den Laden werfen und rund ums Geschäft Fäkalien verschmieren würden, erzählt der Geschäftsführer im Gespräch.

Dabei sei man sich des Problems bewusst: Man habe bereits Verpackungen reduziert, außerdem stünden vor der Tür drei Mülltonnen mit dem Hinweis an die Gäste, die Verpackungen dort zu entsorgen und helfen, die Umgebung sauber zu halten, erklärt das Management. "Wir sammeln jeden Tag Müll auf", sagt ein Mitarbeiter. "Und nachdem wir hier geschlossen haben, gehen nochmal zwei Mitarbeiter im ganzen Bergmannkiez herum. Die sammeln dann auch noch mal Sachen auf."

Das zuständige Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg bestätigt, "Munchies" erfülle seine Pflichten zur Reinhaltung im öffentlichen Raum. "Dem Betreiber kann (…) das Fehlverhalten der Kund*innen/Passant*innen zumindest in der weiteren Umgebung des Ladens nicht zugerechnet werden", heißt es in einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage des rbb.

Verpackungsverordnung erfasst das Problem nicht

Mehrweg scheint in diesem Fall auch keine Option zu sein. Zwar gilt seit dem 1. Januar 2023 die neue europäische Verpackungsverordnung, nach der Anbieter, die Speisen in Einwegbehältnissen oder Getränke in Einwegbechern anbieten, zusätzlich auch Mehrwegoptionen vorhalten müssen. Diese Regelung gilt aber nur für Restaurants, deren Gastraum 80qm hat, trifft auf das Munchies also nicht zu.

Es gebe nicht ausreichend Platz in dem kleinen Laden, um Mehrweggefäße hygienisch einwandfrei zu säubern, erklärt der Geschäftsführer. Deshalb sei auch ein freiwilliges Angebot nicht zu leisten.

Zuletzt entscheiden ohnehin die Kund:innen, ob sie lieber Einweg oder Mehrweg wollen – so sieht es die Verpackungsverordnung vor. Im touristisch geprägten Bergmannkiez mit viel Laufkundschaft wäre Mehrweg also möglicherweise ohnehin keine Lösung.

"Littering" – ein stadtweites Problem?

Was sich im Kreuzberger Bergmannkiez abbildet, scheint auch in anderen Teilen der Stadt ein Thema zu sein. Das "Littern" von Verpackungen habe in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen, erklärt die BSR auf Anfrage. Vor allem seit der Corona-Pandemie habe sich die Situation verschärft, weil seitdem wesentlich mehr Essen to-go angeboten werde.

Wie viel Verpackungsmüll die Teams der BSR genau von der Straße räumen, ist nicht bekannt: Kaffeebecher, Menüschalen und Pizzakartons würden zusammen mit Laubresten als normaler Straßenkehricht verbucht und nicht gesondert erfasst, so die Auskunft der BSR.

BSR: Es gibt genug Mülleimer

Mehr Müllbehälter würden die Situation nicht verbessern, erklärt die BSR. Konkret sind etwa in Sichtweite des "Munchies" drei der stadtweit 27.000 öffentlichen Mülleimer installiert. Weitere finden sich an den nächsten Straßenecken im Kiez. In den Parklets auf der Bergmannstraße hängen offene BSR-Müllbeutel, auf dem Spielplatz stehen gußeiserne Mülltonnen.

Einige Menschen würden die vielen öffentlichen Abfallbehälter ignorieren und ließen ihren Müll an Ort und Stelle liegen, schreibt die BSR: "Dieses Verhalten ist häufig der eigenen Bequemlichkeit geschuldet – und auch ein Zeichen mangelnden Respekts für den öffentlichen Raum sowie für unsere Reinigungskräfte."

Bezirk reagiert mit mehr Kontrollen

Der Bezirk kennt die Beschwerden der Anwohner:innen im Bergmannkiez. Die Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes seien angewiesen, im Rahmen ihrer Kapazitäten vermehrt Parkverstöße zu ahnden und das sogenannte "Littering" – das unachtsame Wegwerfen von Müll – vermehrt zu ahnden, erklärt der Bezirk schriftlich. Das entsprechende Verwarnungsgeld betrage 55 Euro.

Einem steigenden Müllaufkommen könne allerdings nicht mit immer mehr Mülleimern begegnet werden, so der Bezirk. Vielmehr brauche es Strategien, um Müll zu vermeiden und zu reduzieren.

77 Kommentare

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  1. 77.

    Der Laden Munchies ist illegal, er wurde vom Bauamt als Cafe genehmigt und dürfte wegen der Anwohner im allgemeinen Wohngebiet nur bis 22 Uhr geöffnet sein. Die dysfunktionale Berliner Verwaltung regt sich aber nicht, weil: wer sich zuerst bewegt, hat verloren, wie beim Mikado!

  2. 76.

    Verursacher der Fast-Food-Müllflut ist der Laden Munchies, klare Sache, steht ja auch auf dem Müll drauf. Die Kunden in SUVs und den anderen Angeber-Karren sind nicht aus X-Berg, sonst würden sie nicht ihren Abfall hinterlassen.

  3. 75.

    Die Kreuzberger Bergmannstraße ist eine touristischen Gegenden Berlins ???
    Sie belieben wohl zu scherzen.
    Wenn es dort so aussieht wie auf dem Foto ist es wohl eher eine tierische Gegend, wenn Sie verstehen …
    Manche Menschen haben definitiv immer noch zu viel Geld im Portemonnaie, wenn sie sich Fastfood leisten können, sollten die Kontrolletties unbedingt ändern …

  4. 74.

    Um die Umwelt und Grundwasser vergiftende Zigarettenkippen macht man nicht so einen Aufriss. Wie wäre es endlich mit einem Zigarettenverbot? Oder so hohen Strafen, dass sich der Verkauf nicht mehr lohnt.
    Aber klar. Fastfoodkette passt nicht in einen sozialistischen Ökobezirk.

  5. 73.

    Hm? Was meinen Sie denn damit? Wie ist denn der für Sie typische Bergmann-Kiez-Bewohner beschaffen, dass Sie glauben, sie würden in einer Blase leben und keinen Realitätssinn haben? Ist das irgendwie sowas wie eine Sekte oder was...?

  6. 72.

    Ja natürlich… Dann findet sich ein Gericht, dass die dann anhängigen Verfahren aus unerfindlichen Gründen wieder einstellt und es bleibt alles beim Alten.
    Aber es wird sich in unserer Gesellschaft ohnehin alles nur noch verschlimmern, wenn es so weitergeht wie bisher. Die Stadt ist so unattraktiv und hässlich geworden, dass ich keine Veränderung zum Positiven sehe.

  7. 71.

    Jeden Morgen wenn ich über den mehringdamm laufe, sehe ich ein ähnliches Bild. Aber auf den Verpackungen steht Burgermeister.

  8. 70.

    Die können ihren Müll selber wegschmeißen dahin wo er hingehört. Es sollten genügend Tonnen zur Verfügung stehen und auch geleert werden. Wenn ich solche Ketten genehmige muss ich damit rechnen, dass die Menschen ihr Essen unterwegs essen. Man könnte auch ne Tüte mitnehmen. Ach shit Plastiktüten waren ja verboten.Wäre ja auch zu einfach den Müll ein zu stecken oder in den Mülleimer zu entsorgen. Sofern vorhanden und leer sind.Aber weiterhin viel Spass mit Ihrem Enkel. Lernt der Enkel wenigstens was bei.

  9. 69.

    klingt absolut überzeugend.
    Lockmittel ist sicher eine Pizza.

  10. 68.

    Aber die meiden dann vielleicht diese Ecke, wenn sie das Wort „Ratte“ lesen. Aber vielleicht muss man dann auch irgendwo Ecken einrichten, wo sich die Leute zum Essen hinsetzen können. Dieses „Essen to go“ ist sowieso eine Unsitte.

  11. 67.

    Höhere Strafen, mehr Mülltonne, da diese oft überfüllt, nicht ausreichend oder nicht geleert. Werbung gegen Müll ,in Schulen, an die Touristen.

  12. 66.

    Mein 4 jähriger Enkel geht mit mir regelmäßig Papier, Zigarettenstummel, Glas, Plastik, Taschentücher, leere Glasflaschen, Kronenkorken und vieles mehr, aufsammeln! Wir haben dafür extra Greifzangen gekauft! Und dem Kleinen macht es sehr viel Spaß etwas für die Umwelt zu tun!

  13. 65.

    Keine Ironie, aber zumindest Sie scheint das ja ordentlich getriggert zu haben. Wenn Sie Erzieher oder Lehrer sind, haben Sie leider nicht richtig gelesen.

  14. 64.

    Das ist eine sehr gute Idee!
    Aber die Menschen, die daran beteiligt sind den Müll auf den Straßen zu entsorgen interessiert das wenig!

  15. 63.

    Warum haben Sie gekündigt, wenn ich fragen darf und die Antwort nicht zu persönlich ist?
    Falls der Grund die grundsätzlich falsche Entwicklung beim Thema Bildung war: genau das war ja mein Knackpunkt. Alles (Überlastung etc.) nachvollziehbar, aber bitte nicht immer alles auf die Eltern schieben. Zumindest nicht auf die vernünftigen. Die, die sich an allen Ecken kümmern. Wir können auch nicht alles wettmachen. Diese Gesellschaft hat weitaus mehr Probleme, auch kulturelle.

  16. 62.

    Schön, dass die Menschen in der Blase des Bergmannkiez endlich in der Realität ankommen und die Vermüllung unserer Stadt vor der Haustür erleben. Mein Mitleid hält sich deshalb in Grenzen.

  17. 61.

    Viele Menschen sind gleichgültiger und rücksichtsloser geworden!
    Man weiß nicht, ob bei diesen Menschen der Abfall zuhause auch einfach auf den Boden geworfen wird! Es muss etwas passieren, sonst vermüllt unsere Stadt immer mehr!

  18. 59.

    das es kein richtiges Lebensmittel ist es wird die Umwelt verdreckt durch die Chemie die sich im Kuntsessen befindet.
    Wenn man mal durch seine eingene Stadt geht kann man auch tausende Zigarettenstummel sehen. Auch da sind Giftsoffe drin die ins Grundwasser gelangen. Ist aber bis heute kein Thema !!!

  19. 58.

    "schlimmsten Ecken wenigstens Schilder auf: „Achtung! Gefahr durch Ratten. Illegal Müll entsorgen 500 €.“"
    Das kann man dann neben das Schild "Eltern haften für ihre Kinder" aufhängen.
    Haben beide die gleiche Auswirkung.... Keine !

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