Abgeordnetenhaus - Umweltsenatorin spricht sich gegen Verpackungssteuer in Berlin aus

Do 14.11.24 | 15:20 Uhr
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Symbolbild: Gebrauchtes Plastikgeschirr liegt auf einem Mülleimer. (Quelle: dpa/Heinl)
dpa/Heinl
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 14.11.2024 | Gerald Meyer | Bild: dpa/Heinl

Eine Steuer auf Coffee-To-Go-Becher, Einweg-Geschirr und -verpackungen steht in Berlin zunächst nicht an. Umweltsenatorin Ute Bonde (CDU) erteilte entsprechenden Überlegungen eine Absage.

"Aus unserer Sicht braucht es eine länderübergreifende Lösung, um bei allen Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Ressourcenschutz stattfinden soll", sagte Bonde im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses. Berlin habe gemeinsam mit den anderen Bundesländern beschlossen, dass der Bund einheitliche Vorgaben machen solle.

Die Grünen im Abgeordnetenhaus haben dagegen einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der auf die Einführung einer Berliner Verpackungssteuer abzielt. Darin ist vorgesehen, dass beispielweise Einwegbehälter für Getränke und Essen mit 50 Cent besteuert werden. Für Einmal-Besteck soll die Abgabe 20 Cent betragen.

Die Idee: Weniger Abfall durch Verpackungssteuer

Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen Julia Schneider verwies zur Begründung auf die großen Müllmengen, die im Straßenland und in Parks anfallen. "Da werden in Berlin pro Tag ungefähr 460.000 Coffee-To-Becher verbraucht, also benutzt und weggeworfen", sagte Schneider. Als Alternative böten sich Mehrwegbehältnisse an. Das wolle man fördern und dafür sorgen, dass weniger Einwegverpackungen genutzt werden.

Alle anderen Fraktionen lehnten den Gesetzesvorschlag der Grünen im Umweltausschuss ab. Die umweltpolitische Sprecherin der SPD Linda Vierecke sagte, dass ihre Fraktion zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verpackungssteuer in der Stadt Tübingen abwarten wolle. Der CDU-Abgeordnete Olaf Schenk kritisierte die Verpackungssteuer als "falsch", weil sie Mehrkosten verursache und die Verwaltung belaste.

Auch der umweltpolitische Sprecher der AfD Alexander Bertram warnte davor, Gastronomen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu belasten. Linken-Umweltpolitiker Ferat Kocak kritisierte finanzielle Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger. "Daher ist die Mehrweg-Angebotspflicht im To-Go-Bereich aus unserer Sicht der bessere Weg."

Tübingen als Mehrweg-Vorbild

Befürchtungen, eine Verpackungssteuer führe zu einem Aus für gastronomische Betriebe, rechne sich für die Kommune nicht und leiste keinen Beitrag zum Umweltschutz, trat Claudia Patzwahl bei der Anhörung im Umweltausschuss entgegen. Patzwahl leitet in Tübingen das Projekt Verpackungssteuer. Die Stadt in Baden-Württemberg ist bundesweit Vorreiter und erhebt die Abgabe seit 2022.

Einmal-Papp- und Plastikbecher für Kaffee, Bubble-Tea oder andere Getränke seien fast komplett verschwunden. Gastronomen würden Gläser oder wieder verwertbare Gefäße verwenden, berichtete Patzwahl. Auch Eisbecher und Plastiklöffel seien im Sommer kaum noch zu finden, weil die Eisdielen in Tübingen komplett umgestellt hätten. "Jetzt gibt es diese Spitzwaffeln, die man kennt, und es gibt den Waffelbecher. Erstaunlicherweise wird der wirklich oft gegessen, weil der ganz lecker ist."

Hunderttausende Euro Einnahmen aus Steuer

Seit Einführung der Steuer sei "nicht ein einziger Imbiss" wegen dieser Steuer Pleite gegangen, so ihre Erfahrung als Projektverantwortliche. Die Gastronomie leide vielmehr unter zu hohen Gewerbemieten und Problemen, Mitarbeiter zu gewinnen. Tübingen konnte Patzwahl zufolge für 2022 Einnahmen von mehr als 700.000 Euro aus der Verpackungssteuer erzielen.

Das Tübinger Modell war erst kürzlich vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. Allerdings steht noch die finale Entscheidung über die Rechtmäßigkeit durch das Bundesverfassungsgericht aus. Allgemein wird damit gerechnet, dass Karlsruhe noch in diesem Jahr ein Urteil fällt. Nach den bisherigen Erfahrungen in ihrer Stadt sehe sie keinen Grund auf eine etwaige Regelung im Bund zu warten, gab Patzwahl den Berliner Abgeordneten noch mit. "Es spricht nichts gegen Eigeninitiative", so ihre Empfehlung.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 14.11.2024, 19:30 Uhr

Kommentar

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18 Kommentare

  1. 18.

    Ich bin wahrlich kein Anhänger der Grünen, es ist aber doch, freundlich ausgedrückt, eine Zumutung mancherorts durch den Müll von Freßverpackungen laufen zu müssen. Eine "Bereithaltungsabgabe" auf diesen Krempel wäre vll. eine Lösung, nicht eine Abgabe pro Verpackung. Der Imbissbetreiber würde sich dann vll. überlegen ob er für 100 noch unbenutzte Plastikschalen 50 Euro pauschal abdrückt oder vll. doch Mehrwegverpackung präferiert. Letztlich bringt er das Zeug auch in den Verkehr.

  2. 17.

    Köstlich dieser Wutausbruch der nunmehr machtlosen Grünenanhänger gegen eine vernünftige Entscheidung von Senatorin Ute Bonde. Zum Glück haben die Grünen in Berlin nichts mehr zu entscheiden.

  3. 16.

    Mit großem Erstaunen hab ich soeben den Beitrag in der heutigen Abendschau über das Munchies im Bergmannkiez angeschaut, deren Eigentümer „eigentlich alles richtig machen“. Wenn Sie Anwohner oder regelmäßige Besucherin hier wären, könnten Sie täglich in Hauseingängen, unter den überquellenden Mülleimern oder einfach am Ort des Verspeisens stehengelassen sehen, dass von diesem Imbiss für jede einzelne Mahlzeit eine große Papiertüte voller Einwegverpackungen herausgegeben wird. Das ist das eigentliche Übel. Die Argumentation des Eigentümers: Das ist nicht mein Müll, denn ich habe ihn verkauft und keinen Einfluss darauf, was anschließend damit passiert. Seitdem das Munchies eröffnet hat, ist der Kiez nur noch halb so schön, das muss man erstmal schaffen mit einem so kleinen Laden.

  4. 15.

    Weil Berlin, wie so oft, total unfähig ist, sinnvolle Regeln zu gestalten..zuständig sin.leider Ignoranten für solche Entscheidungen.
    Berlin könnte eine wunderbare Stadt sein, wenn wir vernunftsbegabte Leute für wichtige Entscheidungen in Ämter hätten. So kocht jedes Bezirkchen ein eigenes Süppchen...
    Und immer muß ein Gericht einspringen, um etwas festzulegen.
    Bezahlt wird diese Bürokratie Monster von unsrem Steuergeld..Danke.

  5. 14.

    Was in Tübingen so wunderbar klappt, sogar mit finanziellem Gewinn, muß auch in Berlin möglich sein? Und warum auf die anderen warten? Ein vorgeschobenes Argument!

  6. 13.

    Was sollen wir von dieser unwissenden Senatorin auch anderes erwarten.

  7. 12.

    To-Go Verpackungen aus Kunststoff oder Styropor sollten generell verboten werden.

  8. 11.

    Man sollte diese To-Go-Verpackungen generell verbieten - dadurch werden nicht nur Müllberge vermieden, sondern auch reichlich Ressourcen eingespart.
    Wer unbedingt auswärts essen/trinken muss/möchte, sollte Speisen und Getränke im Lokal der Wahl direkt vor Ort konsumieren (hat früher gut funktioniert) oder einfach selber kochen (auch das hat früher ganz gut geklappt).

  9. 10.

    Es geht schlimmer, auch in Europa. IRL und GB. Liegt auch daran, daß Kochen da wenig angesagt ist. Der tägliche Weg zum TakeAway ohne Mehrweg ist da üblich.
    Kaffeebecher: Mehrweg verpflichtened ohne Alternative einführen, aber EIN Rücknahmesystem, so das ich ÜBERALL meinen Becher fraglos loswerde. Imbiss: Am Stand essen nur noch vom Teller. Alles andere verboten. Außer Haus ist fragwürdig: Ähnlich wie mit den Kaffeebechern, EIN System, was ich überall zurückgeben kann.

  10. 9.

    Mal wieder was auf Umwege verbieten?

  11. 8.

    Tübingen - also da wo der bundesweit beliebte Politiker und Ex-Grüne Boris Palmer Bürgermeister ist.

  12. 6.

    Wäre es nicht sinnvoller, die Produzenten zur Verantwortung zu ziehen, anstatt ständig Millionen Verbraucher zu massregeln? Wie hier schon bemerkt - in den 1950ern gings doch auch anders.

  13. 5.

    Nun, Frau Bonde, vielleicht wäre der Rat auf den Wert wirklicher Kaffee-Kultur besser gewesen. Aber gut, da bin ich wohl "Gegner der CDU", weil mir Kaffee aus Papp-/ oder Plastebechern einfach nicht schmecken will?
    Ich meine, die mehr in der Welt herumkommen als ich, also die USA viellt mal ausgeklammert - werden in FRA/AU/Suisse /FIN auch so viele Pappbecher verbraucht?

  14. 4.

    Wo denn nun - in Tübingen oder in Thüringen oder in beiden?

  15. 3.

    Zurück in die 1950er - ihre CDU !

  16. 2.

    Eine Steuer müsste auch effizienter sein als ein Verbot solange schon der Großeinkauf diese enthält. Es tut mehr weh wenn man dagegen verstößt. Ich sehe leider immer noch häufig umsonst ausgegebene Plastiktüten (nicht die besonders dünnen Hemdchenbeutel) wo sie doch eigentlich verboten sind. Warum auch nicht als Bundesland mit gutem Beispiel vorangehen? Ach ja, die gute Ministerin ist von der CDU. Wer hätte das gedacht?

  17. 1.

    Warum das denn? Die spinnen doch die Römer!

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