Steglitz-Zehlendorf bietet Standort an - Plan B für die Berliner "Trostfrauenstatue"

Fr 20.12.24 | 06:11 Uhr | Von Oliver Noffke
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Die Trostfrauen-Statue, eine Bronzestatue von dem südkoreanischen Künstlerpaar Kim Eun-sung und Kim Seo-kyung entworfen, steht in Berlin-Moabit. (Quelle: dpa/Fabian Sommer)
Bild: dpa/Fabian Sommer

Im Zweiten Weltkrieg wurden Hunderttausende Mädchen und Frauen in japanischen Militärbordellen missbraucht. Eine Statue in Berlin-Moabit erinnert daran. Doch es gibt Streit um den Standort. Steglitz-Zehlendorf bietet sich als Alternative an. Von Oliver Noffke

Die sogenannte "Trostfrauenstatue" könnte künftig in Steglitz-Zehlendorf aufgestellt werden. Das hat die zuständige Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vergangene Woche beschlossen [berlin.de/ba-steglitz-zehlendorf]. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" berichtet. Die Statue wurde vor vier Jahren im Bezirk Mitte aufgestellt an der Ecke Birkenstraße und Bremer Straße. Ob sie dort weiterhin bleiben kann, wird demnächst ein Gericht entscheiden.

"Wir möchten nicht, dass diese Statue aus dem Stadtbild verschwindet", sagte Johanna Martens rbb|24. Die grüne Bezirksverordnete hat die Beschlussvorlage mitgeschrieben. Steglitz-Zehlendorf sei aus mehreren Gründen ein geeigneter Standort, so Martens. Der Bezirk unterhält eine Städtepartnerschaft mit Songpa, einem Distrikt der südkoreanischen Metropole Seoul. Zudem gebe es eine lebendige südkoreanische Community und viele Studierende aus Ostasien im Bezirk, sagte sie.

Bezirksamt Mitte dagegen, BVV Mitte dafür

Die "Ari" genannte Statue zeigt ein sitzendes Mädchens mit einem Spatz auf der Schulter. Sie erinnert an das Schicksal der sogenannten "Trostfrauen". Opfer von staatlich organisierter Zwangsprostitution durch das Japanische Kaiserreich im Zweiten Weltkrieg. Ende Oktober lief eine Frist ab, zu der die Statue hätte demontiert werden sollen.

Der Korea-Verband will das verhindern. Er betreibt in unmittelbarer Nähe das Museum der Trostfrauen. Die Statue sei ein Symbol "für Frieden, Menschenrechte und den Kampf gegen sexualisierte Gewalt in Kriegen".

Gegen den Bescheid des Bezirksamts Mitte hat der Korea-Verband Widerspruch eingelegt und einen Eilantrag auf gerichtlichen Rechtsschutz gestellt. Nun warte man auf die Entscheidung des Gerichts, teilte der Korea-Verband auf Anfrage mit. "Die Statue bleibt vorerst an ihrem Standort in Berlin-Moabit, bis eine endgültige gerichtliche Klärung erfolgt."

Ursprünglich hatte das Bezirksamt Mitte genehmigt, dass die Statue ein Jahr stehen durfte. Dies wurde anschließend verlängert. Eine erneute Genehmigung wurde in diesem Jahr jedoch verwehrt. Obwohl sich auch die BVV von Mitte für den Verbleib der Statue ausgesprochen hatte und sich mehr als 3.000 Menschen an einer Unterschriftenaktion für den Verbleib beteiligten.

Druck aus Japan

Doch in Mitte dürfen Kunstwerke, die nicht aus einem Wettbewerb hervorgegangen sind, höchstens zwei Jahre im öffentlichen Raum bleiben. Das Bezirksamt hatte deshalb einen Abbau bis 31. Oktober angeordnet.

Allerdings hat das Bezirksamt in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen durchaus anders entschieden. Für ein Kunstwerk, das an die im Krieg zerstörte Bethlehemskirche erinnert, erreichte ein Unterstützerkreis eine Genehmigung von zehn Jahren.

Um die brusthohe Statue ist ein Streit mit internationaler Beteiligung entbrannt. Im September berichtete rbb|24, dass der japanische Botschafter schon mehrfach im Bezirksamt Mitte vorstellig geworden ist. Dabei soll auch ein möglicher Abbruch der Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Tokio thematisiert worden sein. Was die japanische Botschaft bestreitet.

Osaka, die drittgrößte Stadt Japans, hatte 2018 wegen einer ähnlichen Statue in San Francisco die gemeinsame Partnerschaft nach 60 Jahren aufgekündigt [guardian.com].

Jahrzehntelanges Schweigen

Japan unterhielt ab den 1930er Jahren in besetzten Gebieten im Westpazifikraum Bordelle für die eigenen Truppen. Mädchen und Frauen wurden in den sogenannten "Troststationen" festgehalten und zum Sex gezwungen. Allein in China und auf der koreanischen Halbinsel wurden Hunderttausende auf diese Weise missbraucht. Auch in Taiwan, Indonesien, Malaysia, den Philippinen und anderen Ländern existierten solche Militärbordelle.

In der öffentlichen Erinnerung in Japan wird dem Schicksal der Trostfrauen kaum Platz eingeräumt. Es gibt keine öffentlichen Gedenkorte. In Tokio beschäftigt sich lediglich ein kleines, privatfinanziertes Museum mit dem Schicksal der Frauen und der Dokumentation dieses Verbrechens. Auch in den Herkunftsländern der Opfer wurde jahrzehntelang geschwiegen.

Das änderte sich 1991, als die Südkoreanerin Kim Hak-soon von ihren Erlebnissen im Fernsehen berichtete. Sie wurde als 17-jähriges Mädchen in einem Militärbordell in China festgehalten und wurde zum Teil mehrmals täglich von japanischen Soldaten vergewaltigt [nytimes.com]. Seit Jahren verhandeln Japan und Südkorea über eine Entschädigung. Eine Einigung steht bislang aus.

Korea-Verband will auf Entscheidung des Gerichts warten

Der internationale Disput um die Entschädigung und Erinnerung ist für Johanna Martens von den Grünen in Steglitz-Zehlendorf kein Grund, die Statue abzubauen. "Wir möchten uns nicht von anderen Ländern reinreden lassen", sagte sie rbb|24. "Insbesondere dann nicht, wenn sie ein gänzlich anderes Verständnis von Erinnerungskultur haben." Im Endeffekt sei dies aber eine Entscheidung des Korea-Verbands.

Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg (Bündnis 90/Die Grünen) teilte auf Anfrage mit: Sollte die Statue in Mitte abgebaut werden müssen, "wird das Bezirksamt in Absprache mit der BVV einen geeigneten Standort suchen und auch finden". "Da wir aber hier noch nicht wissen, ob es überhaupt zur Notwendigkeit kommt, liegen die Genehmigungen noch nicht vor", so Schellenberg.

Der Verband begrüßte die Einladung aus Steglitz-Zehlendorf, möchte aber die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin abwarten. "Wir hoffen weiterhin, dass die Statue an ihrem ursprünglichen Standort in Berlin-Moabit bleiben darf."

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Beitrag von Oliver Noffke

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11 Kommentare

  1. 10.

    Die Deutschen haben nun wirklich genügend Gräueltaten verübt, für die es Mahnmale geben könnte. Zuletzt fällt mir da der Umgang mit den afghanischen Hilfskräften ein, die ihrem Schicksal überlassen wurden. Warum es ein Mahnmal für Verbrechen geben muss, für das sich Japan in jede Stadt so eine Statue stellen müsste, erschließt sich mir nicht. Vielleicht noch auf dem Gelände der Botschaften. Im öffentlichen Raum jedenfalls hat sie nichts verloren.

  2. 9.

    Ich stimme Ihnen zu. Die nicht gerade kleine koreanische Gemeinde in Berlin hat sehr wohl das Recht, auch in Berlin in ihnen gebotener Weise etwas im öffentlichen Stadtraum aufzustellen. Ansonsten verkäme Berlin nur zu einer kommerziellen und damit oberflächlichen Mixtur von Kulturen.

    Schade ist, dass Japan sich bei Präsentation solcher Denk- oder Mahnmale immer noch "auf den Schlips" getreten fühlt. Eine verbale und eher kleinlaute Entschuldigung spricht nicht gerade für Souveränität, sich diesem Kapitel eigener Geschichte zu stellen - soweit jedenfalls wirklich Sichtbares dazu nicht nur in Japan selbst, sondern offenbar auch in anderen Ländern unterbunden werden soll.

  3. 8.

    .....ich hoffe, dass diese Statue, die ganz eindeutig auch Mahnmal ist, nirgendwohin verschwindet und am besten da bleibt, wo sie momentan steht. Und falls das nicht klappen sollte, hoffe ich dann auf Steglitz-Zehlendorf. Aber traurig finde ich es schon, dass darüber, ob sie stehen bleiben kann oder nicht, so diskutiert werden muss.

  4. 7.

    Die Bezirke sind gemäß der Berliner Verfassung reine Verwaltungseinheiten. Hier geht es aber nicht um die Anschaffung irgendwelcher Dienstschreibtische, sondern um die Aufstellung eines Mahnmals, dass an Gräuel im Krieg zwischen Japan und Korea erinnern soll. Das ist natürlich eine Gesamt-Berliner Aufgabe. Somit ist der Senat gefragt und nicht irgendwelche Bezirksleute, die sich aufblähen wollen. Der Senat müsste dann begründen, warum das Mahnmal gerade in Berlin aufgestellt werden soll.

  5. 6.

    .....stört Sie denn dieses Mahnmal, was auf Kriegsverbrechen gegen Frauen aufmerksam macht? Ich finde es wichtig und gut, dass es dort steht, wo es steht.

  6. 5.

    ...muss Berlin jedes Unrecht, Verbrechen und Krieg aus irgendwo dieser Welt ein Mahn-,Denkmal setzen?!
    Aus irgendeiner Zeit vor Heute?
    Nein!

    Mahnen, Gedenken, Erinnern, JA,
    das solch Zeit nie wieder kommt.

    Dann würde ich lieber ein Mahnmal "grosser angebissener Apfel aus dem eine Made grinsend raus schaut"
    ...
    Adam und Eva waren die Ursache für all die Menschen...
    und bitte lächeln.

  7. 3.

    Mich macht eher besorgt, dass die japanische Regierung nicht zu seiner Vergangenheit steht und damit Lehren für die Zukunft zieht.

  8. 2.

    Ich habe mir den Artikel gründlich durchgelesen und die Historie verstanden. Trotzdem habe ich nicht begriffen, was dieses Thema überhaupt mit Berlin zu tun hat. Da in Berlin vermutlich Menschen aus so ziemlich allen Ländern der Welt leben, müsste man sich ja dann auch die gedenkwürdigen Themen der ganzen Welt zu eigen machen, und dann können wir irgendwann vor lauter Statuen nicht mehr laufen. Wäre es nicht besser, Gedenken auf die Themen zu beschränken, die unmittelbar mit Deutschland und Berlin zu tun haben? Da haben wir schon genug zu tun.

    Interessanter Nebenaspekt: Wenn in Mitte nur Kunstwerke dauerhaft stehen dürfen, die aus einem Wettbewerb hervorgegangen sind, ist das meiner Meinung nach ein empfindlicher Eingriff in die Kunstfreiheit. Dann besteht nämlich das Risiko, dass Künstler ihre Werke danach ausrichten, womit sie meinen, eine Jury überzeugen und einen Wettbewerb gewinnen zu können.

  9. 1.

    In meinen Augen ist es nicht vorrangig ein Kunstwerk sondern ein Denkmal bzw. Mahnmal, welches von Künstlern geschaffen wurde. In der heutigen Zeit benötigen wir viel mehr dieser Mahnmale, die darauf hinweisen, was Krieg bedeutet und was im Krieg passiert. Krieg ist nicht das Video vom erfolgreichen Präzisionsschlag, er bedeutet menschliches Leid und dafür steht diese Statue. Sie muss bleiben, wo sie ist.

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