Steglitz-Zehlendorf bietet Standort an - Plan B für die Berliner "Trostfrauenstatue"
Im Zweiten Weltkrieg wurden Hunderttausende Mädchen und Frauen in japanischen Militärbordellen missbraucht. Eine Statue in Berlin-Moabit erinnert daran. Doch es gibt Streit um den Standort. Steglitz-Zehlendorf bietet sich als Alternative an. Von Oliver Noffke
Die sogenannte "Trostfrauenstatue" könnte künftig in Steglitz-Zehlendorf aufgestellt werden. Das hat die zuständige Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vergangene Woche beschlossen [berlin.de/ba-steglitz-zehlendorf]. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" berichtet. Die Statue wurde vor vier Jahren im Bezirk Mitte aufgestellt an der Ecke Birkenstraße und Bremer Straße. Ob sie dort weiterhin bleiben kann, wird demnächst ein Gericht entscheiden.
"Wir möchten nicht, dass diese Statue aus dem Stadtbild verschwindet", sagte Johanna Martens rbb|24. Die grüne Bezirksverordnete hat die Beschlussvorlage mitgeschrieben. Steglitz-Zehlendorf sei aus mehreren Gründen ein geeigneter Standort, so Martens. Der Bezirk unterhält eine Städtepartnerschaft mit Songpa, einem Distrikt der südkoreanischen Metropole Seoul. Zudem gebe es eine lebendige südkoreanische Community und viele Studierende aus Ostasien im Bezirk, sagte sie.
Bezirksamt Mitte dagegen, BVV Mitte dafür
Die "Ari" genannte Statue zeigt ein sitzendes Mädchens mit einem Spatz auf der Schulter. Sie erinnert an das Schicksal der sogenannten "Trostfrauen". Opfer von staatlich organisierter Zwangsprostitution durch das Japanische Kaiserreich im Zweiten Weltkrieg. Ende Oktober lief eine Frist ab, zu der die Statue hätte demontiert werden sollen.
Der Korea-Verband will das verhindern. Er betreibt in unmittelbarer Nähe das Museum der Trostfrauen. Die Statue sei ein Symbol "für Frieden, Menschenrechte und den Kampf gegen sexualisierte Gewalt in Kriegen".
Gegen den Bescheid des Bezirksamts Mitte hat der Korea-Verband Widerspruch eingelegt und einen Eilantrag auf gerichtlichen Rechtsschutz gestellt. Nun warte man auf die Entscheidung des Gerichts, teilte der Korea-Verband auf Anfrage mit. "Die Statue bleibt vorerst an ihrem Standort in Berlin-Moabit, bis eine endgültige gerichtliche Klärung erfolgt."
Ursprünglich hatte das Bezirksamt Mitte genehmigt, dass die Statue ein Jahr stehen durfte. Dies wurde anschließend verlängert. Eine erneute Genehmigung wurde in diesem Jahr jedoch verwehrt. Obwohl sich auch die BVV von Mitte für den Verbleib der Statue ausgesprochen hatte und sich mehr als 3.000 Menschen an einer Unterschriftenaktion für den Verbleib beteiligten.
Druck aus Japan
Doch in Mitte dürfen Kunstwerke, die nicht aus einem Wettbewerb hervorgegangen sind, höchstens zwei Jahre im öffentlichen Raum bleiben. Das Bezirksamt hatte deshalb einen Abbau bis 31. Oktober angeordnet.
Allerdings hat das Bezirksamt in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen durchaus anders entschieden. Für ein Kunstwerk, das an die im Krieg zerstörte Bethlehemskirche erinnert, erreichte ein Unterstützerkreis eine Genehmigung von zehn Jahren.
Um die brusthohe Statue ist ein Streit mit internationaler Beteiligung entbrannt. Im September berichtete rbb|24, dass der japanische Botschafter schon mehrfach im Bezirksamt Mitte vorstellig geworden ist. Dabei soll auch ein möglicher Abbruch der Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Tokio thematisiert worden sein. Was die japanische Botschaft bestreitet.
Osaka, die drittgrößte Stadt Japans, hatte 2018 wegen einer ähnlichen Statue in San Francisco die gemeinsame Partnerschaft nach 60 Jahren aufgekündigt [guardian.com].
Jahrzehntelanges Schweigen
Japan unterhielt ab den 1930er Jahren in besetzten Gebieten im Westpazifikraum Bordelle für die eigenen Truppen. Mädchen und Frauen wurden in den sogenannten "Troststationen" festgehalten und zum Sex gezwungen. Allein in China und auf der koreanischen Halbinsel wurden Hunderttausende auf diese Weise missbraucht. Auch in Taiwan, Indonesien, Malaysia, den Philippinen und anderen Ländern existierten solche Militärbordelle.
In der öffentlichen Erinnerung in Japan wird dem Schicksal der Trostfrauen kaum Platz eingeräumt. Es gibt keine öffentlichen Gedenkorte. In Tokio beschäftigt sich lediglich ein kleines, privatfinanziertes Museum mit dem Schicksal der Frauen und der Dokumentation dieses Verbrechens. Auch in den Herkunftsländern der Opfer wurde jahrzehntelang geschwiegen.
Das änderte sich 1991, als die Südkoreanerin Kim Hak-soon von ihren Erlebnissen im Fernsehen berichtete. Sie wurde als 17-jähriges Mädchen in einem Militärbordell in China festgehalten und wurde zum Teil mehrmals täglich von japanischen Soldaten vergewaltigt [nytimes.com]. Seit Jahren verhandeln Japan und Südkorea über eine Entschädigung. Eine Einigung steht bislang aus.
Korea-Verband will auf Entscheidung des Gerichts warten
Der internationale Disput um die Entschädigung und Erinnerung ist für Johanna Martens von den Grünen in Steglitz-Zehlendorf kein Grund, die Statue abzubauen. "Wir möchten uns nicht von anderen Ländern reinreden lassen", sagte sie rbb|24. "Insbesondere dann nicht, wenn sie ein gänzlich anderes Verständnis von Erinnerungskultur haben." Im Endeffekt sei dies aber eine Entscheidung des Korea-Verbands.
Bezirksbürgermeisterin Maren Schellenberg (Bündnis 90/Die Grünen) teilte auf Anfrage mit: Sollte die Statue in Mitte abgebaut werden müssen, "wird das Bezirksamt in Absprache mit der BVV einen geeigneten Standort suchen und auch finden". "Da wir aber hier noch nicht wissen, ob es überhaupt zur Notwendigkeit kommt, liegen die Genehmigungen noch nicht vor", so Schellenberg.
Der Verband begrüßte die Einladung aus Steglitz-Zehlendorf, möchte aber die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin abwarten. "Wir hoffen weiterhin, dass die Statue an ihrem ursprünglichen Standort in Berlin-Moabit bleiben darf."
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