Konzert | Die Fantastischen Vier in Berlin - Die Rap-Opas wollen es noch mal wissen
Die Fanta 4 gibt es seit 35 Jahren, ein deutsches Kulturgut. Herausragend rappen können die Stuttgarter immer noch nicht, aber das ist gar nicht schlimm. In Berlin füllen sie trotzdem die Halle - mit drei Generationen von Fans. Von Hendrik Schröder
Es fühlt sich an wie ein Familientreffen an diesem Abend in der proppevollen Uber-Arena. Gefühlt waren die Fantas ja immer da, haben nie richtig schlimme Platten gemacht und sich auch nur selten so sehr um Kopf und Kragen geredet, dass man sie gar nicht mehr sehen wollte. Die Fans, das merkt man schon, nachdem "Die da" gleich als zweiter Song kommt und ein Kreischen durch die Halle geht, sie lieben ihre Fantas. Und sie lieben diese Songs. Und die Erinnerung an die Zeit, als diese Songs rauskamen.
Bad in der Menge
Und es hat sich ja auch gar nicht viel verändert in den Jahren. Baseball-Kappen tragen Michi Beck und Smudo immer noch, fuchtelnde Moves mit den Händen macht Thomas D. immer noch. Andy Ypsilon, der schweigsame Vierte im Bunde, steht immer noch naturcool an seinen Geräten. Schaut er mal in die Kamera, so erscheint sein Gesicht riesig auf der Videowand. Rappt er ausnahmsweise ein paar Zeilen, dann geht ein Raunen durch das Publikum.
Die besten Rapper sind sie immer noch nicht, auch das ist nicht neu. Gerade Smudo fehlt bei seinen schnelleren Parts doch hinten raus mal die Puste. Ganz so tight wie auf den Platten fliegen die Textzeilen bei keinem der Drei an den Mikrofonen über den Beat. Dafür legt sich Thomas D. bei "Inferno", einem sehr guten Song vom neuen Album "Longplayer" über Menschen, die zu früh verstorben sind, auf die Menge und lässt sich durch die Halle tragen und klatscht ab. Das ist geil. Bei solchen Aktionen hält es niemanden mehr auf den Sitzen.
Neue Songs, alte Songs
Viele Eltern sind mit ihren Kindern im Teenageralter oder jünger gekommen. Das ist neu. Manche haben noch die Oma dabei. Drei Generationen von Fans. Auf die Fantastischen Vier können sich alle einigen, die sich eher für Pop als für echte Rapmusik interessieren. Und die die alten Songs kennen. Für die neueren Sachen sind die Leute nicht angereist. Aber die Fantas mischen sie so geschickt und dynamisch mit den Klassikern, dass es wirklich nie langweilig wird. Und man muss das auch verstehen: Eine Band, die am Leben sein will, muss neue Sachen komponieren und veröffentlichen, auch wenn sie nie wieder an ihre alten Zeiten anknüpfen kann und das wahrscheinlich auch selbst weiß. Tut sie das nicht und spielt nur noch die Hits von früher, dann wird sie zum Museum. Und davon sind die Fantastischen Vier nun wirklich noch weit entfernt.
Am Ende super abgeliefert
Und die Lebensleistung der Stuttgarter (wobei Michi Beck schon lange Berliner ist und Smudo schon derart lange in Hamburg wohnt, dass sie in ihren Track "Mfg" noch ein "HSV" geschummelt haben, was es im Original gar nicht gibt) ist ja unstrittig. So viele Lieder haben sie geschrieben, die man kennt, ob man will oder nicht: "Die da", "Tag am Meer", "Sie ist weg", "Troy", "Wie weit", "der Picknicker", "Mit freundlichen Grüßen", "Einfach sein" stehen an diesem Abend mit auf der Setliste. Gespielt von einer echten Band aus Schlagzeugern, Bassisten, Pianisten usw., was eine gute Entscheidung ist, so haben die Songs mehr Tiefe, mehr Wärme, mehr Raum. 32 Songs in über zwei Stunden. Wenn man Konzerte als Dienstleistung begreift, kann man sagen: Die haben richtig gut abgeliefert.
An einer Stelle weist Smudo das Publikum darauf hin, dass draußen die "Omas gegen Rechts" Spenden sammeln. Und Thomas D. fällt ihm ins Wort und sagt: "Im Foyer die Omas gegen Rechts und hier auf der Bühne die Opas gegen Rechts!" Sind sie nicht süß auf ihre alten Tage, die Fantastischen Vier?
Sendung: rbb24 Inforadio, 6:55 Uhr, 19.12.2024