Knapp zwei Jahre später - Nach Silvesterkrawallen 2022 sind noch Verfahren offen

Mi 18.12.24 | 21:43 Uhr
Archivbild: Polizisten stehen in der Silvesternacht 2022 hinter explodierendem Feuerwerk. (Quelle: dpa/TNN)
Bild: dpa/TNN

Brennende Autos, verletzte Einsatzkräfte: Nach der Silvesternacht 2022/23 wurden harte Maßnahmen gegen die Gewalttäter gefordert. Doch zwei Jahre später sieht die Bilanz eher gemischt aus.

Auch knapp zwei Jahre nach den Silvesterkrawallen 2022/23 in Berlin sind noch nicht alle Verfahren abgeschlossen. Das zeigen Zahlen der Justizverwaltung auf eine aktuelle Anfrage der AfD-Fraktion, die dem rbb vorliegen.

Konkret geht es um Taten, die zum Jahreswechsel 2022/23 zwischen 18 Uhr abends und sechs Uhr morgens passierten. Hier wurden laut Daten der Staatsanwaltschaft insgesamt 102 Verfahren eingeleitet. Zwei davon sind noch offen. In einem ist die tatverdächtige Person bekannt, im anderen nicht.

Etliche Verfahren nach Silvester-Randalen in Berlin ergebnislos eingestellt

In der Silvesternacht hatten meist jugendliche Randalierer unter anderem Böller auf Polizisten abgefeuert, Rettungswagen mit Feuerlöschern beworfen und einen Bus angezündet. Aus der Politik kam daraufhin der Ruf nach schnellen Verfahren und harten Strafen.

48 Verfahren richteten sich gegen Unbekannt. Von den Verfahren gegen Unbekannt wurden allein 40 eingestellt; in fünf Fällen konnten Beschuldigte ermittelt werden.

In 54 Fällen richteten sich die Verfahren gleich gegen konkret Beschuldigte. In 23 Fällen gab es gerichtliche Entscheidungen. Dabei wurde lediglich einmal eine Jugendstrafe verhängt sowie zweimal Jugendarrest (kurzzeitiger Freiheitsentzug, maximal vier Wochen). Eine Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, zweimal gab es Geldstrafen, zweimal Freisprüche. Sieben weitere Gerichtsverfahren wurden eingestellt. Acht Verfahren endeten unter anderem mit Auflagen o.ä.

AfD kritisiert Vorgehen der SPD und CDU nach Silvesterkrawallen

Unter anderem die damalige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und ihr heutiger Nachfolger Kai Wegner, damals CDU-Spitzenkandidat, hatten nach den Silvesterkrawallen gefordert, gerade bei jugendlichen Tätern müsse die Strafe "auf dem Fuße folgen". Laut den Daten der Staatsanwaltschaft lag die durchschnittliche Verfahrensdauer zwischen Eingang des Falls im System und Erledigung bei 106 Tagen. Im längsten Fall waren es 596 Tage.

Auch zu Taten in der Silvesternacht 2023/24 sind aktuell noch drei von insgesamt 89 eingeleiteten Verfahren offen. 42 Verfahren wurden eingestellt. In den 19 Fällen, die bisher vor Gericht kamen, musste kein Verurteilter in Haft. Unter anderem wurde eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, achtmal gab es Geldstrafen.

Der innenpolitische Sprecher der AfD, Karsten Woldeit, kritisierte die Regierungsparteien CDU und SPD. Beide hätten nach den Silvesterkrawallen "die ganze Härte des Rechtsstaats" angekündigt, die Zahlen zeigten aber "ein vollkommen anderes Bild". Etliche Verfahren seien eingestellt worden, bemängelte Woldeit, "und die Verfahren, die zu Strafen führten, sind aus meiner Bewertung alles andere als harte Urteile". Der AfD-Abgeordnete betonte, er wolle aber die Unabhängigkeit der Justiz nicht in Frage stellen.

Gleichzeitig verweist Woldeit darauf, die Staatsanwaltschaft sei weisungsgebunden. Heißt: Er hätte es gerne gesehen, wenn die Justizsenatorin Einfluss auf die Ermittlungen genommen hätte.

Kurz nach den Silvesterkrawallen hatten Vertreter der Berliner Justiz deutlich gemacht, dass sie sich von Forderungen aus der Politik nicht in ihrer Arbeit beeinflussen lassen wollen. Man wende geltende Gesetze an, betonte die Sprecherin der Strafgerichte damals - als Antwort auf Kritik daran, dass festgenommene Tatverdächtige wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. "In unserem Staat kann man Gottseidank jemanden nicht einfach so wegsperren", so Sprecherin Lisa Jani.

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