Berlin - Igel in Not - Auffangstation ist überfüllt

Fr 20.12.24 | 06:34 Uhr
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In der Igelstation Berlin-Hermsdorf kümmert sich am 09.12.2021 eine Ehrenamtliche um die Versorgung kranker und verletzter Tiere. (Quelle: dpa-Zentralbild/Ingolf König-Jablonski)
Bild: dpa-Zentralbild/Ingolf König-Jablonski

Der westeuropäische Igel steht erstmals auf der Roten Liste. Ausgerechnet im Winter, wo die Tiere am meisten Hilfe benötigen, gibt es in einer Auffangstation in Berlin keine freien Plätze mehr.

 

Die Lage des Igels in Berlin ist nach Einschätzung von Helfern und der Landesbeauftragten für Tierschutz alarmierend - und ausgerechnet jetzt ist die Auffangstation in Berlin-Hermsdorf erneut überlastet.

Offiziell gibt es in der Station 55 Ställe. Zurzeit sind dort jedoch 80 Tiere untergebracht, zum Teil in Plastikkisten. "Mehr Platz haben wir nicht", sagte Gabriele Gaede vom Verein Arbeitskreis Igelschutz Berlin. 20 bis 30 weitere Tiere versorge das Team der Station bei sich zu Hause. Es sei nicht das erste Jahr, dass alle Plätze belegt seien.

Das sei jedoch nicht das einzige Problem: Es fänden sich kaum noch zuverlässige Ehrenamtliche, die in der Station helfen wollten. Und immer weniger Menschen seien bereit, ein Tier bei sich aufzunehmen. Die meisten würden die Tiere einfach nur in der Station abladen.

Von Jahr zu Jahr würden mehr Tiere in der Station in Hermsdorf abgegeben. Dieses Jahr wurden dort schon 830 Igel aufgenommen, mehr als im vergangenen Jahr. Das liege auch daran, dass in diesem Jahr viele Jungtiere zur Welt kamen, sagte Gaede.

Igel erstmals auf Roter Liste

Nach Angaben der Berliner Landesbeauftragte für den Tierschutz, Kathrin Herrmann, hat die Deutsche Wildtier Stiftung den Igel zum Tier des Jahres 2024 gewählt, um auf seine Bedrohung aufmerksam zu machen. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat den westeuropäischen Igel erstmals als "potenziell gefährdet" in die internationale Rote Liste aufgenommen.

Vor dem Winter sei die Lage des Tieres besonders besorgniserregend. Viele Tiere, die in Hermsdorf abgegeben werden, seien krank, verletzt oder untergewichtig. Ein gesundes Gewicht von mindestens 600 Gramm ist entscheidend, damit ein Igel genügend Fettreserven für den Winterschlaf hat. Doch viele erreichen dieses Gewicht nicht, erklärte Herrmann. Kranke oder geschwächte Igel haben ein erhöhtes Risiko, den Winter nicht zu überleben.

Der Hauptgrund für die Pflegebedürftigkeit sei laut Herrmann der Verlust ihres natürlichen Lebensraums. Straßenbau, Bodenversiegelung, Insektensterben und "aufgeräumte Gärten", in denen Laub und Totholz entfernt würden, nähmen die nötigen Rückzugsorte und Nahrungsquellen. "Manche Gärten sehen aus wie aufgeräumte Wohnzimmer", fasste Gaede die Situation zusammen.

Auch der Rückgang von Insekten zwinge nach Angaben der Tierschutzbeauftragten viele Igel in die Nähe der Menschen, wo sie Gefahren wie Verkehr oder Verletzungen durch Gartengeräte ausgesetzt sind. Milde Winter und plötzliche Temperaturwechsel störten ihren Winterschlaf.

Helfer benötigen Hilfe

Eine genaue Zahl der Igel in Berlin ist laut Herrmann nicht bekannt. Beobachtungen und Studien zeigten jedoch, dass die Population in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist.

Damit die Tiere gar nicht erst auf der Igelstation landen, benötige es klare Vorgaben für eine wildtierfreundliche Umgestaltung von Gärten und Grünanlagen. In allen Parks und Grünanlagen könnten zudem Schutzzonen eingerichtet werden, in die sich die Tiere zurückziehen können, wie im Treptower Park.

In der Igelstation gibt es die Überlegung, neue Räumlichkeiten anzumieten, um mehr Platz für die Tiere zu schaffen. Kurzfristig würden aber auch Futter- und Medikamentenspenden helfen, sagt Gabriele Gaede. Und Helferinnen und Helfer, die genug Zeit mitbringen, um sich um die Tiere zu kümmern.

Gartenbesitzer gefragt

Nach Ansicht von Kathrin Herrmann könnten Gartenbesitzer entscheidend dazu beitragen, den Tieren zu helfen. Unter anderem könnte diese Laub- und Reisighaufen liegen lassen, da diese ideale Winterquartiere böten. Auch könnten sie Futter bereitstellen, um untergewichtigen Tieren zu helfen. Und Mähroboter sollten nur tagsüber und unter Aufsicht zum Einsatz kommen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 20.12.2024, 19:30 Uhr

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7 Kommentare

  1. 7.

    Mähroboter tagsüber nur unter Aufsicht - genau mein Humor! Dann brauch man sich keinen zulegen. Trotzdem gesamtheitlich traurige Geschichte.

  2. 5.

    >"Es ist ein Graus, wenn ich sehe wie hier auch bei uns im Dorf und überall die Schottergärten entstehen,"
    Ja merkwürdig... früher stand Dorf für ländliche Naturidylle und Stadt für Steinwünste. Heute: Bei uns hier in der Stadt werden aus Kostengründen die Grünflächen oft sich selbst, dem Lauf der Natur überlassen und vorsorglich als Naturwiese oder Blühwiese betitelt. So viel Laub wie in diesem Jahr überall hier nicht entfernt wurde, war noch nie. Es liegt jetzt noch überall rum und der Wind schichtet es vor Mauern und Zäunen zu Haufen auf. Gute Bedingungen für kleines Wildgetier. Und auf dem Dorf ist heute Steinwünste, in denen Kleintiere kein Unterschlupf und keine Nahrung finden. Verrückte Welt... oder sind die Städter alle auf die Dörfer gezogen und haben ihre urbane Steinwünste mitgenommen und die Dörfler brauchen ihre gewohnte Natur in den Städten?

  3. 4.

    Das Grünamt Berlin sollte die Vorgaben auch beachten. So werden / wurden alle grossen Parks in Pankow von Laub und Totholz beräumt: kein Platz fuer Igel.
    Bitte stellen Sie Infos bereit, ob wie man mit einer Unterkunft fuer Igel helfen kann, wenn man in der Stadt wohnt und keinen eigenen Garten hat. Vielen Dank

  4. 3.

    Es ist ein Graus, wenn ich sehe wie hier auch bei uns im Dorf und überall die Schottergärten entstehen, Bodenversiegelung, so dass kein Halm mehr wächst und Zäune, die auf dem Boden aufsetzen! Man fragt sich warum diese Leute überhaupt „im Grünen“ wohnen und sich Grundstücke zugelegt haben… es ist so dermaßen erbärmlich! Googelt mal nach Ulf Soltau und den „Gärten des Grauens“. Es ist erschütternd! Eigentum verpflichtet und ich finde eine Kommunalverwaltung muss sich einsetzen, dass Grundstücke Igel freundlich zu sein haben!

  5. 2.

    Die armen Igel. Weil sie nicht genügend Insekten finden, kommen sie ausgerechnet in die Nähe der Menschen... Die sind immerhin verantwortlich dafür, dass es immer weniger Insekten gibt.

  6. 1.

    Die meisten Tiere warden totgefahren.

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