Passagiere verließen Zug auf freier Strecke - Widersprüchliche Angaben über liegengebliebenen Regionalexpress
Nach einem Fahrzeugschaden im RE2 saßen am Sonntag Hunderte Passagiere auf freier Strecke fest und verließen irgendwann den Zug. Die Deutsche Bahn spricht von einem Stillstand von 30 Minuten. Doch Fahrgäste widersprechen.
Nachdem ein defekter Regionalexpress am Sonntag in Berlin-Köpenick liegengeblieben ist, widersprechen Fahrgäste den Angaben der Deutschen Bahn. Diese hatte am Montag mitgeteilt, dass der Zug circa 30 Minuten gestanden hätte.
Einschlägigen Augenzeugenberichten zufolge soll der Regionalexpress jedoch ungefähr zwei Stunde gestanden haben, bis die Passagiere über die Gleise in eine Böschung evakuiert worden sind.
Auf erneute Nachfrage von rbb|24 sagte ein Bahnsprecher dann am Dienstag, "der Zug hätte nach einer halben Stunde weiterfahren können, wenn die Türen nicht geöffnet worden wären". Später teilte die Bahn schriftlich erneut mit, der Zug habe rund 30 Minuten gestanden.
Ein Fahrgast hatte dem rbb geschildert, dass Bedienstete der Bundeswehr, die sich in dem RE2 befanden, die Türen des Zugs geöffnet hätten, um für frische Luft zu sorgen. Ein User berichtete außerdem, dass es eine Durchsage gegeben hätte, dass die Türen geöffnet werden, jedoch niemand den Zug verlassen solle.
Lief die Klimaanlage?
Auch zur Funktion der Klimaanlage gibt es widersprüchliche Angaben. Nach rbb-Informationen stand der Zug einige Zeit mit ausgeschaltetem Motor und entsprechend auch ausgeschalteter Klimaanlage auf dem Gleis
Die Bahn teilte am Montag mit, dass die Klimaalage nur "etwa zehn Minuten nicht in Betrieb" gewesen sei. In dieser Zeit sei die Lok "resetet" worden, um die Fahrtüchtigkeit des Zuges wiederherzustellen.
Ein User berichtete rbb|24 jedoch am Dienstag, dass das Abteil, in dem er saß, schon zu Beginn warm gewesen sei und dass der Zug ohne laufende Klimaanlage zum Stehen gekommen sei.
Warnung vor eigenmächtigem Ausstieg
Der Zug der Linie RE2 war nach Angaben von Bundespolizei und Feuerwehr am Sonntag aufgrund eines technischen Defekts auf freier Strecke zum Halten gekommen. Nach Angaben der Bahn vom Montag befanden sich rund 300 Menschen an Bord des stehenden Zuges.
Laut Feuerwehr waren die Passagiere nach einer gewissen Zeit in Unruhe geraten und hätten den Zug durch die notentriegelten Türen verlassen - auf die freie Strecke und in den Wald hinein, so ein Feuerwehrsprecher. Die benachbarten Gleise mussten gesperrt werden, zahlreiche Züge und S-Bahnen konnten nicht mehr weiterfahren.
"Wir raten ganz klar davon ab, die Türen eigenständig zu öffnen", sagte ein Sprecher der Feuerwehr gegenüber rbb|24. Passagiere liefen gleich in mehrfacher Hinsicht Gefahr: durch Stromschläge, schnell fahrende Züge, die durch ihre Geschwindigkeit eine Sogwirkung hätten oder sie könnten im freien Gleisbett, durch Bahnschwellen, Gleise, Steine oder Kabel, stolpern.
Die Bahn mahnt
Auch die Bahn mahnte von eigenständigem Handeln in solchen Situationen abzusehen. "So schwer es auch fallen mag, sind alle Reisenden angehalten im Zug zu bleiben und auf Anweisungen unserer Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer zu warten und niemals eigenmächtig auszusteigen", sagte eine Sprecherin. "Bahnanlagen dürfen nur autorisierte Personen betreten. Für alle anderen Menschen ist das nicht nur gefährlich, sondern kann auch eine hohe Geldbuße von bis zu 5.000 Euro nach sich ziehen." Bei einer konkreten Gefährdung des Eisenbahnbetriebs handele es sich sogar um eine Straftat.
Feuerwehr: keine Verletzten, kein Kollaps
Die Berliner Feuerwehr bestätigte Augenzeugenberichte, nach denen Personen wegen der Hitze im Zug kollabiert seien nicht. "Keine Person wurden als verletzt eingestuft", sagte ein Sprecher der Feuerwehr rbb|24. Die Passagiere wären aufgeregt gewesen, von einem Kollaps habe man aber nichts mitbekommen.
Einsatzkräfte der Feuerwehr brachten die Fahrgäste schließlich zum S-Bahnhof Wuhlheide. Um sicherzugehen, dass sich keine Fahrgäste im Wald verirrt haben, wurden Drohnen mit Wärmebildkameras eingesetzt. Es hatten sich laut Berliner Feuerwehr jedoch keine Personen im Wald verirrt. Der defekte Zug wurde abgeschleppt.
Der Bahnverkehr war durch den liegengebliebenen Zug im Südosten der Stadt gestört, die Strecke von und nach Cottbus massiv beeinflusst. Am Montagmorgen hat sich der Verkehr wieder normalisiert.
Sendung: rbb24, 19.06.2023, 21:45 Uhr