Blockierte Straßen - Landwirte setzen Proteste fort - Schwerpunkt am Donnerstag in Cottbus
Die Proteste der Bauern haben sich in Brandenburg am Donnerstag auf Cottbus konzentriert. Dort war Bundeskanzler Scholz bei der Einweihung des neuen Bahnwerks. Scholz und die Landespolitiker setzten auf Dialog, konkrete Zusagen aber gab es nicht.
- Schwerpunkt der Bauernproteste am Donnerstag in Cottbus, wo Bundeskanzler Scholz das neue Bahnwerk eröffnete
- Ministerpräsident Woidke schlägt Gespräch mit Landwirten nächste Woche vor
- Agrarminister Vogel fordert Dialog auch mit Ernährungswirtschaft und Landmaschinenindustrie
Erneut haben Bauern am Donnerstag an mehreren Orten in Brandenburg gegen geplante Subventionskürzungen demonstriert. Der Schwerpunkt war dabei Cottbus, wo am Vormittag Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das neue Bahnwerk eröffnet hat. Während er sich innen die Halle anschaute und mit Mitarbeitern sprach, war laut rbb-Reportern von draußen Hupen zu hören.
Die Polizei leitete vor der Rede des Kanzlers eine Kolonne mit Traktoren am Veranstaltungsort vorbei. Viele der rund 500 Demonstranten trugen grüne Westen mit der Aufschrift "Ohne uns kein Essen". "Wir leben ja in aufgeregten Zeiten, ein bisschen haben wir das auch gehört", kommentierte Scholz die Proteste. "Und auch das gehört zur Demokratie dazu, dass man sich seine Meinung sagt."
Ursprünglich wollten die Landwirte den Zugang zum Bahnwerk versperren, wie der Kreisverband Spree-Neiße des Landesbauernverbandes dem rbb sagte.
Gespräch zwischen Scholz und Wendorff
Scholz traf sich am Rande der Bahnwerkseröffnung mit Brandenburgs Landesbauernpräsidenten Henrik Wendorff. Nach Angaben der Landwirte machte er dabei das Angebot im Dialog zu bleiben, machte aber keine konkreten Zugeständnisse.
"Es ist erkannt worden, dass jetzt - leider viel zu spät - in einen Dialog eingetreten wird, den wir schon lange, lange erwartet haben", sagte Wendorff nach dem Gespräch mit dem Kanzler. Scholz habe ihm gesagt, er werde mit Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) sprechen. Mit dem Angebot eines Dialogs zur Suche nach Lösungen werde er aber die Landwirte nicht von heute auf morgen von den Straßen bekommen. "Das reicht nicht."
Wendorff hatte vorab erklärt, dass ohnehin Kürzungen im Bundeshaushalt etwa bei den Mitteln zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes geplant seien. "Es wird weitere Proteste geben. Die Zahl derjenigen, die uns unterstützen, wird größer", betonte Wendorff.
Proteste gehen trotz Zugeständissen weiter
Die Ampel-Regierung hat mit ihren Plänen für den Abbau der Steuervergünstigungen für Agrardiesel einen Proteststurm der Bauern ausgelöst, der auch durch Zugeständnisse der Regierung nicht gestoppt werden konnte.
Seit Montag demonstrieren Bauern, teils unterstützt von anderen Berufsgruppen, in allen Teilen Deutschlands gegen Sparpläne. Die Ampel-Koalition will einlenken und auf die geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichten. Die Bauern demonstrieren weiter, weil die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel weiter entfallen sollen, wenn auch schrittweise. Die Proteste sollen ihren Höhepunkt am Montag mit einer Demonstration in Berlin erreichen.
Woidke spricht mit Landwirten
Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) stellte sich nach der offiziellen Bahnwerkeröffnung den protestierenden Bauern. "Wir werden nicht nur warten, bis die Bundesebene in den Dialog eintritt, der heute mit dem Gespräch beim Bundeskanzler begonnen hat", sagte Woidke auf der Bühne.
Er habe dem Bauernverband vorgeschlagen, dass sich Landesregierung und Bauernverband nächste Woche Donnerstag, am 18. Januar, zusammensetzen und schauen, was "wir schon hier im Land Brandenburg machen können", so Woidke weiter. "Auch bei uns gibt es Dinge, die wir verbessern können, für den ländlichen Raum [und] unsere Betriebe."
Donnerstagmorgen wurde bereits bekannt, dass auch die Ampel-Koalition den Landwirten ein Gespräch angeboten hat. Die Fraktionschefs von SPD, Grünen und FDP wollen sich am Montag mit Vertretern der Branche treffen [tagesschau.de].
Umweltminister Vogel: Alle müssen an einen Tisch
Umweltminister Axel Vogel (Grüne) traf sich am Donnerstagnachmittag am Rande der PR-Job-Messe in Pritzwalk mit Prignitzer Landwirten. Dort wurde unter anderem über die Kürzungspläne des Bundes beim Agrardiesel und den Subventionen für die Landwirtschaft gesprochen. Axel Vogel versprach, sich für die Landwirte einzusetzen und forderte auch den Bund zum Dialog auf. Alle müssten an einen Tisch kommen - "nicht nur die Landwirte, auch die Ernährungswirtschaft, auch die Landmaschinenindustrie". Es müsse eine Lösung gefunden werden, denn es sei klar, dass Diesel über kurz oder lang als fossiler Treibstoff ein Auslaufmodell sein werde.
Steinbach kritisiert Kommunikation der Bundesregierung
Unterdessen kritisierte der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) die Kommunikation der Bundesregierung mit den Landwirten. Mit Blick auf die geplanten Subventionskürzungen habe man einen "riesen kommunikativen Fehler begangen, indem man mal eben etwas von null auf hundert sozusagen im Rahmen einer Pressekonferenz in die Öffentlichkeit hat platzen lassen", sagte er am Donnerstag im rbb24 Inforadio. "Wenn man hier an der Stelle mit den entsprechenden Verbänden die Gespräche geführt hätte, die heute in Cottbus stattfinden (...) und den Weg zu dieser Lösung gemeinsam erarbeitet hätte, dann hätten wir uns diese ganzen Unbilden, die jetzt jeder von uns mit erleiden muss, auch ersparen können."
Proteste behindern Verkehr
Die Bauernproteste in Brandenburg hatten am Donnerstag bereits am Morgen begonnen.
In Wittenberge blockierten Bauern mit ungefähr 20 Fahrzeugen die Kreuzung der Bundesstraßen 195 und 189. Ein Kreisverkehr bei Weisen wurde mit sieben Fahrzeugen, darunter ein Traktor, besetzt. Im Landkreis Elbe-Elster waren zwei Versammlungen angemeldet. Auch in den Landkreisen Oberhavel, Prignitz, Uckermark, Märkisch-Oderland, Oder-Spree, Havelland, Potsdam-Mittelmark und Elbe-Elster kommt es wegen der Proteste zu Verkehrsbeeinträchtigungen.
Die Landrätin der Uckermark, Karina Dörk (CDU), sieht den Protest der Landwirte nach eigener Aussage als berechtigt an. Es sei bislang nicht adäquat reagiert worden. Sie hätte sich gewünscht, dass die Regierung nochmal innehalte und Belastungen zurücknehme, sagte sie. Es gehe nicht nur um die Landwirte.
Seit Montag demonstrieren Bauern, teils unterstützt von anderen Berufsgruppen, in allen Teilen Deutschlands gegen Sparpläne der Bundesregierung in der Landwirtschaft. Die Ampel-Koalition will einlenken und auf die geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichten. Die Bauern demonstrieren weiter, weil die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel weiter entfallen sollen, wenn auch schrittweise.
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.01.2024, 7 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 11.01.2024 um 22:38 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.