Ärzteausbildung in Brandenburg - Viele Medizin-Unis braucht das Land
Seit zehn Jahren gibt es die private Medizin-Universität MHB in Brandenburg/Havel und in Neuruppin. Im Juli gründet sich eine staatliche Medizin-Uni in Cottbus. Bedeutet das kostenlose Studienangebot das Aus für das teure Privatstudium an der MHB? Von Katrin Neumann
- Studium der Medizin, Psychologie und Zahnmedizin an privater MHB zu hohen Kosten und ohne Numerus Clausus (NC)
- Künftige staatliche Medizin-Universität MUL in Cottbus kostenlos, aber mit NC
- Länder wegen Ärztemangel weiterhin auf Privat-Unis angewiesen
Deutschlandweit fehlen 5.000 Medizin-Studienplätze, um den Ärztebedarf langfristig zu decken. 200 neue Studienplätze pro Jahrgang sollen an der Medizinischen Universität Lausitz – Carl Thiem (MUL) in Cottbus entstehen, die voraussichtlich im Juli gegründet wird. Die ersten Studierenden werden wohl ab 2026 den Campus in der Lausitz betreten. Entscheidend für die Aufnahme ist in der Regel die Abiturnote der Bewerber:innen.
An der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) mit Standorten in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) und Brandenburg an der Havel werden seit zehn Jahren Ärzte und Ärztinnen ausgebildet – ohne Numerus Clausus und für viel Geld. 138 Medizin- und 140 Psychologiestudierende beginnen auch dieses Jahr dort ihr Studium.
Medizinstudierende zahlen 118.000 Euro, angehende Psychologen 50.000 Euro - es sei denn, sie erhalten ein Stipendium, dann ist das Studium kostengünstiger. Aber sie verpflichten sich dafür, die anschließende mehrjährige Facharztausbildung in Brandenburg zu absolvieren.
Hoffen auf den "Bindeeffekt"
Angesichts von Befürchtungen, mit der neuen Universität in Cottbus könnte die private MHB an Bedeutung verlieren, beschwichtigt Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen): Die MHB müsse sich vor der neuen staatlichen Universität "nicht fürchten". Sie werde "weiterhin ihren Platz in Brandenburg haben", die neue staatliche Universität werde ihr "nicht das Wasser abgraben". Die Absolvierenden der MHB würden im Land sehr geschätzt, vor allem wegen ihrer praxisnahen Ausbildung.
Außerdem hätten die letzten Jahre gezeigt, dass "zwei Drittel der Absolvierenden der MHB in der Brandenburger Versorgung bleiben". Einen solchen "Bindeeffekt" erhofft sich Nonnemacher auch für die MUL in Cottbus.
Numerus Clausus nicht entscheidend
Dass es künftig ein kostenloses staatliches Medizinstudium im selben Bundesland geben wird, beunruhigt auch den Präsidenten der privaten MHB, Hans-Uwe Simon, nicht. Die Nachfrage sei groß, der Bedarf an Ärzten ebenso. "Wir machen uns keine Sorgen. Wir versuchen natürlich, uns weiterzuentwickeln mit neuen Studienangeboten. Wir schauen als MHB auf den gesellschaftlichen Bedarf, und der ist hoch."
Dass das Studium an der MHB ohne Numerus Clausus auskommt, könne dem Image des Studiums nichts anhaben. "Die Ausbildung ist top", sagt der Vizepräsident der Landesärztekammer Brandenburg, Steffen König: "Es zählen andere Faktoren als der Numerus Clausus, die mindestens genauso wichtig sind in der Medizinerausbildung." So würden Motivation, Vorerfahrung und soziales Engagement über die Aufnahme an der MHB entscheiden. Diese Kompetenzen würden auch Krankenhäuser, bei denen die Absolvierenden im Anschluss arbeiten, besonders wertschätzen, bestätigt Gesundheitsministerin Nonnemacher.
Alleinstellungsmerkmal Zahnmedizin
Die neue staatliche Medizin-Uni in Cottbus wird in den ersten 15 Jahren 3,7 Milliarden Euro kosten. 1,9 Milliarden Euro kommen vom Bund, 1,8 Milliarden Euro stemmt das Land Brandenburg. Auch die private Universität in Brandenburg und Neuruppin erhält Förderung vom Land in Höhe von 6,6 Millionen Euro pro Jahr. Daran soll sich auch mit dem Start der Lausitzer Uni nichts ändern.
Man brauche beide Standorte, MUL und MHB, die sich auch geographisch gut ergänzten, "da die MHB mit den Hauptstandorten Neuruppin und Brandenburg an der Havel den Nordwesten und das MUL den Südosten Brandenburgs abdeckt und so das Gesundheitssystem des Landes gut erforscht und weiterentwickelt werden kann", erklärt das Wissenschaftsministerium auf Anfrage von rbb24.
Außerdem habe sich die MHB mit dem neuen Studienangebot Zahnmedizin ein "Alleinstellungsmerkmal im Brandenburgischen Hochschulsystem erarbeitet", so das Ministerium weiter. Dieses Jahr legen die ersten 48 Zahnmedizinstudenten los.
Ärztemangel sorgt für Bedarf an Privat-Unis
Neben der bestehenden MHB im Nordwesten Brandenburgs und der zukünftigen MUL in Cottbus gibt es seit 2020 eine weitere private Medizin-Uni. Die HMU Potsdam ist ein Standort der mit Hauptsitz in Erfurt ansässigen Hochschule. Auch hier ist die Nachfrage groß. Landesärztekammer und Gesundheitsministerium sind sich einig, dass auch diese Ärzteausbildung langfristig bestehen bleibt. Solange es den Ärztemangel gibt, wird es auch private Medizin-Universitäten geben.
Die ersten Absolventen von der staatlichen Universität in Cottbus werden nach über sechsjähriger Ausbildung frühestens im Jahr 2032 im Gesundheitssystem ankommen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 05.04.2024, 19:30 Uhr