Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin) - Ehrenamtler organisieren Einkauf für Senioren

So 24.11.24 | 11:42 Uhr | Von Björn Haase-Wendt
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Symbolbild: Ein älteres Paar ist am 07.05.2023 beim Einkauf in einem Supermarkt. (Quelle: dpa/Benjamin Nolte)
dpa/Benjamin Nolte
Audio: Antenne Brandenburg | 20.11.2024 | Björn Haase-Wendt | Bild: dpa/Benjamin Nolte

In der Großstadt ist der Einkauf meist kein Problem. Auf dem Land sieht das schon anders aus. Wer nicht fit ist und kein Auto hat, kommt oftmals schwer zur nächsten Einkaufsmöglichkeit. In Rheinsberg organisieren Ehrenamtler einen Einkaufsservice. Von Björn Haase-Wendt

Ein paar Getränkeflaschen, Brot, Aufschnitt und Tomaten. Dagnija Stöppler ist einkaufen, aber diesmal nicht für sich selbst. Die 63-Jährige aus dem Rheinsberger Ortsteil Kagar geht für Senioren einkaufen, die nicht mehr so fit sind: "Das macht natürlich in den Ortsteilen etwas aus, denn bis auf Flecken Zechlin gibt es sonst nur in der Stadt Rheinsberg einen Supermarkt."

Insgesamt hat Rheinsberg (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) 17 Ortsteile. Wer dort also zum Supermarkt will, ist zwangsläufig auf ein Auto oder den Bus angewiesen, aber damit fangen schon die nächsten Probleme an. "Es gibt hier ein großes Problem mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, das allein ist schon ein Hindernis. Selbst Menschen, die das allein schaffen könnten, können das nicht bewerkstelligen, weil die Busse nicht so häufig fahren", sagt die Ehrenamtlerin.

Ehrenamtler fahren zum Einkauf

In Rheinsberg wurde deshalb der Einkaufsservice für hilfsbedürftige Senioren ins Leben gerufen. Eine Handvoll Ehrenamtler fahren für oder auch - wenn das noch möglich ist - gemeinsam mit den hilfsbedürftigen Rheinsbergern zum Einkauf. "Denn das bedeutet ja auch eine größtmögliche Unabhängigkeit in der Abhängigkeit. Das ist natürlich schön, wenn man selbst aussuchen kann, was man haben möchte. Aber klar, da kann man nicht stundenlang durch den Supermarkt laufen", sagt Dagnija Stöppler. Zwei bis drei Mal ist die 63-Jährige in der Woche für die Senioren unterwegs.

Koordiniert wird das Angebot vom sogenannten "Kümmerer" in Rheinsberg, der über das Förderprogramm "Pakt für Pflege im Land Brandenburg" finanziert wird. Eigentlich ist er Ansprechpartner für Pflegebedürftige und deren Angehörige in Rheinsberg, entwickelt aber auch neue Unterstützungsangebote. "Wir haben hier natürlich durch die Struktur mit den 17 Ortsteilen immer die Anfragen von Senioren oder ihren Angehörigen gehabt, wie sie zum Einkauf kommen", sagt Otto. Im Sommer hatte er sich mit seinen Ehrenamtlern deshalb zusammengesetzt und über Lösungen nachgedacht: entstanden war der Einkaufsservice. Zunächst wurden die Bedarfe ermittelt, seit Anfang November können sich die Senioren aus Rheinsberg und den Ortsteilen die Hilfe holen.

Obolus für Unterstützer

Interessierte Senioren, die nicht mehr so fit sind, können sich telefonisch, persönlich oder auch per E-Mail beim "Kümmerer" Thomas Otto oder beim Haus der Begegnung in Rheinsberg melden. "Herr Otto schaut dann, welcher Ehrenamtliche gut gelegen wohnt und dann wird eine Vereinbarung mit dem - ich nenne es mal - Kunden getroffen", erklärt Dagnija Stöppler, wobei es allen wichtig ist, dass es sich um kein kommerzielles Angebot handelt.

Allerdings rät Initiator Thomas Otto den Senioren trotzdem, den Ehrenamtlern ein kleines Trinkgeld zu zahlen, denn schnell komme einiges an Kilometern zusammen. "Der weiteste Ortsteil liegt 17 Kilometer von Rheinsberg entfernt", sagt der 73-Jährige. Aber nicht jeder könne einen kleinen Obolus zahlen: "Wir haben auch Senioren mit sehr wenig Rente. Für die sind schon 5 Euro sehr viel, das entscheiden wir dann also wirklich individuell."

Mehr Infos

Einkaufsservice für Senioren in Rheinsberg
Haus der Begegnung
Schillerstraße 0
16831 Rheinsberg
Telefon: 033931-49011

"Kümmerer" Thomas Otto
kuemmerer@rheinsberg.de
Mobil: 0173-2106876

Nachfrage noch überschaubar

Die ersten Senioren haben sich für das neue Unterstützungsangebot schon gemeldet, einer von ihnen ist Horst Mertsch. Der 87-Jährige und auch seine Frau sind krankheitsbedingt nicht mehr gut zu Fuß und auch den Führerschein habe er abgeben müssen. Zwar habe er von der Krankenkasse ein kleines Elektromobil bekommen, der Einkauf und auch der Weg zum Supermarkt seien damit aber sehr beschwerlich. "Ich kann nicht durch die Discounter laufen. Wenn an der Wursttheke eine Schlage von zehn Leuten steht, dann muss ich das aufgeben", erzählt der 87-Jährige und ergänzt: "Da ist das für uns natürlich günstig, wenn wir jemanden haben, der für uns einkauft." Jetzt nutzt der Rheinsberger den Service der Ehrenamtler für den Wocheneinkauf. "Wir geben den Einkaufszettel mit und das klappt wirklich wunderbar", sagt Horst Mertsch.

Noch sei die Nachfrage überschaubar. Das Angebot müsse sich noch herumsprechen und vor allem jetzt, wenn der Winter komme, werde der Bedarf nochmal steigen, ist sich "Kümmerer" Thomas Otto sicher. Auch die Zahlen sprechen dafür: Immerhin sind fast 60 Prozent der Rheinsberger über 60 Jahre alt. Aktuell müssen die Ehrenamtler das eigene Auto für die Einkaufsfahrten nutzen, aber auch dafür ist eine Lösung in Aussicht. Im Sommer wurde im Rheinsberger Ortsteil Flecken Zechlin ein Dorfmobil – das "FleckoMobil" - eingeweiht. Der vollelektrische Kompakt-SUV ist ein Carsharing-Angebot im Dorf und soll künftig auch von den Ehrenamtlern des Einkaufsservice genutzt werden können. "So dass die Ehrenamtler nicht mit dem eigenen Auto fahren müssen, das macht es für sie auch wieder günstiger", sagt Thomas Otto.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.11.2024, 14:40 Uhr

Beitrag von Björn Haase-Wendt

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5 Kommentare

  1. 5.

    übernhemen das die Fachkräfte nicht ?

  2. 4.

    Im Beitrag geht es nicht um Sparvorschläge, sondern um Einkaufsmöglichkeiten für Senioren. Ich finde Ihre Aussage befremdlich, wahrscheinlich ist es Ihnen wichtiger, etwas wissen zu wollen, ohne die Betroffenen zu kennen. Wasser kaufen zu wollen und zu können ist hier gemeint, weil man es nicht mehr selbst kann und weil andere Menschen tatsächlich etwas Gutes tun möchten. Es geht hier weniger um Sie und Ihre Weisheit, sondern um jene, die tatsächlich helfen, damit Schwerbehinderte, wie ich es auch bin, eine Möglichkeit zur Versorgung bekommen und ja, meine Leitung ist auch voller Wasser und auch ich maße mir an, als Schwerbehinderter nicht auf mein Mineralwasser zu verzichten. Irre, oder?

  3. 2.

    Statt zu loben, daß sich Menschen aus freien Stücken um andere Menschen kümmern, geben Sie zynisch und überheblich Ihre Kritik. Manche Senioren wollen aber kein Leitungswasser!

  4. 1.

    Im Bild sind vermutlich Mineralwasserflaschen sichtbar.

    Da spart man am besten fast 100% und trinkt Leitungswasser.

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