Umstrittene Wahl - Zentralrat der Juden erkennt Joffe-Wahl in Berliner Gemeinde nicht an
Der Sieger der Wahl zum Gemeindeparlament in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin könnte erneut Gideon Joffe heißen. Doch die Wahl ist umstritten. So will der Zentralrat der Juden diese nicht anerkennen.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland erkennt die Wahl zum Gemeindeparlament in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin nicht an. Das hat er am Sonntagabend auf seiner Website mitgeteilt [zentralratderjuden.de]. "Entgegen einer Unterlassungsverpflichtung durch das unabhängige Gericht beim Zentralrat der Juden, hat die Jüdische Gemeinde zu Berlin die Wahl zur 20. Repräsentantenversammlung nun durchgeführt", heißt es dort.
"Das Gericht hat in einem Eilverfahren im Juli 2023 die Rechtswidrigkeit der im Mai 2023 neugefassten Wahlordnung festgestellt und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin auferlegt, die Wahl bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache zu verschieben oder auf der Grundlage der alten Wahlordnung vom Juli 2011 die Wahl bis zum 5.12.2023 durchzuführen." Deswegen werde "das Präsidium des Zentralrats entsprechend einer Empfehlung durch das Gericht entscheiden, wie damit weiter umzugehen ist."
Nur Kandidaten des Bündnis Koach! gewählt
Bei der Wahl zum Gemeindeparlament sind am Sonntag ausschließlich Kandidaten des Bündnis Koach! des bisherigen Vorsitzenden Gideon Joffe in die Repräsentantenversammlung gewählt worden. Joffe selbst erhielt dabei die meisten Stimmen (911).
Ein Sprecher der Gemeinde sagte, dass die konstituierende Sitzung der Repräsentantenversammlung voraussichtlich Ende September stattfinden wird. Dabei dürfte Joffe erneut zum Vorsitzenden gewählt werden.
Streit in der Gemeinde
Die Abstimmung wurde überschattet von heftigem Streit in der Gemeinde. Die Führung um Joffe (51) hatte Ende Mai die Wahlordnung geändert und unter anderem eine Altersgrenze von 70 Jahren für Kandidaturen eingeführt. Joffes Vorgängerin Lala Süsskind, 77, klagte dagegen erfolgreich vor dem Instanzgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland, das den Stopp der Wahl forderte. Joffe hält das Gericht jedoch für nicht zuständig und ging über das Urteil hinweg.
Kandidatur zurückgezogen
Ein Oppositionsbündnis namens Tikkun wollte ursprünglich gegen Joffe und seine Unterstützer antreten, zog aber die Kandidaturen aus Protest zurück und rief zum Boykott der Wahl auf. Tikkun hält diese für illegal und verlangt eine Wiederholung. Süsskind hat bereits Klage angekündigt. Zuletzt standen noch vier Tikkun-Kandidaten zur Wahl, sie erhielten aber alle viel weniger Stimmen als Joffe und seine Unterstützer.
Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hat nach unterschiedlichen Angaben zwischen 8.200 und 9.000 Mitglieder und ist damit eine der größten in Deutschland.
Sendung: rbb24 spät, 03.09.2023, 21:45 Uhr