"Currywurst-Streit" - Nonnemacher will Ernährungsstrategie ohne Kabinettsbeschluss umsetzen

Mi 20.09.23 | 16:30 Uhr
  45
Ein Tablett mit einer Currywurst mit Pommes Frites steht in einer Kantine, Archivbild (Quelle: DPA/Martin Gerten)
Audio: Antenne Brandenburg | 21.09.2023 | Nachrichten | Bild: DPA/Martin Gerten

Das Brandenburger Gesundheitsministerium hält an der Verabschiedung einer Ernährungsstrategie für das Land fest. Das sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen) dem rbb am Rande der Landtagsdebatte am Mittwoch. Am Dienstag war der Entwurf im Kabinett vor allem am Veto von Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) gescheitert.

Nonnemacher sagte, ihr scheine es, als könne es trotz mehrmaliger Versuche nicht gelingen, Ministerin Lange von diesem Projekt zu überzeugen. Deswegen werde die bereits fertige Strategie jetzt als sogenannte Ressortstrategie dem Kabinett vorgelegt. Diese bedürfe dann nicht mehr der Zustimmung des gesamten Kabinetts, könne aber dennoch wirksam werden.

Currywurst ist für Lange "Kraftriegel für Verwaltungsmitarbeiter"

Nonnemacher bekräftigte, dass sie die Strategie als dringend geboten ansehe. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre sei der Anteil adipöser, also stark übergewichtiger Menschen im Land um 40 Prozent gestiegen, so die Gesundheitsministerin. Übergewicht und schlechte Ernährung seien demnach die wichtigsten Faktoren für schwere Krankheiten.

Die Finanzministerin hatte zuvor ihren Standpunkt klar gemacht. "Jeder kann essen, was er will", so Lange gegenüber rbb24 Brandenburg aktuell. "Wer Kichererbsen, Algen, Insekten essen möchte, kann es gerne tun. Ich gehe davon aus, dass die gesunde Currywurst auch in Zukunft als Kraftriegel für die Verwaltungsmitarbeiter zur Verfügung stehen wird."

In der Ernährungsstrategie will das Gesundheitsministerium verschiedene Maßnahmen bündeln, um die Ernährung in Brandenburg zunächst in öffentlichen Kantinen gesünder, regionaler und ökologischer zu gestalten. Der Landtag hatte das Gesundheitsministerium mit der Erarbeitung beauftragt. Schon im Koalitionsvertrag war sie als gemeinsames Projekt der Koalition verankert worden. Bereits vor zwei Jahren hat Nonnemacher die Ausarbeitung angekündigt.

Die Ressortstrategie soll nun noch im Oktober dem Kabinett zur Kenntnis gegeben und dann zur Anwendung kommen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 20.09.2023, 19.30 Uhr

45 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 45.

    "Wer Kichererbsen, Algen, Insekten essen möchte, kann es gerne tun. Ich gehe davon aus, dass die gesunde Currywurst auch in Zukunft als Kraftriegel für die Verwaltungsmitarbeiter zur Verfügung stehen wird."

    Na, das ist von Katrin Lange ja mal ein äusserst sinnvoller und so richtig volkstümlicher Beitrag zum von Nonnemacher angestoßenen Thema: regionaler, ökologischer und gesünder. Algenfresser vs. gesunde-Currywurst-Genießer. Geht's auch 'ne Nummer kleiner und weniger populistisch, Frau Lange?

  2. 44.

    Wie gesagt: Hauptziel ist m.E., dass all jene, die sich nicht nur von typischem Kantinen-Essen oder "Junk Food" ernähren möchten, dies mit wenig Problemen tun können. Ein Nebenziel und erfreulicher Nebeneffekt ist die Stärkung regionaler, abwechslungsreicher Landwirtschaft. Beides hat mit Psychologie erstmal nicht so viel zu tun. - Und natürlich sollen auch Menschen mit geringerem Einkommen hieran teilhaben können. Ist ebenfalls ein moralisches Thema, nur offenbar eines, bei dem wir konform gehen. - Um die Teilhabe zu gewährleisten, erwarte ich entsprechend der m.W. hierzu bestehenden Koalitionsvereinbarung eigentlich eine enge Mitarbeit der Brandenburger Finanzministerin Lange. Schade, dass sie dies offenbar nicht möchte - so dass abwechslungsreicheres Essen womöglich für einige Luxus bleibt.

  3. 43.

    Ich verstehe ja was Sie umtreibt - aber Zucker in industriell gerfertigten Lebensmitteln ist doch ein anderes Politikfeld in der Gesetzgebung. Und es geht um Lebensmittelsicherheit bei den anderen Beispielen.
    Beide Bereiche haben mit der o.g. Strategie nicht so recht zu tun, sondern es geht nach meiner Wahrnehmung darum, in einen so privaten Bereich wie Ernährung 'hineinzuregieren'. Diese o.g. Begründungen und Argumente werden in den USA seit Jahrzehnten gepredigt mit dem Ergebnis daß die Menschen immer dicker werden: es wird durch permanentes Nudging beständig Druck aufgebaut was zu noch mehr Stress bei den Menschen führt. Lebensmittelunsicherheit und Armut wären wichtigere Ernährungsthemen, der Zugang zu guten, sicheren Lebensmitteln für alle.
    Meine Mutter war Köchin, sie wußte wie Kinder zum (gesunden) Essen motiviert werden können. Heutzutage wird "korrekte" Ernährung politisch überhöht wie eine Art moralistische Weltanschauung.

  4. 42.

    warum wird auf dem Anschauungsfoto nun extra die traditionelle Berliner Currywurst mit einer riesigen Masse an Ketchup abgebildet?
    Und nicht ein keineswegs gesünderer fetter Döner, dessen Fleisch extra aus Polen in die Läden nach Deutschland gefahren wird. Von regional kann man beim Döner wohl eher nicht reden. Darüber wird bisher überhaupt nichts berichtet.

    Dass die dortigen Verwaltungsangestellten sich nur von Currywurst ernähren,halte ich für ein schlechtes Gerücht. Dass eine Currywurst gesund ist oder eher nicht, steht auf einem anderen Blatt.

  5. 41.

    Das ist doch überhaupt keine Currywurst auf dem Bild!

  6. 40.

    Mein Kommentar zielt auf die eigenen Möglichkeiten.
    Es gibt eine Sache, die Herr Özdemir angehen kann. Wenn er seinen Job richtig versteht: Zucker und Salz ist überall als Konservierungsmittel enthalten und wissenschaftlich in diesen Mengen unnötig.
    Veltins ist der einzige Bierhersteller der ein alkoholfreies Bier ohne Zucker anbietet. Oder Werderaner Ketchup ohne Zucker, mit dem weißen oder blauen Deckel.

  7. 39.

    Maria, bitte reissen Sie Aussagen nicht aus dem Zusammenhang. Wir können hier sachlich diskutieren, ohne Leute in irgendwelche schlimmen Ecken zu stellen. Ich habe mehrfach gesagt, dass keine Gerichte verboten werden sollen, sondern dass die Vielfalt erhöht werden soll. In Reaktion auf Björn habe ich Verbote als denkbar genannt - z.B. das Verbot eines zu hohen Weißzuckergehalts in Lebensmitteln wie Ketchup oder Limo. Der ist nachgewiesen in den heute üblichen Dosierungen massivst schädlich. So, wie also Alkohol oder Schmieröle zu recht in Lebensmitteln verboten sind, kann man auch über Grenzwerte für bestimmte "normale" Zusatzstoffe nachdenken. Das ist ein ganz normales Gesundheitsthema und hat null mit "schwarzer Pädagogik" zu tun.

  8. 38.

    >gehören konkrete Gebote und Verbote nun mal auch mit dazu<

    Verbote bei der Ernährung? Gehören dazu? Was für ein Weltbild haben Sie denn? Oder besser: was für einen Menschenbild? Wie wollen Sie denn "Verbote" durchsetzen? Kerker? Pranger?

    Meine Güte, der erzieherisch-fehlgeleitete ÜberEifer der schwarzen Pädagogik ist echt nicht totzukriegen trotz der über Jahrzehnte angerichteten Verheerungen.

  9. 37.

    >viele sind zu dick weil sie sich schlecht ernähren aber auch weil sie sich nicht bewegen<

    Muß das schön sein in so einer einfachen Welt ... aber halt, mit der Realität hat das nicht viel zu tun. Trotzdem werden seit Jahrzehnten die immer gleichen falschen Behauptungen wiederholt, die schon längst _widerlegt_ sind.

    Es gibt sehr viele individuell unterschiedliche Gründe. Die Epigenetik ist eine davon, zunehmender Stress in den Gesellschaften ein weiterer bedeutsamer.

    Aber es scheint so, daß man bei aller 'Diversität' und 'Individualit' gemeinsam gerne auf die Dicken einschlägt, ganz ungeniert bei der Gruppe die offen diskriminiert werden darf. (Unterstellungen, Behauptungen, Beschimpfungen hier in den Kommentaren inkl. Herablassung und Verächtlichmachung)

  10. 36.

    Das Ergebnis wird sein wie bei allen Zwangsbeglückungen - die Menschen machen es einfach nicht mit und weichen aus.
    England: der berühmte TV-Koch startete ein Riesenprogramm in Schulmensen mit allem Tralala - Worthülsen siehe oben-und: die Kinder aßen es einfach nicht. Sie fanden es eklig. Es wurden 2/3 weggeschüttet in den Abfall.
    Spanien: auch hier die gleichen 'erzieherischen Maßnahmen' - diese führten zu einem Aufstand der Mütter und Großmütter, die an den Schulzäunen dann (zuerst heimlich) das frisch gekochte Essen von zu Hause an die Kinder verteilten und dann einen florierenden Absatz für ihr Essen fanden. Das 'vorgeschriebene' Schul-Essen landete in Massen im Müll.Kindern und Jugendlichen sollte eine Wahl gelassen werden, ihre Geschmachsempfindungen unterscheiden sich noch sehr von denen der Erwachsenen. Das ist keine Dummheit oder gar ungesund sondern normal.

  11. 35.

    Schade nur, wenn genau das, wofür die Kinder oder die voll mündigen Bürger sich nach Aufklärungskampagnen längst entschieden haben, in der jeweiligen Kantine überhaupt nicht verfügbar ist. Sondern erst 30 km weiter weg. Somit ist DIESEN Menschen dann die freie Wahl de facto verboten.

  12. 34.

    Ich kann mich noch lebhaft an das Schulessen zu DDR-Zeiten erinnern. Es war meistens widerlich und landete größtenteils in den „Specki-Tonnen“. Wer nicht weiß, was das ist: Die wurden oft von Bauern für die Schweine abgeholt. Es gab diese Tonnen auch für den Hausgebrauch.

  13. 33.

    Woher kommt nur diese ständige Lust aufs Verbieten? Wir sind ein freies Land mit selbstbestimmten Bürgern. Die dürfen selbst entscheiden, was sie in sich reinschaufeln wollen. Und wenn ein ausgewogeneres Speisenangebot zu Ausweichbewegungen führt, dann ist das freie Abstimmung mit den Füßen, die höchstens mit Zwangsernährung beendet werden könnte. Das dürfte wohl kaum durchsetzbar sein. Wenn Nonnenmacher tatsächlich hier ihre Strategie durchsetzt und dadurch die Preise steigen, wird genau diese Abstimmung mit den Füßen erfolgen. Am Ende entscheiden nicht Politiker sondern die Nutzer. Wenn man das ändern will, kann man gerne Aufklärungskampagnen fahren und insbesondere die Hausärzte einbinden. Schlussendlich entscheidet aber Jeder selbst, was er wann essen und wie viel er dafür maximal zahlen mag.

  14. 32.

    Wie hier schon mehrfach festgestellt wurde: Zwingen kann man niemanden. Aber man kann Anreize schaffen. Ich kenne tatsächlich genug Kids, die immer nur "Pommes Curry" wollen. Genauso kenne ich aber auch Kinder und Jugendliche, die mal dies und mal ganz was anderes wollen - und zwar nicht aus Zwang, sondern aus Spaß an der Abwechslung. Und dasselbe gilt für Erwachsene; z.B. für meinen Vater: Jahrzehntelang früher gab's bei ihm nur 'Heiß und Fettig'. Heute kann er es mit über 80 durchaus auch geniessen, wenn bei was Gutem Herzhaften mit oder ohne Fleisch ordentlich leckeres Grünzeug dabei ist.

  15. 31.

    "Strategien für eine größere Nahrungsvielfalt" Wird zumeist bei der Essensversogung nicht gut angenommen und ist auch meist teuerer. Oftmals für das nur zu Ausweichbewegungen - essen außer Haus oder verschieben auf nach der Schule/Arbeit. Diese Ausweichbewegungen könnten Sie nur unter Zwang an anderer Stelle vermeiden (Verbote von Imbißwagen usw. oder Vorschriften zu angebotenen Essen im Schnellimbiß bzw. Fast-Food-Resaturant).

  16. 30.

    Westberlin? In der DDR wurde das schrittweise an nahezu alle Schulen eingeführt. Teilweise mit eigner Küche oder z.Bsp. über die Stadtwerkküche o.ä. (dann in Thermobehältern gebracht; gab dann Nudeln als Block ;-))

  17. 29.

    Tja, nette Theorie. Die hohe Zahl ernährungsbedingter Krankheiten zeigt nur eben, dass sie offenbar von sehr vielen nicht angewandt wird. Was also ist Ihr Lösungsansatz? Ein Zuweisen von Nahrung nach BMI? Ein Zwang zur Bewegung? Dass dies weit größere Bevormundungen wären als Strategien für eine größere Nahrungsvielfalt haben Sie offenbar selbst schon erkannt, wie ich dem letzten Satz Ihres Kommentars entnehme.

  18. 28.

    Ich habe noch nie von Essen in der Schule gehört, außer in ausgewiesenen Ganztagesschulen. Dort stand Mo-Sa die Schülerkantine zur Verfügung. Bei uns gab es Mo-Sa nix, nicht einmal einen Automaten, achja: Geld hatten wir natürlich auch nicht.

  19. 27.

    Beispiel aus Ffo. Der Caterer für das Schulessen wurde vor einer Weile umgestellt. Seit dem gibt es mehr solches ökologisch wertvolles Essen und insgesamt gesünder. Folge ist, daß immer weniger Schüler am Schulessen teilnehmen. Jetzt werden auch noch die Preise für das Essen schrittweise immer teuerer und noch mehr Schüler springen ab. Alternative ist dann halt der Dönerwagen in der Nähe oder mitgebrachte Snacks (oder aus dem Automaten in der Schule). Nach m.M. wurde so genau das Gegenteil erreicht und die Schüler essen im Mittel noch schlechter.

  20. 26.

    Es gibt gegen zu viel Gewicht ein einfaches Mittel. Unschlagbar. Preiswert. Weltweit zugänglich.
    Eine Strategie braucht es nicht. Speisepläne aufschreiben auch nicht. CO2 Neutral ist es auch:

    Weniger Essen und nur zu den Mahlzeiten. Unterstützt von „Björn“ seiner Bewegungstheorie :-)
    Das Zuweisen von Nahrung nach Körpergröße ist aber auch nicht einfach... für Frau Nonnemacher?

Nächster Artikel