Bretterknaller-Turnier in Cottbus - Wenn die Stars des Ostens die Lausitz träumen lassen
Die Traditionsmannschaft des 1. FC Magdeburg hat das 8. Bretterknaller-Hallenfußballturnier in der ausverkauften Lausitz-Arena gewonnen. Die "Legenden" des FC Energie Cottbus werden Letzter - der Stimmung schadet das nicht. Von Thomas Juschus
Es war ein Abend in Cottbus und der Fußball-Lausitz, um wieder einmal in Nostalgie zu schwelgen - und vom großen Fußball zu träumen. Von 2000 bis 2003 und nochmals von 2006 bis 2009 mischte der traditionsreiche FC Energie munter in der Bundesliga mit und brachte manchmal sogar den Star-Ensembles von Bayern München und Borussia Dortmund schmerzliche Niederlagen bei.
Die fußballerische jüngere Gegenwart in der 4. Liga ist eher von Tristesse geprägt, und trotz aktueller Regionalliga-Tabellenführung sind Spiele gegen FSV Luckenwalde oder ZFC Meuselwitz weit vom Glanz früherer Zeiten entfernt. Ex-Nationalspieler wie Europameister Thomas Helmer und Champions-League-Sieger Jörg Heinrich oder Alt-Internationale wie der Tscheche Milan Fukal brachten am Freitag beim 8. Bretterknaller-Turnier in der mit über 1.000 Zuschauern ausverkauften Lausitz-Arena zumindest für einige Stunden die große weite Fußballwelt zurück.
Eduard Geyer bekommt größten Applaus
Als die Mannschaften vor Turnierbeginn aufgerufen werden, ist eigentlich alles wie immer. Pfiffe und "Dynamo, Dynamo"-Rufe begleiten den Einlauf der Traditionself des BFC Dynamo, deutlich lauter wird schon der Applaus, als "Fußballgott" Detlef Irrgang seinen FC Energie auf das Parkett führt.
Und den größten Beifall erhält wie immer Eduard Geyer. Der ehemalige Erfolgstrainer des FC Energie hat es sich mit seiner Frau Angelika im provisorisch mit Flatterband abgesperrten VIP-Bereich der Halle gemütlich gemacht. "Ich finde es geil, wie voll die Halle ist", gibt der neu gewählte Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD) zum Besten - und der vierstündige Hallenkick geht los.
Jörg Heinrich schreibt fleißig Autogramme. Der 53-Jährige ist noch immer gut in Form, trägt wie in seinen fußballerischen Glanzzeiten das schwarz-gelbe Trikot von Borussia Dortmund, auf der unter der Rückennummer "Echte Liebe" steht – der Slogan des BVB. "Ja, es stimmt, von diesem Verein kommt man nicht los", sagt Heinrich. Bis 2019 war er Co-Trainer, jetzt betreut er Partner des BVB im Ausland.
Längst ist er zurück in Brandenburg, lebt in Falkensee, und kickt regelmäßig für die Alten Herren des BSC Rathenow. Und ab und zu für die Borussia – vor allem auf dem Feld. "Hier in der Halle wird es schnell mal verbissen. Vor allem ist es aber schön, sich nach den ganzen Feiertagen wieder zu bewegen", sagt der 37-fache Nationalspieler und wendet sich dem nächsten Autogrammwunsch zu, während Kollege Thomas Helmer für Selfies posiert.
Legenden in der Lausitz-Arena
Ingo Hertzsch brachte es ebenfalls zum Nationalspieler. Der gebürtige Sachse spielte in der Bundesliga für den Hamburger SV, Bayer 04 Leverkusen, Eintracht Frankfurt und den 1. FC Kaiserslautern. An seinen ersten Auftritt im Stadion der Freundschaft kann er sich gut erinnern. "Es war der 1. Spieltag, ich glaube in der Saison 2001/02. Wir haben hier mit dem HSV ein gutes Spiel gemacht. Dann hat Vasile Miriuta in der 90. Minute einen Elfmeter verwandelt und wir haben 0:1 verloren. Da war dann ordentlich Stimmung im Stadion", erinnert sich der 45-Jährige.
Seit seinem Karriereende arbeitet Hertzsch als Senior Specialist Sustainability bei RB Leipzig. Und ab und zu kickt der Nachhaltigkeits-Manager für die Bundesliga-Auswahl Ost neben Daniel Ziebig, Ronny Nikol und anderen. Bereits an diesem Samstag ist die Mannschaft wieder bei einem Turnier in Dessau gefordert.
Fans lechzen nach höherklassigem Fußball
"Ich komme immer wieder gern nach Cottbus", sagt Thomas Hoßmang, der von 1996 bis 1999 Abwehrchef der Lausitzer war. Seit neun Jahren arbeitet der 56-Jährige inzwischen beim 1. FC Magdeburg, nach einem Intermezzo als Cheftrainer jetzt wieder als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums. Trotzdem war es für "Hossi" keine Frage, das markant gestreifte Energie-Trikot aus den goldenen Zeiten überzustreifen. "Ich hatte beim FC Energie fußballerisch meine schönste Zeit – wir sind in 2. Liga aufgestiegen und standen 1997 im DFB-Pokalfinale", erzählt er.
Selbst eine Operation am linken Meniskus vor vier Wochen kann ihn nicht stoppen. "Für mein Alter bin ich noch vernünftig in Form, will hier einfach ein bisschen Spaß und Freude haben." Darum geht es auch Trainer Fritz Bohla, der am Mittwoch nächster Woche seinen 75. Geburtstag feiert. Bohla führte den FCE zweimal zum Aufstieg in die DDR-Oberliga. Nach einem Abstecher nach Rendsburg lebt er seit 2019 wieder in Cottbus, unterstützt den Verein jetzt unter anderem im Nachwuchs und steht beim Bretterknaller an der Bande. "Die volle Halle ist ein Zeichen. Die Lausitz lechzt wieder nach höherklassigem Fußball", sagt der ehemalige Erfolgscoach.
An diesem Abend haben er und seine "Energie-Legenden" weniger Glück. Erst im letzten Spiel des Abends gegen Borussia Dortmund gelingt der erste und einzige Punktgewinn durch ein 2:2 nach Toren von Thoralf "Locke" Konetzke und Rudi Vata per Neunmeter. Er reist eigens aus Schottland zum Bretterknaller-Turnier an.
Für Energie Cottbus bleibt nur der Trostpreis
Fußballerisch bestimmen andere Mannschaften an diesem Abend das Niveau – der 1. FC Magdeburg, die Bundesliga-Auswahl Ost und Sparta Prag, die alle ungeschlagen durch das Turnier kommen. Die vielen Fans, deutlich überwiegend Männer, stört das nicht sonderlich – es wird gefachsimpelt und bei Bier, Bratwürsten und Schnitzel-Brötchen der eine oder andere Trick bestaunt.
Am Ende setzt sich die Traditionself des 1. FC Magdeburg durch – der ehemalige und einzige Europapokalsieger der DDR hat das geringfügig bessere Torverhältnis als die Ost-Auswahl. Und stellt zudem mit Lars Fuchs (5 Tore) den besten Torjäger. Immerhin gibt es einen Trostpreis für den FC Energie: eine Flasche Sekt. Und Torwart André Thoms nimmt die Auszeichnung als bester Torhüter mit.
9. Bretterknaller im Januar 2024 geplant
Zwar bleiben mit dem erkrankten Weltmeister Thomas Häßler und den tschechischen Alt-Internationalen Tomas Rosicky und Jan Koller drei angekündigte Top-Stars der Veranstaltung fern, trotzdem freut sich der Verein zur Förderung der Traditionen des Fußballsports in der Lausitz e.V. über einen gelungen Re-Start nach drei Jahren Pandemie-Pause.
"Das mal jemand ausfällt, kann passieren", sagt Sprecher Andreas Heiden. "Wir hatten trotzdem ein sehr gutes Teilnehmerfeld, viele Tore und eine ausverkaufte Halle. Es geht auf jeden Fall weiter mit dem Turnier", resümiert der Senftenberger. Das 9. Bretterknaller-Turnier soll Anfang Januar 2024 stattfinden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 06.01.2022, 14 Uhr