Stadionpläne in der zweiten Liga? - Berliner Politik stellt sich auf Herthas Abstieg ein

Sa 27.05.23 | 13:35 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Ein Luftbild des Berliner Olympiastadions samt angrenzendem Maifeld (Quelle: dpa / Schoening).
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Audio: rbb24 Inforadio Spreepolitik | 27.05.2023 | Sebastian Schöbel | Bild: Schoening Download (mp3, 50 MB)

Der Abstieg in die zweite Liga und der drohende Lizenzentzug könnten für Hertha BSC auch sportpolitische Folgen haben: Der Traum vom eigenen Stadion ist ohne Fürsprache der Politik erst einmal geplatzt. Von Sebastian Schöbel

Dass sich auch Sportpolitiker:innen bisweilen zum Fußballcoach berufen fühlen, kann man in diesen Tagen im Berliner Abgeordnetenhaus erleben. Fragt man zum Beispiel Karsten Woldeit, den sportpolitischen Sprecher der AfD-Fraktion nach der "Alten Dame", bekommt man erstmal eine detaillierte Analyse zu verfehlter Kaderplanung und verschenkten Talenten präsentiert.

Woldeit denkt wehmütig an die Zeit unter Felix Magath zurück und spekuliert, dass an Sandro Schwarz "zu lange" festgehalten worden sei. "Der Erfolg einer Bundesligamannschaft steht im Mix aus Routiniers und wilden, hungrigen Nachwuchsspielern", sinniert Woldeit. "Das kam unter Schwarz gar nicht." Den neuen Hertha-Präsident Kay Bernstein finde er zwar "super sympathisch", aber er bezweifle, "ob ein Vorsinger aus der Ostkurve so ein Unternehmen führen kann", sagt Woldeit. Wenn jetzt auch noch die Lizenz für die Bundesliga verlorengeht, könne das "das Ende von Hertha BSC" sein.

Karsten Woldeit (AfD), Abgeordneter, spricht bei der Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses. Thema in der Aktuellen Stunde ist "Guter Verlauf des 1. Mai in Berlin" (Quelle: dpa / Jörg Carstensen).
Kein Steuergeld für Misswirtschaft im Verein: Der AfD-Sportpolitiker Karsten Woldeit. | Bild: dpa

Ohne Lizenz eher das Level Lichtenberg 47

Dass das Land Berlin helfend einspringt, etwa mit Bankbürgschaften, lehnt Woldeit dennoch ab, wie er betont. Spanien habe mit dem FC Barcelona vorgemacht, wo das enden könne, so der AfD-Sportpolitiker: "Geld vom Steuerzahler für eine Misswirtschaft im Verein, das ist nicht der richtige Weg." Der milliardenschwere Weltklub aus Katalonien wurde von der Regierung immer wieder unterstützt und mit Nachsicht behandelt - und schrammt trotzdem seit Jahren am Rand der Pleite entlang. Ohne mittelfristige Aussicht, es wieder aus diesen Schulden herauszuschaffen.

Die Miete für das Olympiastadion könne das Land Berlin durchaus reduzieren oder stunden, sagt der Sportpolitiker Woldeit. Auch Beratungen bei anstehenden Verhandlungen um die Lizenz sei möglich - mehr aber nicht. Geht die Spielberechtigung für die zweite Liga verloren und Hertha rutscht in die Regionalliga ab, so Woldeit, sei auch Herthas Zeit im Olympiastadion vorbei. "Ich bin regelmäßig bei Lichtenberg 47", erzählt er, im Hans-Zoschke-Stadion mit knapp 10.000 Plätzen. "Das ist die Größe für die Regionalliga." Ein Duell dieser beiden Berliner Mannschaften möge er sich aber gar nicht vorstellen, sagt Woldeit.

Ich halte es für schwierig, dass wir einen Viertligisten ins Olympiastadion schicken.

Stephan Standfuß, sportpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus

CDU: Lizenzentzug wäre "Katastrophe für die Sportstadt Berlin"

Spricht man Stephan Standfuß von der CDU auf Hertha BSC an, wirkt er erstmal so, als sei er gerade erst aus dem Heimspiel gegen den VfL Bochum getaumelt. "Ich war im Stadion, hab’s miterlebt", sagt Standfuß, einer der lautesten Hertha-Unterstützer in der Berliner Politik. "Letzte Minute, das Tor, das den Abstieg besiegelt hat. Ganz bitterer Moment."

Ähnlich wie Woldeit will auch Standfuß von Herthas Plänen für einen Stadionneubau im Olympiapark im Moment nichts hören. Der Wiederaufstieg in die erste Liga, die finanzielle Stabilität des Vereins und vor allem die Lizenz für die Bundesliga habe jetzt Priorität. "Ich halte es für schwierig, dass wir einen Viertligisten ins Olympiastadion schicken", sagt Standfuß mit Blick auf den drohenden Lizenzverlust.

In diesem Fall müsse man über einen Umzug nachdenken, trotz des eigentlich bis 2025 laufenden Mietvertrages "Nebenan gibt es das Mommsenstadion", so Standfuß – und muss bei dem Gedanken selber lachen. Gemeint ist die Spielstätte von Tennis Borussia neben der Messe, mit 15.000 Plätzen. Ausmalen will sich Standfuß dieses Szenario aber nicht, wie er sagt: "Das ist eine Katastrophe für die Sportstadt Berlin."

Dennis Buchner (SPD), Präsident des Abgeordnetenhauses, steht in der Schlange vor der Freien Universität Berlin in Dahlem (Quelle: dpa / Annette Riedl).
"Das passt alles nicht zusammen": Dennis Buchner, sportpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. | Bild: dpa

Sportsenatorin: Stadionfrage zunächst "unabhängig von der Ligazugehörigkeit"

Die Sportsenatorin Iris Spranger von der SPD will das Lindeneck im Olympiapark als Bauplatz für ein neues Hertha-Stadion vorantreiben. Und auf rbb-Nachfrage bleibt sie auch nach Herthas Abstieg bei diesem Ziel: "Die grundsätzliche Frage, ob und wie ein reines Fußball-Stadion im Olympiapark gebaut werden könnte, ist zunächst einmal unabhängig von der Ligazugehörigkeit von Hertha BSC und dem Erwerb der Lizenz für die kommende Saison zu betrachten", teilt ihre Pressestelle mit. Die einberufene Expertenkommission, die den Neubau prüfen soll, arbeite weiter.

Allerdings räumt die Innenverwaltung bereits ein: Zum Prüfauftrag für ein mögliches Hertha-Stadion gehörten "naturgemäß auch wirtschaftliche Betrachtungen, darunter die finanziellen Auswirkungen auf das Land Berlin". Gemeint ist die Befürchtung der Stadionkritiker, dass Hertha bei anhaltend leeren Kassen seine neue Spielstätte nicht bezahlen kann und Berlin auf der Rechnung sitzen bleibt.

Sprangers SPD aber steht Herthas Stadionplänen deutlich skeptischer gegenüber, die Grünen lehnen die Arena sogar ab. In diesen Tagen halten sich die Sportpolitiker:innen beider Parteien aber bedeckt. Fraglich sei, ob der Verein überhaupt noch die Mittel hat, einen Stadionneubau zu finanzieren, sagt der sportpolitische Sprecher der SPD, Dennis Buchner. "Fakt ist, Hertha BSC hat 75 Prozent der Anteile verkauft. Für einen Stadionneubau müsste weiteres Geld in Höhe von 200, 300 Millionen aufgenommen werden. Das passt alles nicht zusammen", erklärt Buchner.

Linke: Stadionneubau im Lindeneck "nie machbar" gewesen

Klara Schedlich, Sportexpertin der Grünen, will zunächst das Ergebnis der Expertenkommission zum neuen Stadion abwarten, wie sie sagt. "Vereine werden immer auf- oder absteigen. Es wäre ein Vorgreifen der Debatte, wenn wir noch gar nicht wissen, wie es mit dem Verein weitergeht", so die sportpolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

Deutlich wird hingegen der Linken-Sportpolitiker Damiano Valgolio. Der Stadionneubau im Lindeneck sei nie machbar gewesen, die Expertenkommission "hätte man gar nicht gründen dürfen, so wie man den ein oder anderen Investor bei Hertha nicht hätte reinlassen sollen", sagt der Oppositionspolitiker. Valgolio plädiert dafür, mit Herthas Fans zu besprechen, wie man "realistisch zu einem bezahlbaren Stadion" kommt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.05.2023, 20 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

40 Kommentare

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  1. 40.

    Frage in die Rankestr.
    WER oder WAS ist "BCC777" ???
    Big City Club (BCC) war der Wunschtraum vom "windigen Horst" - Zum Glück verkaufte Lars seine Anteile und trat bei Hertha BSC aus
    777 Partners kaufte diese Anteile von Hertha BSC und es wurde das Ende der Vision vom Big City Club verkündet ...
    ... soweit meine Informationen ...
    Hat Tennor neben 777 Partners doch noch Anteile an Hertha BSC oder WIE setzt sich BCC777 sonst zusammen ... Hoffe unser großer BFC-Fan kann Licht ins Dunkel bringen

  2. 39.

    ...das sie geschenkt bekommen haben, und vor kurzem noch ein paar m2 mehr zum Schleuderpreis kaufen durften, um das Stadion auszubauen. So gepimpt lässt sich leicht auf andere zeigen, oder etwa nicht gewusst??? ...und ach ja, dann ist ihnen noch eingefallen, dass man ja doch Nachwuchsarbeit betreiben kann. Einkaufen wird ja jetzt teurer, CL weckt Begehrlichkeiten...Mal sehn, welches Narrativ uns demnächst uns noch vermittelt wird, um am kultigen Kult weiter zu schrauben!!

  3. 38.

    Gibt ja in München auch keine Münchener mehr. Wie in Berlin innerhalb des S-Bahnringes, da werden es auch immer mehr Zugereiste. Und bringen ihre Vereine mit...oder werden kultige Kultfans...

  4. 37.

    Alles sachlich richtig. Aber vielleicht stellen ja die Mitarbeiter vom BND auch ihre Umkleide zur Verfügung.

  5. 36.

    Zum Thema Steuergelder , wer bezahlt die Gutachter und Prüfer für den Standort des neuen Stadions? Und wer bezahlt die Einnahmeausfälle aus der eventuellen Reduzierung der Stadionmiete?
    Eisern hat ein eigenes Stadion. Über die Vergrösserung wird seitens der Verwaltung ständig diskutiert, so das da nichts voran kommt.

  6. 35.

    Hallo BFC-Fan
    "Nach der Leistung der letzten Saison (19 Niederlagen, 69 Gegentore - noch nie war der BCC777 so schlecht!)"
    1. Gibt es gar KEINEN BCC777 sondern Hertha BSC
    2. hatte Hertha in der Saison 1990/91 sogar 23 Niederlagen und 84 Gegentore
    ... und 3. wieder zurückgekommen

  7. 34.

    Nur zur Erinnerung. Das Stadion der Weltjugend wurde 1992 abgerissen. Auf dem Gelände befindet sich heute der BND;)

  8. 33.

    Insolvenzverschleppung nennt man sowas in der freien Wirtschaft

  9. 32.

    Nach der Leistung der letzten Saison (19 Niederlagen, 69 Gegentore - noch nie war der BCC777 so schlecht!) würden ein Platz reichen, der der gebrachten Leistung gerecht wird.
    Darum schlage ich des ehemalige Stadion der Weltjugend vor. Gut, dann müssen sie sich die Garderobe mit BFC Dynamo Berlin teilen, was nicht von Dauer ist, da der der BFC Ambitionen hat, aufzusteigen und dann ins Olympia-Stadion ziehen. Dann hätte der BCC777 den Platz alleine.

  10. 31.

    So soll es auch sein, die Treue seinem Verein auch dann halten wenn es schlechte Zeiten gibt
    Ich bin schon seit 40 Jahren FCK Fan
    Was da die letzten Jahre los war weiß man ja
    Trotzdem bleibe ich ihm treu
    Ist nicht überall so
    Schauen Sie gestern nach München
    Die Kneipen, Biergarten , die Stadt war während dem Spiel lehr
    Erst als Bayern dann doch leider Meister wurde sind die sogenannten Wir San Wir Fans aus den Heimischen Wohnzimmer gekrochen
    Für mich keine echten Fans

  11. 30.

    Kein neuses Stadion für Hertha BSC. Wer über 400 Millionen leichtfertig verpulvert - hat jegliches Vertrauen verspielt und steht für pure Inkompetenz !

  12. 29.

    Ohne Lizenz eher das Level Lichtenberg 47 (?) - Totaler Quatsch - Hertha hat es in den letzten Jahrzehnten bisher jeweils nur ein Jahr in der 2.Bundesliga aufgehalten. Lichtenberg 47 waren die schon überhaupt in der Regionalliga oder Oberliga?
    Das Problem der ganzen Fußballvereine ist, dass sie als Altersheim für Ex-Fußballer dienen. Damit muss Schluss sein.
    Die Kosten Geld ohne Ende und haben keine Verantwortung. Hoffentlich bekommt Hertha eine Lizenz. Bei Dortmund hatte man damals kurz vorm Konkurs auch ein Auge zugedrückt, sie sogar nie aus der Bundesliga geworfen.
    Ebenso sollte man die Aktionäre und Vereins-Mitglieder zur Kasse beten.

  13. 28.

    Weshalb sollte Hertha die Sanierung anderer Sportstätten bezahlen?

  14. 26.

    Die Grünen haben eine Sportexpertin?
    Was es in Berlin so alles gibt… und die Aussage ist ja auch eher der alten Bauernregeln entlehnt: Kräht der Hahn auf dem Mist…

  15. 25.

    Das ist schon etwas makaber ausgedrückt :-( Es würde reichen, wenn von Senatsseite erstmal keine Gelder mehr in die Hertha und ihre hochtrabenden Wünsche investiert werden.
    Alles noch brauchbare nach Köpenick ? Nee. Bis auf ein größeres Stadion haben die Unioner alles was sie brauchen. Und das Olympiastadion nach Köpenick? Da seh ich nicht nur Platzprobleme ;-)

  16. 24.

    Die Stadt würde da nichts reinpumpen müssen, genau darum geht es ja. Auch der Verein erst einmal nicht.
    Stichwort fremdfinanziert.

  17. 22.

    Abstieg Nummer 6 für mich und trotzdem bleibe ich Herthaner, es gibt keinen Grund für einen anderen Verein . HaHoHe

  18. 21.

    Nur leider dabei nicht aufgepasst wie sich schreiben, die Dame der Grünen schreibt sich Klara Schedlich.

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