Patensystem des Deutschen Fußball-Bundes - Berliner Nachwuchs-Schiedsrichterin begeistert Fifa-Referee Felix Zwayer
Nachwuchs-Schiedsrichter sollen bei ihren Anfängen an der Pfeife nicht allein gelassen werden. Daher haben die Verbände ein Patensystem eingerichtet. Mit dabei ist auch Fifa-Schiedsrichter Felix Zwayer aus Berlin.
Ein "bisschen nervös" ist er schon, sagt Felix Zwayer vor seinem ungewöhnlichen Termin am Donnerstagabend. Der 42 Jahre alte Berliner ist Fifa-Schiedsrichter, hat weit über 200 Spiele in der ersten Fußball-Bundesliga geleitet sowie das DFB-Pokalfinale 2018. Sogar ein griechisches Pokalfinale (2019) steht in seiner Vita. Der griechische Verband setzt seit Jahren vermehrt auf ausländische Unparteiische, um in den hitzigsten Duellen des Jahres wenigstens auf dieser Position ein wenig Druck herauszunehmen. Und trotzdem ist dieser Felix Zwayer vor einem Spiel zwischen Berlin Hilalspor und SSV Köpenick-Oberspree ein bisschen nervös.
Also schnell nochmal die Basics wiederholen: Neun gegen neun, ein Spiel hat 60 Minuten. D-Jugend-Fußball eben. Kleinfeld-Regeln. Die hat Zwayer lange nicht mehr befolgen müssen. Und auch an diesem Tag ist er nicht selbst an der Pfeife, sondern Pate von Ruby Harder, 13 Jahre. Die hat gerade erst ihre Schiedsrichter-Ausbildung absolviert und steht nun vor ihrer sechsten Begegnung als Unparteiische. Profi-Schiedsrichter Zwayer wird sie als Pate beobachten an diesem lauwarmen Herbstabend, auf dem Kunstrasenplatz Waldeckpark in der Alten Jakobstraße in Berlin-Kreuzberg.
Zwischen Hilfestellung und Begeisterung
Das Patensystem ist nicht neu, zumindest in Berlin nicht. Zwayer selbst hat davon profitiert. Die Grundidee: Den Schiri-Neulingen wird zumindest rund um ihre ersten drei Partien eine Begleitung an die Hand gegeben. Oder wie Zwayer sagt: "Um ihnen bei den ersten Schritten zu helfen. Wie verhalte ich mich am Sportplatz? Wie finde ich meine Kabine? Worauf muss ich achten?"
Natürlich schauen die erfahrenen Kollegen auch auf die Leistung auf dem Platz. Auf die Körper- und Ansprache. Auf einzelne Entscheidungen. Vor allem aber geht es darum, den Neulingen zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Es geht um Hilfestellung, darum, zu sagen, "das kann man so lösen, oder: Versuch’ es mal so aufzuarbeiten, oder: Nimm’ es Dir nicht so zu Herzen. Ich glaube, dieser Erfahrungsaustausch ist viel wert", so Zwayer.
Für Ruby Harder ist er das auf jeden Fall. Natürlich habe Zwayer ihr nach dem Spiel "ein paar interessante Tipps gegeben", so Harder, die für Berolina Mitta selbst als Spielerin tätig ist. Vor allem aber findet sie "es auch mal spannend, mit einem Profi zu quatschen". Zwayers Besuch ist nicht Teil der gewöhnlichen Patenschaft, sondern eine besondere Aktion im vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) ausgerufenen "Jahr des Schiedsrichters". Nichtsdestotrotz ist er geradezu begeistert von der Nachwuchs-Schiedsrichterin: "Sie hat sich ganz toll geschlagen. Sie bringt ganz viel Talent mit. Es hat mir Spaß gemacht, ihr zuzusehen."
Harder tritt beim 6:5-Erfolg der D-Jugend des SSV Köpenick-Oberspree bei Hilalspor mit beeindruckendem Selbstbewusstsein auf, ohne arrogant zu wirken. Sie pfeift klar und laut, hat die Jungs im Griff, ohne ihnen die Spielfreude zu nehmen. Zwayer lobt zudem ihre "tolle Positionierung auf dem Feld", daran erkenne man ihre fußballerische Erfahrung. Kurzum, ein rundum gelungenes, sechstes Spiel der jungen Schiedsrichterin, die sagt, sie finde es "einfach schön, auf dem Fußballplatz zu stehen" und ihren Sport auch auf diesem Weg verfolgen zu können. Ob sie dabei bleibt, steht indes noch in den Sternen. "Ich würde gerne mal in die Bundesliga. Entweder als Schiedsrichterin oder als Spielerin", sagt sie.
Halten junger Leute "zunehmend schwierig"
Zuzutrauen ist ihr das allemal, Voraussagen bleiben jedoch naturgemäß schwierig. Studium, Familie oder negative Erfahrungen können auch verheißungsvolle Schiri-Karrieren schnell einmal beenden, weiß Felix Zwayer. Manchen käme auch das unter Unparteiischen besonders geschätzte Gruppengefühl abhanden, so Zwayer, "deswegen sind Aktionen wie hier und heute ganz, ganz wichtig". Zudem sei "das Finden neuer Anwärter" gar nicht so sehr das Problem, "aber das Halten gerade der jungen Leute ist zunehmend schwierig geworden", so Profi-Schiedsrichter Zwayer.
Ruby Harder, Zwayers Patin für einen Tag, sei vor dem Spiel übrigens "ehrlich gesagt gar nicht so aufgeregt" gewesen. Ganz im Gegensatz zum "bisschen nervösen" Felix Zwayer also. Aber wer weiß, vielleicht hatte sie ja einen Tipp für ihn parat.
Sendung: rbb24, 25.10.2023, 18 Uhr