Kritik der eigenen Fans - Sind die Ticketpreise bei Hertha BSC wirklich "zu hoch"?

Fr 20.10.23 | 06:41 Uhr | Von Marc Schwitzky
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Hertha BSC wird trotz Bundesliga-Abstieg zahlreich von seinen Fans unterstützt.
Bild: IMAGO / eu-images

Die Heimspiele von Hertha BSC erfreuen sich trotz des Abstiegs großer Beliebtheit. Die Preisgestaltung der Stadiontickets erntet allerdings immer wieder Kritik. Ein genauer Blick zeigt jedoch, dass die Berliner keinen Preiswucher betreiben. Von Marc Schwitzky

  • Hertha BSC hat mit durchschnittlich 46.000 Fans bei Heimspielen aktuell dritthöchsten Zuschauerschnitt der zweiten Liga
  • Ticketsituation verursacht jedoch große Unzufriedenheit: Preise seien "eine absolute Frechheit"
  • Hertha versichert gegenüber rbb|24 Preisstabilität trotz deutlich gestiegener Kosten
  • Mit Abstieg sind Ticketeinnahmen für den Klub noch relevanter geworden

Fans von Hertha BSC hätten in den vergangenen Jahren allen Grund gehabt, ihrem Verein den Rücken zuzukehren. Die dauerhaft krisengeplagte "alte Dame" müsste eigentlich auch der treuesten Fanseele den letzten Nerv geraubt haben. Doch was wäre der Fußball langweilig, wenn er dermaßen rational wäre. Selbstverständlich stellte die Hertha-Anhängerschaft nicht die Unterstützung ein, im Gegenteil, der Hauptstadtverein erlebt trotz des Bundesliga-Abstiegs eine regelrechte Euphorie.

Nach dem feststehenden Abstieg stellte sich eine spürbare Jetzt-erst-recht-Haltung ein. Hertha verkaufte mehr Dauerkarten als in der vergangenen Erstligasaison, zudem stieg die Mitgliederanzahl im Vergleich zum Vorjahr um 11,8 Prozent - von 44.211 auf 49.440. Auch in der 2. Bundesliga erfreut sich Hertha eines bemerkenswerten Zuschauerschnitts: Durchschnittlich 46.000 Fans strömten in den bislang vier Heimspielen ins Berliner Olympiastadion, obwohl echte Topspiele wie gegen den Hamburger SV, Schalke 04 oder den Karlsruher SC noch ausstehen. Der dritthöchste Schnitt der Liga.

Allet jut, also? Nö. Herthas Ticketsituation sorgt auch für Unzufriedenheit. Vielen Fans sind die aktuellen Kartenpreise deutlich zu teuer, sie kritisieren die Kartenpolitik des Vereins. An Spieltagen ohne Topspielzuschläge kosten die Tickets im Olympiastadion zwischen 15 Euro (Kat. 7) und 55 Euro (Kat. 15), VIP-Tickets und Comfort Seats sind hiervon ausgenommen.

Hertha kann Unmut über Ticketpreise verstehen

"Die Preise sind eine absolute Frechheit. Wie soll man sich das u.a. als Student/Azubi leisten können?! Die Ticketpreise in der Bundesliga waren für die Qualität des Fußballs schon sehr sehr hoch und jetzt für die 2. BL noch mehr verlangen? Hackt's bei euch?", schreibt ein Hertha-Fan auf X (ehemals Twitter). "Wir wollen ein Statement zu den Preisen", fordert ein anderer. "Schade, dass die Ticketpreise so hoch sind. 35 Euro für teilweise echt schlechte Plätze sind echt krass. Günstigere Tickets würden das Stadion deutlich füllen und nicht so viele junge Leute abschrecken."

Gerade in Zeiten von Inflation und Kostensteigerungen in nahezu allen Lebensbereichen ist eine erhöhte Preissensibilität unserer Fans und Mitglieder mehr als verständlich. Den generellen Unmut über Ticketpreise können wir daher grundsätzlich durchaus nachvollziehen.

Statement von Hertha BSC gegenüber rbb|24

Die Ticketpreise bei Hertha in der laufenden Zweitligasaison treffen immer wieder auf Unverständnis und Ärger. "Den generellen Unmut über Ticketpreise können wir grundsätzlich durchaus nachvollziehen", versichert Hertha BSC gegenüber rbb|24. Gerade in Zeiten von Inflation und Kostensteigerungen sei jene Haltung verständlich. Der Verein könne jedoch versichern, dass "die Preise im Vergleich zur Vorsaison stabil gehalten" wurden, obwohl sich "die Kosten für Personal, Catering etc. in den vergangenen acht Jahren verdoppelt" hätten. Eine Preissenkung sei laut Vereinsangaben nicht möglich gewesen - auch aufgrund der eigenen wirtschaftlichen Situation.

Christoph Breuer, Sportökonom und Professor an der Sporthochschule Köln, bestätigt zum einen, dass die Kosten für Fußballvereine tatsächlich "massiv" gestiegen seien. Zum anderen sagt Breuer, dass Ticketeinnahmen für Hertha durch den Abstieg wieder relevanter geworden seien. "Je niedriger die Profiliga, desto größer ist die Bedeutung von Ticketing-Einnahmen", erklärt er, da die TV-Einnahmen in Liga zwei geringer ausfallen.

Hertha handelt branchenüblich

Und doch wird Hertha seitens mancher Fans vorgeworfen, der Verein handle durch die gleichgebliebenen Ticketpreise geldgierig. Sportökonom Breuer bezieht den Hauptstadtverein jedoch in der Aussage mit ein, dass der deutsche Fußball noch deutlich bezahlbarer ist als andere Sportveranstaltungen: "Die Ticketpreise in der 1. und 2. Bundesliga sind moderat, vergleicht man sie mit den Preisen der englischen Premier League oder US-amerikanischen Football-Liga NFL."

Laut Breuer wüssten die Vereinsverantwortlichen, dass Ticketpreise eine sehr sensible Angelegenheit sind, da sie direkt am Fan ansetzen. "Hier verfolgen die Bundesliga-Manager eigentlich keine Strategie der Einnahmenmaximierung", so Breuer. "Man weiß, dass man möglichst vielen Fans den Zugang zum Stadion ermöglichen soll, weil das für das Gesamtwachstum des Vereins wichtig ist." Die Preisentwicklung im deutschen Profifußball ist in den letzten Jahren leicht ansteigend, aber noch unter den Inflationswerten.

Preiserhöhungen geschehen eher selten, doch dass der Stadionbesuch nach einem Abstieg günstiger wird, ist schon länger kein Naturgesetz mehr - wie beispielsweise der Hamburger SV zeigt. Auch Mitabsteiger Schalke 04 hat seine Preise zur laufenden Saison stabil gehalten. Hier scheint Hertha branchenüblich zu handeln. Der Verein hat sich nach rbb|24-Anfrage das Ziel gesetzt, den Preis auch zukünftig stabil zu halten und nur "geringfügig" anzupassen: Eine Vergünstigung sei kurz- und mittelfristig nicht vorgesehen.

Man weiß, dass man möglichst vielen Fans den Zugang zum Stadion ermöglichen soll, weil das für das Gesamtwachstum des Vereins wichtig ist.

Christoph Breuer, Sportökonom

Der Verein braucht Einnahmequellen

Hertha beteuert gegenüber rbb|24, schon länger alle Hebel in Bewegung zu setzen, um den Fans einen möglichst günstigen Stadionbesuch zu ermöglichen: Günstigere Tickets für Mitglieder, Vertriebsaktionen mit Rabatten, Ermäßigung für bestimmte Gesellschaftsgruppen, Kinder unter 14 Jahren erhalten im Familienblock sogar kostenlosen Eintritt. Und doch muss der Verein feststellen, dass all diese Rabattaktionen "keinen nennenswerten Effekt auf den Zuschauerschnitt" bei den Heimspielen haben.

Gleichzeitig ist laut Breuer festzuhalten, dass die sogenannte "Preiselastizität" im Fußball sehr hoch ist. Soll heißen: Bei etwaigen Preiserhöhungen oder generell hohen Preisen entsteht eine kaum geringere Nachfrage. So haben Klubs durchaus freie Hand in ihrer Preisgestaltung. Die Fans kommen bei insgesamt plausiblen Preisen in einem gewissen Rahmen so oder so.

Für Hertha besteht somit ökonomisch kein Anreiz, die Tickets günstiger als nötig anzubieten. Darüber hinaus steht der Verein wirtschaftlich bekanntermaßen mit dem Rücken zur Wand, neben Sponsoring- und Transfereinnahmen spielen Merchandise- und eben Ticketverkäufe eine immens wichtige Rolle für die finanzielle Konsolidierung. Derzeit liegt der Zuschauerschnitt "deutlich" über den Planungen des Vereins. Das bedeutet auch monetär Sicherheit.

Es geht um die schwarze Null

So wichtig die Ticketverkäufe als Einnahmequelle sind, so wenig tragen sie zu einem wirklich spürbaren Plus bei. Das liegt auch daran, dass Hertha nur Mieter im Olympiastadion ist. Zwar berichteten mehrere Medien vor Monaten übereinstimmend, dass der Berliner Senat dem Klub die Stadionmiete für die laufende Spielzeit komplett gestundet hat – damit spart Hertha vorerst 2,9 Millionen Euro – doch eine Stundung ist keine Schenkung. Hertha wird dieses Geld zurückzahlen müssen.

Zudem sei es laut Breuer kein Automatismus, dass wenn sich ein Kostenpunkt verändert, es sofort Auswirkungen auf den Preis hat. "Man könnte sonst ja auch argumentieren, dass gar nicht die Kosten des Kaders im Ticketpreis enthalten sind", so sein Vergleich. "Da wir im Bereich des Profi-Fußballs auf einem 'mehrseitigen' Markt sind, wo neben der Stadionnachfrage auch die vor dem Bildschirm und im Sponsoring bestehen, ist das wie ein großer See zu betrachten, der mehrere Zu- und Abflüsse hat."

Vielmehr ist Hertha daran interessiert, mit den Heimspielen schlicht kein Minusgeschäft zu machen. Zurzeit könnten die Berliner laut eigenen Angaben nur bei einem Teil der Spiele die Kosten durch Ticketeinnahmen decken. Die Ticketpreise, die sich aus Vorverkaufsgebühren, dem VBB-Anteil und Steuern ergeben, sollen dafür sorgen, dass "sich jeder Spieltag einzeln amortisiert", also finanziell selbst trägt. Wie so oft geht es bei Hertha also um die schwarze Null. "Gier", wie manch Fan seinem Verein attestiert, wäre hier der falsche Ratgeber. Das hat die "alte Dame" die letzten Jahre eindrucksvoll aufgezeigt.

Sendung: rbb24, 20.10.2023, 18:00 Uhr

Beitrag von Marc Schwitzky

22 Kommentare

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  1. 22.

    im Artikel steht -aber auch- dass die Einzeltickets ab 15€ zu haben sind ...
    WER alle Hertha-Spiele möchte kauft sich eine Dauerkarte und diese sind vom Preis her: branchenüblich.
    WENN Union-Anhänger KEINE Dauerkarte kaufen können und NICHT zu jeden Spiel (auch wenn sie wollen) ins Stadion reinkommen, kann Hertha BSC nichts dafür ...
    Ha Ho He

  2. 21.

    Was ist das wohl für ein trauriger Haufen, der seine eigenen Fans abzieht.

  3. 20.

    2800,0 € butto für die Spieler wären Mal ein Zeichen ! Als hört auf zu jammern.
    Keine Leistung - keine Taler !

    Die Verdienste im Fußball sind, gegenüber dem normalen Bürger, viel zu hoch.

  4. 19.

    Für das klägliche gekicke der Hertha müsste der Verein den Zuschauern Geld bezahlen.

  5. 18.

    Sie vergleichen Äpfel mit Birnen, Ihr Vergleich hinkt gewaltig. Dass es bei Stadion-Konzerten fast ausnahmslos Stehplätze gäbe, stimmt übrigens auch nicht.

  6. 17.

    "Der eine Verein hat sein Gelände und Stadion für „eine symbolische Mark“ geschenkt bekommen, "
    Sehr uninformiertes Geschreibsel.

    "ergibt nur keinen Sinn und ist schlicht polemisch. "
    tja, einen Sinn muss man schon auch erkennen können. Z.B. könnte man erkennen, dass die Preise bei Hertha nicht branchenüblich sind und dass dies auch nicht an der halbierten und gestundeten Stadionmiete liegt, die Union für seine CL-Heimspiele schließlich auch entrichten muss ;-)

  7. 16.

    Was bei dir nicht alles angesagt ist ;-) Nachdenken fehlt wohl auf der Liste.
    Leider hab ich keine Dauerkarte. die werden bei uns vererbt. Kaufe also jeweils Einzeltickets. An die AF fahre ich mit dem Rad, brauche keine BVG.
    Die drei Spiele in der Schüssel sind bei den 25 Euro schon dabei. Überlegt euch mal, ob die 35 Euro für ein schlechtes Ticket in der 2. Liga, wie im Artikel erwähnt, wirklich branchenüblich sind. Das soll der "Schwachsinn".

  8. 15.

    @Hg

    Sehr unreflektierter Kommentar.
    Der eine Verein hat sein Gelände und Stadion für „eine symbolische Mark“ geschenkt bekommen, der andere muss jedes Jahr Millionen Miete zahlen, da das Stadion dem Land Berlin sonst nur noch horrende Kosten verursachen würde.
    Und auch ich finde die Preise bei Hertha zu hoch, der Vergleich von dir ergibt nur keinen Sinn und ist schlicht polemisch.

  9. 14.

    Einfach mal daran gedacht, dass Hertha im Olympiastadion Mieter ist? Zudem dürften auch die letzten Menschen mitbekommen haben, dass die alte Dame finanziell am Stock läuft. Und der Aufwand im Oly ist ein anderer, als in der Försterei.
    Ich finde die Preise auch moderat. Und wer nicht zahlen will, braucht doch nicht hin zu gehen.
    Union wird auch irgendwann die Regionalligapreise nicht mehr halten können, wenn sie weiterhin in den oberen Regionen der Liga mitmischen wollen.
    Eisernes HaHoHe

  10. 13.

    Nun, wenn sich einer dieser BCC777-Fans noch eine Versicherung andrehen lassen und sich ein "Dickes B"-Trikot andrehen lassen, entwickelt sich dieser Verein zu einem der Besserverdienenden.
    Auch: warum sollte der Verein nicht auch seine selbstverschuldeten Verbindlichkeiten, durch Mißmanagment, Unfähigkeit, Großmannssucht und Arroganz aufgebaut, nicht auch von seinen Fans ausgleichen lassen?

  11. 11.

    Richtig ! Und das, obwohl gerade viel mehr Bier getrunken werden muss, um die Hertha leichter ertragen zu können.

  12. 10.

    Genau ! Und da gibt es auch noch richtigen Fußball !

  13. 9.

    ... na da gibt es doch Beispiele genug, wie das geht. Gute Vereinsführung, erfolgreiche Trainer und Spieler - wenn das nicht hilft, gibt's, glaube ich, Geld aus Katar .... oder so.

  14. 8.

    Ich zahle pro Spiel 21,11 EUR für Gegengerade Oberring Mitte. Und das ist vollkommen o.k. Auch in Liga 2

  15. 7.

    Also bei allen Auswärtsspielen bei denen ich schon mit war(auch im Köpenicker Wald) habe ich für vergleichbare Plätze immer mehr bezahlt als bei Hertha BSC.

  16. 6.

    In der Kreisklasse auf dem Lande bezahlt man 2,50 Euro.
    Würde bei Hertha auch reichen.

  17. 5.

    Was soll der Schwachsinn, ich bezahle für meine Dauerkarte 149 Euro. Ihr bezahlt sicherlich mehr. Und darin sind die BVG-Tickets inklusive. Ball flach halten ist angesagt

  18. 4.

    Wie soll sonst Geld in die Kasse kommen.

  19. 3.

    So bleibt den Fans wohl weniger Geld fürs Bier

  20. 2.

    Was soll denn das Gejammer?
    Überlegt doch mal, wie viel z. Bsp. der Boss oder die Stones o.a. als Kartenpreis aufrufen und wer das will, muß eben auch dafür blechen und bedenkt, dort gibts fast ausnahmslos nur Stehplätze!

  21. 1.

    oly, Gegengerade ChampionsLeague 25 Euro pro Spiel!
    Alte Försterei, Gegengerade, 1. Bundesliga, 12 Euro.
    "Hertha handelt branchenüblich" für dieses Gekicke in der 2. BL???

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