Herthas Erfolg in Paderborn in der Analyse - Konzept: Sieg

Fr 05.04.24 | 22:45 Uhr
  24
Hertha-Trainer Pal Dardai lacht (imago images/Ulrich Hufnagel)
Bild: imago images/Ulrich Hufnagel

Eine wieder mal aufregende Woche liegt hinter Fußball-Zweitligist Hertha BSC. Nach einem kleinen Eklat während der Spieltagspressekonferenz zeigt sich Trainer Pal Dardai in Paderborn trotzig. Und gewinnt trotz und wegen dieser fünf Gründe. Von Ilja Behnisch

Hertha verteidigt hoch, aber zu luftig

Es war das 241. Pflichtspiel, das Pal Dardai als Hertha-Trainer führte. In gefühlt 250 dieser Spiele attackierten seine Mannschaften den Gegner ungefähr auf Höhe der Mittellinie. Kompaktheit ist dem Ungarn ein hohes Gut. Die 30 Meter, die zwischen erstem und letztem Spieler der Mannschaft liegen sollen, eine alte Dardai-Weisheit. Umso erstaunlicher, dass sich Hertha gegen Paderborn weit in die gegnerische Hälfte schob.

Pressing wurde dabei aber nur sehr sporadisch gespielt. Eher schien es darum zu gehen, den Gastgebern keine Räume zu gewähren, aus denen sie ihr Spiel von hinten heraus aufbauen könnten. Doch die Abstände waren zumindest über die erste Stunde des Spiels viel zu oft viel zu groß, so dass es Paderborn immer wieder gelang, sich zu befreien.

Die Folge: Herthas letzte Kette fand sich zu häufig in Gleichzahl gegen den Gegner und dabei in Nachteilen bei der Geschwindigkeit. Insbesondere der äußerst flinke Sirlord Conteh brach so immer wieder durch, ließ zu Herthas Gunsten jedoch die Zielstrebigkeit in der finalen Aktion vermissen. Oft wussten sich die Berliner daher nur noch mit einem Foulspiel zu helfen. Aus den resultierenden Freistößen entstanden ein Lattentreffer sowie das 1:0 durch Raphael Obermair (16. Minute). Wobei Obermair in Gedanken sicher noch weit nach seinem Renteneintritt von diesem Kunstschuss heimgesucht werden wird, so schön wie er war.

Der Offensive fehlt die Schnelligkeit im Kopf

Klingt komisch, ist aber so: Im tiefen Spielaufbau wirkte Hertha wie eine Spitzenmannschaft. Zwischen Viererkette und Sechsern lief der Ball (zumeist) gut hin und her. Doch dann begannen die (altbekannten) Probleme. Im Spiel-Zentrum hätte man einer Krabbelgruppe Gelegenheit zum toben geben können, so selten wie durch die Mitte gespielt wurde, geschweige denn Gefahr entstand. Also blieb nur der Weg über die Außen.

Während es der rechte Flügelspieler Palko Dardai seinem Hintermann Jonjoe Kenny überließ, Halbfeldflanken ins westfälische Nichts zu schlagen, wurde Herthas Star-Spieler Fabian Reese auf der linken Angriffsseite konsequent vom Gegner gedoppelt und so aus der Partie genommen. Schlimmer aber noch als die Ausrechenbarkeit der Bemühungen wog die Trägheit, mit der sie vorgetragen wurden. Wenig Tempo, wenig Direktspiel, wenig Fantasie prägten das Bild. Wobei das Wort "wenig" hier jeweils vor allem aus Taktgründen benutzt wurde.

Die Frage nach dem Konzept

Man sollte ja generell aufpassen, was man von sich gibt. In der Bewertung der Arbeit von Pal Dardai gilt aber nach dem Pressekonferenz-Eklat unter der Woche erhöhte Vorsicht. Zumal der oft und gerade auf Pressekonferenzen so unterhaltsame Dardai, der dabei gern auch einmal seine eigenen Spieler kritisiert, sich noch vor der Partie gegen Paderborn am Sky-Mikrofon wie folgt rechtfertigte: "Mit Menschen, die Unwahrheiten verbreiten, rede ich nicht. So bin ich aufgewachsen. Wenn jemand schreibt, dass Hertha kein Konzept hat, dann ist das beleidigend."

Personell war dabei in Paderborn durchaus ein Konzept zu erkennen. Gleich fünf selbst ausgebildete Spieler (Gersbeck, Gechter, M. Dardai, Klemens, P. Dardai) standen in der Startelf, zwei weitere (Maza, Scherhant) wurden eingewechselt. Das spielerische Grundkonzept, von dem Dardai gern spricht ("Wir sind eine Umschaltmannschaft!"), funktionierte gegen Paderborn lange Zeit deshalb nicht, weil Paderborn es nicht zuließ. Außer, das man muss man zugestehen, beim 1:1-Ausgleichstreffer durch Aymen Barkok (17.).

Sollten Umschaltmomente allerdings einzig auf haarsträubenden, individuellen Fehlern des Gegners beruhen, wie in diesem Fall durch Paderborns Kai Klefisch, stünde das Konzept auf wackligen Beinen. Andernfalls ist es an diesem Abend nicht sonderlich gut aufgegangen. Plan B, Ballbesitzfußball mit Hereingaben über Außen, krankte an - siehe oben. Kurzum: Konzepte waren durchaus zu erkennen. Sie wurden nur sehr mäßig in die Praxis übertragen.

Die Einwechselspieler funktionieren

Ein Evergreen der dardaischen Analyse in dieser Zweitliga-Saison war bis dato die Beobachtung, Herthas Kader fehle es an Qualität von der Bank. Immer wieder hatte der Ungar nach Einwechslungen Qualitätseinbußen im Spiel seiner Mannschaft festgestellt. In Paderborn nun war alles anders. Mit Bilal Hussein traf ein Einwechselspieler zum 2:2, ehe Einwechselspieler Ibrahim Maza den 3:2-Siegtreffer mit einer brillanten Einzelleistung vorbereitete. Aber auch die anderen, frischen Kräfte Scherhant, Deyovaisio Zeefuik und Jeremy Dudziak brachten neue Qualität in die Partie. Oder Grätschen, wie im Fall von Zeefuik.

Enorme Effizienz

Der große italienische Trainer Giovanni Trapattoni sagte es einst ganz richtig: "Fußball ist Ding, Dang, Dong. Es gibt nicht nur Ding!" Wobei eines dann doch etwas entscheidender ist als anderes, nämlich eine Kleinigkeit namens Endergebnis.

1,17 zu 0,62 hätte diese Partie nach den sogenannten Expected Goals für Paderborn ausgehen müssen. Und vermutlich spricht Pal Dardai nicht mehr mit diesen Expected Goals und das aus guten Gründen. Denn die Effizienz, mit der Hertha in diesem Spiel mal wieder auftrumpfte, ist letztlich auch nichts anderes als Qualität. Nun verfügt Hertha dem Vernehmen nach auch über eine der teuersten Mannschaften dieser Liga und Spielzeit. Den Glauben und Willen, bis zum Schluss eines bis dato eher furchtbaren Spiels noch auf die eigene Chance zu warten, sollte man unbedingt anerkennen. Konzept hin oder her.

Sendung: rbb24, 05.04.2024, 22 Uhr

24 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 24.

    Zitat: "Eklat? Blödsinn. Das Spieler oder Trainer mit den Medien aneinander geraten, kommt doch häufiger vor."

    Na ja Mika, nach der PK soll es eine sehr lautstarke Sitzung mit Herrich, Neuendorf und Dárdai gegeben haben. Und Herrich hat dem Vernehmen nach schon mit mehreren Beratern von Trainern gesprochen, die für HBSC infrage kommen könnten.

  2. 22.

    Deshalb ist Hertha auch so beliebt, weil die " guten Aktionen " sich immer gerade nicht auf dem Platz abspielen, sondern meist danach. Die NZZ hat sogar getitelt: Der Skandalklub Nummer Eins in Deutschland ! Andere berichten : Gespickt mit Skandalen ! Dabei sind die alten Sünden mit Bestechung oder Fiffi Kronsbein noch nicht mal berücksichtigt. So hat man sich erfolgreich jahrzehntelang von einem Skandal zum nächsten gehangelt.

  3. 21.

    Was meinen Sie, Früherwar....?
    Der "kleine Eklat" wird hier im Text von dem Schriftsteller verwendet.
    "Immer wieder Falschbehauptungen, Beleidigungen und ewig gleiches Gequatsche. Eklat? Blödsinn..." - was für "Falschbehauptungen, Beleidigungen und ewig gleiches Gequatsche"
    meinen Sie? Ist Ihre Hertha-Blase so undurchsichtig? Meinen Sie wirklich, Dárdai hätte ein Konzept, wenn er sich zwischen Sieg und Niederlage bewegt?Sich wie eine beleidigte Leberwurst den konkreten Fragen entzieht? Das ist eine Beleidigung der interessierten Leser des Kickers.
    @Klapschinski - ja, "gegenseitigem Respekt, Toleranz, Fairplay" steht bei denen auf dem Papier, gelebt wird aber "ein kleiner Vorfall" im österreichischen Trainingslager, wo ein österreichischer Bürger brutal zusammengeschlagen wird bis hin zu einem "kleine Eklat" wo der Trainer die Fassung verliert.

  4. 20.

    Das muss man sich mal auf der Zunge vergehen lassen : Der Abstieg ist definitiv gebannt ! Der große Hauptstadt-Club ist der 3.Liga näher, als der Aufstieg. Wenn man von den ursprünglichen großen Zielen, wie international mitzuspielen und den vielen verpulverten Millionen ausgeht, ist kümmerlich noch ein wohlmeinender Begriff. Einige Foristen haben diese Entwicklung schon lange prophezeit, wurden aber von oben herab als ahnungslos und ewig miesepetrig abqualifiziert.

  5. 19.

    Hat bloß einen Schönheitsfehler. Er kritisiert die Behauptung Hertha, sprich Dardai, hätte kein Konzept, hätte im Kicker gestanden. Nur findet man in dem montierten Artikel von Herrn Rohr nicht einmal das Wort Konzept. D. H. Nicht Rohr lügt, sondern Dardai lügt. Ansonsonsten Kasperle Theater von Dardai und peinlich wieder für Hertha.

  6. 18.

    Im Schlaf dreht man nicht 2x einen Rückstand. So wie Spiele unglücklich verloren wurden, wurde das gestrige glücklich gewonnen. Für den Aufstieg reicht es nicht. Der Abstieg ist definitiv gebannt.

  7. 17.

    "Was soll das nur geben, wenn Mittelmaß aufsteigen sollte." ==> Dann müssen Weltklassevereine wie Mainz und Darmstadt mal eine Ehrenrunde drehen. Im Übrigen: Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben!

  8. 16.

    Was soll das nur geben, wenn Mittelmaß aufsteigen sollte.
    Nur Dumm das außer Kiel und St. Pauli nur Mittelmaß da ist. Hertha reiht sich da lediglich ein und kann Froh sein, das der HSV und Co genauso schlecht sind wie Hertha selbst.

  9. 15.

    Nach dem letzten Satz in ihrem Beitrag, wäre ich als Trainer auch aufgestanden und gegangen.
    Ähnlich wie die aus den Hut herbei gezauberte Debatte des Kicker um die Weiterbeschäftigung des Trainers, schreiben sie vom 'Wiederaufstieg' von dem 'Fans und Verein jetzt wieder träumen', um sich an anderer Stelle genau darüber zu echauffieren, dass der 'Arrogant-Verein' trotz schlechtem Spiel immer noch vom Aufstieg träumt.
    So schaffen Sie sich Ihr eigenes Feindbild, an dem Sie sich abarbeiten können.

  10. 14.

    Es ist schon augenfällig, dass wir mit Kay Bernstein relative Ruhe im Verein hatten und seit Januar und dem ersten Schock und journalistischer Zurückhaltung, jetzt wieder das Kesseltreiben gegen den Trainer und den Verein beginnt. Zu blöd. Ganz falsch kann der Berliner Weg nicht sein, sonst würden nicht so viele Talente aus der Akademie unter externer Beobachtung stehen.
    Und was ich hier gar nicht verstehe: wie kann man sich so mit einem Verein beschäftigen, den man so wenig leiden kann?

  11. 13.

    Man hats in Paderborn gesehen,den Seinen gibts der Herrgott im Schlaf,na ja.

  12. 12.

    Richtig, die dumme Person ist der Trainer oder die Trainerin. Und das schon seit ewigen Zeiten! Es ist billiger den Trainerposten neu zu besetzen, als SpielerInnen zu ersetzen.
    Wenn das aber ein TrainerIn nicht ertragen kann, sollte die Person ihren Job überdenken.
    Schädige ich so meine Firma, gibt's mind. eine Abmahnung.
    Was aber die Sache verschlimmert, ist dann die Uneinsichtigkeit. Wie soll ich jemandem etwas beibringen, wenn ich selber aus meinen Fehlern nichts lernen will?
    Eisernes HaHoHe

  13. 10.

    Bei Ihnen würde Dardai wahrscheinlich auch aufstehen und weggehen. Ich auch. Immer wieder Falschbehauptungen, Beleidigungen und ewig gleiches Gequatsche. Eklat? Blödsinn. Das Spieler oder Trainer mit den Medien aneinander geraten, kommt doch häufiger vor.

  14. 9.

    Wirklich nur ein runtergeschriebener niedlicher "kleiner Eklat" oder nicht ein 100%iges Abbild des desolaten Zustandes, nicht nur der Mannschaft, sondern auch des ganzen Vereines incl. seines ratlosen Trainers. Pal Dardai und einige andere sollten sich mal die Werte des Vereines auf der eigenen Homepage durchlesen und verinnerlichen. Da ist vollmundig von gegenseitigem Respekt, Toleranz, Fairplay usw. die Rede, aber nur auf dem Papier. Die praktizierte reale Wirklichkeit sieht aber gänzlich anders aus, und das vor laufenden Kameras. Da muss man sich nicht über die gesellschaftlichen Brüche wundern.

  15. 8.

    Aha, Hertha gewinnt und Pal Dardai war schuld!

  16. 7.

    Gucken sie sich die Spiele an oder wiederholen sie bloß das, was sie woanders aufgeschnappt haben ?
    Dafür, dass sie den Verein so ablehnen, lassen sie ihm aber viel mehr Spielraum in ihrem Leben, als er es, laut ihren Äußerungen, eigentlich verdient hat.
    Muß so eine Art Haßliebe sein...

  17. 6.

    Schön, wie der peinliche Auftritt des Trainers als "kleiner Eklat" herunter gespielt wird.
    Das erinnert an den "kleinen Zwischenfall" im österreichischen Trainingslager.
    Mit Glück, denn spielerisch war die Hertha weit davon entfernt, ein wirkliches Konzept zu haben, gewann sie das Spiel in der allerletzten Minute. "Schlimmer aber noch als die Ausrechenbarkeit der Bemühungen wog die Trägheit, mit der sie vorgetragen wurden. Wenig Tempo, wenig Direktspiel, wenig Fantasie prägten das Bild." - Das scheint aber das Konzept es dreimalige Trainers zu sein. Ob das für den Wiederaufstieg reicht, wovon Jetzt wieder dier Verein, die Fans träumen?

  18. 5.

    Hm, zum Trainer nur kurz folgendes.

    Vor drei Wochen hat der Kicker aus dem nichts heraus eine Trainerdebatte veröffentlicht ohne konkrete Gründe, denn es läuft bei Hertha angeblich nach Plan.

    Entweder spielen die Hertha Verantwortlichen nicht ehrlich oder die Presse, egal wer es tut der Trainer ist der Dumme.

    Nur allzu verständlich ist daher die Reaktion von Dardai, er trifft mit seiner Reaktion immer den Richtigen und er zeigt das man mit ihm das nicht machen kann ohne selbst etwas abzukriegen.

    Gleichzeitig bleibt er sich selbst und der Mannschaft treu und mit etwas Glück, hatte er gestern bestimmt eine riesige Genugtuung.

    Ich gönne ihm und der Mannschaft genau das, denn die Truppe macht einfach Spaß.

    Ha Ho He

Nächster Artikel