Fachkräftemangel - Azubi gesucht und gefunden - in Indonesien!

Mo 21.08.23 | 06:47 Uhr | Von Carl Winterhagen
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Symbolbild: Auszubildender an einer Werkzeugmaschine im Ausbildungszentrum. (Quelle: dpa/R. Oberhäuser)
Audio: rbb24 Inforadio | 21.08.2023 | Carl Winterhagen | Bild: dpa/R. Oberhäuser

Unternehmen in Berlin und Brandenburg haben es immer schwerer, Auszubildende zu finden. Also werden einige kreativ: Sie suchen mit Agenturen in Südostasien nach den Industriemechanikern und Bäckerinnen von morgen. Von Carl Winterhagen

Konditoreien, sagt Clairine Feodora, gebe es in ihrem Heimatland Indonesien nur ganz wenige. "Am meisten essen wir Reis", erzählt sie. Umso bemerkenswerter ist es, dass sie nun hier steht, hinter der Theke der Wiener Conditorei im Berliner Westend. Vor ihr in der Auslage reiht sich eine klebrig-süße Verführung an die andere: Aprikosentarte, Apfelstreuselkuchen und Erdbeerschnittchen, die kann Clairine Feodora besonders empfehlen.

Clairine Feodora aus Indonesien. (Quelle: rbb)
Clairine Feodora (Bild: rbb/Winterhagen) | Bild: rbb

Die junge Indonesierin macht in der Wiener Conditorei seit März 2023 eine Ausbildung zur Konditoreifachverkäuferin. Sie ist in der Wiener Conditorei nicht allein. In diesem Jahr haben zehn junge Menschen aus Südostasien in dem Betrieb von Geschäftsführer Maximilian Jansen eine Ausbildung begonnen. Sie lösen für Jansen ein großes Problem, denn in Deutschland findet er einfach keine Auszubildenden. "Die Zahl der Bewerber sinkt jedes Jahr und viele brechen die Ausbildung nach kurzer Zeit wieder ab, weil sie die Arbeit zu sehr belastet", sagt der Geschäftsführer.

Bis zu 3.000 Euro Vermittlungsgebühr

Also wendet er sich im vergangenen Jahr an eine Agentur. Sie verdient Geld damit, Auszubildende für deutsche Unternehmen in Vietnam, Malaysia und Indonesien zu rekrutieren. Dazu sprechen Mitarbeiter in den Ländern gezielt Schülerinnen und Schüler an, in der Hoffnung, sie für eine Ausbildung in Deutschland zu begeistern.

Ron Schenke, der die Agentur 2015 gegründet hat, hat den Fachkräftemangel zu seinem Geschäftsmodell gemacht. Noch in ihrem Heimatland vermitteln die Mitarbeiter der Agentur den Schulabgängern erste Deutschkenntnisse – je nach angestrebter Ausbildung mit einem anderen Fokus. Per Videocall lernen sich Unternehmen und Bewerber dann näher kennen. Passt es, zahlen die Unternehmen zwischen zwei- und dreitausend Euro pro erfolgreich vermitteltem Azubi.

Wir haben weniger Herausforderungen damit, junge Menschen aus dem Ausland, die arbeiten möchten, anzulernen, als junge Menschen von hier zum Arbeiten zu motivieren.

Für die Wiener Conditorei ein notwendiges Übel. Trotz der Kosten und der sprachlichen wie kulturellen Hürden zieht Geschäftsführer Maximilian Jansen eine positive Zwischenbilanz: „Wir haben weniger Herausforderungen damit gehabt, die jungen Menschen aus dem Ausland, die arbeiten möchten, anzulernen, als junge Menschen von hier zum Arbeiten zu motivieren.“

An Motivation mangelt es Clairine Feodora auf keinen Fall: Obwohl es in Indonesien eher unüblich ist, habe sie sich schon als Kind für das Backen begeistert, sagt sie, und möchte eigentlich einmal Konditorin werden. Sie habe gehofft, in Deutschland ihr Hobby zum Beruf machen zu können. Seit März 2023 ist sie nun angehende Konditoreifachverkäuferin. Zwar vermisst sie ihre Familie und um 3 Uhr morgens aufzustehen, sei wirklich anstrengend, „"ber die Arbeit macht Spaß", sagt sie.

Der Bedarf nimmt zu

Dass inzwischen nicht mehr nur qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden, sondern auch solche, die es erst werden wollen, sei ein zunehmendes Phänomen, sagt Marcel Schmutzler von der Zentralen Auslands- und Vermittlungsstelle (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit.

Die Arbeitsagentur betreibt seit 2019 selbst Pilotprogramme, über die Auszubildende aus Vietnam, Südamerika oder Nordafrika vermittelt werden. Zunächst ging es dabei vor allem um Auszubildende für die Pflege. Doch mittlerweile steigt der Bedarf auch in anderen Branchen, darüber hinaus, sagt Schmutzler.

Das bestätigt auch Ron Schenke: "Wir merken das daran, dass sich auch Branchen bei uns melden, die sonst genügend Auszubildende finden und einstellen konnten: Vom Zahnmedizinischen Fachangestellten bis zur Bürokauffrau."

Lösung für den Fachkräftemangel?

Sind die Auszubildenden erst einmal gefunden, gibt es noch andere Hürden zu überwinden. Schenke berichtet, dass es immer wieder Probleme mit den Visa der Bewerber gebe, weil die Ausländerbehörden mit der Bearbeitung nicht hinterherkämen.

Das müsste sich wahrscheinlich bald ändern, wenn die Entwicklung anhält und noch mehr junge Menschen als Auszubildende rekrutiert werden. Und davon geht Marcel Schmutzler von der ZAV geht davon aus, denn er sagt: "Das kann ein probates Mittel sein, um den Fachkräftemangel in Deutschland abzuschwächen." In der Wiener Conditorei hoffen sie in dieser Hinsicht auf ihre Auszubildenden rund um Clairine Feodora. Doch die ist sich noch nicht ganz sicher, ob sie längerfristig in Deutschland bleiben möchte.

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.08.2023, 7:30 Uhr

Beitrag von Carl Winterhagen

56 Kommentare

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  1. 56.

    Für die "Qualifizierten Berufen arbeitender Menschen,"
    Scheint das zu wenig zu sein, da der Personalmangel schon seit min. 15 Jahren besteht.

    Für 2000€ finden sie quasi keine Mitarbeiter mehr, denen sie eine gewisse Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft abverlangen können.

    Ob 2000€ nun für sie viel sind oder nicht. Bei Mietkosten um die 1000 € kalt werden sie kaum jemand finden, der dafür ein Vollschicht Arbeitsplatz annimmt.



  2. 55.

    >"Sind 2.000 Netto für einen Berufsanfänger wirklich zu wenig?"
    Das frage ich mich jetzt auch als Jahrzehnte lang in qualifizierten Berufen arbeitender Mensch.

  3. 54.

    "... Das alles inkl. aller anfallenden Zuschlägen Steuerklasse 1 bei ca. 2000€ Netto
    Und dann stellt man sich hin und fragt sich, warum man kein Personal findet .... Nichtmal außerhalb der EU möchten die Leute kommen. ..."

    Sind 2.000 Netto für einen Berufsanfänger wirklich zu wenig?

  4. 53.

    Stellt sich die Frage,warum sind eigentlich unsere eigenen Jugendlichen zu faul,zu doof,zu ungewillt zum arbeiten,bzw Ausbildung.
    Ich selber habe gern im Handwerk gearbeitet.Gut die Bezahlung war teilweise mau und dem Geld müsste man zeitweise hinterherlaufen,aber mit Nachdruck ging es dann auch.Manche Firmen sind echte Ausbeuter,die geschlossen gehören,bei anderen gehört man zur Familie.Fuer die schlechten gibt es Gerichte.

  5. 52.

    Es kann nicht sein, dass jemand ........, das sind Sie leider falsch informiert. Das Minijobs nicht gut sind um damit leben zu können, da gebe ich Ihnen recht.

  6. 51.

    Es fragt sich nur ob sie danach noch in der Mindestlohnbranche bleiben wollen?
    Ein Umdenken in der Politik ist gefragt. Nach der Wende waren die Ostdeutschen die Billiglöhner und heute Menschen aus dem Ausland. Wollen wir das?
    Wir hören immer von der Politik wir müssen, nur wer?
    Von Vermittlungsagenturen, Leiharbeiter Firmen halte ich nichts. Erst als diese Firmen entstanden sind wurden für diese Berufsgruppen die Löhne immer schlechter.
    Wenn anständige Löhne in diesen Branchen wären hätten wir nicht das Problem. Was nützt ein Tarifvertrag wenn keiner mehr drin ist.
    Ein ständige steuerfreier Bonus ,wäre besser als Arbeitslosengeld zu zahlen.
    Bei so hohen Arbeitslosen sollte ein Land Wie Deutschland die offenen Arbeitsstellen besitzen können.




  7. 50.

    Ist halt billiger.
    Die Alternative wäre, das sich Reiche und/oder Unternehmen endlich angemessen an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen würden.
    Als erster Schritt würden ja schon die Steuersätze aus der Zeit der Dres. Kohl/Waigel reichen.
    Im zweiten Schritt eine angemessene Erbschafts- und Vermögensteuer-und schon klappt es mit der Finanzierung von Dingen, die der Herr Bundeskanzler Schröder dereinst als Gedöns bezeichnet hat.

  8. 49.

    Emanzipiert sind Sie definitiv nicht und im Kapitalismus sind Sie auch voll drin.
    Machen Sie Party nur bei Tageslicht?
    Krankenhäuser sind auch rund um die Uhr in Betrieb.
    Wie haben Sie Ihren Kommentar verfasst? Und vor allem womit.
    Wie ernähren Sie sich und was tragen Sie auf der Haut wenn es mal etwas frischer ist.
    Sie sind so emanzipiert.

  9. 48.

    Wir brauchen dringends diese billig Arbeitskräfte. Ohne diese funktioniert der Kapitalismus nicht.
    Nur müssen wir dann auch dringend den Mindeslohn abschaffen.
    Es kann nicht sein, dass jemand der kein deutsch spricht, keinen Schulabschluß, keine Berufsausbildung hat fast den gleichen Stundenlohn hat wie ein Facharbeiter oder gar Ingenieur.
    Das ist das Sozialismus und jeder weis wie das Endet!!

  10. 47.

    Mal wieder eine der vielen Teichert-Geschichten.
    Allerdings kann man nur hoffen, das da niemand aus der von ihm präferierten Partei mitgelesen hat. Ausländer als fleissiger denn Deutsche zu bezeichnen-also das geht nun gar nicht.

  11. 46.

    Anstatt unser Bildungssystem auszubauen und unsere Kinder zu fördern, fliegen wir aus der ganzen Welt "Fachkräfte" ins Land. Es fehlt an Kitas, Schulen, Lehrern, Förderangeboten. Überall und seit Jahren.
    Was haben die Regierenden in den letzen 30 Jahren (dagegen/dafür) getan?
    Augenscheinlich hat niemand ein Interesse daran.

  12. 45.

    Alles nur moderner Sklavenhandel , mehr nicht !

  13. 44.

    „ Warum soll jemand als Bäcker z.B. früh aufstehen, wenn es sich mit dem Bürgergeld viel bequemer leben lässt?“
    Genau so ist es!
    Habe ich doch kürzlich meinen Nachbarssohn gefragt, was er werden will - Achselzucken …
    Ich habe ihm was praktisches handwerkliches vorgeschlagen, kann man sich mit selbständig machen, da meinte er nur, dass man da zuviel arbeiten muss …
    Irgendwann werden auch sie merken, dass man für seinen eigenen Lebenserhalt arbeiten muss!

  14. 43.

    Dafür wurde doch H4 erfunden – warten, bis jemand einige Minate erwerbsarm ist und dann als "Angebot", das man nicht ablehnen kann, erzwingen. Niedriglohnsektor entstand genau so. Das geht auch hier.

  15. 42.

    Bei meinem ehemaligen Arbeitgeber wird schon seit Ewigkeiten der Personalmangel nur verwaltet. Ausgebildet wird ständig, aber länger bleiben tun nur die aller wenigsten. Größtes Problem ist das Gehalt. Wer möchte schon einen Job machen, wo man ständig für die Verfehlung anderer bzw. durch höhere Gewalt den Kopf herhalten soll. Rückhalt durch die Firma sollte man auch nicht erwarten. Große Verantwortung sollst du tragen. Hohe physische sowie psychische Belastung täglich ertragen. Rund um die soll man arbeiten, Wochenende, Feiertage inkl.
    Das alles inkl. aller anfallenden Zuschlägen Steuerklasse 1 bei ca. 2000€ Netto
    Und dann stellt man sich hin und fragt sich, warum man kein Personal findet .... Nichtmal außerhalb der EU möchten die Leute kommen.

  16. 41.

    >"Brauchen die in Indonesien nicht ihre jungen Leute selbst?"
    Dort herrscht Überbevölkerung. Hinzu kommt dort traditionell, dass Frauen weitaus weniger Chancen für eine qualifizierte Arbeit haben. So hart wie das klingt, aber die meisten Familien dort sind froh, wenn die Mädchen bzw. jungen Frauen von der Familie weg einen eigenen Weg gehen. Ansonsten haben die Familien den Stress, dass sie die Mädchen irgendwie gut verheiraten müssen inkl. einer monitären Mitgift an die Familie des Bräutigams. Das können sich viele Familien dort mit ihren vielen Kindern nicht leisten. Anders rum sind Kinder dort die Altersversorgung der Eltern. Es ist Tradition, dass die Kinder die Eltern und Familie unterstützen mit Geldgaben. Von daher ist eine Ausbildung und Arbeit hier für viele Familien dort eine annehmbare Option.

  17. 40.

    Es ist halt eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung, dass Kinder und Jugendliche alles bekommen. Sie lernen aber nicht, dass diese Dinge irgendwie gemacht, hergestellt oder gewerkelt werden müssen. Die verwöhnte Generation. Es gibt alles immer zu jeder Zeit. Und wenn nicht, gibts aber sowas von Geschrei oder pubertären Aufstand. Das fing vor 30 Jahren schon an, als alles noch so schön billig in Asien produziert wurde und nix kostete. Die Eltern der jetzigen Jugend ist so aufgewachsen und gibt das an die nächste Generation weiter. Der Tagesrhythmus hat sich auch verändert. Um 7 mit einer Arbeit zu beginnen, ist ein No Go für eine moderne Generation. Die meisten Aktivitäten im weniger Work und mehr Life Balance-Zeitalter fangen eben erst Abends ab 19 Uhr an und gehen bis in die Nacht. Das passt dann nicht zu solch festgefahrenen Arbeitszeiten von 7 Uhr an. Thats Life!

  18. 39.

    Das Wunschdenken für einen Traumberuf während der Jugendzeit, kann Deutschland bei Krisen ihnen nicht immer erfüllen. Da werden zu wenig Stellen dafür angeboten. Sie sollten sich bei amtliche Stellen informieren, welche Ausbildungsplätze von der Jugend abgelehnt werden. Die Unterstellung die Sie mir hier auf den Tisch legen, ist ohne genaues Wissen? Ich arbeite im Homeoffice für meinen Onkel der eine Firma besitzt. Ich sitze direkt an der Quelle, was er als Unternehmer über junge Auszubildende zu sagen hat. Um ins Detail zu gehen ist ein Forum nicht geeignet.

  19. 38.

    Es findet gerade eine massiveVeränderung statt….die Jugendlichen wollen die „alten Berufe“ nicht mehr ausüben. Ob Pflege, Verwaltung usw. Hier scheint ein Bruch zu sein…nur….wie darauf reagieren? Es geht ohne verschiedene Berufssparten nicht. Aber die work-live-Balance steht den Anforderungen momentan entgegen. Werden wir in einen Riesen Kollaps schlittern, was die Wirtschaft nicht wuppen kann? Wie kann dieser Entwicklung geantwortet werden??

  20. 37.

    Es dauert viel zu lange, bis Azubis überhaupt einen Termin bekommen, wie lange soll man warten, wenn man täglich stundenlang versucht, freie Termine zu finden
    Deutschland ist nicht in der Lage, qualifizierte Schulabgänger zu produzieren, eine Ausbildung war zu lange schlechtgeredet worden und jetzt stellen wir nur noch Ausländer ein und es dauert ewig und drei Tage, bis der Azubi dann mal arbeiten darf.
    Manche kaufen sich die Termine bei irgendwelchen Leuten, die diese vermutlich hamstern oder die LEA-IT-Sicherheit hintergehen können

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