Mietensteigerungen - Stadt Potsdam: Neubau allein kann Wohnungsnot nicht lindern

Do 03.08.23 | 11:46 Uhr
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Archivbild:Ein Arbeiter steht vor der Kulisse des Turms des Potsdam-Museums auf dem Gerüst des Rohbaus der künftigen Wohn- und Geschäftshäuser am Alten Markt in Potsdam am 01.03.2023.(Quelle:dpa/S.Stache)
Audio: rbb24 Inforadio | 03.08.2023 | Rafael Knop | Bild: dpa/S.Stache

In Berlin ist die Wohnungsnot längst legendär - mittlerweile reißen sich Suchende aber auch in Potsdam um die viel zu wenigen freien Wohnungen. Die Stadtverwaltung setzt auf schnelle Lösungen - und kritisiert die Bundesbauministerin.

Aus Sicht der Stadt Potsdam reicht Neubau nicht aus, um ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Das sei nur ein Teil der Lösung, sagte der zuständige Fachbereichsleiter in der Potsdamer Stadtverwaltung, Gregor Jekel, am Donnerstag im rbb24 Inforadio.

Der Potsdamer Fachbereichsleiter kritisierte in dem Zusammenhang auch Pläne von Bundesbauministerin Geywitz [tagesschau.de]. Demnach soll es Steueranreize in der Baubranche geben. Das würde aber nur privaten Bauherren nützen und nicht den kommunalen Gesellschaften, so Jekel. Wenn gebaut wird, dann müsse dabei auf geförderten Wohnungsbau gesetzt werden.

Jekel: Bauen wird zu teuer für Refinanzierung

Jekel geht davon aus, dass in Zukunft "insgesamt deutlich weniger" gebaut werde. Das Bauen werde immer teurer - nun würden auch die Kosten für die Finanzierung über Kredite anziehen, sagte Jekel. Das alles führe dazu, dass das Bauen so teuer werden würde, dass das Wohnen hinterher nicht mehr finanzierbar sei.

"Wenn gebaut wird und hinterher sind dann Mieten von 20 Euro (pro Quadratmeter) nötig, um die Baukosten zu refinanzieren, dann glaube ich nicht, dass das dem Wohnungsmarkt in Gänze hilft", so Jekel. Das würden auch die Bauherren wissen - "die denken sich 'Das können wir sowieso nicht am Markt platzieren'", so Jekel weiter. Deswegen würden Bauvorhaben verschoben werden.

Trumpfkarte "Potsdam-Bonus"

Um auch kurzfristig Schwung in den Wohnungsmarkt zu bekommen, schlug Jekel vor, stärker zu steuern, wer in die neuen Wohnungen einzieht. So gebe es bei den kommunalen Wohnungsunternehmen daher den sogenannten "Potsdam-Bonus": Suchende, die schon aus Potsdam kommen, hätten etwas höhere Chancen, zum Zuge zu kommen - zumal dann auch weitere Wohnungen in Potsdam frei werden würden, so Jekel.

Berlin: Wegner will Wohnberechtigungsschein für mehr Mieter

Auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), will die Möglichkeiten ausweiten, kurzfristig an Wohnraum zu kommen. Rund 80 Prozent der Wohnungssuchenden in Berlin hätten kaum eine Chance, eine bezahlbare Wohnung zu finden, sagte Wegner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Er unterstrich das Vorhaben der schwarz-roten Koalition, einen Wohnberechtigungsschein (WBS) für mehr Wohnungssuchende auszustellen. Bisher hätten nur Menschen mit wenig Geld die Möglichkeit, mit einem WBS an günstige Wohnungen zu kommen - für die "breite Masse" seien die Aussichten allerdings schlecht, so Wegner.

Er kündigte an, den Wohnberechtigungsschein so auszuweiten, dass auch Normalverdiener eine bezahlbare Wohnung in der Hauptstadt finden können. "Ich werde nicht zulassen, dass eine Verkäuferin oder ein Polizist nach Brandenburg ziehen muss, weil sie sich die Stadt, in der und für die sie arbeiten, nicht mehr leisten können", sagte Wegner.

Allerdings gibt es in Berlin schon jetzt viel mehr Haushalte mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein als Sozialwohnungen. Wie Angaben der Bundesregierung kürzlich zeigten, ist die Zahl der Sozialwohnungen in Berlin zuletzt erneut gesunken.

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.08.23, 09:20 Uhr

74 Kommentare

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  1. 74.

    Hackerangriffe, Umzug der Potsdamer Verwaltung wegen Sanierung, und vieles mehr, legt die Potsdamer Verwaltung lahm und behindert die Genehmigung und damit den Bau, von dringend benötigtem Wohnraum in Potsdam.
    Viele Menschen, ziehen daher gleich ins Potsdamer Umland, da in Potsdam der Wohnraum nunmal, einfach nicht vorhanden ist.

  2. 73.

    Deutschland hatte 2022 eine Nettozuwanderung von 1,5 Millionen Menschen. Solche Wohnkapazitäten lassen sich nicht schnell schaffen. Besonders nicht für günstige Mieten. Das zeigt die Grenze von Zuwanderung.

  3. 72.

    Ich denke, die Verwaltung klappt im Havelland einfach besser als in Potsdam - das die Verwaltung in den Landkreisen und einzelnen Kommunen, auch mehr dem Bürger näher ist, als in der Großstadt.
    Bevor eine Wohnung/Haus gebaut ist, muss die Wohnung/Haus erstmal genehmigt werden.
    Und schon am Genehmigen von Bauvorhaben hapert es in Potsdam wahrscheinlich ?
    Die Verwaltung in Potsdam wurde ja auch schon zigmal durch Hackerangriffe lahmgelegt, das Stadthaus/Rathaus wird saniert/Verwaltungen müssen deshalb umziehen, usw.
    Und der jetzige Potsdamer Bürgermeister, möchte wohl auch Nirgendwo anecken und die Wählerschaft vergraulen und daraus folgt dann Stillstand in Potsdam.

  4. 71.

    Da fehlen eimfach die Industrie-Betriebe und die großen Gewerbe-Ansiedlungen in Potsdam, die Druck beim Wohnungsbau und bei neuer Infrastruktur machen würden.
    Potsdam ist immer noch eine verschlafene Beamtenstadt und Verwaltung/Beamte, usw. haben Ihre Wohnung sicher oder ihr Häuschen am Potsdamer Stadtrand, oder in PM, HVL oder TF.
    Nach der Devise: mach Ich Nix - mach Ich auch Nix falsch und behalte meinen Posten und damit meine Rentenansprüche und trete Niemanden auf die Füße.

  5. 70.

    Fertiggestellte Wohnungen im Jahr 2022 In Potsdam: gerade einmal 606 Wohnungen.
    Im Landkreis Havelland im Jahr 2022: 1202 Wohnungen.
    Und jetzt bekommt die Potsdamer Unfähigkeit, Wohnungen Nicht zu genehmigen und Nicht zu bauen auch noch ein Alibi - die Wohnungsnot in Potsdam, wird sich dadurch in den kommenden Jahren, noch verschärfen und die Politik arbeitet mit Alibis um nicht zu Handeln.
    Genauso negativ, ist aber auch der Potsdamer Nicht-Tramausbau und der tagtägliche Stau auf den Verkehrswegen der Stadt.

  6. 69.

    ,,Neubau allein kann Wohnungsnot nicht lindern - Stadt Potsdam ,,
    Nichts unternehmen, nichts investieren und nichts mehr bauen - dafür aber den Sozial-Neid in der Bevölkerung schüren und die einzelnen Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufbringen -
    Fehlende Investitionen in Infrastruktur, ÖPNV und Wohnungsbau, werden Aggressionen, Extremismus und Sozial-Neid nach sich ziehen- wird in der Bundesrepublik, auch schon sehr sichtbar.

  7. 68.

    Ja, bin auch dafür WBS komplett streichen und lieber den Bedürftigen Wohngeld geben. Dann hat man das ganze Theater mit der Fehlbelegung gelöst.

  8. 67.

    Wenn Herstellungs- und Produktionskosten steigen, Löhne- und Gehälter steigen, Preise weiter steigen, usw. steigen auch die Wohnkosten und Mieten munter weiter.

  9. 66.

    Danke erstmal für Ihre Ausführungen. Im Endeffekt lese ich daraus, daß „nach Nase“(Erfahrung) entschieden wird. Deswegen nochmals nachgefragt. Wie sieht ein ungeeigneter Bewerber nun konkret aus, der alle Vorraussetzungen & Unterlagen vorlegen kann?
    Wie sieht ein geeigneter Bewerber aus?
    Das Thema Vertragsfreiheit & Co mal außen vor.

  10. 65.

    Ja - genau, Die Entwicklung der Städte ist zu sehr auf die Innenstadt konzentriert.
    Nur dort wird gebaut, wo es richtige Kohle für die Anleger gibt.
    Die ,,schlechten Flächen,, soll doch die Kommune/Stadt selbst entwickeln und bebauen.
    Man knallt die Innenstädte voll umd der Rest bleibt Brache.

  11. 64.

    Zweifellos gibt es auch topografische Grenzen und das hat der jetzige OB - als er noch einer der parteiinternen Kandidaten war - in diesem Fall sogar zu Recht thematisiert: Eine Bevölkerungszunahme auf über 200.000 Einw. irgendwann mag den Stadtkämmerer freuen, die Stadtplaner allerdings kaum. Entweder bilden sich Subzentren heraus - wobei Babelsberg mit eigener Geschichte da ein positives Beispiel ist, meistens aber doch ein Zerfransen der Stadt stattfindet - oder aber das Zentrum wird überlastet. Mit der flächenmäßigen Vergrößerung des Potsdamer Stadtzentrums hin zu seinem Ursprung und diese Fläche mit eingeschlossen, kann die Bevölkerungszunahme noch gerade so aufgefangen werden, eine Bevölkerungszunahme in Krampnitz und Fahrland analog der Größe der Plattenbaugebiete zu DDR-Zeiten wäre aber absurd.

    Das würde den Nordraum faktisch zerstören.

  12. 63.

    Die Großstädte, so wie Potsdam/Berlin, sind nicht voll - die Innenstädte sind voll und werden immer voller und dichter, aber nicht der Stadtraum als Gesamtes.
    Die Stadt und der gesamte Wohnungsmarkt, müssen einfach neu gedacht werden und nicht nur auf die profitablen Innenstädte abzielen.

  13. 62.

    Jeder Vermieter kann hier ja zum Glück seine eigenen Anforderungen aufstellen, mit welchem Vertragspartner er einen Vertrag über die Gebrauchsüberlassung seines Eigentums schließen möchte und will. Sehr oft sind es Erfahrungswerte, weil man nicht das erste Mal vermietet. Das Aussuchen seiner Vertragspartner nennt sich übrigens Vertragsfreiheit. Wenn kein geeigneter, guter Bewerber dabei ist, wird die Wohnung halt nicht vermietet. Man ist nicht zum Vermieten seines Eigentums verpflichtet, was auch in Ordnung ist. Mietwilligkeit ist übrigens nicht zu verwechseln mit Mietfähigkeit. Ein Zeichen für Mietfähigkeit stellen z.B. vollständige, ordentliche Bewerbungsunterlagen dar, weil diese schon eine gewisse Ernsthaftigkeit im Interesse an der Wohnung ausdrücken. Verständlicherweise sucht man einen Vertragspartner der mit dem Eigentum des Vermieters pfleglich umgeht und seiner Sorgfaltspflicht nachkommt. Was nutzt einem die Gebrauchsüberlassung, wenn die Wohnung komplett herabgewohnt wird.

  14. 61.

    Wüsste eigentlich gar nicht, wo in Potsdam noch große Bauflächen wären - ausser im Krampnitz.
    Viele Bauwillige/Mieter ziehen daher ins Havelland, Potsdam-Mittelmark oder Teltow-Fläming.

  15. 60.

    Gestaltung heißt seit jeher, groß Gewordenes noch größer zu machen oder aber zu verkleinern; auch bedeutet es, Flächen umzuwidmen. Nichts anderes ist Aufgabe der Stadtplanung und Wohnungspolitik. Kurzum: Das aus den verschiedensten Gründen zu Bewahrende von demj. zu unterscheiden, was aufgegeben und umgenutzt werden kann.

    Vorher wurden Telefonate geführt, Briefe geschrieben, teilweise auch mit indirekter oder direkter Drohung. Heute wird binnen von 48 Stunden in breitestem Sinne die Öffentlichkeit für teilweise sehr eigene Belange eingespannt. Die PR-Branche hat massig Aufträge und weiß sich durch die kleinste Fraktion im Regierungslager vertreten. ;-

  16. 59.

    Ich bin ganz bei Ihnen. Aber das können sich viele Bürger nicht vorstellen

  17. 58.

    Was ist ein ungeeigneter Bewerber für eine Wohnung? Wie definiert sich das eigentlich, wenn die Bewerber z.b.mit der Höhe der Mietzahlung kein Problem haben, aber trotzdem ungeeignet sind? Welche Ansprüche werden denn gestellt, um ein ungeeigneter Bewerber zu sein? Wie sieht ein geeigneter Bewerber aus? Ernsthafte Fragen um mir überhaupt eine Vorstellung machen zu können.

  18. 57.

    Und viele von denen führen ins Nirvana der Chancengleichheit.

  19. 56.

    Na, das kann aber auch an der Schwierigkeit liegen, einen geeigneten, guten Mieter zu finden. Es gibt so viele wirklich ungeeignete Bewerber. Sie müssten mich mal beruflich 1 Monat begleiten... Sie würden Augen machen.

  20. 55.

    Ja, wenn die Herstellungs- und Produktionskosten immer weiter steigen, dann müssen natürlich auch die Mieten steigen. Das ist verständlich und nachvollziehbar.

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