Neues Museum in Berlin - Werkstatt Exilmuseum überbrückt Zeit bis zum Neubau

Do 23.03.23 | 18:45 Uhr | Von Maria Ossowski
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Exilmuseum Berlin (Quelle: Dorte Mandrup/MIR)
Bild: Dorte Mandrup/MIR

Lang schon ist es geplant: das Exilmuseum am Anhalter Bahnhof. Bis der Bau genehmigt und die Bauarbeiten abgeschlossen sind, wird es noch einige Jahre dauern. Bis dahin gibt es ab dem Wochenende die Werkstatt Exilmuseum. Von Maria Ossowski

500.000: eine halbe Millionen Menschen sind vor den Nazis aus Deutschland geflohen. Manche waren berühmt wie Bertolt Brecht, Thomas Mann oder Mascha Kaléko, an die meisten aber erinnert nichts. Deshalb will das Exilmuseum am Anhalter-Bahnhof Lebensgeschichten erzählen – digital, multimedial. Das Schicksal einer Frau ist dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung Exilmuseum, André Schmitz, besonders in Erinnerung:

"Ich muss immer an eine Ärztin denken, die aus Charlottenburg nach New York gegangen ist und dort als Putzfrau arbeiten musste. Ihr Mann konnte wieder als Arzt arbeiten, die Frau hat es dann irgendwann als Assistentin an der Rezeption geschafft. Sie hat herzzerreißende Briefe geschrieben. Da putzte sie bei einer reichen New Yorkerin und schrieb: So haben wir unsere Angestellten in Berlin nicht behandelt."

Exilmuseum im Exil in der Fasanenstraße

Noch ist es nicht so weit, aber nach einem internationalen Architekturwettbewerb gibt es einen Entwurf für das Museum am Anhalter Bahnhof, vom Kopenhagener Büro Dorte Mandrup. Ein Halbrund umarmt die Ruine des ehemaligen Kopfbahnhofs, den Platz, an dem so viele Menschen Abschied von Deutschland nehmen mussten. Solange das Museum noch nicht gebaut ist, wird die Werkstatt Exilmuseum in der Fasanenstraße 24 über die Hintergründe, über den Entstehungsprozess und auch über heutige Exilerfahrungen informieren.

Werkstatt Exilmuseum

Fasanenstr. 24
10719 Berlin

Geöffnet immer donnerstags von 15-18 Uhr

Eintritt ist frei

Auf vier Stockwerken präsentiert die Stiftung mögliche Inhalte des Museums, den Stand der Innenarchitektur und die Modelle der äußeren Hülle. Auch Videos werden gezeigt, die die Stiftung bereits mit Verfolgten aufgenommen hat, die damals ins Exil gehen mussten oder die heute Zuflucht in Deutschland gefunden haben. Zwei Schirmherren begleiten das Projekt und setzen sich für dieses Museum ein. Nobelpreisträgerin Herta Müller musste ihr Land, Rumänien, ebenfalls verlassen.

"Ich bin zwar nicht geflohen, aber ich habe auch erfahren, wie es ist, wenn man in ein anderes Land kommt, wenn man aus einer anderen Sozialisation kommt. Es ist immer etwas ganz anderes, wenn man gehen muss, als wenn man sich freiwillig entscheiden kann in ein anderes Land zu gehen", sagt Müller.

Exilmuseum Berlin (Quelle: Stiftung Exilmuseum Berlin, Foto: René Arnold)Hinter der Ruine des Anhalter Bahnhofs soll das Exilmuseum gebaut werden

Warum hat Deutschland sich so lange gescheut, ein Exilmuseum bauen zu lassen? Für Joachim Gauck hat das psychologische Gründe. Viele Menschen, so der ehemalige Bundespräsident, "ertragen es nicht, dass sie so lange im Unrecht gelebt haben. Und dann sehen sie: Einige, die dann geflohen sind, haben es gewusst.

Die Menschen haben sich gesagt, oh Gott, warum habe ich davon nichts gehört? Bei diesem Erschrecken antwortet die Psyche mit Verdrängungsmechanismen oder die Themen werden bagatellisiert. Es gibt eine ganze Reihe von seelischen Schutzmaßnahmen, um das eigene Wegschauen nicht erkennen zu müssen."

Geplante Baukosten von 60 Millionen Euro

20 Millionen Euro aus privaten Vermögen stehen der Stiftung bereits zur Verfügung. 60 Millionen soll der Bau kosten, der 2026 eröffnet werden könnte. Die öffentliche Hand muss 40 Millionen aufbringen, so André Schmitz. Auch, um die Gesellschaft zu sensibilisieren, soll die Werkstatt in der Fasanenstraße ein Zentrum für die Geschichte des Exils in der Nazizeit und für Exilfragen heute sein. An diesem Wochenende wird es eröffnet. Am Samstag um 14 Uhr geht es los mit Führungen.

"Um 17 Uhr wird es eine Theaterperformance mit ukrainischen Theatermacher:innen und Oliver Kraushaar vom Berliner Ensemble geben, um 19 Uhr dann den legendären Film "Der Staat gegen Fritz Bauer" mit Burghart Klaußner. Klaußner wird persönlich da sein. Und am Sonntag gehts weiter mit Performance, Theater und einer Lesung mit Ilija Trojanow."

Nach Ostern wird die "Werkstatt Exilmuseum" am Standort des ehemaligen Käthe-Kollwitz-Museums dann jeden Donnerstag von 15 bis 18 Uhr für alle geöffnet sein. Der Eintritt ist frei.

Sendung: rbb24 Abendschau, 23.03.23, 19:30 Uhr

Beitrag von Maria Ossowski

8 Kommentare

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  1. 8.

    Informieren geht heutzutage sogar besser/umfangreicher online!

    Ist auch klimafreundlicher, der Bau verursacht enormen CO2-Ausstoß.

    Auch wenn das Betonmonster steht, wird es parallel dort auch ein Online-Angebot geben.

    Wozu also der klimaschädlichen, teure Bau?

  2. 7.

    Dann einfach mal hingehen und bekannte Menschen mit nehmen. Dann werden es mehr Besucherinnen. Immer schön informieren, das hilft!

  3. 6.

    Das ist so ein gutes und wichtiges Thema. Ein Museum braucht es nicht.
    Es gibt fast unedlich viel Literatur darüber, man braucht sich nur in die Bibliothek zu bewegen.
    Diese neuen Häuser sind mehr Orden auf den Revers der Repräsentanten wie Herr Schmitz als notwendig.
    Viel Digi-Show usw. Das bieten Bücher nicht, den Schauer, als wäre man live dabei gewesen, auf der Flucht, im Exil usw.

  4. 5.

    Für das Thema einfach zu spät, und zu teuer. Für das Geld sollte man sich um die aktuellen Flüchtlinge kümmern.
    Wenn alles digital und virtuell dargestellt werden soll, wozu braucht man ein so teures Gebäude?

  5. 3.

    Warum muss dieser schöne Platz zugebaut werden?

  6. 2.

    Der Fußballplatz ist bleibt doch bestehen, einfach mal informieren!
    Und Sie als Bauexperte haben gesprochen, 50% kostet das Teil mindestens mehr! Ab welcher Besuchszahl ist denn eine Kostensteigerung (die es offiziell nicht mal gibt) für ein neues Museum Ihrer Meinung nach genehm? Berlin ist weltweit bekannt für seine Museen, 2019 waren fast 4,3 Mio Menschen in diesen. Nur weil Sie keinen Fuß reinsetzen werden, würde ich nicht auf die gesamte Menschheit schließen.

  7. 1.

    Was aus dem beliebten Sportfeld für Jedermann wird, ist offensichtlich nicht Teil dieses Baukonzepts.
    Baukosten "geplant" heißt bei der Umsetzung dann immer Kostensteigerung +50%!! 100 Mio sind schon ne Hausnummer für geschätzt wieviel Besucher im Jahr?

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