Langjähriges Mitglied der Berliner Schaubühne - Schauspieler Peter Simonischek ist tot
Er war "Toni Erdmann" und doch so viel mehr: Mit Peter Simonischek wird dem deutschsprachigen Film und Theater einer der vielseitigsten Schauspieler fehlen. Der 76-Jährige starb in der Nacht zum Dienstag.
Der Schauspieler Peter Simonischek ist tot. Das teilte das Wiener Burgtheater am Dienstagmorgen mit. Simonischek sei in der Nacht zum Dienstag im Kreise seiner Familie in Wien gestorben. Er wurde 76 Jahre alt. Simonischeks Management in Berlin bestätigte die Information auf Nachfrage von rbb|24.
Peter Simonischek war einer der profiliertesten und bekanntesten Darsteller im deutschsprachigen Raum. Von 1979 bis 1999 gehörte der Österreicher dem Ensemble der Berliner Schaubühne an. Seit 2004 war er Mitglied der Berliner Akademie der Künste. Besondere Bekanntheit erlangte er durch seine Rolle im Film "Toni Erdmann" von Maren Ade. Darin spielte er 2016 den Vater der Hauptfigur. Dafür erhielt Peter Simonischek den europäischen Filmpreis als bester Darsteller.
"Nach diesem Hamlet war ich verloren"
Geboren wurde Peter Simonischek am 6. August 1946 in Graz. Nach einem abgebrochenen Architekturstudium und einer ebenfalls abgebrochenen Zahntechnikerlehre nahm er Schauspielunterricht an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in seiner Geburtsstadt. Sein Vater, ein Zahnarzt, hatte den Sohn in eine "Hamlet"-Aufführung in Graz mitgenommen. "Nach diesem Hamlet war ich verloren", sagte Simonischek der Deutschen-Presse-Agentur zu seinem 75. Geburtstag. Nach ersten Engagements an Theatern in Graz, St.Gallen, Bern, Darmstadt und Düsseldorf führte ihn sein Weg an die Berliner Schaubühne. In den 20 Jahren dort hinterließ Simonischek große Spuren, er arbeitete unter anderem mit Peter Stein, Andrea Breth und Luc Bondy zusammen. Er beherrschte schweren Dramenstoff genauso wie leichte Komödien. Die Jahre in Deutschland empfand er als besonders bereichernd, wie er später sagte: "Wenn Sie fremd sind, strengen Sie sich mehr an. Im Ausland wird der Turbo gezündet."
1999 aber verließ er Berlin, um ans Wiener Burgtheater zu wechseln. Dort wurde Peter Simonischek erst zum Kammerschauspieler und dann, 2019, zum Ehrenmitglied ernannt - eine herausragende Würdigung seines Könnens. Bei den Salzburger Festspielen verkörperte er von 2002 bis 2009 den "Jedermann". Mehr als 100 Mal, so oft wie kein anderer, spielte er den reichen Mann, den der Tod langsam aber sicher holt.
"Künstler, der sich in jeder Verwandlung treu blieb"
Zuschauer im deutschsprachigen Raum kannten Peter Simonischeks Figuren aber durch seine jahrzehntelange Karriere im Film und im Fernsehen. Er brillierte in der abgründigen Heimat-Saga "Hierankl" (2003), als Schwerenöter ("Die Welt der Wunderlichs", 2016) genauso wie als Sohn eines NS-Kriegsverbrechers ("Der Dolmetscher", 2018).
Am bekanntesten aber wurde er mit der berührenden Vater-Tochter-Geschichte "Toni Erdmann" an der Seite von Sandra Hüller. Der Film war 2017 im Finale für den Oscar als bester internationaler Film. Simonischek kämpft darin mit falschen Zähnen und Perücke verzweifelt um die Liebe seiner Tochter. Ein Jahr später wurde Peter Simonischek mit dem deutschen Schauspielpreis für das Lebenswerk ausgezeichnet. "Ich bin so dankbar, dass ich machen kann, was ich liebe", sagte Simonischek damals der dpa.
Eine der letzten Rollen des äußerst vielseitigen Künstlers war im Film "Der vermessene Mensch" die eines Professors, der mit seinen rassistischen Lehren den deutschen Völkermord an den Hereros und Nama rechtfertigt.
"Mit Peter Simonischek verliert das Burgtheater aber auch einen liebevollen, fürsorglichen Kollegen, einen Freund, einen Herzensmenschen, eine überragende Persönlichkeit. Einen Menschen, der Stellung bezog, der Interesse an den Themen der Zeit hatte und für seine Meinung eintrat", würdigte die Theaterleitung den Verstorbenen am Dienstag. Der österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen bezeichnete Simonischek am Dienstag auf Twitter als "Künstler, der sich in jeder Verwandlung treu blieb." Er hinterlässt seine Ehefrau und drei Söhne, darunter den Schauspieler Max Simonischek. Martin Kusej, Intendant des Burgtheaters, kündigte am Dienstag an, sich mit einer " besonderen Trauerfeier" von Peter Simonischek verabschieden zu wollen.
Sendung: rbbKultur, 30.05.2023, 11 Uhr