Experten-Schätzung - Wohl Tausende zu DDR-Zeiten enteignete Kulturgegenstände in Museen zu finden

Do 14.11.24 | 18:10 Uhr
  10
Symbolbild: Besucher können mit Hilfe von Karteikarten Provenienzforschung besser nachvollziehen. (Quelle: dpa/Kaiser)
Bild: dpa/Kaiser

Tausende Exponate in ostdeutschen Museen könnten nach Einschätzung von Forschern zu Zeiten der DDR und der sowjetischen Besatzung enteignet worden sein. Experten des Brandenburger Museumsverbands schätzen, dass etwa drei bis vier Prozent der Sammlungen in dem Bundesland eine solche Herkunft haben.

Im Vergleich zu Exponaten aus der Zeit der NS-Verfolgung sei dies eine sehr hohe Zahl, sagte Provenienzforscher Alexander Sachse bei einer Online-Veranstaltung des Verbands. "Das sind eben pro Museum Dutzende, wenn nicht hunderte Objekte, die betroffen sind", betonte Sachse.

Die Forschung zur Herkunft von Kunst- und Kulturobjekten wird als Provenienzforschung bezeichnet. In Deutschland rekonstruiert sie dabei neben Enteignungen aus der NS-Zeit oder dem Kolonialismus auch solche aus Zeiten der sowjetischen Besatzung und der DDR.

Gesamtdeutsches Phänomen

In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen könnte der Anteil den Schätzungen zufolge noch höher liegen. Grund sei hier die sogenannte Bodenreform, erklärte Sachse. Unter der sowjetischen Besatzung ab 1945 wurden dabei demnach gezielt Kunstsammlungen in Schlössern und Herrenhäusern enteignet. Auch im Zuge von Strafverfahren in der DDR oder nach der Flucht von Menschen in den Westen enteigneten staatliche Akteure Kulturgüter.

Es sei aber kein allein ostdeutsches Problem, sagte der Geschäftsführer des Museumsverbands, Arne Lindemann. "Denn durch den Kunsthandel ist auch in vielen westdeutschen Museen dieses Kulturgut zu finden."

Nach heutiger Auffassung sind die Gegenstände ihren Besitzern zwar unrechtmäßig weggenommen worden, für die Rückgabe fehlt laut Sachse aber oft eine entsprechende Rechtsgrundlage.

10 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 10.

    Es heißt: "durch den Kunsthandel ist auch in vielen westdeutschen Museen dieses Kulturgut zu finden." Es wird nicht klar, wer mit wem und mit welcher Kunst gehandelt hat (direkt oder als Vermittler; öffentlich oder privat)! Eine klare Aussage wäre "im Museum X steht die Kunst Y, die vorher der Person Z gehörte". Davon ist absolut nichts zu lesen - keinerlei valide Aussage sondern einfach nur eine allgemeine Behauptung.
    Das "Bitte genau lesen" kann ich deshalb nur zurück geben auch an @jotha!

  2. 8.

    Wenn Konservative und andere Rechte keine Themen mehr haben, holen sie stets die DDR aus dem Mottenschrank. Irgendwann ist es auch mal gut!

  3. 7.

    In der DDR galt das westdeutche BGB nicht, und im Einigungsvertrag wurde wohl die Rückgabe von enteigneteten Kunstgegenständen nicht vereinbart.

  4. 6.

    Es ist doch im Artikel beschrieben: durch den Kunsthandel geriet ein Teil dieser enteigneter Kunstgegenstände in die westdeutsche Museen.
    Da hat wohl die DDR-Führungsriga diesen Kunsthandel betrieben, um an Devisen zu kommen

  5. 5.

    einfach nochmal lesen, es steht sehr genau da. Von Amts wegen bei den DDR-Bürger/innen geraubte Antiquitäten und Kulturgüter wurden in alle Welt - auch an den Klassenfeind im Westen - verscherbelt und waren eine erhebliche Devisen-Einnahmequelle des werten Herrn Schalck-Golodkowski und seines Außenhandelsministeriums. Die SED hatte eben nicht die bösen kapitalistischen Vorstellungen, was den Eigentumsbegriff anging...

  6. 4.

    §937 BGB
    (2) Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerb des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht.

    Das ist doch ziemlich klar, dass hier kein Eigentum erworben wurde, oder?

  7. 3.

    Nach 30 Jahren hat man das Eigentum ersessen. Steht so im Gesetz. Ob das hier zutrifft ist komplizert.

  8. 2.

    Natürlich muss ganz schnell gesagt werden, dass es diese Machenschaften auch Westen gab. Eine klare Aussage aber, wie genau es ablief fehlt...

  9. 1.

    Eigentum an Diebesgut lässt sich nicht erwerben. §935 BGB regelt das eindeutig. Eigentum verjährt auch nicht. Deshalb verstehe ich den letzten Satz des Artikels nicht.

Nächster Artikel