Riesiger Waldbrand im Juli 2018 - Das Fichtenwalder Wunder der Natur

Do 12.05.22 | 17:44 Uhr | Von Philipp Rother
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Zuvor abgebrannte Bäume in Fichtenwalde (Bild: rbb/Rother)
Bild: rbb/Rother

Nach dem Waldbrand in Fichtenwalde im Juli 2018 musste die Fläche komplett gerodet werden, eine "Mondlandschaft" entstand. Keine vier Jahre später messen die Bäume teils schon fünf Meter. Dabei lief nicht alles nach Plan. Von Philipp Rother

Für Martin Schmitt sollte es eigentlich ein normaler Arbeitstag im Beelitzer Ortsteil Fichtenwalde (Potsdam-Mittelmark) werden. Brandgeruch ließ den Stadtförster im Juli 2018 aber plötzlich hektisch werden. Er vermutete sofort einen Waldbrand und kontaktierte die Freiwillige Ortsfeuerwehr. Danach eilte Schmitt durch die nahen Wälder.

Auf der Bärenbrücke stehend sah er dann, dass das zwischen der Autobahn 9 und dem Europaradweg liegende Waldstück an mehreren Stellen in Brand geraten war. Der Förster war einer der Ersten vor Ort, wenig später traf auch die Feuerwehr ein. Danach ging er relativ zügig nach Hause. "Ich konnte mir das nicht mehr ansehen und helfen konnte ich auch nicht", sagt er rückblickend.

Über der Autobahn zwischen Potsdam und Fichtenwalde steigt eine Rauchsäule auf, 26.07.2018 (Bild: dpa/Sebastian Gabsch)
Bild: dpa/Sebastian Gabsch

Löschpanzer und Bauern im Einsatz

Aufgrund der anhaltenden Trockenheit in den Tagen und Wochen zuvor standen schnell 35 Hektar Wald in Flammen. Über dem Waldgebiet türmte sich eine mächtige Rauchwolke auf, die dichten Rauchschwaden waren bis nach Potsdam zu sehen. Zeitweise war auch der Ort Fichtenwalde in Gefahr.

Bauern mussten mit Gülletanks Wasser zur Einsatzstelle bringen. Zudem wurde eine fünf Kilometer lange Wasserleitung zum Schwielowsee gelegt. Mit Löschpanzern waren die Einsatzkräfte rund um die Uhr im Einsatz, auch Hubschrauber halfen bei der Brandbekämpfung. Erst nach drei Tagen konnte das Feuer unter Kontrolle gebracht und letztlich auch endgültig gelöscht werden.

Am 26.07.2018 wird mit einem Löschpanzer in Fichtenwalde ein Waldbrand bekämpft (Bild: dpa/Julian Stähle)
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Birken, Pappeln und Robinien wachsen

Fast vier Jahre ist das mittlerweile her. Heute blickt Förster Schmitt mit leuchtenden Augen auf das Waldgebiet neben der A9. Die Bäume sprießen. "Was hier passiert ist, ist fast unglaublich. Das ist ein Wunder der Natur", sagt der Forstingenieur mit Blick auf die Birken, Pappeln und Robinien, die mittlerweile schon bis zu fünf Meter messen.

Nur noch einige wenige verkohlte Baumstümpfe und Baumgerippe erinnern an den Brand. Die Fläche gehört Beelitzer Spargelbauern, der 47 Jahre alte Förster bewirtschaftet sie zusätzlich zu dem rund 1.600 Hektar großen Wald, der der Stadt Beelitz gehört.

Wenige Wochen nach dem Waldbrand mussten die Bäume gerodet werden. "Schädlinge siedelten sich an, wir mussten verhindern, dass sie auch auf intakte Waldbestände übersiedeln", erklärt Schmitt. Es entstand eine "Mondlandschaft - es gab kein einziges grünes Blatt mehr." Danach wurde die Fläche teilweise gepflügt, zudem wurden Kiefernsamen verteilt. Im folgenden Sommer wechselten sich Starkregen und Dürrephasen ab. "Das war zu viel für die Saat", so Schmitt.

Ein Mann steht zwischen neu gepflanzten Bäumen in Fichtenwalde (Bild: rbb/Rother)
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Boden wurde über zwei Tage regelrecht gekocht

Dennoch grünte es auf dem Gelände zügig. "Es wuchsen plötzlich anspruchslose Pionierbäume." Es sei ein typischer "Vorwald" entstanden. "Die Natur hat das selbst geregelt - die Samen kamen von benachbarten Laubwald-Flächen, die teils 200 Meter entfernt liegen", konkretisiert Schmitt.

Die Laubbäume entwickelten sich "viel schneller als gedacht." Den Grund dafür kennt der Stadtförster: "Der Boden wurde über zwei Tage bei Temperaturen zwischen 300 und 400 Grad regelrecht gekocht." Dadurch sei der Rohhumus am Boden unter den Kiefern verbrannt und mineralisiert worden. "Die freigesetzten Nähstoffe sorgen nun für den üppigen Wuchs", so Schmitt. Der Prozess sei ein "Lehrbeispiel für die Selbstheilungskräfte der Natur".

Vereinzelt sind auf der Fläche auch winzige Kiefern zu sehen. Sie haben es im Schatten der Laubbäume aber schwer. Künftig soll auf der Fläche eine weitere Baumsorte sprießen. Daher werden demnächst Kästen mit Eicheln aufgestellt. Eichelhäher sollen sie auf der Waldfläche verteilen, sodass auch einzelne Eichen zwischen den Pionierbäumen wachsen.

Daher wurde bereits ein Zaun um das Gelände gebaut, so dass Wildtiere die jungen Pflanzen nicht fressen. "Ansonsten werden wir auf der Fläche in den kommenden 15 bis 20 Jahren nichts mehr machen", sagt Schmitt. Erst dann erfolge die Erstdurchforstung. "Der Mensch will sofort Ergebnisse sehen, die Natur lebt aber in einem anderen Rhythmus. Da ist ein Jahrzehnt nur ein Wimpernschlag." Erst nach 50 bis 100 Jahren entwickelt sich laut Schmitt der sogenannte Schlusswald.

Ein Areal mit neu gepflanzten Bäumen in Fichtenwalde (Bild: rbb/Rother
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14 Löschbrunnen rund um Fichtenwalde entstanden

Die Fichtenwalder haben durch den Brand einen großen Teil ihres natürlichen Lärmschutzes verloren. "Heute ist die Autobahn eigentlich permanent zu hören", sagt Thomas Schultz, der nur 1,5 Kilometer von der Bärenbrücke entfernt wohnt. Vor dem Brand sei das nicht der Fall gewesen. Auch Nico Bakowski hat diese Erfahrung gemacht: "Wir müssen jetzt mit dem Lärm leben, aber viel mehr Sorge macht mir die Trockenheit." Vor allem im Hochsommer sorge lautes Sirenengeheul für Beunruhigung.

Auch jetzt ist der Wald rund um Fichtenwalde wieder enorm trocken. Die Warntafel in der Ortsmitte zeigt Warnstufe 4. "Wir haben - wenn es so wenig regnet wie zuletzt - immer eine latente Gefahr", erklärt der Stadtförster. Der Brand 2018 habe aber zu einem Umdenken geführt. Mittlerweile sind rund um Fichtenwalde 14 Löschbrunnen entstanden. Sie fördern jeweils 600 Liter Wasser pro Minute.

Zudem wurden Sicherheitsschneisen, sogenannte Waldbrandwundstreifen, in die Wälder geschlagen, die aus DDR-Zeiten teils noch vorhanden waren. Auch an der Autobahnböschung ist eine drei Meter breite Schutzzone angelegt worden. "Diese verhindert nicht, dass Brände entstehen, dämmen aber die schnelle Ausbreitung ein", sagt Schmitt. So habe die Feuerwehr im Fall der Fälle mehr Zeit. Langfristig werde der Waldumbau vorangetrieben. Zwischen den Kiefern werden immer mehr Laubbäume gesetzt. Auch dadurch werde die Waldbrandgefahr vermindert.

Ein Hahn zur Entnahme von Löschwasser in einem Waldstück in Fichtenwalde (Bild: rbb/Rother)
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Schmitt sieht ein weiteres Problem: Er stellt fest, dass immer mehr Siedlungen dicht am Wald oder sogar im Wald gebaut werden - aktuellstes Beispiel seien Neubauten in Borkwalde (Potsdam-Mittelmark). "Es werden keine Sicherheitsabstände mehr eingehalten, auch das ist eine Gefahr", so der Förster. "In diesen Siedlungen dürften die Menschen eigentlich keine Feuerschalen im Garten aufstellen und noch nicht einmal grillen." Zwischen Wald und offener Feuerstelle müssen laut Schmitt 50 Meter Abstand liegen.

Beitrag von Philipp Rother

16 Kommentare

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  1. 16.

    Doch, Chris, der T 55, Basismodell des Spot 55, wurde wie die anderen Militärfahrzeuge der Ural-Reihe im Uralski Awtomobilny Sawod in der RSFSR produziert.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Uralski_Awtomobilny_Sawod
    https://de.wikipedia.org/wiki/T-55

  2. 15.

    Das ist kein Ural, sondern ein Löschpanzer. Ein Kettenfahrzeug, das sehr viel Wasser braucht wenn es zum Einsatz kommt. Sehr effektiv, aber teuer.

  3. 14.

    Mal was anderes, keiner geht hier auf das schöne Bild vom Feuerlöschgerät (Ural) ein. Da braucht Fichtenwalde bestimmt noch einen?

  4. 13.

    Brandrodung ist in vielen Gebieten der Erde ein regulärer, planmäßiger Prozess zur unterstützung der Natur. Wir machen in unserer Sagrotanwelt ein Drama daraus.

  5. 12.

    Oh, Lucky
    Sie sagen genau so wie es ist
    Wir regen uns über manch andere eigentlich heimischen Raubtiere auf, vorbei sind wir Menschen das schlimmste Raubtier auf der Erde

  6. 11.

    Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte der Anpassung. Es wird auch "Verlierer*innen" geben, unter anderem die "Nichtstuer*innen", "Blockierer*innen", "Bewahrer*innen", "Faulis" und "Narzissten(*innen?)".
    Und "wir haben bereits schon lange angefangen" etwas zu ändern: Es gibt eine vielversprechende Entwicklung, hin zu geschlossenen Stoffkreisläufen... jeder darf mitmachen(!) statt sich festzukleben.

    P.S. Sind Sie für eine "Windelsteuer" von 3- 6 Jährigen?

  7. 10.

    Auf der Erde ist nichts umsonst, auch nicht der (Förster-)-Mensch....
    Wenn man darüber lange genug nachdenkt, ist das Wochenende schnell um und Demut macht sich breit...

  8. 8.

    Na wenn man (Frau) nur Deutschland als vergleichenden Anhaltspunkt hat ist das "natürlich" das ganz große Wunder.
    Wenn aber Gebiete wie auf Australien, in Afrika oder auch Kanada (wo teils auch kontroliert Brandrodung praktiziert wird) beobachtet werden, wo erst nach Bränden neue Vegetation entsteht, teils auch weil manche Samen sich erst bei Feuerhitze öffnen, ist es schon kein Wunder mehr.
    Und auch wenn selbst in der Stadt Sträucher und Bäume innerhalb von 2-4 Wochen 20 bis 100 cm austreiben ist das nicht nur eine Laune der Natur sondern NATUR.

  9. 7.

    Wie wahr und statt darüber zu tüfteln, wie wir uns vor den Folgen anthropogenen Klimawandels schützen können, sollten wir - die gesamte Menschheit - endlich anfangen, unser Konsumverhalten dahingehend zu ändern, dass wir nicht die Verursacher sind.

  10. 6.

    Das ist natürlich eine schöne Sache, aber nichts neues. Das klappt auch nur wenn Samenträger (Laubbäume) sich im Umfeld befinden. Als es brannte gab es keine Wundtsreifen am Brandort, hätte vielleicht das Ausmass reduzieren können. Früher gab es an allen Straßen welche entlang von Wäldern führten, diese sogenannten Wundstreifen. Zweimal im Jahr wurden sie getellert, also von Vegetation freigehalten. Als das Land die Kosten nicht mehr übernommen hat, wurden durch die Waldbesitzer die Pflege eingestellt.

  11. 5.

    Das Problem unseres Planeten ist der Mensch, der das einzige Tier ist, alles zu verändern bzw unterzuordnen, wie es ihm gefällt. Kein anderes Lebewesen verhält sich so zerstörerisch wie der Mensch. Schade um die schöne Erde.

  12. 4.

    Der Förster spricht "Die Natur hat das selbst geregelt." und "Der Prozess sei ein Lehrbeispiel für die Selbstheilungskräfte der Natur" ... und handelt:
    Eichen pflanzen (geht ja noch) aber Zaun drumherum bauen? Haben die anderen Bäume es denn nicht auch ohne Zaun geschafft? Oder wann wurde der Zaun gebaut?
    Greifen wir damit nicht wieder so stark in die Selbstheilung und in die natürliche Auslese ein, dass dadurch wieder andere Probleme entstehen?
    Ich formuliere das nur zur Höflichkeit als Frage und ich bin mir sicher, dass es viele wissenschaftliche Erkenntnisse und Studien gibt, die die Arbeit des Försters bestätigen.
    Das Spielchen kennen wir aus der Corona-Zeit ...

    Die Natur hat ein paar Millionen Jahre mehr Erfahrung als der nette Förster.

  13. 3.

    Da kann man mal sehen wie Natur seit Jahrmillionen funktioniert.

  14. 2.

    Wie soll ich sagen … gefällt mir. Endlich mal jemand, der auch verstanden hat, wie Wald funktioniert.

    Möge er seine Linie durchhalten dürfen.




  15. 1.

    Birken, Pappeln und Robinien sind sogenannte Pionierbaumarten
    Die wachsen allgemein auf solchen Flächen als erstes,so nimmt sich die Natur diese Flächen zum Glück recht schnell wieder zurück
    Ausserdem gerät dieser Wald nicht so schnell in Brand wie eine Kiefern oder Fichten Monokultur

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