Pflegeheim in Vetschau - Keine Couch für Omi

Sa 10.02.24 | 10:27 Uhr | Von Daniel Friedrich
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Anita Kleinschmidt im Gemeinschaftsraum (Bild: rbb)
Audio: rbb24 Inforadio | 09.02.2024 | Daniel Friedrich | Bild: rbb

Aus einem Vetschauer Pflegeheim ist die Gemütlichkeit verschwunden. Polstermöbel, die die Bewohner selbst mitgebracht hatten, sind dem Brandschutz plötzlich ein Dorn im Auge - sie mussten weg. Eine Lösung ist in Sicht, doch die kostet. Von Daniel Friedrich

Wenn Anita Kleinschmidt in den Gemeinschaftsraum auf ihrer Etage geht, findet sie eine trostlose Szenerie vor. Kahl und einsam ist der Raum, ein paar vereinzelte Pflanzen und schmucklose Stühle - das war's.

Kleinschmidt ist Bewohnerin eines Seniorenheims in Vetschau (Oberspreewald-Lausitz). Früher konnten die Bewohner hier ihre Sofas und Sessel aus ihren alten Wohnungen und Häusern mitbringen und in den Gemeinschaftsraum stellen. Nun sind die Sessel und Sofas weg, ersetzt durch einfache Holzstühle.

Sessel, die früher im Aufenthaltsraum standen (Bild: privat)
Sessel, die früher im Aufenthaltsraum standen | Bild: privat

Die Bewohner sitzen nicht mehr zusammen

Die Lebensqualität im Heim leidet spürbar, sagt Anita Kleinschmidt. Die gemütlichen Gemeinschaftsräume seien stets gefragt gewesen. "Wehe dem, die [Plätze] waren besetzt, da musste man beizeiten da sein, sonst hat man keinen Platz mehr gekriegt", erzählt die Rentnerin. Jetzt fühle es sich an, als ob jemand etwas geklaut hätte, wie sie sagt. "Es hält sich hier auch keiner mehr auf."

Früher saßen die Bewohner nicht nur auf gemütlichen Sesseln beieinander, sondern auch umrahmt von Blumen und kleinen Regalen. Auch die sind nun größtenteils verschwunden. Auf der Metallbank im Eingangsbereich dürfen keine Sitzkissen mehr liegen.

Metallbank im Vetschauer Pflegeheim (Bild: rbb)
Metallbank im Vetschauer Pflegeheim | Bild: rbb

Schließung der Einrichtung stand im Raum

Grund für die karge Ausstattung ist der Brandschutz. Vor einem halben Jahr begutachtete der Brandschutzbeauftragte des Landkreises das Seniorenheim. Auf Weisung vom Amt mussten die bequemen Möbel raus. Für die Heimleitung war das eine Überraschung, sagt Geschäftsführer Alexander Kohl. In dem offiziellen Schreiben vom Landkreis hieß es, insbesondere aus den Gemeinschaftsräumen müssten alle brennbaren Gegenstände verschwinden, so Kohl.

Er habe zwar mit Änderungsbedarf gerechnet, sagt Kohl, aber nicht damit, dass sogar die Schließung des Hauses im Raum stand. Innerhalb von zwei Wochen mussten alle Änderungen umgesetzt sein.

Das Hauptproblem war, dass die Gemeischaftsräume brandschutztechnisch nicht von den Bewohnerbereichen mit deren Schlafplätzen getrennt waren, erklärt der Bauamtsleiter von Oberspreewald-Lausitz, Matthias Weinreich. Sollte es in einem der Gemeinschaftsräume brennen, könnten die rund 80 Bewohner kaum gerettet werden, heißt es vom Amt. Die Gemeinschaftsräume sind auch Rettungswege.

Bewohner müssen zahlen

Auch die Bauaufsicht sieht, dass in dem Vetschauer Seniorenheim unter diesen Bedingungen Brandschutz und Gemütlichkeit nicht zu vereinbaren sind. Weinreich hat deshalb einen Vorschlag. "Das Heim muss einerseits eine brandschutztechnische Abtrennung dieses Bereiches sicherstellen, die fehlt noch auf einer Seite", so Weinreich. Andererseits müsse auch die Brandmeldeanlage des Hauses erweitert werden, damit sämtliche Bereiche von Rauchmeldern abgedeckt werden. "Dann kann der Bereich wieder in dem Sinne genutzt werden, wie er bisher genutzt war", erklärt Weinreich.

Der Arbeiter Samariter Bund (ASB), der Betreiber des Heims, will nun nachbessern. Allerdings könnte es dann für die Bewohner teuer werden. Der Betreiber hat bereits angekündigt, die Kosten dafür auf die Bewohner umzulegen.

Wie viel die Bewohner dann zahlen müssen, wird derzeit noch ermittelt. Sollten sie zustimmen könnten die Gemeinschaftsräume zukünftig auch wieder von der Gemeinschaft genutzt werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.02.2024, 13:47 Uhr

Beitrag von Daniel Friedrich

86 Kommentare

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  1. 86.

    Liebe Lothi, Ihre Sorge ist leider nicht unbegründet.
    Ich hoffe Sie finden eine Nische des Ehrenamtes oder innerhalb der Familie, wo Sie sich aktiv einbringen können und gegenseitig unterstützen. Alles Gute.

  2. 85.

    "Wie konnte das überhaupt als Heim genutzt werden ohne Brandschutzvorschriften einzuhalten?"

    Es ist durchaus möglich, dass die Brandschutzvorschriften zunächst grundsätzlich eingehalten wurden und die Brandlast eben erst später in den Bereich der Fluchtwege eingetragen wurde.
    Das ist ein immer wieder, ich würde sagen täglich, auftretendes Problem.
    Sie haben beispielsweise eine Anlage in der bei einer Abnahme alle Auflagen erfüllt sind und am nächsten Tag stellt irgendwer Kisten oder Möbel in den Fluchtweg, oder schließt einen Notausgang ab.
    Das kann man behördlicherseits nicht verhindern, deshalb sind Nachkontrollen eben wichtig. Hier geht es, im Falle des Falles, um Menschenleben und nicht um gemütliche Sitzgelegenheiten.

  3. 84.

    Liebe Biene, meine Omi war im Heim in Vetschau.Versuche bloß solange Du selbst zu bleiben!!!Dort ist nicht viel passiert Achte auf dich!!!LG

  4. 83.

    Oh je,dann alles Gute bei der Suche!Viel Erfolg!Ich habe eine Schwester beim KKD,die riecht,ob ein Heim gut ist.Ob es unangenehm oder gut riecht.Ich persönlich würde mehr auf die Hygiene achten als auf den Brandschutz.Alles Gute

  5. 82.

    Ja, auch mir kann es passieren, dass ich einen Heimplatz benötige. Hoffentlich möge das niemals eintreffen.
    Aber wenn, dann möchte ich in ein Heim, was sich an die Brandschutzbestimmungen hält und mir nicht meinen verrauchten zu ertastenden Weg ins Freie mit alten Sesseln zustellt. DAS wäre nämlich traurig.

  6. 81.

    Sehr einfach und dennoch zutreffend ausgedrückt Ihre Kommentare. Vernachlässigung, ruhigstellen um bloß nicht andere zu nerven. Das sind doch die wahren Beweggründe weshalb ich niemals in ein Pflegeheim gesteckt werden will.
    Gerade vor zwei Tagen steckte ein Brief bei mir im Kasten vom Amt für Soziales u.Gesundheit. Darin ein formales Schreiben mit einem Flyer des Malteser Hilfsdienstes. So beginnt es. Zuerst ein Besuch in meinen vier Wänden mit Angeboten zur Freizeitgestaltung irgendwo. Hat man die erst einmal an der Backe, wird man sie nicht mehr los. Eines schönen Tages heißt es dann Abschied nehmen von der geliebten Wohnung mit den Worten: aber Sie können doch nicht selber mehr für sich sorgen u.s.w. Nicht mit mir.

  7. 80.

    Ich habe noch nie in einem Chat mitgemacht,aber sowas regt mich auf.Und du hast völlig Recht,was du sagst.

  8. 79.

    Na hoffentlich bist du nicht mal auf einen Heimplatz angewiesen,den Du dir auch leisten kannst.Es ist einfach nur traurig,alte Leute,die ihr ganzes Leben gearbeitet haben,werden hier vernachlässigt.

  9. 78.

    Sie sollten sich einfach nur schämen,das Geld was Sie von den alten Leuten,die ihr Leben lang gearbeitet haben,zu kassieren.Die haben hier das Land aufgebaut,werden heute ausgebeutet,haben keine Fachkraft,die für sie da ist, traurig.Wer sich ein Pflegeheim leisten kann,sitzt trotzdem einsam rum,weil keiner Zeit hat für unsere Senioren.Sie sollten sich schämen!!!!!Jetzt sollen sie mich Brandmelder bezahlen,was seit Jahren Pflicht in jeder Neubaubude ist.Ich werde hier weiter gehen,das ist so nicht in Ordnung.

  10. 77.

    In den meisten Ländern ist es selbstverständlich, dass sich die engere Familie um die älteren Familienmitglieder kümmern. In Deutschland ruft man immer nach dem "Staat" - für alles. Genau so sind auch die meisten Kommentare. Die Betreiber verdienen mit den Pflegeheimen Geld und die Betreiber sind für die Einhaltung des Brandschutzes zuständig. Und keiner soll naiv sein: Die Pflegeheime in anderen Ländern / Polen sind billiger, u.a. weil die Pflegekräfte schlechter als in Deutschland bezahlt werden. Deutsche Rente und billige Pflegekräfte, aber staatliche Verantwortung einfordern!

  11. 76.

    "Man kann einen Brandschutz in privaten wie im gewerblichen Bereich einhalten, ohne private Möbel zu entsorgen !"
    Ja klar, kann man.
    Wenn private Möbel nicht den Weg ins Freie im Brandfall behindern.
    Tun sie das, dann haben sie dort nichts zu suchen.

    Abgesehen vom Verstellen des Fluchtweges sind die privaten Sessel ja wohl auch eine große Hygienegefahr. Jeder mit mehr als 2 Hirnzellen weiß, warum in einem Seniorenheim Kissen auf diesen Sesseln liegen.

  12. 75.

    "Die Gemeinschaftsräume sind auch Rettungswege."

    Und diese sind freizuhalten. So wie auch in jedem Wohnhaus.

    Da braucht man nicht übergriffig von "Omi" zu faseln. Nennt mich ein Fremder oder ein Zeitungsartikel Omi/Opa, so fehlt es da wohl an guten Manieren.

  13. 73.

    Man kann einen Brandschutz in privaten wie im gewerblichen Bereich einhalten, ohne private Möbel zu entsorgen !! Es ist nur oft für das Pflegepersonal bequemer sich nicht nach dem Willen der Heimbewohner zu fügen und mit Mehraufwand noch Decken und Kissen etc. zurecht zu legen.
    Es ist beschämend, wie man mit der älteren Generation, die Deutschland mit ihren Händen unter großem Verzicht auf eigenes Leben im Alter umgeht.
    Jeder der hier seinen Senf dazu gibt, soll sich in die Schuhe von den Heimbewohnern begeben und damit ein paar Tage laufen.

  14. 72.

    Ja, Deutschland, Deutschland für alles und jeden, nur nicht für die eigene Bevölkerung.
    Ich nenne es keine Blamage - ich nenne den gesamten Zustand in Deutschland ein Werdegang der Selbstzerstörung. Ich kann vom Kanzler die Worte: " Wir werden gewinnen" nicht mehr hören. Wer gewinnt? Wir oder die anderen? Den einen wird gegeben, den Senioren nimmt man sogar Sessel weg, die aufgereiht an der Wand stehen, als wenn nur Sesseln abbrennen bei einen Brand. So eine Ansicht ist weit hergeholt, da gibt es was anderes zu bemängeln. Ich sehe zum Bsp. eine Brandtüre im Bild oben die nicht geschlossen ist, trotz Hinweis darauf. Brandtüren gehören so eingestellt, dass sie automatisch wieder schließen nach dem Durchgang der Senioren. Wurde sie nur zum fotografieren geöffnet?

  15. 71.

    Wieso soll immer der Staat für alles aufkommen? Jedes Alters-/ Pflegeheim hat einen Träger, die für die Einrichtung verantwortlich sind, und wenn die an der Einrichtung gespart haben, dann im Interesse Kosten zu sparen.
    Meine Mutter z. B. hat in vier verschieden neuerbauten Pflegeheimen gewohnt. In allen waren die Gemeinschaftsräume und die Zimmer komplett eingerichtet und der Brandschutz war gewährleistet.

  16. 70.

    Ich bin 73 und "Omi" nennen mich nur meine Enkel, alles andere würde ich mir auch verbitten. Was in diesem Heim unter Gemütlichkeit verstanden wurde, ist ein Sammelsurium alter Sitzmöbel, bei denen nicht nur der Brandschutz, sondern auch die Hygiene fraglich ist. Wer reinigt diese privaten Sitzmöbel? Ich möchte nicht später in ein Pflegeheim müssen, wo ein Gemeinschaftsraum eine Optik wie eine Abstellkammer hat und die persönlichen Räume nur "Schlafkammern" sind. DAS hat mit Nichtachtung des Alters zu tun! Und auch in Mietwohnungen können von Vermietern Komfortverbesserungen (keine Ersatzinvestitionen!) auf die Miete umgelegt werden. Ob Einhaltung von Brandschutzauflagen allerdings Komfortverbesserungen sind, wage ich auch zu bezweifeln. Die hohen Eigenbeteiligungen in der Pflege sind aus meiner Sicht allerdings insgesamt zu hinterfragen.

  17. 69.

    Das ist doch für Deutschland eine Blamage, dafür hat der Staat kein Geld , siehe aber die Aussage von unseren Bundeskanzler " Deutschland ist der Zweitgrößte Nettozahler für das Ausland. Milliarden werden nur so weitergereicht und Er erzählt die Ampel hat kein Geld - stimmt für uns Deutsche. Wen das soweitergeht werden wir total verarmen , wehe unserer Jugend .

  18. 68.

    Wie konnte das überhaupt als Heim genutzt werden ohne Brandschutzvorschriften einzuhalten? Ist doch alles sehr kurios

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