Nach Haushaltssperre - Anbieter von Klassenfahrten in Brandenburg befürchten fehlende Buchungen aus Berlin

Mi 16.10.24 | 17:27 Uhr
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Symbolbild: Grundschüler auf einer Wanderung. (Quelle: dpa/Sven Simon)
Audio: Antenne Brandenburg | 15.10.2024 | Martina Rolke | Bild: dpa/Sven Simon

Pläne der Berliner Regierung, bei Klassenfahrten zu sparen, verunsichern die Kinder- und Jugendreisebranche. Anbieter in Brandenburg bangen mancherorts um ihre Geschäfte. Unverbindliche Reservierungen und Freiplätze für Lehrer sollen helfen.

Die Schülerinnen und Schüler der siebten Klassen der Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule aus Potsdam toben am Dienstag auf dem Bolzplatz der Jugendherberge Bremsdorfer Mühle im Schlaubetal (Oder-Spree). Für einige Zwölfjährige heißt das, zum ersten Mal ohne Eltern zu verreisen.

Berliner Schülern ist diese Erfahrung aktuell nicht mehr gegönnt: Die Berliner Schulen können aufgrund der generellen Haushaltssperre in der Hauptstadt derzeit keine Klassenfahrten buchen. Ein entsprechendes Schreiben hat die Berliner Verwaltung in der vergangenen Woche an Schulleitungen gesandt. Es gehe darum, keine Verträge abzuschließen, die künftig Kosten für den Berliner Landeshaushalt verursachen. Das betrifft etwa Reisekosten für Lehrerinnen und Lehrer aus öffentlichen Mitteln.

Berliner Gruppen machen teils großen Teil des Geschäfts aus

Marcus Hirschberg vom Landesverband Berlin-Brandenburg des Deutschen Jugendherbergswerks sieht das kritisch. Berliner Gruppen würden mancherorts einen großen Teil des Geschäfts der Einrichtungen für Kinder- und Jugendreisen ausmachen. Beim familiengeführten Erholungszentrum "KJF Prieros" (Dahme-Spreewald) liege der Anteil an allen Buchungen bei 60 Prozent. Im Kiez Hölzerner See sind es 40 Prozent.

Dabei hoffen auch die Brandenburgischen Jugendherbergen, dass sich das Problem schnell wieder löst, sollte die Haushaltssperre Ende November wieder aufgehoben werden. Dann können die Lehrer auch wieder ihre eigenen Fahrtkosten für die Reisen abrechnen.

Sorgen um die Reise-Reservierungen für die kommenden Jahre

Auf der anderen Seite: Auch für Schulkinder aus Berlin und könnte die Haushaltssperre längerfristige Folgen haben. So sind Plätze für Klassenreisen begehrt und Reservierungen für die kommenden Jahre müssten entsprechend oft schon Monate vorher gemacht werden. "Wir befinden uns in der Buchungsphase für das Jahr 2025", sagt Stephan Matt, Geschäftsführer KJF Prieros. "Die Anfragen von Berliner Schulklassen sind rückläufig, aber wir sind auf Planungssicherheit angewiesen."

Andere Herbergen sind sogar bis zu zwei Jahre im Voraus ausgebucht, gibt das Jugendherbergswerk an. Die Konkurrenz sei groß. Laut Björn Sickert aus dem Schlaubetal besuchen auch viele Schulen aus Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern die Einrichtungen in Brandenburg. "Es gibt einige Wochen im Mai und Juni 2026, die jetzt schon durch Klassen ausgebucht sind."

Offene Reservierungen und Freiplätze als Lösungen

Momentan würden ihm zufolge viele Berliner Lehrer oder Elternvertreter - trotz Haushaltssperre - deshalb anrufen und nach freien Plätzen fragen, ob Reservierungen möglich sind. Die Antwort laute oftmals noch "Ja!". Marcus Hirschberg vom Jugendherbergswerks zufolge bieten viele Häuser die Möglichkeit zur unverbindlichen Reservierung an. So sollen die Türen für Berliner Klassen noch offengehalten werden, wie es etwa aus der Jugendherberge Lübben heißt.

Eine weitere Lösung für die derzeitige Verunsicherung seien Freiplätze ab einer bestimmten Buchungsdauer und Personenzahl. Diese würden etwa in Prieros sowie den Kiezen am Frauensee und Hölzernen See angeboten und könnten von Lehrerinnen und Lehrern genutzt werden.

Kaum Berliner Klassen in der Lausitz?

Im Süden der Mark blickt man allgemein entspannt auf das Thema Haushaltssperre. Beim Tourismusverband Spreewald habe man bisher noch nicht wahrgenommen, ob der Zuschuss-Stopp Auswirkungen auf die Region hat, hieß es auf Anfrage am Mittwoch. Ähnlich äußert sich der Tourismusverband Lausitzer Seenland. Dort werden vor allem Schulklassen aus Brandenburg und Sachsen untergebracht, Berliner Schulklassen spielten eine untergeordnete Rolle. Die Jugendherberge Cottbus verzeichnet gute und auch verbindliche Buchungen für das nächste Jahr aus Berlin.

Schulen müssen beim Programm sparen

Unabhängig von den freien Plätzen zeichnet sich aber noch ein weiterer Trend in der Jugendreise-Branche ab. Bereits seit einiger Zeit herrscht Sparzwang, um Klassenfahrten zu finanzieren. Wenn es Engpässe beim Budget der Schulen gibt, werden einfach kürzere Fahrten gebucht, heißt es sowohl vom KJF Prieros als auch das Kiez Hölzerner See.

Deshalb bleibt die Potsdamer Lehrerin Susan Reichelt mit ihrer Klasse auch lediglich vier Tage in der Bremsdorfer Mühle. "Wir haben jetzt hier für diese Fahrt insgesamt 200 Euro pro Schüler. In diesen 200 Euro sind die Jugendherberge mit All Inclusiv plus die Fahrt mit dem Bus enthalten." An dem von den Jugendherbergen Komplettprogramm wird hingegen gespart. Dieses wird dann aus Kostengründen von den Lehrern häufiger selbst auf die Beine gestellt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.10.2024, 16:40 Uhr

16 Kommentare

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  1. 16.

    Ihr Nickname sagt alles. Er verweist auf Ihre Parteizugehörigkeit und Ihre Weltanschauung. Schlimm.

  2. 14.

    "Aber für Bürgergeld und Asylleistungen, da ist Geld da." Bravo! Typisch deutsch, nach oben buckeln, nach unten treten.

  3. 13.

    "Wir mussten für unsere Klassenfahrten selbst aufkommen, dazu wurden wir zu Arbeitseinsätze in Betriebe und der Landwirtschaft geschickt. Sollte man heute wieder einführen!! "

    Und den RAD gleich wieder mit? Was geht in solchen Köpfen nur vor?

  4. 12.

    Wir brauchen jede einzelne Lehrkraft. Und was machen wir? Neue Regelungen die den Beruf unattraktiver machen. Es kann doch nicht sein das ein Lehrer seine Klassenfahrtskosten selber aufbringen muss. Wer bezahlt denn, um zu arbeiten? Klassenfahrten bergen ein hohes Verantwortungsrisiko und ohne selber aus dem Bereich zu kommen behaupte ich mal das es sicherlich KEIN Urlaub für die Lehrer ist. Wie kann man bloß im BEreich BIldung noch weiter sparen? Es ist unfassbar. Aber für Bürgergeld und Asylleistungen, da ist Geld da. Wenn man sich mal ansieht in welchen Relationen die Ausgaben zueinander stehen kann man sich nur an den Kopf fassen. Nur soviel: der Anteil an Ausgaben für Bildung ist im Vergleich winzig.

  5. 11.

    Kleiner Hinweis: Die Freiplätze dürfen nicht angenommen werden, da diese einen "geldwerten Vorteil" bieten würden. Dies wird wohl auch für zukünftige Fahrten gelten. Vielleicht besionnt man sich ja noch eines Besseren. Ansonsten werden die Lehrer wohl kaum eingenes Geld aufbringen, um in unbequemen Unterkünten 24/7 mit mehr oder wenigen pflegebedürftigen Horden ihrer Aufsichtspflicht nachkommen. Der Abrechungswahnsinn mit z.B. Berlin-Pass-Kindern und nervigen Eltern, der Organisation vorab und vor Ort dürfte auch nicht gerade motivierend sein, sich besonders für Klassenfahrten zu engagieren. By the way: Über die Steuer bekommt man nicht alles wieder!
    Für Klassenfahrten, welche bereits gebucht wurden, gelten wohl noch die alten Bedingungen. Daher dürften auch noch einige stattfinden. Der Vorlauf für einige noch zu planende Fahrten dürfte aber jetzt gekappt worden sein. Man wird es sehen.

  6. 10.

    Grundsätzlich schon. Beim Ansetzen als Werbungskosten kommt aber am Ende weniger raus, als wenn der Arbeitgeber alle beruflich bedingten Reiseausgaben steuerfrei erstattet. Wenn der Arbeitnehmer generell wenig Werbungskosten hat wird auch erstmal alles mit der Werbungskostenpauschale verrechnet.

  7. 9.

    Wir mussten für unsere Klassenfahrten selbst aufkommen, dazu wurden wir zu Arbeitseinsätze in Betriebe und der Landwirtschaft geschickt. Sollte man heute wieder einführen!!

  8. 8.

    Im Gegensatz zu Bauarbeitern, haben Lehrer für die Zeit der Klassenfahrt keinen Feierabend. Die sind rund um die Uhr, 24 Stunden, verantwortlich für die Kids. Und oftmals sind die nur zu zweit mit einer Klasse im günstigsten Fall von 20 SchülerInnen. Das muss komplett bezahlt werden & nicht aus der eigenen Tasche…das macht doch ansonsten niemand mit!! Lehrerarbeit wird sehr unterschätzt, das ist kein Spaß!! Ich bin keine Lehrerin!

  9. 7.

    Antwort auf "." vom Mittwoch, 16.10.2024 | 17:36 Uhr
    Wie, meinen Sie, würden das die Kinderlosen finden, wenn überall gespart und gekürzt wird, nur bei den Klassenfahrten nicht?? "Unverschämtheit" dürfte wohl noch der harmloseste Begriff sein.....

  10. 6.

    Und wieder so ein Beispiel wie 'Unternehmer' soz. Marktwirtschaft verstehen und wieder mal statt von nor risk no fun starke Vertreter eunes mindestens Mindesteinkommen sind, während sie ansonsten ja die Gewinne stillschweigemnd privatisieren und nicht per Medien drüber jubeln..... Flexibilität in Zeiten des Strukturwandel - bieten könnten sie ja alternativ Umzugsservice für Biber Füchse Wölfe ... ;-)

  11. 5.

    2. Versuch -
    Aber mit der afd wird der ,,soziale Kahlschlag'' viel weiter gehen.

  12. 4.

    Dafür kann der Senat nichts. Die Schuldenbremse wollte die FDP ( Lindner) einhalten zum Ärgernis der Grünen und SPD. Dadurch bekommen die Länder weniger Geld und müssen genauso Sparen wie der Bund - ganz einfach

  13. 3.

    Der soziale Kahlschlag war mit diesem Senat doch zu erwarten,wie gewählt, so erhalten.

  14. 2.

    Das ist eine derartige Unverschämtheit vom Senat, einfach unfassbar.

  15. 1.

    was hat das eine mit den anderen zu tun? nochmal wenn ich als Arbeitnehmer Bauarbeiter im Außendienst uä. meine Spesen über das Finanzamt abwickeln kann / muss. Frage ich mich was darin der Unterschied zu Lehrern ist, Arbeit ist Arbeit

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