Berliner Abgeordnetenhaus - Ausschuss verhängt 75.000 Euro Strafe, weil Giffey fehlt
Die Regeln im Hauptausschuss des Berliner Parlaments sind streng: Wenn die Chefetage nicht erscheint, obwohl sie befragt werden soll, werden saftige Strafen fällig. Franziska Giffey hat das jetzt getroffen. Aber sie ist kein Einzelfall. Von Angela Ulrich
Der Berliner Wirtschaftsverwaltung ist es extrem peinlich: Dass damals, am 9. Oktober, niemand da war aus der Hausspitze, im Unterausschuss "Bezirke, Personal und Verwaltung" im Abgeordnetenhaus. Immerhin geht es dort um große Budgets, um viel Geld also.
Franziska Giffey (SPD) war geladen, die Senatorin. Sie hätte sich auch von einem ihrer beiden Staatssekretäre vertreten lassen können. Doch Fehlanzeige: Keiner der drei tauchte auf. Was den zuständigen Hauptausschuss zu einer saftigen Strafte veranlasste: 75.000 Euro "pauschale Minderausgabe", verfügte das Gremium, wie am Freitag zuerst der "Checkpoint" des "Tagesspiegels" [Bezahlinhalt] berichtete.
Der Wirtschaftsverwaltung wird das Geld also aus dem Etat abgezogen - der Hauptausschuss mit Hilfe der Finanzverwaltung hat die Macht dazu.
"Bedauerlicher interner Fehler"
Wieso kam keiner aus der Hausspitze? "Die fehlende Teilnahme der Senatorin bzw. ihrer Staatssekretäre beruht auf einem bedauerlichen durch einen außergewöhnlichen Krankenstand hervorgerufenen internen Fehler", schreibt Giffeys Haus kleinlaut.
Die Grünen hatten per parlamentarischer Anfrage nachgebohrt. Angeblich hatte die Vorladung der Senatorin durch den Ausschuss die Wirtschaftsverwaltung nicht erreicht. "Dafür übernehme ich die Verantwortung", schreibt Giffey – denn natürlich gelte der Grundsatz "Parlament First". Hätte sie gewusst, dass ihre Teilnahme erforderlich gewesen sei, hätte sie "selbstverständlich" andere Termine dafür abgesagt, so Giffey. Eher "Instagram Queen" als Antworten im Parlament, wie die Grünen beklagt hatten? Niemals, ist die Botschaft der Senatorin.
75.000 Euro Strafe für Senatsmitglieder
Doch der Hauptausschuss lässt da nicht mit sich spaßen. Wann immer die Chefetage nicht komme, werde diese pauschale Minderausgabe eingezogen, heißt es aus dem Ausschuss. Egal, welche politische Farbe oder welches Haus es betreffe.
Für nicht erscheinende Senatsmitglieder werden 75.000 Euro fällig, für fehlende Bezirksvertreter wie Stadträte oder Bürgermeister 50.000 Euro. So hat es sich der Hauptausschuss in die eigenen Verfahrensregeln geschrieben. Punkt.
"Eine Art erhobener Zeigefinger"
Dies sei allein in diesem Jahr "so um die zehn bis 20 Mal vorgekommen", heißt es aus dem Ausschuss. Zuletzt gab es ein No-Show aus Spandau, zwei aus Mitte. Die verhängten Strafen seien "eine Art erhobener Zeigefinger, ein Nadelpiekser", um zur Disziplin zu mahnen. Da lasse auch niemand mit sich reden.
Allerdings, sagt Steffen Zillich, Fraktionsgeschäftsführer der Linken: Insgesamt sei Schwänzerei von Senatsmitgliedern doch sehr selten und der Wunsch groß, "dem Parlament vollumfänglich Rede und Antwort zu stehen".
Auch das Fehlen im Parlament kostet Geld
Und wo fehlt das für Giffey verhängte Strafgeld nun im Etat der Wirtschaftsverwaltung? Das werde bei den Bezügen für Beamte eingespart, antwortet das Haus. Weil noch nicht alle Stellen besetzt seien, gebe es da noch freie Mittel.
Soweit zur Exekutive, die nicht erscheint. Aber auch bei der Legislative gibt es Fehlzeiten. Wenn Abgeordnete unentschuldigt im Plenum fehlen, kostet auch das Geld. Aber deutlich weniger: 100 Euro pro Plenumssitzung, 50 Euro im Ausschuss.
Wieviel da so im Jahr zusammenkommt an Strafen, kann die Abgeordnetenhaus-Verwaltung allerdings nicht sagen – das werde statistisch nicht erfasst.
Sendung: rbb24 Inforadio, 24.11.2023, 14 Uhr