Olympia - Ist die Berliner Spree sauberer als die Pariser Seine?
Frankreich hat 1,4 Milliarden Euro in die Wasserqualität des Hauptstadtflusses investiert. Der Olympia-Triathlon musste trotzdem verschoben werden. Wie sieht es in Berlin aus? Wären Wettkämpfe in der Spree denkbar? Von Fabian Friedmann
Das Training der Triathleten fiel komplett ins kloakige Wasser der Seine, und auch der Wettbewerb selbst konnte nur mit einem Tag Verspätung - und mit allerhand Sorgenfalten auf der Stirn - ausgetragen werden. Tagelang genügte die Wasserqualität der Seine nicht den Maßstäben für Leistungssport in dem Gewässer. Der Pariser Fluss war vor allem wegen starker Regenfälle zu verschmutzt.
Dabei hatte die französische Regierung sage und schreibe 1,4 Milliarden Euro investiert, um Haushalte in Paris an die Kanalisation anzuschließen, die ihr Abwasser bislang noch in die Seine geleitet hatten. Außerdem wurde ein riesiges Becken gebaut, damit bei starkem Regen die Kanalisation nicht wie bisher in die Seine überläuft. Und trotzden wurden die Grenzwerte für Krankheitserreger und Bakterien überschritten, was für die Olympioniken zu gefährlich gewesen wäre.
Viele Sportinteressierte fragen sich: Wie ist es eigentlich um die Wasserqualität der Spree in Berlin bestellt? Hätte man hier Schwimm-Wettkämpfe abhalten können? Und welche Pläne gibt es für den deutschen Hauptstadtfluss? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Könnte zur Zeit in der Berliner Spree ein Schwimm-Wettbewerb veranstaltet werden?
Das kommt darauf an, ob ein solcher Wettbewerb in der "Vorstadtspree" oder in der "Stadtspree" stattfinden soll. In der Vorstadtspree gibt es eine sogenannte Trennkanalisation, in der Stadtspree eine Mischkanalisation. Die Mischkanalisation liegt vor allem im Stadtkern, in ihr werden Schmutz- und Regenwasser in einem Kanal gemeinsam abgeleitet.
"Bei Starkregen sind die Pumpwerke nicht in der Lage, das gesamte Wasser, also ungereinigtes Abwasser und belastetes Regenwasser, zu den Kläranlagen zu fördern und es kommt zu Überläufen in die Gewässer", erklärt die zuständige Senatsverwaltung für Umwelt auf Anfrage von rbb|24. Die Folge: Die Stadtspree ist grundsätzlich stärker verunreinigt als die Vorstadtspree.
Diese liegt in den Außenbezirken Berlins und verfügt über eine Trennkanalisation. Hier verlaufen parallel zwei Kanalstränge - nur der Regenwasserkanal führt hier zum Gewässer. Dadurch sind die Bedingungen in der Vorstadtspree deutlich günstiger, wobei auch hier das Spreewasser nach starkem Regen verunreinigt sein kann, allerdings nicht in so hohem Maße wie die Stadtspree. Zur Vorstadtspree gehört etwa das Gewässer rund um die Insel der Jugend. Hier gab es schon Schwimmveranstaltungen - in der Stadtspree noch nicht, mit Ausnahme des Spreekanals, dort allerdings ohne offizielle Genehmigung.
Welche Messwerte sind entscheidend?
Per Gesetz ist geregelt, dass das Wasser nach Magen-Darm-Erregern wie E.coli und Enterokokken untersucht werden muss, bevor dort ein Schwimmwettbewerb durchgeführt werden darf. Die entsprechenden Messungen müssen über mehrere Jahre hinweg ausgewertet werden. Zuständig dafür ist in Berlin das Landesamt für Gesundheit und Soziales.
Im Juli wurden in der Vorstadtspree an der Messstation Berlin/Baumschulenweg 45/100 ml E.coli und an der Berliner Jannowitzbrücke 150/100 ml E.coli gemessen. Bei einem Messwert von 1.800/100 ml für E.coli wird vom Baden abgeraten.
Bei Leistungssportlern gelten allerdings strengere Werte, da sie mehr Wasser im Mund aufnehmen als Freizeitschwimmer.
Was wird unternommen, um eines Tages vielleicht doch dauerhaft in der Spree schwimmen zu können?
Es wurden bereits 300.000 Kubikmeter unterirdischer Speicherraum gebaut, um Mischwasserüberläufe zu verringern. Das letzte Großprojekt dieser Art befindet sich in der Chausseestraße in Berlin-Mitte. Der unterirdische Raum für weitere Speicherbecken ist aber laut Senatsverwaltung begrenzt.
Der Berliner Fokus liegt daher eher auf einer dezentralen Regenwasserbewirtschaftung. Konkret sollen Flächen abgekoppelt werden, damit das Regenwasser gar nicht erst in den Kanal läuft. Vielmehr soll es der Vegetation und der Stadtkühlung dienen.
Es sei aber nicht geplant, die Wasserqualität der Stadtspree in dem Maße zu verbessern, damit man in ihr dauerhaft bade kann, betont die Senatsverwaltung. Denn das sei schlicht zu teuer. Ähnlich wie in Paris würde dies in die Milliarden gehen, sofern überhaupt die baulichen Voraussetzungen gegeben wären.
Was ist eigentlich aus dem Projekt "Flussbad Berlin" geworden?
Das Flussbad Berlin sieht vor, dass der Spreekanal in Berlin-Mitte, unweit der Museumsinsel, ökologisch gesäubert wird, um dort dauerhaft baden zu können. Das ist dort bislang verboten, auch wegen Sicherheitsbedenken. Auch die Schifffahrt muss berücksichtigt werden. Ein medizinisches Urteil zur Eignung eines Flussbades als Badestelle steht noch aus. Derzeit wird die Qualität des dortigen Wassers aber als "mangelhaft" eingestuft, wie aus der Internetseite des Vereins [flussbad-berlin.de] hervorgeht.
In der Vergangenheit gab es schon Schwimmveranstaltungen im Spreekanal im Bereich des Bodemuseums. 2018 wurde letztmalig der "FLUSS BAD POKAL" ausgetragen. Eine offizielle Genehmigung lag aber nicht vor. "Diese Veranstaltungen fanden illegal statt", betont die zuständige Senatsverwaltung auf Anfrage. 2019 und 2020 ließen die Initiatoren aufgrund von Starkregenereignissen das Rennen ganz ausfallen.