Fußballstadien - Rote Karte für Raucher?

Mi 02.10.24 | 20:38 Uhr
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Ein Hertha-Fan mit Zigarette im Mund (imago images/Bernd König)
Bild: imago images/Bernd König

Fast in allen deutschen Fußballstadien darf derzeit noch geraucht werden. Ein Nichtraucherverein würde dies gerne ändern und fordert die Bundesligateams zum Handeln auf. Die Klubs aus der Region zeigen sich zurückhaltend.

Jeder, der seinen Fuß schon einmal an einem Bundesliga-Spieltag in ein Stadion gesetzt hat, wird den unverkennbaren Geruch kennen: Es duftet nach Bratwurst, Bier, Rasen, leider manchmal dem Schweiß der Menschenmengen – und eben auch nach Zigarettenqualm.

Während in Deutschland die Zigarette aus dem Bild vieler Orte, an denen Menschengruppen zusammenkommen, verschwunden ist, sind die Fußballstadien bis heute eine Bastion der Raucher. Nur sechs von 18 Bundesligavereinen haben die Zigarette auf den Rängen grundsätzlich verboten. In der 2. Liga sind es sogar nur zwei Klubs.

Pro Rauchfrei: Passivrauchen auch im Stadion gesundheitsschädlich

Viel zu wenig, wenn es nach Deutschlands größtem Nichtraucherverein "Pro Rauchfrei" geht. "Für uns ist es sehr irritierend, wie wenig sich bewegt und wie veränderungsresistent die Vereine sind. Zumal klar wissenschaftlich belegt ist, wie gesundheitsschädlich das Passivrauchen ist", erklärt Pro-Rauchfrei-Mitglied Arne Weinhardt. Mittlerweile würden sie viele Anfragen und Beschwerden von Fußballfans bekommen, die sich im Stadion vom Zigarettenrauch belästigt fühlen.

Obwohl Fußballspiele meist im Freien stattfinden, sei das Passivrauchen im Stadion gefährlich, erklärt der Nichtraucherverein. Die Zuschauer würden so dicht gedrängt sitzen, dass sie zwangsläufig den Rauch von Sitznachbarn einatmen müssten. Auch die als Komfort für die Besucher konzipierte Überdachung der Zuschauerränge würde sich hier als negativ erweisen. Der Rauch könne dadurch weniger nach oben abziehen, sondern werde sogar wieder nach unten gedrückt.

Seit 2007 das Bundesnichtraucherschutzgesetz eingeführt wurde, hat sich in den deutschen Fußballstadien wenig getan. Die ersten Klubs, die das Rauchen komplett verboten haben, waren Leverkusen und Hoffenheim im Jahr 2008. 2018 zog der FC Bayern nach, 2021 Freiburg und Leipzig und seit letztem Jahr gilt auch im Weserstadion in Bremen ein Rauchverbot. "Der traurige Standard in den meisten Stadien sind weiterhing nur rauchfreie Familienblöcke. Und selbst dort gilt das Nichtrauchen teilweise nur als Freiwilligkeit", erklärt Weinhardt.

Hertha und Cottbus setzen auf Nichtraucherblöcke

Auch bei Zweitligist Hertha BSC und Drittligist Energie Cottbus beschränkt sich das Rauchverbot auf einzelne Blöcke. Im Olympiastadion ist das der Familienblock A, südlich der Ostkurve. Im LEAG Energie Stadion befindet sich der Familienblock ganz außen auf der Westtribüne. Das Verbot gilt in beiden Stadien auch für E-Zigaretten.

Viel zu wenig für Weinhardt und seinen Verein: "Familienblöcke machen durchschnittlich nur gut 3 Prozent der Stadionkapazitäten aus. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass man in 97 Prozent des Stadions zugeraucht wird. Das deckt sich natürlich überhaupt nicht mit dem Anteil der Raucher in der Gesellschaft. In Deutschland sind etwa 80 Prozent der Menschen Nichtraucher. Es müssten also eher gesonderte Raucherblöcke eingeführt werden und eben nicht gesonderte Nichtraucherblöcke." Zudem seien die Tickets für den Familienblock oft teurer als Stehplätze und aufgrund der begrenzten Blockkapazität schnell ausverkauft.

Auf rbb-Anfrage teilte Hertha mit, dass der Verein sich durchaus mit dem Thema beschäftigen würde, gab aber keine weiteren Einblicke in den Prozess und mögliche anstehende Veränderungen. Auch in Cottbus würde man das Thema Nichtraucherschutz wahrnehmen, diesem auf der aktuellen Agenda aber keine sonderlich große Priorität zuordnen. Man habe auch aus den Reihen der Fans bislang keine Kritik oder Änderungswünsche bezüglich des Themas erhalten.

Sonderrolle für das Stadion An der Alten Försterei

Der 1. FC Union Berlin ist derweil sogar der einzige Bundesligist, bei dem das Rauchen auf den Rängen im Stadions An der Alten Försterei überall gestattet ist. Dem rbb teilte Union mit, dass das Thema Nichtraucherschutz bei ihnen bei den regelmäßigen Spieltagsumfragen der Fan- und Mitgliederbetreuung auch so gut wie nie eine Rolle spielen würde.

Sollte sich trotzdem jemand gestört fühlen, vertraut man in Köpenick auf die Eigenverantwortung der Fans. "Ein Stadionbesuch von vielen tausend Menschen kann nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme funktionieren. Das Bewusstsein dafür zu schaffen und den Menschen auch zuzutrauen, rücksichtsvoll miteinander umzugehen, halten wir für besser als das Erlassen von Verboten", erklärt der Verein.

Für Weinhardt ist das hingegen keine Option: "Das erzählen uns diverse Vereine. Aber das funktioniert leider nicht. Wir bekommen viele Berichte, dass Raucher, wenn sie gebeten werden im Stadion nicht zu rauchen, darauf verweisen, dass es ja erlaubt sei. Und damit haben sie natürlich auch recht und die Nichtraucher haben keine Chance." Auch, dass für einige Fans die Zigarette zur Stadionkultur wohl einfach dazugehört, lässt er als Argument nicht gelten. "Die eigene Freiheit endet da, wo die Freiheit des anderen eingeschränkt wird. Und dort, wo der Nichtraucher gezwungen wird, gegen seinen Willen mitzurauchen und so seine Gesundheit geschädigt wird, hört die Freiheit des Rauchers auf."

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Premier League und Uefa als Vorbilder

Stattdessen fordert "Pro Rauchfrei" ein grundsätzliches Rauchverbot für alle deutschen Stadien. Dass das funktionieren kann, würde ein Blick ins Ausland zeigen, sagt Weinhardt. So sind zum Beispiel seit 2007 alle Arenen der englischen Premier League rauchfrei. Wird man beim Qualmen erwischt, muss man 50 Pfund Strafe zahlen. Bei einem weiteren Verstoß wird man des Stadions verwiesen.

Der SC Freiburg geht bei seiner Durchsetzung des Rauchverbots fußballnahe Wege und zeigt Ersttätern die gelbe Karte, es wird also eine Ermahnung ausgesprochen. Wer zum zweiten Mal erwischt wird, sieht rot und fliegt dementsprechend raus. Ein ähnliches Vorgehen konnte man in diesem Sommer in vielen deutschen Stadien erleben: Bei der Europameisterschaft, die von der Uefa veranstaltet wurde, herrschte striktes Rauchverbot, das streng kontrolliert wurde.

Ob es aber wirklich in allen Fan- und Gästeblöcken der Bundesliga-Klubs möglich ist, so ein Verbot durch Ordnungspersonal umzusetzen, ist zumindest fraglich. Zumal es bei Vereinen wie Cottbus und Union nach eigener Aussage bei den Fans auch gar nicht den Wunsch danach geben zu scheint. Für "Pro Rauchfrei" sollte das aber keine Rolle spielen. "Klar ist: Gesundheitsschutz ist ein staatliches Rechtsmonopol und darf nicht vom persönlichen Empfinden des Vereins abhängen. Uns wäre also eine bundesweite Lösung am liebsten", sagt Weinhardt.

Sendung: rbb24, 2.10.2024, 21:45 Uhr

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33 Kommentare

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  1. 33.

    „ So sind zum Beispiel seit 2007 alle Arenen der englischen Premier League rauchfrei. “ Und hier jammern die Raucher….

  2. 32.

    Ich bin total dafür, dass Menschen im Stadion in Gänze verboten werden. Corona hat es hervorragend gezeigt, dass das problemlos geht.
    Und: ist das nicht auch die Brutstätte des Rechsradikalismus und der Verschwörung, wie eine Ansammlungen der Ultras inne hat?
    Die man nIcht kontrollieren kann?
    Egal, auf jedenfall muss sich das Problem mit dem Rauchen auf Hertha BSC beziehen. Wie anders könnte man es erklären, dass das Artikelbild, neben den vielen anderen Fußballverein in Berlin, qualmende Hertha-Fans zeigt.

  3. 31.

    Und was machen Sie bei Auswärtsspielen, bei denen Sie nicht rauchen dürfen? Und bei der EM usw….? Der Nichtraucher belästigt niemanden, der Raucher schon. Aber Süchtige sind eben krank, da hilft nichts, Sie tun mir leid.

  4. 30.

    Der Verein "Pro Rauchfrei" behauptet also, dass sich viele Fußballfans an ihn wenden und das Rauchen beklagen und fordert nun ein generelles Rauchverbot in allen Stadien. Dazu würden mich doch mal die Zahlen interessieren, die dbzgl. zu Buche schlagen.

    Ich bin durchaus dafür, das Rauchen in ausgewiesenen Familienblocks zu untersagen, halte aber ein generelles Verbot für eine überregulierte Erziehungsmaßnahme, die einer Denke entspringt, die es den Menschen nicht mehr zutraut, untereinander Kompromisse auszuhandeln.

    Mich befremden solche Forderungen, die das Stadionerlebnis, als eines der letzten Horte der auch mal urigen ungezügelten Emotionalität, in eine antiseptische Klatschveranstaltung überführen wollen. Das Statement des FCU zum Thema gefällt mir sehr gut, da es sich an den Fanbelangen und nicht an etwas von aussen Herangetragenem orientiert.

  5. 29.

    Verbote haben nichts mit Rücksichtnahme zu tun.
    Und ich gehöre zu den Menschen die es nicht toll finden in einer Zigarettenwolke zu sitzen oder Leute im ÖPNV zu haben die telefonieren oder im Park Musik anhaben… aber der Unterschied ist… ich kann sowas tolerieren, vor allem weil es mich nicht 24/7 betrifft.
    Nur hier scheint sich jeder für den Nabel der Welt zu halten… und jeder hat gefälligst auf jede noch so abstruse Befindlichkeit Rücksicht zu nehmen.

  6. 28.

    "Rauchen stinkt zudem auch noch". Kommen Sie nach Kreuzberg. Hier stinkt es an jeder Ecke nach Gras. Keinen interessiert es. Bei uns im Haus kiffen mindestens 40% der Nachbarn. Immer und überall Gestank. Nein, im vorliegenden Fall giert mal wieder irgendein Verein nach Aufmerksamkeit. Lächerlich.

  7. 27.

    Die übliche Diskussion zwischen Nichtrauchern und Suchtkranken. Die Entwicklung geht eh in ein grundsätzliches Rauchverbot. Andere Länder sind schon weiter. Einfach abwarten.

  8. 26.

    Wie haltet Ihr das bloß bei Stadien aus, in denen Rauchverbot besteht? Oder fahrt Ihr da nicht hin?

  9. 25.

    In der Allianz Arena schon seit 2018 verboten. Gäste kommen trotzdem. Man kann ja wohl mal auf die Kippe verzichten.

  10. 24.

    "Auch die als Komfort für die Besucher konzipierte Überdachung der Zuschauerränge würde sich hier als negativ erweisen. Der Rauch könne dadurch weniger nach oben abziehen, sondern werde sogar wieder nach unten gedrückt."
    Bei allem Ernst bezüglich des Themas - hier muss ich fast schon lachen. In welcher Höhe liegt denn die Überdachung? Einmeterfuffzig? Und wieviel Rauch wabert darunter herum? Das muss ja Fabrikschlot-Ausmaße haben!
    Es wäre schön, wenn man die Kirche im Dorf bzw. die Hysterie mal außen vor lassen könnte.

  11. 23.

    Alles schon mal durchdiskutiert. Verweis auf die USA. Das ist auch in Freizeitparks und Stadien das Rauchen im Freien verboten und kein Mensch denkt mehr darüber nach. Das hat einfach was mit Rücksichtnahme zu tun. Rauchen stinkt zudem auch noch. Ich wünsche Ihnen mal Spaß, wenn Sie in der Qualmwolke sitzen. Alles ausdiskutiert. Der Stadionbetreiber entscheidet. Und wenn die Briten es akzeptieren, sollte es der Deutsche auch können.

  12. 22.

    Draußen im Freien…
    Haben sie denn mal einen Beleg dafür wieviel Lebenszeit den Nichtsrauchern verloren geht dadurch das sie sich im Freien in freier Entscheidung dem Zigarettenrauch aussetzen ?
    „ Weltweit ließen sich laut WHO nahezu 80% der Todesfälle im Zusammenhang mit PM vermeiden, wenn die derzeitige Belastung auf die in den WHO-Luftgüteleitlinien vorgeschlagenen Werte gesenkt würde.“
    Da geht es nicht um Zigarettenrauch.

  13. 20.

    „ Die Freiheit des einen endet bekanntlich da, wo sie die des anderen einschränkt“
    Ein Verbot ist dann was ?

  14. 19.

    Bin auch Nichtraucher, aber Genussmensch. Es sind eh meistens die ehemaligen Raucher, die am lautesten schreien. Und vor allem, was wird denn als nächstes bemängelt? Die Bratwurst? Das Bier? Ganz üble Aussichten. Leben und leben lassen ist mittlerweile völlig aus der Mode gekommen. Schade. Glück Auf!

  15. 18.

    Der Satz mit der Freiheit gilt für alle, nicht nur für Nichtraucher. Cannabis sind auch Drogen, wurden gerade frei gegeben, nur mal so.

  16. 17.

    Na wenigstens ist das Rauchen auf dem Spielfeld überall nicht gestattet. Hoffe ich zumindest ;-))

  17. 16.

    DU nicht, ich schon.
    Und meiner Meinung nach, habe ich recht!

  18. 15.

    wer bitteschön zwingt denn anderen seine Lebensart auf? Wohl kaum die Nichtraucher, die nahezu überall, selbst wo es längst verboten ist (Bahnhöfe, Clubs) von Egoisten die nicht bereit sind einen Milimeter Rücksicht zu nehmen, zugequalmt werden. Zigaretten sind Drogen, ungesund auch für andere die den Rauch abbekommen und auch der Qualm stinkt meterweit sehr stark. Das sollten diejenigen sich mal vor Augen halten, die hier so auf angebliche Selbstentfaltung pochen. Die Freiheit des einen endet bekanntlich da, wo sie die des anderen einschränkt. Und was wiegt wohl schwerer in der Wagschale?

  19. 14.

    Achja die gesundheitlichen Auswirkungen durch Passivrauchen im einem Stadion….
    Gibt es denn schon eine Untersuchung … Stadionbesucher/Nicht-Stadionbesucher… Verkürzung der Lebenszeit durch Passivrauchen ?
    Ich denke wohl nicht…. Denn die 2/3 Stunden alle 2 Wochen (und nicht bei jedem Spiel ist das Stadion ausverkauft) dürften sich wohl nicht auswirken.
    Ich würde sofort anfangen Rücksicht zu nehmen, sobald ich einmal erlebe das ein Nichtraucher z.B. sagt heute ist es draußen sau kalt und es regnet …. Da darf man auch mal eine Zigarette drinnen rauchen.
    Schön ist auch … das ungesunde Passivrauchen muss vermieden werden immer und überall und dafür trinkt man dann erst einmal einen kräftigen Schluck gesunden Alkohol.
    Für mich unterm Strich… man schießt wieder mit Kanonen auf Spatzen und sieht Gefahren die nicht existieren.

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