Rechtsextreme Vorfälle an Schule - Netzwerk hofft nach Brandbrief in Burg auf stärkere Unterstützung vom Land
Vor acht Wochen wandten sich zwei Burger Lehrer mit einem Brandbrief an die Öffentlichkeit. Sie berichteten von rechtsextremen Vorfällen und von mangelnder Unterstützung der Opfer. Wie ist die Situation heute? Von Sebastian Schiller
Laura Nickel und Max Teske wirken entspannt. Kurz nach dem Ende des Schultages sitzen sie auf dem Festplatz in Burg (Spree-Neiße). Acht Wochen ist es her, dass beide die Vorfälle an der Oberschule in Burg öffentlich gemacht haben.
In einem Brandbrief hatten die Lehrer, damals noch anonym, davon berichtet, dass rechtsextremes Gedankengut an ihrer Schule normal sei. Schüler würden den Hitlergruß zeigen, Tische seien mit Hakenkreuzen beschmiert. Schüler, die extreme Ansichten nicht teilen, fürchteten um ihre Sicherheit. Auch Schüler hatten diese Vorfälle in einem eigenen Brief geschildert.
Acht Wochen nach dem Brief hat sich die Lage an der Schule zwar verändert - aber nicht entscheidend verbessert, sagen sie jetzt.
Fehlendes Problembewusstsein bei einigen Lehrern
Nicht alle Lehrer finden die Vorfälle überhaupt problematisch, sagt Max Teske. "Nach wie vor gibt es eine Lagerbildung. Man merkt, dass bei vielen Schülern die Luft raus ist bei dem Thema. Aber dass es ein Umdenken in der Lehrerschaft gibt, ist nicht zu sehen. Es ist eher eine Verschärfung, ob man dafür ist oder dagegen", sagt Teske.
Aufmerksamkeit haben Teske und Nickel in jedem Fall erzielt. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, hatte die Lehrer ins Kanzleramt zu einem Gespräch eingeladen. "Es war ein sehr offenes, produktives Gespräch", sagt Laura Nickel. Schneider habe sich sehr interessiert gezeigt und sei gut informiert gewesen. Auch das Bundesfamilienministerium habe sich gemeldet und mit den Lehrern gesprochen. Bundespräsident Steinmeier verurteilte die Vorfälle.
Die Vorfälle waren auch bei einer Kreistagssitzung thematisiert worden. Gleichzeitig versuchten andere Akteure Kapital aus der Situation zu schlagen. Eine rechtsextreme Kleinstpartei hatte unmittelbar vor der Schule versucht, Schüler und Eltern für sich zu gewinnen. Die Gemeinde hatte das daraufhin untersagt.
Kritik an Landesregierung
Von der Landesregierung hingegen kam zu wenig. Das sagen nicht nur die beiden Lehrkräfte aus Burg, sondern zahlreiche weitere in ganz Südbrandenburg. Im Netzwerk "Mehr Demokratie an Schulen" haben sie sich nach Bekanntwerden der Vorfälle zusammengeschlossen - gemeinsam mit Schülern, Eltern, Sozialarbeitern und anderen Vertretern der Zivilgesellschaft. Das Netzwerk will Rechtsextremismus, Homophobie und Sexismus an Schulen etwas entgegensetzen.
Es fehle an klaren Zusagen aus der Politik, abseits warmer Worte, sagt beispielsweise der Spremberger Pfarrer und Mitinitiator des Netzwerks Lukas Pelio. "Es ist ein bisschen irritierend, dass man feststellen muss, je weiter die Menschen räumlich und in der Verantwortung weg sind, desto stärker ist die Unterstützung. Ganz vor Ort könnte es deutlich mehr sein", so Pelio. Aber: "Wir leben gerne hier und engagieren uns gerade deswegen."
Schulfest mit Workshops geplant
Kurz nach Gründung des Netzwerks hatte es zu einer ersten Demonstration aufgerufen. Vor dem Cottbuser Schulamt kamen etwa 150 Menschen zusammen. Erstmals hatten auch Nickel und Teske bei der Demo öffentlich Gesicht gezeigt.
Nun trauen sie sich mehr. Für die kommende Woche haben engagierte Lehrkräfte ein Schulfest organisiert. "Da werden sich viele verschiedene Religionen vorstellen, werden mit den Schülerinnen ins Gespräch kommen, es wird verschiedene Workshops geben", so Teske.
Es bleibt die Hoffnung, dass durch die öffentliche Wahrnehmung des Problems und durch solche Aktionen Schüler wieder von extremistischen Ideologien gelöst werden können. "Wir hoffen, dass das den Schülern lange im Gedächtnis bleiben wird", sagt Max Teske.
Sendung: Antenne Brandenburg, 23.06.2023, 10:30 Uhr