Nach Fehlern im ersten Prozess - Frankfurter Landgericht verurteilt Kinder-Fußballtrainer erneut wegen sexuellen Missbrauchs

Fr 16.12.22 | 17:21 Uhr
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Landgericht in Frankfurt (Oder)
Audio: Antenne Brandenburg | 16.12.2022 | Dorett Kirmse und Sarah Schiwy | Bild: Tony Schönberg/rbb

Im Januar verurteilte das Landgericht Frankfurt (Oder) einen Trainer für Nachwuchsfußballer, weil er mehrere Kinder missbraucht hatte. Trotz Geständnis ging der Seelower in Revision. Kritikpunkt waren die Folgen für die Opfer.

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat am Freitag einen 26 Jahre alten, ehemaligen Fußballtrainer aus Seelow (Märkisch-Oderland) wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Das berichten Reporter des rbb. Es war bereits das zweite Verfahren in der Sache.

Revision nach Verfahrensfehlern

Zwischen Oktober 2020 und Februar 2021 hat der Angeklagte mehrere Male Jungen und Mädchen, die er als Fußballtrainer betreute, sexuell missbraucht. In einem ersten Prozess Anfang dieses Jahres hatte der Mann die Taten umfassend gestanden. Das Frankfurter Landgericht verurteilte ihn daraufhin zu einer viereinhalbjährigen Haftstrafe.

Dagegen legte der 26-Jährige Revision ein. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste daraufhin prüfen, ob das Verfahren eventuell fehlerhaft war. Der BGH bemängelte zwar nicht den Schuldspruch und die Höhe der Strafe. Jedoch wurde beanstandet, dass die Richter im ersten Verfahren zur Einschätzung gekommen sind, dass die Opfer des sexuellen Missbrauchs - ein damals 13 Jahre alter Junge und ein damals 13 Jahre altes Mädchen - schwere psychische Schäden davongetragen haben, sodass sie sich eventuell später noch einmal in therapeutische Behandlung begeben müssen. Das ist aus Sicht des BGH reine Spekulation. Das Urteil wurde deshalb aufgehoben und an eine andere Kammer des Frankfurter Landgerichts verwiesen.

Opfer muss erneut aussagen

In der Verhandlung am Freitag ging es jetzt vorwiegend noch einmal darum, wie es den Opfern mittlerweile geht, heißt es von Prozessbeobachtern. Dazu mussten beide auch noch einmal aussagen. Der heute 16 Jahre alte Junge schilderte, dass die Taten sein Leben verändert hätten. Er habe seinen Fußballtrainer damals als eine Art Vaterfigur betrachtet, könne heute jedoch kein Vertrauen mehr zu Männern fassen. Mit seinen Angehörigen habe er nie über den Missbrauch gesprochen, schilderte die ältere Schwester des Jugendlichen. Die Vorfälle hätten ihren Bruder verändert und er hätte sich zunehmend zurückgezogen. Aufgedeckt wurden die Taten dadurch, dass der damals 13-Jährige sich ohne Kenntnis der Eltern selbst an die Polizei gewandt und den Fußballtrainer dort angezeigt hatte.

Am Ende des Prozesstages bestätigte das Gericht die Haftstrafe von viereinhalb Jahren. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Auch dieses Mal können alle Prozessbeteiligten dagegen Revision einlegen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 16.12.2022, 16:10 Uhr

4 Kommentare

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  1. 4.

    Der BGH hat schon Recht. Niemand kann sagen, ob es Spätfolgen gibt, welche genau wann eintreten werden.

    Es ist nicht zulässig, jemandem im Konjunktiv zu bestrafen.

    Ich urteile als Richter selbst oft über solche Fälle. Daher kann ich sagen, dass das Urteil angemessen ist.

    Ob Spätfolgen eintreten, kann niemand sagen. Ebenso nicht, welche Spätfolgen wann kommen werden.

    Wir Richter sind keine Hellseher.

  2. 3.

    Die Kollegen haben ein ausgewogenes Urteil gesprochen. Gott sei Dank kommt es bei der Urteilsfindung nur auf Fakten und nicht die Stammtischparolen der Bevölkerung an. Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten ist die deutsche Rechtsprechung auf diesem Gebiet sehr hart

  3. 2.

    Kann ich beim besten Willen auch nicht nachvollziehen. Diese rein juristische Beurteilung ist in der Realität vollkommen abwegig. Natürlich hat ein Missbrauchsopfer lebenslange psychische Schäden daraus zu erwarten, um so schlimmer und gravierender bei Kindern. Dies in Abrede zu stellen, ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer.
    Mindestens genauso mies finde ich den Einspruch des Täters. Wie niederträchtig muss man sein, nicht mal zu seinen Taten zu stehen. Reue sieht für mich anders aus.

  4. 1.

    Die Verfahrensweise des BGH kann ich nicht nachvollziehen. Wenn Kinder sexuell missbraucht wurden, hinterlässt das lebenslang psychische Folgen. Ich bin fassungslos

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