Grenzübergang Frankfurt (Oder) - Swiecko - Faeser will Einsatz von Bundespolizei an Grenze zu Polen verstärken
Deutsche und polnische Behörden sollen bei Grenzkontrolle stärker zusammenarbeiten. Das kündigte die Bundesinnenministerin an. Festen Grenzkontrollen erteilte sie erneut eine Absage. Dennoch ist Brandenburgs Ministerpräsident Woidke erstmal zufrieden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bleibt bei ihrem "Nein" zu fest stationierten Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze. Dort sollen künftig aber generell mehr Polizisten im Einsatz sein, kündigte die Ministerin an. Auch an der Grenze zu Tschechien habe man es in den vergangenen Monaten ohne stationäre Grenzkontrollen geschafft, die sehr hohen Migrationszahlen zu senken. Dafür seien dort die Kräfte verstärkt worden. Das plane man nun auch an der Grenze zu Polen, sagte Faeser am Dienstag beim Besuch eines Zentrums der Deutsch-Polnischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Swiecko (Polen).
Mehr Bundespolizisten im Einsatz
Konkret sprach Faeser von einem zusätzlichen personellen Aufwand von "mehreren Hundertschaften" der Bundespolizei. Dieser Schritt helfe mehr als stationäre Grenzkontrollen. Außerdem solle die Schleierfahndung, die verdachts- und anlassunabhängige Personenkontrollen, an der Grenze intensiviert werden. Die engen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen im alltäglichen Leben würden durch solche Kontrollen "massiv gestört", sagte Faeser. Zudem seien die wirtschaftlichen Verflechtungen viel enger als beispielsweise an der Grenze zu Österreich, wo bereits seit langem stationäre Grenzkontrollen durchgeführt werden.
Faeser spricht von gesteuertem Migrationsdruck
Zudem sollen die deutschen und polnischen Behörden bei der Kontrolle der gemeinsamen Grenze enger zusammenarbeiten, so Faeser in Swiecko. Dabei gehe es um Kontrollen im Auto-, Flug- und Bahnverkehr. Ob und gegebenenfalls welche konkreten Maßnahmen damit gemeint sind, ließ sie jedoch offen. Die Bundesinnenministerin hatte sich in Swiecko auch zu Gesprächen mit dem stellvertretenden polnischen Innenminister Bartosz Grodecki getroffen.
Grodecki betonte, wichtiger als Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Polen, also innerhalb des Schengen-Raums, sei die Sicherung der EU-Außengrenze. Russland und Belarus würden gezielt Migration in Richtung Polen steuern, so Grodecki. Auch Nancy Faeser sprach von gesteuertem Migrationsdruck.
Woidke erst einmal zufrieden
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bewertete die Ankündigung für mehr Polizei an der deutsch-polnischen Grenze als ersten richtigen Schritt. Er sei erstmal zufrieden mit der deutlichen Verstärkung der Bundespolizei an der polnischen Grenze, sagte Woidke am Dienstagabend in Potsdam.
Es gehe darum, illegale Migration und Schleuserkriminalität zu bekämpfen. "Wie sich die Situation entwickelt, wird darüber entscheiden, welche Maßnahmen der Bund weiter ergreifen muss", sagte Woidke. Wenn sich die Lage weiter zuspitze, müsse es weitere Schritte geben.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) forderte mit Blick auf die nächste Ministerpräsidentenkonferenz im Juni, der Bund solle noch einmal genauer darüber nachdenken, wie er die Länder in der Flüchtlingspolitik stärker unterstützen könne. Zur Frage der Grenzkontrollen sagte er bei seinem Antrittsbesuch in der Potsdamer Staatskanzlei, Brandenburg habe da seine Unterstützung.
Es hatte Streit zwischen Brandenburg und Bundesinnenministerin Faeser wegen der Frage der Grenzkontrollen gegeben. Vor allem der CDU-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag, Jan Redmann, und Innenminister Michael Stübgen (CDU) forderten feste Grenzkontrollen.
Redmann unterstützt Vorstoß von Kretschmer
Redmann forderte Faeser am Dienstag erneut auf, feste Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze einzuführen. "Die Lage hat sich zugespitzt", sagte er in Potsdam. Davor dürfe die Bundesinnenministerin "nicht die Augen verschließen". Zudem solle Faeser der Kompetenz der Bundespolizei vertrauen, die Grenzkontrollen so durchführen könnte, dass es keine Staus gebe, meinte Redmann. Den Weg, die Schleierfahndung zu verstärken, bezeichnete Redmann als völlig unzureichend.
Nach seinen Angaben sind zuletzt binnen 24 Stunden an der Grenze zwischen Brandenburg und Polen 122 Menschen irregulär eingereist. Im Februar seien diese Zahlen noch weit geringer gewesen.
Gleichzeitig unterstützte Redmann einen Vorstoß des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) zur Asylpolitik. Es gehe etwa um die Frage, welche Anreize Deutschland setze, damit Menschen ins Land kommen wollten, sagte Redmann mit Bezug auf finanzielle Leistungen. Auch die Anerkennungsquote bei Asylanträgen sei zuletzt in Deutschland gestiegen, weil Anträge nicht kritisch und genau genug geprüft würden.
Sachsens Regierungschef Kretschmer hatte ein entschlossenes Handeln in der Asylpolitik verlangt. Aus seiner Sicht soll auch über die Höhe von Sozialleistungen für Flüchtlinge gesprochen werden. Kretschmer brachte eine Änderung des Grundgesetzes ins Spiel, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Er bekräftige seine Forderung, eine Kommission mit Vertretern aller politischen und gesellschaftlichen Gruppen einzusetzen.
Brandenburg und Sachsen pochen weiterhin auf stationären Grenzkontrollen
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) fand deutlich Worte für die bisherige Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. "Keine asylpolitische Maßnahme der Bundesregierung wirkt und der Druck nimmt zu", sagte er bei dem Besuch in Swiecko. Grenzkontrollen wären die am schnellsten einzurichtende und auch am schnellsten wieder abbaubare Maßnahme. Zudem seien auch keine "Vollkontrollen" geplant, machte er deutlich.
Der Staatssekretär des brandenburgischen Innenministeriums, Markus Grünewald, bezeichnete die Situation an der Grenze zu Polen schon jetzt als dramatisch. Rechne man die Zahl der bisherigen illegalen Einwanderung in Brandenburg bis Jahresende hoch, komme man auf über 10.000 zu erwartende Fälle. Auch er hält Grenzkontrollen für nötig.
CDU-Bundestagsfraktion spricht von "unverantwortlichem" Handeln Faesers
Aus Sicht der Unionsfraktion im Bundestag handelt Ministerin Faeser zu zögerlich. "Mit Presseterminen wird Frau Faeser die schwerste Migrationskrise seit Jahren aber nicht in den Griff bekommen", sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Alexander Throm. Die russische Führung nutze irreguläre Migration als gezieltes Mittel zur Destabilisierung Deutschlands. Daher habe sich der Schwerpunkt der unerlaubten Einreisen an die polnische Grenze verschoben. Vor diesem Hintergrund sei es "unverantwortlich", dass die Innenministerin keine Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien anordne, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete.
Seit Jahresbeginn hat Polens Grenzschutz mehr als 10.000 versuchter irregulärer Grenzüberquerungen an der Grenze zu Belarus gezählt. Dies gab der Sprecher des Koordinators der polnischen Geheimdienste, Stanislaw Zaryn, kürzlich bekannt. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2022 wurden 15.700 solcher Versuche registriert. Polen hatte die Landabschnitte der Grenze im vergangenen Sommer mit einem 5,5 Meter hohen Zaun befestigt. Allein am Montag registrierten Polens Grenzer 67 versuchte irreguläre Grenzüberquerungen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 30.05.2023, 19:30Uhr