Stübgen hat "kein Verständnis" - Bundesinnenministerin lehnt verschärfte Grenzkontrollen an EU-Binnengrenzen ab

Di 23.05.23 | 20:36 Uhr
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Archivbild: Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, gibt nach der Unterzeichnung eines Deutsch-Schweizerischen Polizeiabkommens eine Pressekonferenz. (Quelle: dpa/K. Nietfeld)
Video: rbb|24 | 23.05.2023 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: dpa/K. Nietfeld

Brandenburgs Innenminister Stübgen fordert angesichts verstärkter Migration stationäre Kontrollen an der Grenze zu Polen. Bundesinnenministerin Faeser lehnt dies ab. Locker lassen will Stübgen trotzdem nicht.

Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lehnt die Verschärfung von Grenzkontrollen an EU-Binnengrenzen ab. Diese waren gefordert worden, um illegale Einreisen einzudämmen. Grenzkontrollen seien derzeit "nicht Gegenstand hiesiger Überlegungen", so Faeser in einem Schreiben an Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) und Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU), das auch dem rbb vorliegt.

Damit erteilt sie jüngsten Forderungen der beiden Innenminister eine Absage, die sich für stationäre Kontrollen ausgesprochen hatten – ähnlich wie auch an der deutsch-österreichischen Grenze. "Die vorübergehende Einführung von Binnengrenzkontrollen setzt eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit voraus", begründet sie. Solche Kontrollen seien dabei stets "Ultima Ratio".

Das Migrationsgeschehen an der deutsch-polnischen Grenze sei "bislang schwankend" und läge erst seit Ende Februar dieses Jahres über jenem an der Landesgrenze zu Österreich, so Faeser weiter. Die Feststellungen unerlaubter Einreisen an der deutsch-tschechischen Landesgrenze seien seit einem Höchststand im September 2022 "stark rückläufig". Man vermute, dass nicht die deutsch-polnische Grenze, sondern die Grenze zu Österreich Schwerpunkt illegaler Einreisen bleibe.

Stübgen: Russland schleust gezielt Menschen ein

Brandenburgs Innenminister Stübgen kündigte an, an seinen Forderungen festzuhalten. "Ich habe kein Verständnis, dass die Bundesinnenministerin diese Lage an der Grenze zu Polen nicht gegeben sieht." Viele Eingereiste würden gezielt von Russland eingeschleust, um das Land zu destabilisieren. Bliebe es bei den aktuellen Zugangszahlen, müsse man bis Jahresende in Brandenburg mit mehr als 10.000 illegalen Einreisen rechnen, so Stübgen. "Über Zuspruch für Populisten und Scharfmacher, die unsere Gesellschaft spalten wollen, braucht man sich dann nicht weiter wundern. Ich bin nicht bereit, das hinzunehmen." Das letzte Wort sei in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen.

Ähnlich äußerte sich Brandenburgs CDU-Landeschef und Fraktionsvorsitzender Jan Redmann. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Bundespolizei gegenwärtig zu einem "uniformierten Begrüßungskomitee" gemacht werde, "weil sie nichts weiter tun dürfen, als die, die über die Grenze kommen, nach Eisenhüttenstadt zu fahren", sagte Redmann. In Eisenhüttenstadt befindet sich die Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete.

Bundespolizei-Gewerkschaft: "Kontrolle komplett verloren"

Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Bundespolizei, Heiko Teggatz, kritisierte die Innenministerin auf einer Pressekonferenz der CDU-Landtagsfraktion in Potsdam. Die Gewerkschaft hatte sich Forderungen nach mehr stationären Kontrollen angeschlossen. Optimal wäre eine Kombination mit der bereits eingesetzten Schleierfahndung. "Wir haben die Kontrolle komplett verloren darüber, die Dunkelziffer ist unglaublich hoch."

"Ich stoße da regelmäßig auf taube Ohren, entweder weil man es nicht verstehen will oder fachlich nicht versteht", so Teggatz.

Innerhalb der brandenburgischen Landesregierung ist das Thema umstritten. Situationen wie während der Grenzschließungen in der Corona-Zeit mit langen Lkw-Staus, seien aktuell nicht zu rechtfertigen, entgegnen Grüne und SPD. "Wir wissen, dass auch die Menschen vor Ort genau diese offenen Grenzen schätzen und es im übrigen auch für die Wirtschaft vor Ort wichtig ist, dass Pendler:innen schnell von A nach B gelangen können", sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Petra Budke am Dienstag. "Lageabhängig mit Einvernehmen des Landes Brandenburg aber auch der anderen Seite Polen ist das für mich vorstellbar. Derzeit ist die Lage aber nicht geboten", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Daniel Keller. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) unterstützte zuletzt Stübgens Forderungen.

Deutschland kontrolliert seit Herbst 2015 in Bayern an der Grenze zu Österreich, nachdem sich Zehntausende Flüchtlinge und andere Migranten von Griechenland über die Balkan-Route auf den Weg nach Westeuropa gemacht hatten. Eigentlich aber gibt es im Schengen-Raum, dem 26 europäische Länder angehören, keine stationären Personenkontrollen an den Grenzen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 23.05.2023, 19:30 Uhr

59 Kommentare

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  1. 59.

    Nun hat Frau Bundesinnenminister schon das eine oder andere Mal ihre eigentümliche Fechtsauffassung aufgezeigt. Innenministerin Nancy Faeser übernimmt verleumderische Falsch-Behauptungen des ZDF-Clowns Böhmermann und entlässt den Leiter des Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Schönbohm. Nachdem Jan Böhmermann in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ behauptet hatte, Schönbohm habe zweifelhafte Rußland-Kontakte, setzte die SPD-Politikerin Deutschlands Cyberabwehr-Chef ab.
    Die Vorwürfe Böhmermanns, die sich Faeser ungeprüft zu eigen machte, ramponierten den Ruf des 53jährigen. Inzwischen hat das Faeser-Ministerium laut Business Insider an Schönbohms Anwalt geschrieben, die „eingehende Untersuchung der Sachverhalte“ habe zu dem „Ergebnis geführt, daß Disziplinarmaßnahmen nicht zu ergreifen sind“. Soviel zur Personalien Feaser.

  2. 58.

    Die Briten wollen das machen. (Asyantragl im Konsulat)
    Deutschland macht das aber nicht...

  3. 57.

    Stuss:
    "Stichproben oder Kontrollen zur Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität sind weiter möglich (Schengener Grenzkodex, Artikel 21)"
    bei Tagesschau.de nachzulesen

  4. 56.

    Wenn Sie den Kontext beachtet hätten, hätte sich Ihre Frage erübrigt.
    Es ging darum, dass dies ein politischer Vorschlag in diversen EU-Staaten ist.

  5. 55.

    Der Rubikon war und ist die Gewährung der doppelten Staatsbürgerschaft. Bei Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft und Abgabe der iranischen werden Sie in den Iran nicht mehr hineingelassen, weil die Abgabe der iranischen Staatsbürgerschaft als Verrat gilt.

    Genau dieser Umstand wurde im Populismus eines Herrn Roland Koch in Hessen 1999 übersehen, als eine PR-Kampagne gegen den Doppelpass vom Zaun gebrochen wurde, mit der bühnenreifen Abstimmung im Bundesrat. ;-

    Dass Schengen II im Grunde nicht funktionieren kann, darin sind wir uns einig, soweit Sie dies denn meinen.

  6. 53.

    Welches E.U. Land soll das denn angeblich sein, wo man Asyl angeblich in der Botschaft beantragen kann? Sowas gibt es nicht.

  7. 52.

    Wo haben Sie denn die Info her? Ich kenne selbst Exil-Iraner, die die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben und überhaupt keine Probleme haben, Verwandte im Iran zu besuchen, soweit sie sich nicht politisch aktiv gegen das Regime zeigen.
    Davon ab, existieren zwischen dem Iran und der EU mehrere Staaten, in denen im Iran Verfolgte erst mal sicher sind und in dortigen Botschaften problemlos Asyl beantragen könnten. Welche Aussicht auf Erfolg das hätte, ist ein anderes Thema. Aber keiner der aktuellen Krisenstaaten, aus welchen momentan der Großteil der Flüchtlinge nach Europa kommt, grenzt an die EU. Es ist daher sehr wohl diskutabel, ob das bisherige System so wirklich funktioniert. Viele EU-Staaten verneinen das inzwischen. Darüber darf also zumindest diskutiert werden.

  8. 51.

    Sie zäumen das Pferd vom falschen Ende auf, es muss ja nicht immer Deutschland oder die EU das Ziel sein. Es gibt auch andere Länder die als sicher gelten und die auch im Iran eine Vertretung haben.

    Danke

  9. 50.

    "Asyl kann im Heimatland bei der Botschaft oder dem Konsulat beantragt werden, dazu muss niemand illegal in die EU einreisen."

    Beantragen Sie im Iran mal Asyl - wo der Iran den Bürgern, die hier die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen haben und die iranische abzugeben hätte, die Einreise verweigert, weil das als Hochverrat gewertet wird. Deshalb gibt es ja überhaupt den Grundgedanken der doppelten Staatsbürgerschaft, bei Wohn- und Länderwechsel familiäre Beziehungen aufrechtzuerhalten, anstatt sie abrupt abbrechen zu müssen.

  10. 49.

    "So wird die EU keine Zukunft haben."

    Wenn sich erweist, dass die Idee von Conrad Schuman und der anfängliche Geist der EU nahezu erloschen ist, kann die EU in der Tat aufgelöst werden. Als zweckgebundene Vorteils- und Abwehrgemeinschaft hat und hätte sie keine Substanz mehr.

    (Wäre ja nicht der erste organisatorische Zusammenschluss, den irgendwann "das Zeitliche segnet.")

  11. 48.

    Immer herrein spaziert so sieht es die Bundesregierung sowie die EU.
    Die Bevölkerung wird aber nicht gefragt wie die es sieht.

  12. 47.

    war es sooo schlimm, dass man früher bei Grenzkontrollen mal seinen Reisepass vorzeigen musste?
    Bezüglich der illegal Eingereisten: ja, die haben sich schon vorher illegal in Polen, Tschechien, Österreich und anderen EU-Ländern aufgehalten. Aber da diese anderen Länder wissen, daß die schon dort illegal Eingereisten meist weiter wollen ins gelobte Deutschland, ist denen das doch egal ...

  13. 46.

    Die Brandmauern existieren ohnehin nur, wenn es zur Durchsetzung der eigenen Meinung entgegen drohender Mehrheiten geht. Wenn die Meinung mal zufällig übereinstimmt, ändert sich die Argumentation in "Waren auf deren Unterstützung gar nicht angewiesen!".
    Davon ab, bin ich in diesem Fall sogar mal bei Frau Faeser. Die Binnenkontrollen sind sinnlos und beschäftigen nur die Polizei. Falls jemand abgewiesen wird, versucht er es einfach so lange wieder, bis es klappt. In aller Regel wird aber nicht mal zurückgewiesen sondern die Migranten zur nächsten Erstaufnahme gebracht. Da wären die auch so gelandet und die Polizei muss nicht Taxi spielen sondern kann sich lieber ihren originären Aufgaben widmen.

  14. 45.

    Warum Frau Faeser den inneren Frieden, der inneren Sicherheit und den Sozialstaat boshaft entgegen tritt, ist mir ein Rätsel.

  15. 44.

    Ich bin froh, dass es keine Grenzkontrollen mehr gibt und ich will nicht zurück in das letzte Jahrhundert!

    Bezüglich der illegalen Einreisen würde ich mir etwas mehr konkrete Angaben wünschen. Die Einreise müsste doch schon bei Einreise in den Schengen-Raum illegal gewesen sein, diese Menschen würden sich also bereits illegal in Polen, Tschechien oder Österreich aufhalten?

  16. 43.

    Asyl kann im Heimatland bei der Botschaft oder dem Konsulat beantragt werden, dazu muss niemand illegal in die EU einreisen.

    Die, die illegal in die EU einreisen sind weder Flüchtlinge noch Asylberechtigt, es sind Wirtschaftsmigranten ohne Bleibeperspektive, diese darf man erst garnicht in die EU einreisen lassen und erstreckt nicht wenn sie keine Papiere haben.

    Da diese sogenannte Innenministerin das mit aller Kraft verhindert und dadurch bestehende Gesetze bricht, sind alle illegal einreisenden Wirtschaftsmigranten bei ihr im Vorgarten einzuquartieren und von ihr persönlich zu versorgen.

    Wenn alle Ausreisepflichtige endlich mal abgeschoben würden, gäbe es keinen Streit um die Finanzierung und es wöllte auch keiner die Rentner aus ihren Wohnungen vertreiben.

    Danke

  17. 42.

    Es gibt eine bestimmte Oppositionspartei, mit der es auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene keinerlei Übereinstimmung geben darf, zu der alle anderen Parteien Brandmauern errichtet haben, die keinesfalls eingerissen werden dürfen.
    Mal angenommen, diese Partei würde (entgegen ihrer tatsächlichen Meinung zu Kontrollen an EU-Binnengrenzen) öffentlich und medienwirksam erklären, daß sie voll und ganz die Linie von Innenministerin Faeser unterstützt, also ebenfalls gegen strengere Grenzkontrollen ist. Dann müßte doch Frau Faeser ihre Haltung zu diesem Thema sofort und vollständig ändern, denn die Brandmauer zu dieser Oppositionspartei darf doch auf keinen Fall auch nur etwas bröckeln! Eine solche Oppositions-Politik hätte zwar nichts mit Wahrheit und Ehrlichkeit zu tun, aber diese Tugenden sind ja auch bei anderen Parteien längst auf der Strecke geblieben!

  18. 41.

    Muss es erst zum Bürgerkrieg kommen?

  19. 40.

    Immer herein spaziert! Alle. Frauen und Kinder seltener, Fachkräfte irgendwie dazwischen. Männer, es kommen Männer. Immer mehr. Jeder erzählt seine Geschichte. Wohin mit all den Leuten, die ununterbrochen herein strömen, welche Perspektiven erwarten diese. Welche Massen an geschultem Personal kümmern sich um die Eingewanderten .... viele Fragen.

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