Hohe Betriebskosten und Onlinekonkurrenz - Immer mehr Apotheken auf dem Land und in Kleinstädten schließen

Sa 17.08.24 | 08:49 Uhr
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Die nun geschlossene Apotheke Westend in Eberswalde. Bild: rbb
Audio: rbb24 Inforadio | 16.08.2024 | Georg-Stefan Russew | Bild: rbb

In Eberswalde ist wieder eine Apotheke geschlossen worden. Neben Nachwuchsmangel und den hohen Betriebskosten, ist die Online-Konkurrenz stärker geworden. Das Apothekensterben beunruhigt auch die Mediziner.

Die Westend-Apotheke in der Nähe des Eberswalder Bahnhofs ist seit Ende Juli geschlossen. Das ist kein Einzelfall, sondern Teil eines Trends: In Eberswalde (Barnim) wurden in den vergangenen Jahren fast die Hälfte der Apotheken dicht gemacht. In ganz Brandenburg gaben nach Angaben der Landesapothekerkammer zwischen 2013 und 2023 insgesamt 36 Apotheken auf, elf davon allein im vergangenen Jahr. Bundesweit waren es im gleichen Zeitraum 3.000.

Lars Koeppe musste seine Apotheke am Eberswalder Bahnhof schließen, weil ihm betriebswirtschaftlich kein anderer Weg übriggeblieben sei, sagte er dem rbb. Im Schnitt seien täglich bis zu 150 Kunden in die kleine Westend-Apotheke gekommen, was nicht viel sei, jedoch genug. Aber als sein Filialleiter kündigte, musste er schließen, weil es an Fachpersonal fehle. "Das ist ein sehr trauriges Gefühl, wenn man 20 Jahre die Apotheke geleitet hat", sagt der Apotheker.

Apotheker: Die Marge ist kleiner geworden

Es gab in Eberswalde ursprünglich zwölf Apotheken, wie Koeppe sagte. Nun sind es sieben. "Der Hintergrund ist, dass die Vergütung für Arzneimittel in Deutschland seit 2013 nicht mehr angehoben wurde, die Kosten aber für Apotheken im Allgemeinen um 50 bis 60 Prozent gestiegen sind", meint der Apotheker. "Die Marge, die für Gehälter, Miete, Strom usw. zur Verfügung steht, wurde immer geringer."

Seine andere Apotheke im Brandenburgischen Viertel, fünf Kilometer von der geschlossenen Filiale entfernt, betreibe er weiter, auch weil er sie breiter aufgestellt habe. Unter anderem versorgt er von dort aus nach eigenen Angaben Pflegeeinrichtungen, bietet Sanitätsprodukte an und stellt spezielle Salben und Mixturen her.

So sieht die nun geschlossene Westend-Apotheke aus. Bild: rbbSo sieht die nun geschlossene Westend-Apotheke in Eberswalde aus. Bild: rbb

Starke Online-Konkurrenz wegen E-Rezept

Neben den hohen Kosten und dem Personalmangel haben die ländlichen Apotheken ein weiteres Problem bekommen: Seit der Einführung des Elektronischen Rezepts und der vereinfachten Online-Einreichung sei der Wettbewerb mit Anbietern aus dem Internet härter geworden, so Koeppe. Seit dem 1. Januar hat das sogenannte E-Rezept das rosafarbene Papier-Rezept abgelöst. Patienten erhalten verschreibungspflichtige Medikamente nur noch per E-Rezept und können es vor Ort in jeder Apotheke oder auch in einer Online-Apotheke einlösen. Dadurch sparen sich einige Menschen den Weg in die lokale Apotheke.

Allgemeinmedizinerin: Nicht jeder kann woanders hinfahren

Das Apothekensterben beunruhigt auch Eberswalder Mediziner. Vor allem im Notdienst mache sich ein gewisser Notstand bemerkbar, sagt die Allgemeinmedizinerin Yvonne Dashti dem rbb. Es komme vor, dass sie Bereitschaftsdienst am Wochenende habe und die einzige offene Apotheke in Bernau sei. "Nicht jeder kann dahinfahren. Da merkt man schon, was es eigentlich bedeutet, wenn es vor Ort keine Apotheke gibt", so die Ärztin aus Eberswalde.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will in der kommenden Woche ein Apotheken-Reformgesetz ins Kabinett einbringen – mit mehr Geld für ländliche Apotheken. Doch der Eberswalder Apotheker Lars Koeppe glaubt an keine Verbesserungen. "Mittlerweile bin ich es leid, was Herr Lauterbach von sich gibt", so Koeppe. "Er verspricht viel und dabei kommt nichts raus. Und dass die ländliche Apotheke gestärkt wird, sehe ich noch nicht."

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.08.2024, 13 Uhr

Mit Material von Georg-Stefan Russew

53 Kommentare

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  1. 53.

    Rollende Apotheken?
    Sind derzeitig gar nicht möglich! Seit Einführung des E-Rezeptes geht alles nur über das Internet. Allein die Infrastruktur in Deutschland bietet gerade im ländlichen Raum gar kein oder nur unzureichendes Internet. Ohne Internet ist auch eine Artikelverfügbarkeitsanfrage nicht möglich!!! Bei den massiven Lieferengpässen heutzutage ein Ding der Unmöglichkeit!
    Eine gut sortierte Apotheke hat ca. 10.000 VERSCHIEDENE Artikel auf Lager. Wie wollen Sie diese Masse in eine Gefährt bekommen, rein platzmäßig gesehen!?

    Außerdem sinken die Kosten dadurch absolut nicht!
    Bitte erst denken- dann posten!

  2. 52.

    Tja, dafür ist der Staat auch äußerst großzügig bei der Besteuerung von Reichen und Superreichen und subventioniert sogar Immobilienhaie mit exorbitanten Mietforderungen.
    Wohnungsgröße und Höhe der Miete sind übrigens bei BG-Empfängern begrenzt und Ihre sogenannten Mini-Rentner haben Anspruch auf ergänzende Grundsicherung im Alter bzw. Wohngeld ebenso wie Geringverdiener.
    Alle Sozialleistungen abschaffen und nur noch die oberen 10% pampern, deren Vermögen sws am stärksten steigt, dürfte Ihrem Sozialneid wohl entgegenkommen.

  3. 51.

    Das ist wirklich ein Riesenproblem: Für Bürgergeldempfänger zahlt der Staat einen Minimalsatz an die Krankenkassen, zahlt die komplette GEZ Gebühr, zahlt die Komplette Miete+ gewisse Nebenkosten und und und.
    Mindestlohn Empfänger/Geringverdiener, EM/BU Rentner, Rentner mit geringem Einkommen, usw. müssen diese Kosten selbst erbringen.
    Unser Staat, ist auf dem besten Wege dahin, nur noch für Leistungslosigkeit, sozial zu werden.
    Ab, 538 Euro Einkommen muß jeder Erwachsene, seine KK mit mindestens 160 Euro selbst bezahlen - beim Bürgergeld, übernimmt es die nette Gemeinschaft.
    Geringverdiener und Mini-Rentner sind oft, alt und nicht mehr gesund und müssen diese Beiträge stemmen - Bürgergeldempfänger sind sehr oft sehr jung.

  4. 50.

    Und wenn ein Privat-Medikament/Salbe/Tabletten zum Bsp. zu teuer ist, kann man gegebenenfalls auch drauf verzichten, oder sich Alternativen umschauen - das spart auch schon.
    Aber persönliche Gespräche/Beratung und Betreuung, komplett durch das Internet zu ersetzen, zerstört auch letztendlich unsere Städte unsere Kultur unsere Gesellschaft.
    Viele Apotheken bieten so einen umfangreichen Service: zum Beispiel, Kompressionsstrümpfe nach Maß anpassen und anfertigen und vieles mehr und Alles auch sehr schnell - Apotheken sind als Daseinsvorsorge so unendlich wichtig.

  5. 49.

    Irrtümer kommen vor: die Beiträge zur KK für Bürgergeldempfänger zahlt zusätzlich zum Bürgergeld komplett und ausschliesslich der Staat. Aber das auch nur als Minimalsatz von 110€. Zum Vergleich zahlen selbst Mindestlohnempfänger minimum 50€ mehr pro Monat an KK-Beiträgen von ihrem versteuerten Einkommen.

  6. 48.

    Beratung sieht auch mal so aus: der Apotheker versucht, mir ein anderes, als das verschriebene Medikament anzudrehen und ich muss ihm erklären, dass dieses Präparat nicht ausgetauscht werden darf! Das verschriebene ist nicht vorrätig, er kann es auch für mich nicht bestellen, weil meine Krankenkasse es angeblich nicht bezahlt. So viel Nerven habe ich nicht, Rezept eintüten, an die Internetapotheke, am nächsten Tag da.

  7. 47.

    Das Problem ist ja, dass es nicht nur um verschriebene Medikamente und Rezepte geht. Viele fragen mit ihren Symptomen erstmal in der Apotheke nach und bitten um Rat, wenn sie sich nicht viele Stunden lang in eine überfülte Praxis setzen wollen. Oder ein Arzt nicht gut erreichbar ist.

  8. 46.

    Antwort auf "Sabrina" vom Samstag, 17.08.2024 | 14:16 Uhr
    "Und es gibt auch die Möglichkeit, für kleinere Orte rollende Apotheken zu schaffen, also komplette Apotheken auf einem Auto." Gute Idee! Dann kann man Wetten abschließen, wann die ersten überfallen und ausgeraubt werden.
    Wer Medikamente verschrieben bekommt, braucht sie zeitnah und nicht erst nächsten Mittwoch, wenn die mobile Apotheke kommt und wahrscheinlich genau das Medikament nicht an Bord hat. Nach welchen Kriterien soll der Apo-Bus denn bestückt werden?

  9. 45.

    Da ich keinen Pkw besaß, kann ich die Parkmöglichkeiten nicht einschätzen, da diese nicht in meinem Fokus standen. Außerdem fand ich als Zugezogener in der "schönen, grünen Hochschulstadt"auch keinen Hausarzt. Also löste ich Rezepte, die ich anderswo erhielt, dort ein. Da ich ansonsten wenig in einer Apotheke "einkaufe", kann ich nur die tolle Beratung beurteilen. Ja, die Apotheke liegt/lag an der Hauptmagistrale der "schönen, grünen Hochschulstadt" Das ist auch ein bisschen örtlich bedingt würde ich sagen, aber Sie haben insofern Recht, dass sich die Straße echt "sehr" zieht. "unser leistungsfähiger O-Bus" ist von der Stadt her hochgelobt. Da ich in einer von mir selbst abgewarteten Frist keine Veränderungen zu vernünftigeren Lösungen feststellen konnte, zog ich als Bewohner halt andere Schlüsse. Damals war das noch möglich! Und wohl die Wahl der Wahl gewesen. Aber die Stadt ist grün, hat s.viele schöne Grünanlagen. Und man kann Rad fahren, sehr viel/weit/ange u. das tägl! Eig.ideal

  10. 44.

    Kosmetik ist nicht unnötig. Im Gegenteil, Apotheker wissen bei Hautproblemen was man davon nehmen kann. Diese wissen durch ihr Studium, welche Hauttypen, wie reagieren auf die verschiedenen Arten von Kosmetik.

  11. 43.

    Der ist gut… die Pflegeversicherung wurde 1995 eingeführt.
    Der KV Beitrag ist von 1990 von 12,8% auf jetzt 14,6% gestiegen.

  12. 42.

    Ich bin froh, meine Stammapotheke ganz in der Nähe zu haben. Gute Beratung, freundliches Gespräch. Allerdings verdient der Aporheker nicht viel an mir,da ich mit 70 Jahren immer noch gesund bin und sehr selten etwas verschrieben bekomme. Ich kaufe immer die Sonnencreme dort, sonstkäme ich da gar nicht hin.

  13. 41.

    Knapp 8000€ ist nicht gerade viel. Selbst 80.000-100.000€ nicht. Klingt nur so. Zieht man davon alle Kosten - Einkaufspreise, Personalkosten (angestellte und selbständige Apotheker sind hochqualifizierte Menschen mit Studiumabschluss in der Pharmazie, das ist nicht ohne - die Abbrecherquote ist höher, durch die mangelhafte Schulbildung, dadurch fehlen immer mehr Apotheker - die haben Anspruch auf hohe Gehälter), Betriebskosten der Apotheke, Finanzamt usw. ab, bleibt nicht so viel wirklich hängen. Deshalb stellen sich manche Apotheken breiter auf, um ihre Apotheker bezahlen zu können.

  14. 40.

    Hm, und das wurde Ihnen jetzt verschrieben? Und Sie fragen mich jetzt als Nichtmediziner?
    Das finde ich aber sehr seltsam!
    Als interessierter Laie informiere mich über das, was da früher auf dem rosa Zettel stand/jetzt über mobile Wege übermittelt wird, bzw. frage meinen Arzt des Vertrauens, wie, was, warum u. wozu? Das ist die eine Seite. Und das andere ist, dass ich ein äußerst kritisches Verhältnis zu vielen Tabletten habe. Ich setze da total auf Information u. Ergründung der Zusammenhänge. Und Im unsichersten Fall nehme ich gar nichts ein! Wie Sie wissen dürften, zahlt die Kasse nur für den Fall des Falles, nicht für die Prävention. Wie Sie wissen, sind Arzneimittel aus dem HNO Schnupfen/Husten/Halsschmerzen frei zu erwerben. ImZweifelsfall nehme ich gar nichts ein! Das sind probate Hausmittel gefragt! -- Wenn mir ein Facharzt etwas ausdrücklich empfiehlt u. meine Fragen vor Ort bzw. meine eigenen Aktivitäte/incl Beratung durch die Apotheke mir Vertrauen geben - and. Geschichte.

  15. 39.

    Naja, diese Apotheke gehörte schon zu den teuersten in der Nähe. Die Dichte ist teilweise schon recht hoch. Es gibt nun immer noch mRn 7 Apotheken bei ca 42000 Einwohnern. Die Lage dort war auch nicht optimal. Vermissen werden sie einige ganz sicher wegen des Weges. Gaaanz schön langgezogen die Stadt!
    Obwohl mich die Preisunterschiede je Apotheke auch sehr wundern! Von 11,45 bis 15,66 für eine 30er Packung Nikotingums ist schon schräg. Bei erwähnter zb für 100 Stk dann 45 zu 29€ (inklusive porto)im Netz. Ist doch Hammer!

  16. 37.

    Ich bestelle grundsätzlich keine Medikamente im Internet. Tagelang auf die Medikamente warten kann und will ich nicht.
    Generell bestelle ich jetzt auch weniger im Internet, um den Handel vor Ort zu unterstützen. Wie man aber an dem Gejammere und Genörgel in den Kommentaren sieht, kann man manchen Leuten scheinbar eh nichts recht machen.

  17. 36.

    Ist ja auch kein Wunder, wenn ich Pantoprazol in meiner Apotheke kaufe ist zufällig nur eine Marke für 14,00 € da und online kostet es mich 2,90 €. In ehrlich gesagt seitdem das mit den elektronischen Rezepten endlich klappt gehe ich praktisch nicht mehr in die Apotheke. Umso wichtiger ist daher die Bildung in digitaler Kompetenz, gerade für ältere Menschen die auf dem Land leben.

  18. 35.

    Stimme Ihnen vollkommen zu. Mein Hausapotheker macht mit mir auch schon mal Preisnachlass wenn ein Medikament teuer ist. Er ist mehr daran interessiert seine Stammkundschaft zufrieden zu stellen.

  19. 34.

    Als Chronisch Kranke, steht Ihnen, eine Befreiung von der Medikamenten Zuzahlung zu.
    Diese Zuzahlungsbefreiung beantragen Sie im Voraus bei Ihrer Krankenkasse, und bezahlen im Gegenzug gerade einmal nach der 1 Prozent Regel.
    Die Apotheken sind aber sowieso eine der wichtigsten Grundversorger in Kleinstädten/Städten und Jede/Jeder sollte sich selbst überlegen, ob er Ärzte/Apotheke/Supermärkte/Discounter/usw. und das gesamte öffentliche Leben, gegen das Internet, eintauschen möchte und eintauschen sollte, LG.

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