Hohe Betriebskosten und Onlinekonkurrenz - Immer mehr Apotheken auf dem Land und in Kleinstädten schließen
In Eberswalde ist wieder eine Apotheke geschlossen worden. Neben Nachwuchsmangel und den hohen Betriebskosten, ist die Online-Konkurrenz stärker geworden. Das Apothekensterben beunruhigt auch die Mediziner.
Die Westend-Apotheke in der Nähe des Eberswalder Bahnhofs ist seit Ende Juli geschlossen. Das ist kein Einzelfall, sondern Teil eines Trends: In Eberswalde (Barnim) wurden in den vergangenen Jahren fast die Hälfte der Apotheken dicht gemacht. In ganz Brandenburg gaben nach Angaben der Landesapothekerkammer zwischen 2013 und 2023 insgesamt 36 Apotheken auf, elf davon allein im vergangenen Jahr. Bundesweit waren es im gleichen Zeitraum 3.000.
Lars Koeppe musste seine Apotheke am Eberswalder Bahnhof schließen, weil ihm betriebswirtschaftlich kein anderer Weg übriggeblieben sei, sagte er dem rbb. Im Schnitt seien täglich bis zu 150 Kunden in die kleine Westend-Apotheke gekommen, was nicht viel sei, jedoch genug. Aber als sein Filialleiter kündigte, musste er schließen, weil es an Fachpersonal fehle. "Das ist ein sehr trauriges Gefühl, wenn man 20 Jahre die Apotheke geleitet hat", sagt der Apotheker.
Apotheker: Die Marge ist kleiner geworden
Es gab in Eberswalde ursprünglich zwölf Apotheken, wie Koeppe sagte. Nun sind es sieben. "Der Hintergrund ist, dass die Vergütung für Arzneimittel in Deutschland seit 2013 nicht mehr angehoben wurde, die Kosten aber für Apotheken im Allgemeinen um 50 bis 60 Prozent gestiegen sind", meint der Apotheker. "Die Marge, die für Gehälter, Miete, Strom usw. zur Verfügung steht, wurde immer geringer."
Seine andere Apotheke im Brandenburgischen Viertel, fünf Kilometer von der geschlossenen Filiale entfernt, betreibe er weiter, auch weil er sie breiter aufgestellt habe. Unter anderem versorgt er von dort aus nach eigenen Angaben Pflegeeinrichtungen, bietet Sanitätsprodukte an und stellt spezielle Salben und Mixturen her.
Starke Online-Konkurrenz wegen E-Rezept
Neben den hohen Kosten und dem Personalmangel haben die ländlichen Apotheken ein weiteres Problem bekommen: Seit der Einführung des Elektronischen Rezepts und der vereinfachten Online-Einreichung sei der Wettbewerb mit Anbietern aus dem Internet härter geworden, so Koeppe. Seit dem 1. Januar hat das sogenannte E-Rezept das rosafarbene Papier-Rezept abgelöst. Patienten erhalten verschreibungspflichtige Medikamente nur noch per E-Rezept und können es vor Ort in jeder Apotheke oder auch in einer Online-Apotheke einlösen. Dadurch sparen sich einige Menschen den Weg in die lokale Apotheke.
Allgemeinmedizinerin: Nicht jeder kann woanders hinfahren
Das Apothekensterben beunruhigt auch Eberswalder Mediziner. Vor allem im Notdienst mache sich ein gewisser Notstand bemerkbar, sagt die Allgemeinmedizinerin Yvonne Dashti dem rbb. Es komme vor, dass sie Bereitschaftsdienst am Wochenende habe und die einzige offene Apotheke in Bernau sei. "Nicht jeder kann dahinfahren. Da merkt man schon, was es eigentlich bedeutet, wenn es vor Ort keine Apotheke gibt", so die Ärztin aus Eberswalde.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will in der kommenden Woche ein Apotheken-Reformgesetz ins Kabinett einbringen – mit mehr Geld für ländliche Apotheken. Doch der Eberswalder Apotheker Lars Koeppe glaubt an keine Verbesserungen. "Mittlerweile bin ich es leid, was Herr Lauterbach von sich gibt", so Koeppe. "Er verspricht viel und dabei kommt nichts raus. Und dass die ländliche Apotheke gestärkt wird, sehe ich noch nicht."
Sendung: rbb24 Inforadio, 16.08.2024, 13 Uhr
Mit Material von Georg-Stefan Russew