Abstimmung im Bundestag - Was der Gesetzentwurf der Union in der Region verändern könnte

Der Bundestag wird über einen Gesetzentwurf abstimmen, der die Begrenzung der Einwanderung fordert. Die Forderungen hätten Auswirkungen auf die Grenze zu Polen - und auch die Aussetzung des Familiennachzugs würden die Region betreffen. Von Anna Bordel
Für einige könnte dieser Freitag schwärzer enden als der vergangene Mittwoch. Es geht im Bundestag am Freitagvormittag nicht mehr nur um einen Antrag [tagesschau.de], sondern um einen Gesetzentwurf, der die Einwanderung nach Deutschland begrenzen soll. Eingebracht von der Union.
Wie auch der Antrag am Mittwoch, könnte der von der Union eingebrachte Gesetzentwurf im Bundestag eine Mehrheit erzielen, mithilfe der Stimmen der AfD – einer Partei, deren Landes- und Jugendverbände in Teilen Deutschlands als gesichert rechtsextrem gelten. Würde im Bundestag und später auch im Bundesrat für den Gesetzentwurf gestimmt, muss ihn die Regierung umsetzen.
In dem Entwurf [bundestag.de] für das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz fordert die Union, Einwanderung einzuschränken. Konkret geht es darum, den Familiennachzug für Geflüchtete mit subsidiärem Schutz auszusetzen. Außerdem soll die Bundespolizei im Grenzbereich den Aufenthalt für Menschen, die ausreisepflichtig sind, einfacher "beenden" können. Was würde dies für die Region Berlin und Brandenburg im Detail bedeuten?
Familiennachzug als legale Form der Einwanderung
Zunächst zur Aussetzung des Familiennachzugs: Derzeit dürfen enge Verwandte von Geflüchteten mit subsidiärem Schutz nach Deutschland kommen. Das Kontingent dafür ist seit einigen Jahren auf 1.000 Menschen im Monat begrenzt. Laut einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine AfD-Anfrage sind 2023 bundesweit 12.459 Menschen über Familiennachzug von Geflüchteten mit subsidiärem Schutz nach Deutschland eingereist. Davon 4.169 Kinder und 289 Eltern von Minderjährigen. Wieviele davon auf Berlin und Brandenburg fallen, konnten die zuständigen Ausländerbehörden nicht angeben. In Brandenburg lebten Ende 2024 laut Innenministerium 568 Angehörige von subsidiären Schutzberechtigen.
Auch wenn also nicht konkret gesagt werden kann, wie viel weniger: Durch das Aussetzen des Familiennachzugs würden weniger Einwanderer nach Deutschland kommen, allerdings hätte das keinen Einfluss auf die Zahlen der irregulären Einwanderung. Die nachkommenden Verwandten zählen nämlich nicht dazu. Laut Migrationsrechtlerin Pauline Endres de Oliveira ist Familiennachzug eine der wenigen Formen der legalen Einwanderung.
Bereits jetzt Zurückweisungen an Grenze
Laut dem Gesetzentwurf sollen Bundespolizisten mehr Zuständigkeiten bekommen, um "aufenthaltsbeendende Maßnahmen" ergreifen zu können, wie es heißt.
Derzeit bestehen in Brandenburg an der Grenze zu Polen bis März befristete Kontrollen. Bereits seit Oktober 2023 werden an drei großen Grenzübergängen zwischen Brandenburg und Polen stationäre Kontrollen durchgeführt, an denen Menschen von der Bundespolizei auch zurückgewiesen werden. Die Zurückweisungen betreffen Menschen, die keinen Asylantrag stellen, Personen, die mit einer Wiedereinreisesperre belegt wurden, und Menschen, die bereits in Polen registriert worden sind.
Laut dem von der Union vorgelegten Gesetzentwurf soll die Bundespolizei vor allem für ausreisepflichtige Menschen den Aufenthalt in Deutschland "beenden" dürfen. In Absprache mit der zuständigen Ausländerbehörde, wie es heißt.
Im Zeitraum von Januar bis November 2024 hat die Bundespolizei eigenen Angaben zufolge mehr als 8.304 Einreisen von Menschen ohne gültige Papiere festgestellt. Dabei wurden in diesem Zeitraum 5.073 Menschen an der Grenze zurückgewiesen.
Asylpolitik verschärft sich durch EU-Abkommen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat bereits im Dezember angekündigt, die festen Grenzkontrollen auch über das bisherige Ende im März 2025 fortführen zu wollen - bis der Schutz der EU-Außengrenzen im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) deutlich verstärkt werde. An den Grenzen wird nationales Recht bei EU-Mitgliedstaaten von europäischem Recht überlagert. Allein der Versuch, die dort geltenden Gesetze im nationalen Alleingang dauerhaft ändern zu wollen, wird langfristig nicht ohne erheblichen europäischen Widerstand bleiben, wie Migrationsrechtlerin Endres de Oliveira sagte.
Das GEAS [bund.de] soll die Möglichkeiten, in die EU einzuwandern, deutlich einschränken. So sollen Asylverfahren teilweise bereits im Bereich der EU-Außengrenzen durchgeführt werden. Außerdem sollen Asylsuchende bei ihrer Einreise auf sicherheitsrelevante Faktoren überprüft werden. Auch die Dublin-Regel soll demnach reformiert werden, um die Weiterreise innerhalb Europas zu erschweren. In Deutschland soll das Abkommen offiziell Mitte 2026 umgesetzt werden, das Bundesinnenministerium sprach im Herbst davon, einige Schritte davon bereits deutlich früher einleiten zu wollen.
Brandenburg hat keine Plätze für Abschiebegewahrsam
Die Bundespolizei soll dem Gesetzentwurf zufolge in Absprache mit einer Ausländerbehörde Haft- und Gewahrsamsbefehle beantragen dürfen, um konsequenter gegen ausreisepflichtige Menschen vorgehen zu können.
Besonders viele ausreisepflichtige Inhaftierte gibt es derzeit in der Region nicht. Im September gab es die Meldung, dass Berlin 2025 keine Plätze für Abschiebegewahrsam hat, weil die Anstalt für Abschiebegewahrsam am Kirchhainer Damm umgebaut wird.
Das Landesamt für Einwanderung in Berlin teilte dem rbb auf Anfrage nun mit, dass es in der Justizvollzugsanstalt Tegel Haftplätze für Ausreisepflichtige gibt. Derzeit seien drei davon belegt. In Brandenburg sind laut Innenministerium keine Menschen in Abschiebungshaft, weil es für diese Art von Inhaftierten in Brandenburg keine Haftplätze gibt. Das Land nutze dafür die Anstalten anderer Bundesländer. Für Menschen in Ausreisegewahrsam gebe es 35 Plätze am Flughafen BER. Im Gesetzentwurf ist nicht die Rede davon, dass mehr Gewahrsams- oder Haftplätze entstehen müssten.
Möglich, dass der Gesetzentwurf der Union am Freitag die Mehrheit im Bundestag erhält - mit den Stimmen der AfD-Abgeordneten. Im nächsten Schritt müsste der Bundesrat dem Gesetzentwurf zustimmen und das ist nach derzeitigem Stand unwahrscheinlich. Dort fehlt der Union die Unterstützung von rechts und ist auch in den eigenen Reihen nicht ohne Widerstand.
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