Fashion Week - Die enorme Mode-Macht der Influencer:innen

Fr 31.01.25 | 18:33 Uhr | Von Nathalie Daiber
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Symbolbild Influencerin (Quelle: Picture Alliance/Addictive Stock/Shotshop)
Video: rbb24 Abendschau | 01.02.2025 | Nachrichten | Bild: Picture Alliance/Addictive Stock/Shotshop

Keine Fashion Week ohne Tausende Videos auf Social Media.  Kaum ein Modelabel, das nicht direkt mit Influencer:innen zusammenarbeitet. Sie bestimmen Trends, doch ihre Macht hat auch ihre Schattenseiten. Von Nathalie Daiber

Die Berlinerin Jana Heinisch ist Model und Influencerin. Gleich bei der ersten Anprobe - dem "Fitting" - für die Designerin Rebekka Ruétz, postet sie ein Video mit einem der Outfits, das sie später auch auf dem Laufsteg tragen wird. Ein beiges Kleid - "erinnert ein bisschen an Mittelalter" - sagt sie im Video. Damit macht sie neugierig auf die neue Kollektion der Österreicherin.

Die Designerin und das Model/Influencerin arbeiten schon länger zusammen. Für Rebekka Ruétz ist Jana der "ein Statement". "Als Frau steht sie für Selbstbewusstsein, für Individualität und Stärke. Und das ist auch genau das Frauenbild, das ich ansprechen möchte mit meinen Kollektionen." Heinisch hat nicht nur viele, sondern auch die “richtigen” Follower auf Social Media - also potenzielle Käufer:innen der Mode von Rebekka Ruetz.   

Influencer sind mittlerweile Teil der Modeindustrie.

Hanan Besovic

Ohne Influencer:innen geht nichts mehr in der Mode 

Der Modemarkt hat sich in den vergangenen zehn Jahren radikal verändert. Es gibt kein wichtiges Modelabel mehr, dass nicht auch mit Influencer:innen arbeitet.  Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat ermittelt, dass in Deutschland 620 Millionen Euro in Influencer-Werbung  im Jahr 2024 investiert wurden.   

Dass die Zusammenarbeit von Designer:innen und Influencer:innen immer wichtiger geworden ist, beobachtet Jana Heinisch seit Jahren. Angefangen hat sie als Model, war auch 2009 bei "Germanys Next Topmodel" dabei – das Influencer-Geschäft steckte damals noch in den Kinderschuhen: "Designer, aber auch alle anderen Branchen haben gemerkt, wie praktisch es ist, wenn man Menschen, die eine große Reichweite haben oder die eine große Zielgruppe ansprechen, mit ins Boot holt."  

Jana Heinisch im Januar 2025. (Quelle: rbb)
Influencerin Jana Heinisch | Bild: rbb

Die Fashion Week hat fünf internationale Influencer:innen eingeladen, um den Berliner Designern eine weltweite Aufmerksamkeit zu geben.  Hanan Besovic ist aus den USA. Er sagt: "Influencer sind mittlerweile Teil der Modeindustrie und geben den einzelnen Labeln eine Sichtbarkeit, die die klassische Presse gar nicht leisten könnte". Das macht Influencer so wichtig. Und die Berliner Mode besonders, weil sie "raw" ist, avantgardistisch, und eine enge Verbindung zur Clubszene hat.

Das Mantra in der Mode ist: Bloß nichts falsch machen

Oliver MacDonnell

Das Mantra der Mode: Bloß nichts falsch machen  

Warum ausgerechnet in der Mode ohne Influencer:innen scheinbar nichts mehr geht, erklärt Oliver MacDonnell, Modeexperte und Professor an der Fashion Practice Academy. Für ihn ist Deutschland ein Land der Lästerer: "Das Mantra in der Mode ist: Bloß nichts falsch machen. Influencer sind sowas wie ein Qualitätssiegel: Weil sie den Menschen sagen, was sie jetzt tragen sollen und was eben nicht. Ob das dann auch den einzelnen steht, ist eine andere Frage", so Oliver MacConnell.  

Natürlich gab es schon immer Meinungsmacher. In der Modebranche waren und sind das die klassischen Modezeitschriften wie Elle oder auch Vogue.  Aber ein Influencer mit einer Millionen Follower sei wie ein kleines Land, sagt Oliver MacConnell. Der Influencer sei sowas wie ein Präsident, auf den alle hören.  

Die Kritik: Influencer:innen fördern Fast Fashion und Überkommerzialisierung 

Die Designerin Rebekka Ruétz hat selbst auch in Indien gelernt, kennt also die Arbeitsbedingungen und die schlechte Bezahlung in der Billigtextilbranche und weiß um die Überproduktionen: "Es schmerzt mich als Designerin zu sehen, dass ungetragene Kleidung einfach vernichtet wird, nur weil die Saison vorbei ist." Sie versucht, Kleidungsstücke vor der Vernichtung zu retten, um dann damit ihre Mode zu kreieren. Upcycling ist ein wichtiges Thema für sie.  

"Ich arbeite nur mit Influencern, die bewusst konsumieren – die ihre Daily Looks mit bereits getragenen Teilen kombinieren und Secondhand feiern. Denn genau das ist der Trend: Kleidung ein zweites Leben schenken."

Generell fördern Influencer:innen eher schnelle Trends und Fast Fashion, weil sie täglich neue Videos oder Fotos posten. Jana Heinisch findet die Kritik berechtigt:  "Ganz viele zeigen jede Woche neue Kleidung von H&M, Zara, Shein, oder Temu. Das löst natürlich einen Kaufimpuls aus und die Leute wollen es dann nachkaufen.“ 

Rebekka Ruétz (Quelle: rbb)
Designerin Rebekka Ruétz | Bild: rbb

Wie authentisch sind die Empfehlungen

Barbara Engels, Expertin für Influencer Ökonomie am IW, beobachtet, dass "besonders junge Follower stark beeinflussbar sind. Wir sehen, dass Influencer stark dazu beitragen, den Kaufdruck und den Konsumdruck zu erhöhen, ein materialistisches Weltbild fördern und damit oft die Nachhaltigkeit in den Hintergrund stellen."

Zumal die Influencer:innen letztlich von den verschiedenen Marken bezahlt werden. Das ist ihr Geschäftsmodell.  Bei der Fashion Week bekommen sie meist von den Designer:innen Outfits gestellt, die sie dann tragen. Stellt sich die Frage nach der Transparenz und danach, wie authentisch die Empfehlungen dann noch sind?  

Seit einigen Jahren muss auf Social Media eine bezahlte Kooperation als Anzeige in den Accounts markiert werden. Das hat aber kaum dazu geführt, dass die Influencer:innen weniger Follower haben. 

Mode zwischen Kunst und Kommerz  

Gerade bei der Fashion Week zeigen die Designer:innen ihr ganzes Können. Die Stücke sind meist handgenäht und einzeln entworfen – es geht um die Kunst und das Handwerk.  Ob Influencer:innen dafür ein Verständnis haben, ist fraglich. Die meisten von ihnen behandeln Mode häufig nur als Konsumgüter. Grundsätzlich braucht es auch keine Ausbildung im Modebereich, um auf Social Media neue Stücke zu posten.  

Jana Heinisch erlebt als Model immer wieder, wie noch am Ende kurz etwas von Hand genäht wird. Sie weiß um die Qualität der Stoffe, weil sie sie auf dem Laufsteg trägt. Erst durch die Arbeit als Model hat sie das auch schätzen gelernt: "Oft, wenn ich mir nach einer Show Sachen ausleihen darf für irgendwelche Veranstaltungen, wird mir bewusst, was ich da eigentlich gerade in meinem Koffer dabeihabe. Das wurde nicht irgendwo in irgendeiner riesigen Fabrik in Bangladesch gefertigt, sondern richtig von Hand geschneidert. Ich fände es schön, wenn das Handwerk mehr in den Vordergrund gerückt werden würde."

Die Expertin für Influencer-Ökonomie Barbara Engels plädiert dafür, einen Ehrenkodex oder eine Zertifizierung für Influencer:innen und Unternehmen einzuführen. Offenzulegen, wann unter welchen Voraussetzungen mit Influencer:innen zusammengearbeitet wird. Mehr Transparenz, wenn es darum geht, wer mit welcher Ausbildung oder welchem Vorwissen nach welchen Kriterien als Influencer:in unterwegs ist. Immerhin haben sie doch einige Macht über die Modewelt. Bisher ist diese aber vor allem auf die Zahl ihrer Follower begründet.  

Sendung: rbb24 Inforadio, 31.01.2025, 18:50 Uhr

Beitrag von Nathalie Daiber

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25 Kommentare

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  1. 25.

    Genau, aber schlimmer finde ich auch die leute, die noch ganz anderen ,,Influenzern'' hinterherrennen. Zum Beispiel die rechtspopulistische Influezerinnen für Putin! Und auch für Krah und Weidel, usw.!

  2. 24.

    Habe ich mich verhört? 440 000 InfluencerInnen allein in Deutschland? Dann gibt es ja mehr InfluencerInnen als Städte wie Bielefeld oder Staaten wie Island Einwohner haben. Muss ich mal drauf achten, wenn ich mal wieder in Bielefeld bin: mir einfach mal vorstellen, daß jeder, der mir begegnet, irgendetwas mit Werbung im Internet zu tun hat. Oder habe ich mich verhört und es sind nur 140 000? Das wäre bequemer, dann bräuchte ich nur mit der S-Bahn nach Potsdam zu fahren und mir vorstellen, daß jeder, der mir begegnet, InfluencerIn ist.

  3. 23.

    Influencer? Kein Problem. Solange sie damit Geld verdienen und der Allgemeinheit nicht auf der Tasche liegen. Ich finde eher diejenigen Leute problematisch, die denen hinterherlaufen. Na ja, es gibt ja auch Menschen, die Dieter Bohlen- Musik hören und meinen, so etwas Ähnliches wie Musikgeschmack zu haben. Alles OK.

  4. 22.

    was hier gar nicht erwähnt wird, ist dass es mittlerweile für Models schon fast eine Pflicht ist eine eigene Followerschaft mitzubringen . dh die sind dann Influencer um ihren Job zu bekommen/ zu halten.

  5. 20.

    Vielleicht sollten diese Influenzer es mal mit richtiger Arbeit im Handwerk, im Speditionsgewerbe oder in der Pflege versuchen, dann kann man die auch ernst nehmen. Ach Mist, dafür muss man ja das Handy aus der Hand legen und die Wohnung verlassen. Außerdem kriegt man davon ja vielleicht dreckige Hände.

  6. 19.

    Ich Frage mich schon seit einiger Zeit ob diese Influencer ihre Einnahmen eigentlich ordnungsgemäß versteuern. Kontrolliert das Irgendjemand? Das Stelle ich mir schwierig vor und wie ich unseren Staat so kenne. .
    Schließlich ist das Internet doch "Neuland", nicht wahr?

  7. 18.

    da stimme ich ihnen zu! deswegen sollten zuallerst kommentarspalten verboten werden!
    hat eigentlich irgendwer den Artikel da oben gelesen? also ich jedenfalls nich.

  8. 17.

    Und wenn? Klar bin ich eine ,,Grüne“, wo ist das Problem? Weil Verbote schlecht sind? Manche Leute muß man durch Verbote schützen, siehe Afd.

  9. 16.

    Na das kann man aber an Ihrem Post sehen: nur Stimmung machen, bei Null Inhalt.

  10. 15.

    Dieses selbstverliebte Gelaber ist unerträglich. Was solls, wir leben in einer geschwätzigen Welt. Hört sowieso keiner mehr richtig zu.

  11. 14.

    Ja, in bestimmten Fachbereichen wie z.B. Finanzen, mit d3n selbsternannten Finanzcoaches, dort sollte man identische Qualifikationsnachweise fordern wie in der Branche üblich. Oft wird hier der letzte unfundierte Quark erzählt ohne dass die Verursacher dafür haften. Es geht also in wichtigen Bereichen vielmehr darum, dass man die Menschen für Falschmeldungen zur Verantwortung ziehen kann.

  12. 13.

    „influencer:innen“ gibt es gar nicht. Genauso wenig wie es „Pöbler:innen“ gibt.

  13. 12.

    Immer diese Verbote und Vorschriften - man könnte fast meinen, dass sie bei den Grünen arbeiten. Es reicht doch die aktuelle Kennzeichnung als Werbung vollkommen aus. Der Staat ist nicht ihr Erziehungsberechtigter. Gebt den Menschen wieder mehr Eigenverantwortung und Freiheiten.

  14. 11.

    Es gibt scheinbar, egal worum es geht, immer sofort jemanden der gleich mit einem Verbot kommt.
    Was ein Glück das diese „Verbotsideen“ an zig Gesetzen und am realen Leben scheitern.
    Man hat den Eindruck… am liebsten wäre es denen … es ist alles verboten solange es nicht erlaubt ist.

  15. 10.

    Handys gehören mMn erst ab 16 Jahren erlaubt, genau wie das Rauchen und Alkohol trinken. Vielleicht können die Eltern damit eher was anfangen, dass das Handy als Droge eine negative Auswirkung auf Kinder und Jugendliche hat.

  16. 9.

    Da gibt es durchaus eigenen Zusammenhang.
    Also ich könnte auf diese Modewocheverzichten. Wer zieht denn so was an und wann? Auf der Straße jedenfalls keiner.

  17. 7.

    ja so ist das! dieses ganze Internet muss verboten werden!

  18. 6.

    Bei Grippe muss ich schmunzeln.
    Ist schon verrückt, vor 20 Jahren hat man über solche Menschen gelacht, heute tragen die selbst ernannten Experten maßgeblich dazu bei, dass ein Produkt gekauft wird oder nicht. Wir leben in einer verrückten Welt. Ich kann das auch überhaupt nicht nachvollziehen. Wenn so viele Menschen auf sie hören, vielleicht sollten sie statt Produkt-Werbung, Werbung für einfache Berufsgruppen machen? Da liegt derzeit ein großer Mangel...