Interview | "Die Saat des heiligen Feigenbaums" für Oscar nominiert - "Ich bin sehr stolz, als iranische Schauspielerin dabei sein zu können"
"Die Saat des heiligen Feigenbaums" ist Deutschlands Hoffnung im Oscar-Rennen - ein Meilenstein für Setareh Maleki. Der Film hat das Leben der iranischen Schauspielerin nicht nur beruflich verändert, denn mittlerweile lebt sie in Berlin.
Der Politthriller "Die Saat des heiligen Feigenbaums" des in Hamburg lebenden iranischen Regisseurs Mohammad Rasoulof wurde bei den diesjährigen Oscars für Deutschland in der Sparte "Bester Internationaler Film" nominiert. Der heimlich gedrehte Film handelt von den Massenprotesten im Iran nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022 und ist eine Kritik am Regime in dem Land.
Im Mittelpunkt steht ein frisch an das Revolutionsgericht in Teheran berufener Staatsanwalt, der zunehmend mit Misstrauen und Paranoia auf seine Ehefrau und seine zwei Töchter reagiert. Für die Darstellerin Setareh Maleki hatte der Film tiefgreifende Folgen.

rbb: Frau Maleki, "Die Saat des heiligen Feigenbaums" wurde heimlich im Iran gedreht und ist nun für die Oscars nominiert. Sie dürfen dabei sein, wie fühlt sich das an?
Setrareh Maleki: Seitdem ich klein war, habe ich immer davon geträumt, bei den Oscars dabei zu sein.
Der Moment, in dem ich unseren Film auf der Liste der nominierten Filme gesehen habe, war natürlich super neu für mich. Ich dachte, dass das Gefühl normal sein wird. Aber das war es ganz und gar nicht – es sind eben die Oscars.
Ich bin sehr stolz, dass ich als iranische Schauspielerin vor Ort dabei sein kann. Das ist nichts Gewöhnliches. Ich hatte ja keine Ausweis-Dokumente mehr und ohne kann man nicht reisen. Ich musste mich sehr dafür ins Zeug legen, aber ich habe alle Unterlagen rechtzeitig zusammenbekommen.
Warum sind Sie aus dem Iran geflohen?
Ich musste das Land verlassen, weil die Islamische Republik mir das Reisen eigentlich schon verboten hatte. Sie hatten mir meinen Pass abgenommen und ich musste damit rechnen, dass sie mich bald auch festnehmen würden. Das wollte ich nicht mehr mitmachen.
Ich hätte bleiben können und dann vielleicht vor Gericht oder ins Gefängnis gemusst. Aber ich wollte ein normales Leben. Ich musste die schwierigste Entscheidung in meinem Leben treffen, und ich habe mich für das Leben entschieden. Ich hatte nicht einmal die Möglichkeit, mich von irgendwem zu verabschieden, nur von meiner Mutter und meinem Bruder. Und dazu hatte ich nur zehn Minuten Zeit. Ich bin über die Berge geflohen, einfach verschwunden, und etwa einen Monat lang wusste niemand, wo ich war.
In dem Film spielen Sie "Sana". Können Sie zwischen Ihnen und dem Charakter Parallelen ziehen?
Es gibt einige Ähnlichkeiten mit mir und der Figur. Wir zeichnen uns durch unsere Stärke aus. Sana geht alles immer mit einer großen Überzeugung an. Auch ich tue das. Wir kommen beide ins Handeln. So habe ich das oft in meinem Leben gemacht. Die Leute denken oft: "Oh, was ein süßes kleines Mädchen!" Aber sie ist mehr als das. Sie ist stark, ich bin stark – aber sie hat es nicht quer durchs Gebirge geschafft!
Der Film feierte in Cannes 2024 seine Weltpremiere. Auch dort waren Sie vor Ort. Wie war es, kurz nach der Flucht auf dem roten Teppich zu stehen?
Ich bin erst kurz vor dem Festival in Paris angekommen. Ich hatte nichts dabei, außer zwei T-Shirts und einer Jeans. Doch ich hatte keine Zeit, zu weinen. Aus den Bergen zu den schönen Palmen von Cannes – ich hatte es geschafft. Doch ich konnte nicht glücklich sein. Danach war ich in einer sehr dunklen Stimmung, doch ich habe alles daran gesetzt, dass es mir endlich wieder besser geht.
Wie haben Sie es geschafft?
Berlin hat alles für mich verändert – die Menschen, die Orte, die Stimmung. Berlin ist ein großer Teil von allem für mich. Wenn ich unterwegs bin, vermisse ich Berlin. Ich hätte niemals gedacht, dass ich das jemals sagen werde, aber Berlin ist zu meiner Heimat geworden.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview mit Setareh Maleki führte Bastian Welte für rbbKultur - das Magazin, zusammengefasst von Tessa Kleinschmidt.
Sendung: rbbKultur – das Magazin, 01.03.2025, 18:30 Uhr