Fußball-Bundesliga - Niederlage in Berufungsprozess: Union Berlin verliert Punkt gegen Bochum - und will erneut vor Gericht ziehen

Fr 28.02.25 | 19:56 Uhr
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Unions Vereinspräsident Dirk Zingler beim DFB-Bundesgericht (imago images/Matthias Koch)
Video: rbb24 | 28.02.2025 | Torsten Michels | Bild: imago images/Matthias Koch

Im Berufungsprozess zum Feuerzeug-Eklat im Spiel des 1. FC Union gegen den VfL Bochum hat das DFB-Bundesgericht das Urteil aus erster Instanz bestätigt. Union kündigte eine weitere Berufung an.

Das Heimspiel des 1. FC Union Berlin gegen den VfL Bochum in der Fußball-Bundesliga wird mit 2:0 für die Gäste gewertet. Das entschied das DFB-Bundesgericht im Berufungsprozess am Freitag in Frankfurt/Main und bestätigte somit das Urteil aus erster Instanz. "Wir haben in der rechtlichen Wertung davon auszugehen, dass eine Schwächung der Mannschaft vorliegt", begründete der Bundesgerichts-Vorsitzende Oskar Riedmeyer seine Entscheidung: "Das liegt auf der Hand."

Union kündigte derweil eine weitere, letztmögliche Berufung vor dem Ständigen Neutralen Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften an.

In dem Duell beider Teams war Bochum-Torhüter Patrick Drewes kurz vor Schluss beim Spielstand von 1:1 von einem Feuerzeug am Kopf getroffen worden. Das Spiel wurde zwar nach fast 30-minütiger Unterbrechung fortgesetzt - aber ohne den Torhüter und mit einem "Nichtangriffspakt" beider Teams. Die Bochumer hatten daraufhin Protest gegen das Ergebnis vor dem DFB-Sportgericht eingelegt und die Partie am grünen Tisch gewonnen. Das Spiel wurde 2:0 für die Gäste gewertet, weil Bochum nach Ansicht des Sportgerichts irregulär geschwächt wurde. Dagegen war Union in Berufung gegangen, verlor nun aber den Prozess vor dem DFB-Bundesgericht.

Die Stimmen zum Urteil

Zur weiteren Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter: "Es kann nicht sein, dass ein gezielter Wurf auf einen Spieler zu einem Wiederholungsspiel führt. (...) Für das Bundesgericht des DFB hat eine Schwächung des VfL Bochum vorgelegen, welche durch den Feuerzeugwurf eines Mitglieds von Union Berlin herbeigeführt wurde. Dieses Verschulden wird Union Berlin zugerechnet", sagte Riedmeyer.

Union-Präsident Dirk Zingler, der in erster Instanz nicht vor Ort war und danach massive Kritik am Sportgerichtsurteil geäußert hatte, betonte während der Verhandlung: "Der Verein ist nicht der Täter. Beide Mannschaften waren Opfer eines Feuerzeugwerfers, den wir ermittelt haben." Das sah das Bundesgericht anders.

Auf der Vereins-Homepage [fc-union-berlin.de] wurde Zingler nach dem Urteil wie folgt zitiert: "Wir waren heute Zeuge eines Verfahrens, in dem erstmalig das Fehlverhalten eines Zuschauers zu einer Spielumwertung geführt hat. Und das trotz einer ordnungsgemäßen Beendigung des Spiels durch den Schiedsrichter. Die Schaffung dieses Präzedenzfalls war aus unserer Sicht Ziel des Kontrollausschusses. Das Gericht ist vom VfL Bochum und vom Kontrollausschuss aufgefordert worden, ein politisches Signal zu senden. Dies war nur möglich unter fehlerhafter Anwendung der Rechts- und Verfahrensordnung. Wir sind daher gezwungen, dem politischen Druck zu entgehen und werden das Ständige Schiedsgericht anrufen."

Bochums Rechtsbeistand Christoph Schickhardt mahnte in seiner Ausführung, auch die Sensibilität von Kopfverletzungen bei der Entscheidung zu berücksichtigen und sagte in seinem Plädoyer zum Täter: "Das erfüllt die Straftat einer gefährlichen Körperverletzung." Das Urteil habe Signalwirkung auf den gesamten Fußball bis hin zu den Amateuren." Ilja Kaenzig, Geschäftsführer des VfL, sagte: "Wir sind erleichtert. Es tut uns leid für den Fußball. Aber es war unsere Pflicht, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen."

Urteil beeinflusst Abstiegskampf

Neben Union hatten gegen das Urteil in erster Instanz auch Holstein Kiel und der FC St. Pauli Einspruch eingelegt, da sie direkte Konkurrenten des VfL Bochum im Abstiegskampf und von der Entscheidung somit indirekt betroffen sind.

Das DFB-Bundesgericht unter dem Vorsitz von Oskar Riedmeyer hatte die Berufungen der beiden norddeutschen Bundesligisten allerdings zum Auftakt der Verhandlung für unzulässig erklärt. Ein berechtigtes Interesse könne jeder Verein haben, so der Richter. Man habe geprüft, wann ein "unmittelbares" Interesse bestehe. Der Kreis der Vereine könne aber nicht zu groß gezogen werden. "Dies wäre ein nicht praktikabler Weg", hieß es zur Begründung weiter.

Bochums Anwalt Christoph Schickhardt sagte in die Richtung der Rechtsvertretung von Kiel und St. Pauli: "Hören Sie auf mit Moral und sportliche Integrität - Ihnen geht es doch nur um die Punkte." Am letzten Spieltag empfängt St. Pauli die Bochumer - womöglich zu einem Endspiel um den Klassenverbleib.

Durch die Spielwertung für den VfL klettern die Bochumer in der aktuellen Tabelle auf den Relegationsplatz. Union verbleibt zwar trotz des Punktverlustes zunächst auf dem 13. Platz, rutscht aber zugleich wieder in größere Abstiegsgefahr. Der Vorsprung auf den Relegationsplatz schmilzt bei noch elf ausstehenden Saisonspielen von neun auf sechs Zähler.

Das war passiert

Bei dem Spiel am 14. Dezember zwischen Union und Bochum im Stadion An der Alten Försterei war Gäste-Torhüter Patrick Drewes in der Nachspielzeit der zweiten Hälfte von einem Feuerzeug am Kopf touchiert worden, das aus der Berliner Fankurve geflogen war.

Schiedsrichter Martin Petersen hatte das Spiel daraufhin beim Ergebnis von 1:1 für rund 30 Minuten unterbrochen, bevor Bochum zu neunt auf den Platz zurückkehrte, da der Keeper nach Vereinsangaben nicht mehr weiterspielen konnte, das Wechselkontingent bereits ausgeschöpft war und Mittelfeldspieler Koji Miyoshi früh in der Partie die Rote Karte gesehen hatte. Stürmer Philipp Hofmann ging für Drewes ins Tor.

Union Berlin und der VfL Bochum einigten sich auf einen "Nichtangriffspakt" und spielten die verbleibende Zeit ohne Offensivaktionen runter. Das Spiel endete regulär mit dem 1:1-Unentschieden.

Sendung: Der Tag, 28.02.2025, 19:15 Uhr

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94 Kommentare

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  1. 94.

    Ja bist ein lustiger Typ , deshalb nennst Du Dich ja auch M&M. Leider ist das Thema weniger Lustig: Der Sport wird hier vom DFB Bundesgericht so richtig kaputt gemacht. Und zum Verständnis warum Vereine die momentan höher in der Tabelle stehen da nichts unternehmen. Weil es sie schlicht nicht tangiert. Erst wenn es sie unmittelbar betreffen würde,wären sie bereit. Aber egal es geht eh in die falsche Richtung

  2. 93.

    Lesen Sie doch mal den Beitrag #33 von Hajo. Der FCB und die TSG wurden damals für ihr "sportlich faires Verhalten" vom DFB gelobt. Wobei es sich dabei doch eher um eine Eigenermächtigung gegenüber den Regularien gehandelt hat, um ein "politisches Zeichen" gegen "unstatthaftes Verhalten" einiger Fans zu setzen.

    Beim Spiel Union vs. Bochum hat der Schiri in Absprache mit allen Parteien, und in seinem Ermessensspielraum liegend, die letzten paar Minütchen nochmal angepfiffen, um die Chose sicher über die Bühne zu bringen. Dafür gab es zunächst auch Lob von DFB, um dann im Nachhinein den Schiri zu entmündigen und offenbar ein Exempel zu statuieren.

    Und St. Pauli und Kiel haben doch nicht gegen die Original Wertung des Spiels, mit der sie hätten leben können, Einspruch eingelegt; sondern wollten gegen die nachträgliche Drei-Punkte-Wertung für Bochum angehen, Sven.

  3. 92.

    Ähem, von welcher "Gerichtsblockade im Osten" schreiben Sie? Diese Verhandlungen wurden und werden nicht vor für Straf- und Zivilgerichtsbarkeit zuständigen Institutionen, sondern speziellen Fußball-Sportgerichten verhandelt. Erst informieren, dann Meinung abgeben, Kladower.

  4. 91.

    "Das Spiel wurde von beiden Mannschaften unter Berücksichtigung der besonderen Situation sportlich-fair weitergeführt..." Genau das ist der Trugschluss : Ein Spiel mit einem Nichtangriffs - Aggrement ist eben kein gegenüber Dritten faires Spiel. Entweder wird das Spiel abgebrochen oder unter Wettkampfbedingungen fortgeführt.
    Nur diese klare Entscheidung wäre gegenüber Kiel, St.Pauli und Heidenheim, für die der Punktgewinn Bochums weitaus gravierender ist, als für Union, fair gewesen. Es gibt im deutschen Recht einen Grundsatz : Eine Vereinbarung zwischen 2 Parteien zu Lasten Dritter ist ungültig. Genau das gilt auch hier.

  5. 90.

    Zitat: "Das Spiel wurde nicht ordnungsgemäß beendet, sondern zuendegedaddelt. Union hat damit die Schwächung von Bochum bereits akzeptiert . . ."

    Wie kommen Sie zu dieser Behauptung? Der FCU hätte dieses Gentlemen's Agreement nicht annehmen müssen und normal weiterspielen können. Wenn die Bochumer nicht mehr angetreten wären, wäre das eine einseitige Aufkündigung gewesen, die einen Einspruch verunmöglicht hätte. Nach Telefonkonferenzen mit der Rechtsabteilung etc. hat der VfL zugestimmt, das Spiel in dieser Form, offensichtlich schon mit der Zielsetzung drei Punkte am "grünen Tisch" herausholen zu können, über die letzen paar Minuten zu bringen.

    Die Aussage von Kaenzig, Geschäftsführer des VfL: "Wir sind erleichtert. Es tut uns leid für den Fußball. Aber es war unsere Pflicht, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen." spricht m. E. Bände.

  6. 89.

    Wegen 1 Punkt und mangelnder Einsicht was falsch gemacht zu haben werden nun unnötig Gerichte blockiert. Als ob es keine anderen Probleme im Osten gibt. Kultig

  7. 88.

    So schnell kann es gehen.
    Gestern hat Bochum (vorrübergehend?) 3 Punkte geschenkt bekommen und sie heute gegen die Hoffenheimer schon wieder verloren.
    Bisher war nicht zu hören, dass dabei ein Feuerzeug im Spiel war. Der VfL kann also auch ohne schauspielerische Slapstiks verlieren.

  8. 87.

    Auch die Aussage von Oskar Riedmeyer: "Für das Bundesgericht des DFB hat eine Schwächung des VfL Bochum vorgelegen, welche durch den Feuerzeugwurf eines Mitglieds von Union Berlin herbeigeführt wurde. Dieses Verschulden wird Union Berlin zugerechnet" . . . "Das liegt auf der Hand.", ist m. E. nicht nachvollziehbar. Denn erstens mal lag aufgrund des "Nichtangriffspakts" in den letzten paar Minütchen der Nachspielzeit keine realistische Schwächung des VfL Bochum vor; und weiterhin ist es unerheblich, ob der Werfer FCU Mitglied, ein Neutraler oder bspw. Düsseldorfer, Schalker oder was auch immer war. Die (mittlerweile Ex-) Mitgliedschaft dieses Typen darf dem FCU in diesem Fall nicht zum Nachteil gereichen. denn sonst könnte man den Verein ja für alles mögliche seiner Mitglieder in Mitverantwortung ziehen.

  9. 86.

    Wenn das so bleibt , sind für zukünftige Manipulationen von Spielen nur gekaufte ,gut zielende Zuschauer nötig . Tür und Tor für Manipulationen und Korruption sind jetzt geöffnet . Wenn dadurch eine Mannschaft absteigt, weil eine andere Mannschaft nur noch einen Werfer finden muss , dann hat der Fussball verloren.

  10. 85.

    Zitat: "Das Spiel wurde nicht ordnungsgemäß beendet, sondern zuendegedaddelt. Union hat damit die Schwächung von Bochum bereits akzeptiert . . ."

    Wie kommen Sie zu dieser Behauptung? Der FCU hätte dieses Gentlemen's Agreement nicht annehmen müssen und normal weiterspielen können. Wenn die Bochumer nicht mehr angetreten wären, wäre das eine einseitige Aufkündigung gewesen, die einen Einspruch verunmöglicht hätte. Nach Telefonkonferenzen mit der Rechtsabteilung etc. hat der VfL zugestimmt, das Spiel in dieser Form, offensichtlich schon mit der Zielsetzung drei Punkte am "grünen Tisch" herausholen zu können, über die letzen paar Minuten zu bringen.

    Die Aussage von Kaenzig, Geschäftsführer des VfL: "Wir sind erleichtert. Es tut uns leid für den Fußball. Aber es war unsere Pflicht, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen." spricht m. E. Bände.

  11. 84.

    Hier ist einzig und allein die Tat bewertet worden. Der Versuch einer fahrlässige Körperverletzung wurden billigend in Kauf genommen. Nur das ist offensichtlich in der Urteilsverkündung als Begründung vorgelegt worden. Das mögliche Theater, ob eine Verletzung durch den Feuerzeugwurf vorlag oder er nur minimal getroffen wurde, ist irrelevant. Hier von Verschwörung zu fabulieren ist schon ein starkes Stück!
    ...

  12. 83.

    Das Gericht gibt für die Schauspieleinlage des Torwarts aus BO die volle Punktzahl.
    Sollten sich andere Spieler merken, zumindest wenn sie nicht kurz vor Schluss noch in der Aufholjagd sind. Bei Zupfen am Trikot an der Schulter fallen lassen und sich den Knöchel halten und dann, nach Eisspray vom Mannschaftsarzt, 2 bis 3 Mal " versuchend" zu hinken (Ausschluss sofortige Krankenhauseinweisung als Selbstdiagnose) und dann geheilt... Der VfL und insbesondere sein Torwart sollten sich schämen.
    Ich hoffe auf Berufung gegen das Urteil.

  13. 82.

    Vermutlich arbeitet er dort oder ist ehrenamtlich tätig? Wo ist das Problem? Ramelow spielte bei Hertha in der 2. BuLi, 1995 wechselte er zu Bayer Leverkusen. Das ist 30 Jahre her!

  14. 81.

    Und ab jetzt sollte es auch gut sein mit dieser Kindergartenblödelei um Duzen oder Siezen. Ich verweise noch mal auf die übliche und allgemein anerkannte Netiquette, nach der in Foren das Duzen Standard ist. Und wenn es um Sport geht, sowieso.

    Ab jetzt sollte es wieder um das Urteil gehen. Meine Meinung dazu sollte bekannt sein. Und man sollte andere Meinungen alzeptieren und sich nicht in Hohn ergehen. Denn erstens ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und zweitens kann es künftig jeden treffen, da fehlerfreie Schiedsrichterurteile künfig am grünen Tisch geändert werden können. Ein solcher Sieg könnte sich als Pyrrhussieg erweisen.

  15. 80.

    Aus Bochumer Sicht, alles richtig gemacht. Aus rein sportlicher Sicht ist dieses Urteil ein Desaster. Die Büchse der Pandorra wurden von alten Männern geöffnet. Was hatte eigentlich ein Ex-Herthaner bei diesem Prozess zu suchen?
    Ich habe diesen Vorgang live im Stadion miterlebt, was für eine Schmierenkomödie. Ich, dass Union im Rückspiel in Liga zwei schiesst.

  16. 79.

    Sehr geehrter Herr Sigurd, von den einfachsten Regeln zu Anstand und Benehmen haben Sie offenbar noch nie was gehört. Selbst wenn ich die Meinungen von @John_Berlin nicht wirklich teile, gebe ich ihm dahingehend recht, dass dieses ungefragte Geduze schlicht umgezogen ist. Ich verbitte mir einen solchen respektlosen Umgangston! Glück Auf!

  17. 78.

    Das wird doch schon den Kindern beim Training beigebracht. Nach Körperkontakt fallen, Abrollen, dann das Schienbein halten (auch wenn der Kontakt ganz wo anders war)und ordentlich jammern. Komisch das es dieses Phänomen nur beim Fußball gibt.

  18. 76.

    Bin auf das Rückspiel anne Castroper gespannt. Wurfmaterial nicht vergessen! Glück Auf, Union!

  19. 75.

    Er mußte sich nicht mehr winden, weil er zu diesem Zeitpunkt gerade verletzt ausgewechselt wurde und dies auf den Spielverlauf somit eh keine Auswirkung mehr gehabt hätte. Er war nicht mehr im Spiel!