Interview zu privater Raummission - "Ich hoffe, dass wir die Kreuzschifffahrt nicht ins All verlegen"

Di 01.04.25 | 10:50 Uhr
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Der Start einer SpaceX Falcon 9 Rakete vom Kennedy Space Center in Cape Canaveral am 31.03.2025. (Quelle: dpa/AP/John Raoux)
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Audio: rbb24 Inforadio | 01.04.2025 | Interview Sabine Dahl mit Jan Wörner | Bild: dpa/AP/John Raoux

Zum ersten Mal ist in der Nacht zu Dienstag eine deutsche Frau in den Weltraum geflogen. Die Mission ist von einem Milliardär aus Malta finanziert. Der frühere ESA-Chef warnt vor einem kommerzialisierten Weltraum-Tourismus.

rbb24 Inforadio: Herr Wörner, wie hat der Start für Sie ausgesehen? Ist alles nach Plan gelaufen?

Jan Wörner: Es ist alles so gelaufen, wie man das gerne sieht, wenn Raketen starten: alles nach Plan.

Archivbild:Der ESA- Chef Jan Wörmer am 26.10.2022. (Quelle: picture alliance/Frank Hoermann/SVEN SIMON)
Johann-Dietrich "Jan" Wörner, Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) von 2015 bis 2021 | Bild: picture alliance/Frank Hoermann/SVEN SIMON

Wieso hat es über 50 Jahre gedauert, dass endlich eine deutsche Frau ins Weltall fliegt?

Das ist eine Frage, die ich eigentlich nicht beantworten möchte. Ich bin überzeugter Europäer. Wichtiger ist für mich, dass Frauen ins Weltall fliegen und da gab es auch schon europäische, wie Samantha Cristoforetti. Aber tatsächlich ist es jetzt die erste in Deutschland - besser gesagt in Berlin - geborene.

Rabea Rogge ist gar keine ausgebildete Raumfahrerin, sondern Elektroingenieurin und Polarforscherin. Kann das ein Nachteil sein, dass sie keine Astronautin, keine Pilotin ist?

Das ist nicht unbedingt ein Nachteil. Sie können auch fliegen. Ich kann auch fliegen, trotz meines hohen Alters. Das ist nicht das Problem. Früher waren die Beanspruchungen während eines Flugs ganz andere und auch die Maßnahmen, die gegebenenfalls ein Astronaut oder eine Astronautin machen mussten, wenn es schiefging. Heute sind sie sehr viel stärker auf die Flüge ausgerichtet.

Das sehen Sie auch schon daran, dass die Astronauten aus Europa in der Regel nicht vorher Kampfflieger waren oder Piloten, während das früher automatisch so war.

Wir könnten beide einen Crashkurs machen und dann sind wir vorbereitet für eine Raumfahrt.

Was lernen wir da?

Sie müssen natürlich gesundheitlich voll auf der Höhe sein. Also wenn davon auszugehen ist, dass sie innerhalb dieser drei Tage größere medizinische Probleme bekommen durch Bluthochdruck, Puls oder was auch immer, dann würde man die natürlich nicht mitnehmen. Aber ansonsten spricht nichts dagegen.

Die Rakete soll die Erde vier Tage umkreisen. An Bord sind 22 wissenschaftliche Experimente geplant. Da geht es unter anderem darum, wie künftig bemannte Mond- und Marsmissionen mit Essen versorgt werden können. Was machen die da oben?

Die wollen Pilze züchten. Das ist innerhalb von dreieinhalb Tagen eine Herausforderung, das geht so einfach nicht. Die Pilzzucht wird automatisch durchgeführt, da brauchen sie keine Setzlinge, die sie jeden Tag gießen. Das funktioniert sowieso nicht in der Schwerelosigkeit.

Aber derartige Versuche sind sehr viel auf der Internationalen Raumstation durchgeführt worden. Es ist für mich schon erstaunlich, dass derselbe Elon Musk, der vor zwei Wochen noch gesagt hat, die Internationale Raumstation ist überflüssig, die brauchen wir nicht mehr, dass er solche Versuche jetzt auch selbst in seiner Mission fliegt. Das ist schon interessant.

Warum ist das wichtig mit den Pilzen oder generell mit der Nahrung?

Prinzipiell hat man schon frühzeitig angefangen, Experimente mit Pflanzen zu machen. Wir kennen auch Pflanzen-Stress. Pflanzen können Wärme und Kälte unterscheiden, sie können Strahlung unterscheiden, also Sonnenstrahlung und hell und dunkel. Aber sie kennen nicht den Zustand der Schwerelosigkeit. Deshalb ist Schwerelosigkeit für Pflanzen Stress. Stress bedeutet: Ich verändere mich.

Deshalb sind auf Raumstationen schon ganz interessante Sachen entwickelt worden, dass zum Beispiel stärkere Weinpflanzen gezüchtet worden sind, die gegen Weinkrankheiten helfen können. Es gibt also viele Experimente.

Die dreieinhalb Tage sind wohl eher so ein Zeichen: Ja, wir können das auch.

Die Polarregionen sollen von oben erforscht werden - warum ist das wichtig?

Das ist das Schöne an der Mission, dass man über die Polarregion fliegt. Das bleibt für jeden Astronauten ein schönes Bild. Wer schon mal Polarlichter gesehen hat, der weiß: Das ist schon toll, wenn man die von oben sieht.

Aber das darf natürlich nicht die Begründung für solche Flüge sein. Man kann natürlich die Polarlichter von oben und von unten betrachten und ein bisschen mehr lernen. Polarlichter sind Sonnenwinde. Also von der Sonne kommen energiereiche, geladene Teilchen, die interagieren jetzt mit unserer Atmosphäre.

Meine Sorge ist eher, dass auch die Strahlung in dem Bereich stärker ist als über anderen Regionen. Eben weil die Erde, unser Magnetfeld, das uns normalerweise vor diesen Sonnenwinden schützt, sich an diesen Strahlungen an den Polen konzentriert. Also ich hoffe, dass das gesundheitlich kein Risiko ist.

Das ist ja ein privat finanzierter Raumflug. Die Rakete kommt vom Tech-Milliardär Elon Musk und die ganze Mission bezahlt ein reicher Malteser. Ist das die Zukunft der Raumfahrt?

Kommerzialisierung ist mit Sicherheit die Zukunft der Raumfahrt. Allerdings hoffe ich, dass wir nicht Kommerzialisierung und Tourismus gleichsetzen, denn wir wissen natürlich auch, dass jeder Start einer Rakete auch eine Belastung der Umwelt ist.

Insofern hoffe ich, dass wir da nicht anfangen, jetzt die Kreuzschiffe ins Weltall zu verlegen und damit ähnliche Wirkung zu haben.

Wir brauchen die Raumfahrt für Erdbeobachtung, Navigation, Telekommunikation und auch für Forschung, aber nicht so ausgeprägt für Tourismus.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.04.2025, 7:25 Uhr

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17 Kommentare

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  1. 17.

    Was sieht man in aktuell in Thailand und Myanmar?
    Wissen Sie, ob die von Ihnen so verhassten Oligachen nichts spenden?
    Vielleicht tun die das und tragen das eben nicht wie eine Monstranz vor sich her.
    Ich frage mich, warum Sie so verbittert und neidisch sind oder hat man Ihnen mit den täglichen medialen Update das Hirn weich gekocht.

  2. 16.

    Die erste Berlinerin im Obit!
    Wie großartig!
    Ich bin begeistert.
    Danke für diesen Mut, dieser Frau für die Wissenschaft!
    Respekt!

  3. 15.

    Und genau darum sollten wir uns als erstes kümmern, bevor wir denjen, das All zu erobern.

  4. 14.

    Ui , das erste Mal ne Frau aus Old Germany.
    Hoffe nächstes Jahr wird dieses Datum zum Feiertag ernannt.

  5. 13.

    Bei staatlichen Institutionen wie der ESA oder dem amerikanischen Gegenpart der NASA gibt es unwahrscheinlich viel Bürokratie. Bei der ESA kann man es gut sehen , sie hat einen riesen Wasserkopf der Unsummen an Steuergeldern verschlingt. Man denke jetzt nur an die Ariane 6 deren Entwicklung 10 oder 15 Jahre her ist also der entwicklungsstart wenn nicht sogar länger. Bekommen hat Europa eine milliardenschwere Wegwerfrakete. SpaceX hat es im Gegensatz zu allen hochbezahlten Weltraum Institutionen geschafft wiederverwendbare Raketen zu bauen. Eigentlich sollte diese Aussage schon reichen inwiefern wir private Unternehmen brauchen die Raumfahrt betreiben.

  6. 11.

    Wie extrem genau? Haben sie da mal eine Zahl? Oder wollten sie einfach nur Dramen konstruieren?

  7. 10.

    Seltsam, plötzlich ist Klimaschutz, dem wir uns alle mit CO2-Abgabe usw. zu unterwerfen haben, unwichtig.
    Die Emissionen von solchen Raketen sind doch extrem....
    Zweierlei Maß war noch nie richtig!

  8. 9.

    Nettes Thema im Kontrast zu all den aktuellen Fürchterlichkeiten auf der Erde.

  9. 8.

    Was ein Engagement eines Millardärs dank Kryptowährung. Und wie die Milliardäre der Welt sich sozial engagieren, sieht man aktuell in Thailand und Myanmar: die Menschen sollen spenden - die Millardäre verballern das Geld im Orbit, auf Yachten und Privatjets. Nur soviel dazu.

  10. 7.

    Die steuerfinanzierte ESA hat es in 50 Jahren nicht hinbekommen, eine deutsche Frau ins All zu schicken. Jetzt macht es jemand anderes mit privatem Geld und es wird herumgemault. Warum?

  11. 6.

    Mir fallen ganz spontan viele viele Sachen ein, wo viele viele Milliarden viel viel sinnloser verblasen werden. Und bevor wir Massentourismus ins Weltall zu befürchten haben, müßten ja auch die Mindestlöhne noch ein klein bissl angepaßt werden. Nur kein Neid!

  12. 5.

    "dass wir nicht mit Kommerzialisierung und Tourismus gleichsetzen"
    bitte korrigieren:
    "dass wir nicht Kommerzialisierung mit Tourismus gleichsetzen"

  13. 4.
    Antwort auf [Helmut Krüger ] vom 01.04.2025 um 10:45

    Der Milliardär bei diesem Flug hat mit dem BitCoin Zeugs nicht nur das Finanzsystem geschädigt (reinpumpen von Geld ohne Gegenwert) sondern auch noch dafür (Serverfarmen) massiv fossile Brennstoffe verknallt. Für die Wissenschaft ist koordiniertes Vorgehen wichtig und dass lässt sich bei vielen der Oligarchen-Aktionen vermissen.

  14. 3.

    Warum nicht Kreuzfahrtschiffe ins All schießen?
    Wer es sich leisten kann und Lust darauf hat.
    Jeder wie er will.

  15. 2.

    @rbb
    letzte Überschrift über dem letzten Abschnitt:

    Ist der Raumfahrt die Kommerzialisierung?

    Bitte korrigieren

    (warum gibt es nach jedem Absenden eines Kommentares erstmal eine Fehlermeldung?)

  16. 1.

    Oh, wie Recht er hat....