Ausstellung in Berlin - Fotografie im c/o: Die Welt von Afrika aus denken

Sa 01.02.25 | 16:20 Uhr | Von Marie Kaiser
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Dawit L. Petros, Untitled (Prologue III), Nouakchott, Mauritania, 2016 © Dawit L. Petros. Courtesy of the artist and Tiwani Contemporary/C/O Berlin
Audio: rbb24 Inforadio | 02.02.2025 | Barbara Wiegand | Bild: © Dawit L. Petros. Courtesy of the artist and Tiwani Contemporary/C/O Berlin

Den westlichen Blick auf die Welt infrage zu stellen - darum geht es der Ausstellung "A World in Common" im c/o Berlin. Diese zeigt Werke von 23 zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern aus Afrika und der afrikanischen Diaspora.Von Marie Kaiser

Die Königin sitzt auf der Straße. Nicht auf einem Thron, sondern auf einem einfachen Holzstuhl. Auf dem Kopf keine Krone, sondern ein Strohhut. Und doch strahlt Königin Hajiya Hadizatu Ahmedu Magajiya von Knubwada jede Menge majestätische Würde und Weisheit aus in ihrem rotbraunen mit goldenem Faden bestickten Gewand.

Im Königreich von Knubwada, das zu Nigeria gehört, gibt es eine besondere Tradition: Seit Jahrhunderten herrschen dort nur Frauen. Doch in seiner Serie "Nigerian Monarchs" porträtiert der nigerianische Fotograf George Osodi nicht nur die Königin von Knubwada, sondern auch andere nigerianische Monarchen in würdevoller Pose mit Zeptern, prächtigen Gewändern und aufwändigem Kopfschmuck.

"Afrika als Kontinent hat die ganze Welt geprägt"

"Mit diesen Bildern will der Künstler dem kolonialen Blick etwas entgegensetzen", erklärt Cale Garrido, die die Ausstellung gemeinsam mit Osei Bonsu von der Londoner Tate Modern Gallery kuratiert hat. "In der Kolonialzeit wurden diese Herrscherinnen und Herrscher oft ohne diesen Stolz und diese Würde gezeigt - als Eroberte. Dabei hatten sie vor der Kolonialzeit sehr viel Macht und Handlungsspielraum. Und spielen auch heute wieder eine wichtige Rolle innerhalb der Gemeinschaften."

Den westlichen Blick auf die Welt in Frage zu stellen, darum geht es der Ausstellung im c/o Berlin, die mehr als 100 Werke von 23 zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern aus Afrika und der afrikanischen Diaspora zeigt. Das verrät schon der Titel der Ausstellung "A World in Common".

Der Titel leitet sich aus der Philosophie des kamerunischen Denkers Achille Mbembe ab und seiner Idee, eine "gemeinsame Welt" zu imaginieren, indem wir "die Welt von Afrika aus denken". Aber was genau bedeutet das? "Es geht um einen Perspektivwechsel.", sagt Cale Garrido. "Afrika als Kontinent hat die ganze Welt geprägt - durch traditionelle Wissenssysteme, aber auch natürlich durch die Diaspora, die dieses Wissen in die Welt hinausgetragen hat. Es geht aber auch darum, dass wir die Welt als Ganzes betrachten und uns als Menschen auf das besinnen, was uns verbindet und nicht auf das, was uns trennt."

Kiripi Katembo, Evolution, 2008–2013, aus der Serie Un regard © Fondation Kiripi Katembo Siku. Courtesy MAGNIN-A Gallery, Paris

Ausstellung in drei Kapiteln

"Identität und Tradition", "Gegenerzählungen" und "Zukunftsentwürfe" - in diese drei Kapitel ist die Ausstellung unterteilt. Das erste Kapitel befasst sich mit alten afrikanischen Kulturen und Traditionen, die die Kolonialzeit überdauert haben: wie Masken, Rituale oder Fetische.

Im zweiten Kapitel "Gegenerzählungen" sind viele Porträtfotos zu sehen. In einer Installation des südafrikanischen Künstlers Santu Mofokeng werden schwarz-weiß Porträts von schwarzen Familien projiziert, die Anfang des 20. Jahrhunderts, also in der Zeit vor der Apartheid, entstanden sind. Es sind Bilder, die vertraut erscheinen: ein Hochzeitsbild - die Braut im weißen Kleid, der Bräutigam mit Zylinder. Zwei Frauen mit einem kleinen Jungen - alle mit leuchtend weißen Spitzenkrägen. "Diese Bilder zeigen, dass es eine Zeit vor der Apartheid gab, in der schwarze Menschen ein stolzes Leben führen konnten und sich selbst auf Fotos inszenierten. Das sind Familienportraits, inszeniert in viktorianischen Kleidern, so wie wir das vielleicht auch aus den Bildern in Europa kennen", erläutert Kuratorin Cale Garrido.

Landschaften aus Müll

Im dritten Kapitel "Zukunftsentwürfe" wendet sich die Ausstellung den tiefgreifenden Auswirkungen von Klimakrise und Globalisierung zu. Zu sehen sind ganze Landschaften, die aus dem Müll bestehen, den der Westen nach Afrika abschiebt. Auf einem Foto von Fabrice Monteiro, das im Senegal entstanden ist, wandelt ein scheinbar überlebensgroßer Mensch wie auf Stelzen über eine Mülldeponie- mit traditionellem Kopfschmuck, Armbändern und Maske. Der ausladende Rock besteht komplett aus Plastikverpackungen. Im Hintergrund steigt giftiger Rauch von der Müllverbrennung apokalyptisch in den Himmel.

Ein Meer in der Sahara

Auf knallbunt-fantastisch anmutenden Fotos inszeniert die äthiopische Künstlerin Aïda Muluneh Frauen in der Sahara mit Wasserkrügen oder inmitten einer Fata Morgana, in der die Wüste sich in ein Meer zu verwandeln scheint. "Aïda Muluneh thematisiert hier, dass es nicht nur in Äthiopien immer schwieriger an die wichtige Ressource Wasser heranzukommen", betont Kuratorin Cale Garrido. "Die Äthiopierinnen spielen in der Gesellschaft eine wichtige Rolle, weil es ihre Aufgabe ist die schweren Wasserbehälter oft stundenlang zu Fuß zu transportieren, um die Familie zu versorgen."

Pflastersteine schweben im Himmel

Besonders in Erinnerung bleibt die raffinierte Street-Photography des kongolesischen Fotografen Kiripi Katembo. Auf den Straßen der kongolesischen Hauptstadt Katembo wollte er das Alltagsleben des dort lebenden Volks der Kinois dokumentieren. Da diese jedoch aus traditionellen Gründen nicht fotografiert werden wollten, richtete er sein Objektiv nach unten und fotografierte Menschen, die sich in Pfützen spiegeln. Es sind Bilder in bunten Farben, auf denen Pflasterscheine wie Wolken am Himmel zu schweben scheinen. Unwirklich schöne Bilder wie aus einer surrealen Traumwelt.

Die Ausstellung "A World in Common. Contemporary African Photography" ist vom 1. Februar bis 7. Mai 2025 im c/o Berlin im Amerika-Haus zu sehen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.02.2025, 08:50 Uhr

Beitrag von Marie Kaiser

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3 Kommentare

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  1. 3.

    Die Welt aus einer humanistischen Perspektive auf Augenhöhe zu sehen ist immer noch angesagt.
    Nicht ein sogenannter Antikolonialismus der rassistisch ist und den Menschen in Afrika, Südamerika die Entwicklungschancen nehmen will.

  2. 2.

    Klingt sehr interessant und horizonterweiternd, da geh ich mal hin.

  3. 1.

    Das neue Selbstbewusstsein das die 'alten"Werte des Westens in Frage stellt.