Internationaler Frauentag - Kürzungen des Berliner Senats bringen Frauenprojekte unter Druck

Fr 07.03.25 | 06:23 Uhr | Von Ute Schuhmacher
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Luisa fertigt einen Stoffigel in einem Raum der "Freien Straffälligenhilfe für Frauen" der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Berlin-Lichtenberg an.(Quelle:rbb/U.Schuhmacher)
Bild: rbb/U.Schuhmacher

Der Internationale Frauentag ist in Berlin seit sechs Jahren gesetzlicher Feiertag. Das soll helfen, die Rechte von Frauen zu stärken. Wie steht es um dieses Ziel im Jahr 2025, in dem verschiedene Projekte für Frauen Opfer des Spardrucks geworden sind? Von Ute Schuhmacher

Im hellen Erdgeschossraum eines Plattenbaus in Berlin-Lichtenberg sitzen drei Frauen über ihren Näharbeiten. Die "Freie Straffälligenhilfe für Frauen" der Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat hier noch Räume. Die Drei leisten mit ihrer Näharbeit die Tagessätze ab, zu denen sie ein Gericht verurteilt hat.

Luisa ist eine von ihnen. Sie näht an einem Patchwork-Plüsch-Igel, er soll später auf einem Markt verkauft werden. Luisa lebt von Bürgergeld. Ihre Mutter ist im vergangenen Jahr gestorben, sie kam mit dem Öffnen von Behördenbriefen und Rechnungen nicht mehr hinterher und wurde schließlich verurteilt. Andere Frauen sind beispielsweise hier, weil sie ohne Ticket gefahren sind und ihre Strafe nicht zahlen konnten.

Bislang können die Tagessätze im Wedding und in Lichtenberg über die Näharbeiten abgearbeitet werden. Nachdem die Justizsenatorin rund 30 Prozent der Projektgelder für dieses Jahr gekürzt hat, muss der Standort in Lichtenberg Ende März schließen. Damit fallen dreizehn Plätze für straffällig gewordene Frauen weg. Es bleiben noch 20 Plätze im Wedding.

Als Alleinerziehende ist eine Haftstrafe "keine Option"

Die Justizverwaltung begründet die Kürzung mit der schwierigen Haushaltslage des Landes Berlin. Dabei sei die notwendige Konsolidierung "nicht ohne gravierende Einsparungen zu leisten", teilt die Justizverwaltung dem rbb mit. Deshalb müssten Schwerpunkte gesetzt werden - und die liegen aus Sicht der Justizverwaltung auf Projekten der Gewaltprävention und dem Opferschutz. Aber es würden auch in Zukunft Frauenprojekte unterstützt, heißt es weiter.

Wenig Verständnis für die Kürzung hat der Kreisvorsitzende der Awo-Mitte, Manfred Nowak. Gerade das Nähprojekt spare der Justizverwaltung doch Geld, argumentiert er. Denn Frauen, die die Tagessätze nicht bezahlen können, müssten sonst ins Gefängnis. Ein Haftplatz aber koste am Tag deutlich mehr als ein Tag im Nähprojekt. "Das ist etwas, was bei den Sparzwängen offenbar nicht richtig erkannt wird", sagt Nowak.

Hätte Luisa ihre Strafe absitzen müssen, wäre noch ein anderes Problem dazu gekommen: "Ich habe ein kleines Kind zu Hause", sagt Luisa. Als alleinerziehende Mutter sei eine Haftstrafe für sie "keine Option".

SPD will Frauenprojekte retten

Nicht nur die Justizverwaltung hat bei Frauenprojekten gekürzt. Auch in der Bildungsverwaltung ist bei drei Projekten der Rotstift angesetzt worden. So bekommt das Projekt "Box dich durch" von den Boxgirls weniger Geld, bei einem Computerkurs für Frauen über 60 wird nach einer anderen Finanzierung gesucht. Und dann kürzte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) noch bei einem Gewaltpräventionsprojekt für Grundschulen der "Berliner Initiative gegen Gewalt" (BIG) an Frauen.

Das geht so nicht, meinte daraufhin Innensenatorin Iris Spranger (SPD), und stellt nun für dieses Jahr 200.000 Euro aus ihrem Haushalt zur Verfügung. "Wir müssen gemeinsam jeden Tag dafür kämpfen, dass Gewalt und weitere Straftaten gegen Frauen und Kinder endlich aufhören und auch nicht verharmlost werden", so Spranger gegenüber rbb|24. Das BIG-Projekt ist damit nach den Worten ihrer Sprecherin erstmal gerettet. Wie es im nächsten Jahr weiter geht, ist für sie aber genauso offen, wie für alle anderen Projekte. Denn angekündigt ist, dass der Senat den Landeshaushalt insgesamt in den nächsten beiden Jahren weiter kürzen muss und wird.

Explizite Bekenntnisse für Frauenprojekte gibt es dennoch von SPD-geführten Senatsverwaltungen wie Soziales, Inneres und Wirtschaft. Franziska Giffey will als Wirtschaftssenatorin weiter "ganz stark Frauen in der Berliner Wirtschaft unterstützen, und deshalb wird da auch nicht gekürzt", sagt sie dem rbb. Es sei noch viel zu tun, beispielsweise weil der Anteil von Frauen, die ein Unternehmen gründen, im Vergleich zu Männern immer noch im Verhältnis 1:3 liege.

Cansel Kiziltepe hat als Sozialsenatorin, die auch für Gleichstellung zuständig ist, sicher die meisten Frauenprojekte des Senats in ihrer Verantwortung und sie bisher verteidigt. Im laufenden Haushaltsjahr habe es keine Kürzungen von Frauenprojekten gegeben, heißt es aus ihrer Verwaltung. Mit Blick auf die nächsten beiden Jahre wird die Aussage vorsichtiger: Das Verfahren zur Aufstellung des Doppelhaushalts habe erst begonnen und befinde sich im internen Verwaltungsverfahren.

Sendung: Radioeins, 06.03.2025, 09:40 Uhr

Beitrag von Ute Schuhmacher

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16 Kommentare

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  1. 16.

    Eben. In diesem Staat sind keine Kinder erwünscht. Würde "Kinder aufziehen"so bezahlt werden, wie diese Arbeit wert ist... hätten wir keine Probleme mit der Rente, Fachkräfte Mangel ...Wahrscheinlich auch weniger Probleme mit Gewalt gegen Frauen, weil Frauen so letzendlich unabhängiger sind von einer Gemeinschaft mit einem Macker. Das K für Kindererziehung wird so abschätzig bewertet... das wahre Problem daran ist die absolute Unterbezahlung für die wichtigste Arbeit einer Gesellschaft.

  2. 15.

    Ich habe mich nach reiflichen Überlegungen und Recherche ebenfalls gegen Kinder entschieden. Auch weil ich keinen Partner gefunden habe, der bereit war die Carearbeit zu teilen und beruflich dafür kürzer zu treten.
    Fazit: Die guten Männer sind schon vergeben und der Rest taugt nicht fürs moderne Vatersein.
    Nun bin ich 36, verdiene gut und habe eine liebevolle Beziehung, engagiere mit ehrenamtlich in der Jugendhilfe und bezahle meine Eigentumswohnung ab. Somit ist meine Altersvorsorge gesichert. Mit Kindern wäre dies nicht möglich.

  3. 14.

    Rolando, ich stimme Ihnen in allen Kommentaren zu und lassen Sie sich von Kommentaren wie von Apophis (15:28 Uhr) nicht beirren. Sicherlich kann man darüber diskutieren, ob die Art der Tätigkeit, die die Frauen dort mit nähen verrichten um ihre"Strafe" zu bezahlen wirklich hilfreich ist. Aber wenn Projekte gestrichen werden... was passiert dann ?

  4. 13.

    Interessant. Worin liegt denn die angebliche "Mitschuld" der sPD und der Grünen?

    Weder die Grünen, noch die sPD will bei solchen Projekten sparen, sondern die cDU.

  5. 12.

    "Der absolute Knaller ist doch, das eine Außenministerin mit erhobenen Zeigefinger in Staaten auftritt wo Frauenrechte mit Füßen getreten werden, obwohl es im eigenen Land kaum besser aussieht."

    In welcher TikTok Blase leben sie denn? Hier sieht es also nicht besser aus wie im Sudan, Saudi Arabien uvm.?

    Aber die cDU mit ihrem Frauenbild aus den 1950er Jahren arbeitet daran dass für Frauen wieder die 3 "K" bestimmend werden.

    Kirche, Kinder, Küche.

  6. 11.

    Warum braucht es für alles staatliche Projekte und Gelder? Und Kommentar 2 mal Hirn einschalten und nachdenken warum Frauen so unsicher sind. Das ist auch die Mitschuld der SPD und der Grünen. Dass die noch von Frauen gewählt werden, ist mir schleierhaft.

  7. 10.

    Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, der Kommentar behandelt das Thema Frauen Rechte. Das macht mich fast fassungslos, das hier Kommentare geschrieben werden die sich mit Straßenschäden und Schäden an den Autos beschäftigen. Gibt es da kein Männer-Forum wo sich Poser und Co austauschen können? Daran lässt sich doch schon erkennen wie unwichtig diesen Leuten Frauen in unserer Gesellschaft sind. Na dann viel Spaß, brumm, brumm, Gas, Gas oder wie heißt das in eurem Club?

  8. 9.

    Im Jahr 2023 sind 247 Frauen und Mädchen in Folge häuslicher Gewalt ums Leben gekommen. Hierzu zählen auch die Fälle von Körperverletzung mit Todesfolge. Fast 82 Prozent der Opfer sind weiblich. - Knapp 18 Prozent der Gewaltopfer sind Männer. Scheinbar reichen diese Zahlen noch nicht, um in diesem Land zu handeln? Es gibt ja nicht einmal Lösungsansätze um daran was zu ändern. Was muss das für eine psychische Belastung sein, wenn ich eine Tochter zur Welt bringe, die unter diesen Voraussetzungen aufwächst?

  9. 8.

    Wenn man seine Geschwindigkeit den Strassenverhältnissen anpasst, kann kaum was passieren. Rennräder (Fahrrad) mit dünnen Reifen müssen aufpassen, Motorräder können ausweichen, SUVs und die vielen Geländewagen in der Stadt sind sowieso für schlechte Straßen gemacht oder fällt ihr Auto jedes Mal auseinander, wenn sie über Zuggleise fahren?

  10. 6.

    Solange ein Schild mit Tempolimit auf die Strassenschäden hinweist, ist Vatter Staat juristisch sauber.

    "Strassenschäden Tempo 10" - so einfach ist das.

  11. 5.

    Der absolute Knaller ist doch, das eine Außenministerin mit erhobenen Zeigefinger in Staaten auftritt wo Frauenrechte mit Füßen getreten werden, obwohl es im eigenen Land kaum besser aussieht. Weiß sie das, oder interessiert sie sich auch nicht für dieses Thema? Warum wird nicht erst vor der eigenen Haustür gekehrt? Kann sich bei den Grünen noch jemand an Petra Kelly erinnern?

  12. 4.

    Typische Kurzsichtigkeit: Nichtreparierte Schäden der Straßen machen es nicht nur „etwas holpriger“. Die Schäden vergrößern sich schnell und dann reicht keine einfache Schnellreparatur sondern der gesamte Straßenabschnitt muss gemacht werden. Was sehr viel mehr Geld kostet. Noch mehr wenn erstmal durch die Vorschäden nicht nur der Oberbelag sondern auch der Unterbau in Mitleidenschaft gezogen wurde.

    Hinzu kommen mögliche Personenschäden durch die Schäden. Hier mal ein gestürzter Rad- oder Motoradfahrer, Dort mal ein Schaden an einem PKW der ggf. zu einer Ablenkung und einem Unfall führt.

  13. 2.

    SPD will Frauenprojekte retten? Unvorstellbar wie wenig darüber aufgeklärt wird wie gefährlich es geworden ist als Frau in Deutschland zu leben. Das war ein Tagespunkt im Bundestag, zu dem sich gerade mal 35 % der Abgeordneten dort bemüht hatten daran teil zunehmen. Von den 16 Reden wurden 16 von Frauen geführt. Eine Schande, Verhältnisse wie im Mittelalter. Beim nächsten Tagespunkt war der Bundestag wieder bis auf den letzten Platz gefüllt. Die wenigsten Frauen bekommen einen Platz in einem Frauenhaus, die meisten wissen nicht wie sie sich der Gewalt entziehen sollen. Deutschland, völlig verschuldet, keine Frauenhäuser, keine Kitaplätze, zu wenig Polizei, zu wenig Lehrer, kaum eine Schule mit funktionierenden Toiletten, keine Turnhallen, keine Schwimmbäder, und in Kürze 3 Billionen Schulden!

  14. 1.

    Ich kann diese Kurzsichtigkeit nicht verstehen!

    Es muss gespart werden, ok. Aber warum denn immer an den falschen Stellen? Warum immer da, wo es nachhaltige Maßnahmen betrifft, die uns als Gesellschaft voranbringen und in der Zukunft vielleicht genau dadurch Einsparungen erzielen können, weil bestimmte Maßnahmen? Warum bei Projekten für Frauen? Daran wurde seit Jahrhunderten gespart!

    Dann lasst doch z.B. mal 3-4 Jahre die Straßen wie sie sind (bis auf absolute Notreparaturen). Holpert es eben hier und da mal noch ein bisschen mehr. Ich komm damit klar. Da wird so viel Geld frei für wirklich wichtige Dinge!

    So oft wird mit großem Aufwand versucht die Auswirkungen/Folgen von Dingen zu heilen, anstatt Ursachen zu bekämpfen und die Basis für die Zukunft zu verbessern. Man muss doch erstmal das Fundament reparieren, bevor man das Haus saniert, sonst geht doch gleich wieder alles kaputt ...