Internationaler Frauentag - Kürzungen des Berliner Senats bringen Frauenprojekte unter Druck

Der Internationale Frauentag ist in Berlin seit sechs Jahren gesetzlicher Feiertag. Das soll helfen, die Rechte von Frauen zu stärken. Wie steht es um dieses Ziel im Jahr 2025, in dem verschiedene Projekte für Frauen Opfer des Spardrucks geworden sind? Von Ute Schuhmacher
Im hellen Erdgeschossraum eines Plattenbaus in Berlin-Lichtenberg sitzen drei Frauen über ihren Näharbeiten. Die "Freie Straffälligenhilfe für Frauen" der Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat hier noch Räume. Die Drei leisten mit ihrer Näharbeit die Tagessätze ab, zu denen sie ein Gericht verurteilt hat.
Luisa ist eine von ihnen. Sie näht an einem Patchwork-Plüsch-Igel, er soll später auf einem Markt verkauft werden. Luisa lebt von Bürgergeld. Ihre Mutter ist im vergangenen Jahr gestorben, sie kam mit dem Öffnen von Behördenbriefen und Rechnungen nicht mehr hinterher und wurde schließlich verurteilt. Andere Frauen sind beispielsweise hier, weil sie ohne Ticket gefahren sind und ihre Strafe nicht zahlen konnten.
Bislang können die Tagessätze im Wedding und in Lichtenberg über die Näharbeiten abgearbeitet werden. Nachdem die Justizsenatorin rund 30 Prozent der Projektgelder für dieses Jahr gekürzt hat, muss der Standort in Lichtenberg Ende März schließen. Damit fallen dreizehn Plätze für straffällig gewordene Frauen weg. Es bleiben noch 20 Plätze im Wedding.
Als Alleinerziehende ist eine Haftstrafe "keine Option"
Die Justizverwaltung begründet die Kürzung mit der schwierigen Haushaltslage des Landes Berlin. Dabei sei die notwendige Konsolidierung "nicht ohne gravierende Einsparungen zu leisten", teilt die Justizverwaltung dem rbb mit. Deshalb müssten Schwerpunkte gesetzt werden - und die liegen aus Sicht der Justizverwaltung auf Projekten der Gewaltprävention und dem Opferschutz. Aber es würden auch in Zukunft Frauenprojekte unterstützt, heißt es weiter.
Wenig Verständnis für die Kürzung hat der Kreisvorsitzende der Awo-Mitte, Manfred Nowak. Gerade das Nähprojekt spare der Justizverwaltung doch Geld, argumentiert er. Denn Frauen, die die Tagessätze nicht bezahlen können, müssten sonst ins Gefängnis. Ein Haftplatz aber koste am Tag deutlich mehr als ein Tag im Nähprojekt. "Das ist etwas, was bei den Sparzwängen offenbar nicht richtig erkannt wird", sagt Nowak.
Hätte Luisa ihre Strafe absitzen müssen, wäre noch ein anderes Problem dazu gekommen: "Ich habe ein kleines Kind zu Hause", sagt Luisa. Als alleinerziehende Mutter sei eine Haftstrafe für sie "keine Option".
SPD will Frauenprojekte retten
Nicht nur die Justizverwaltung hat bei Frauenprojekten gekürzt. Auch in der Bildungsverwaltung ist bei drei Projekten der Rotstift angesetzt worden. So bekommt das Projekt "Box dich durch" von den Boxgirls weniger Geld, bei einem Computerkurs für Frauen über 60 wird nach einer anderen Finanzierung gesucht. Und dann kürzte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) noch bei einem Gewaltpräventionsprojekt für Grundschulen der "Berliner Initiative gegen Gewalt" (BIG) an Frauen.
Das geht so nicht, meinte daraufhin Innensenatorin Iris Spranger (SPD), und stellt nun für dieses Jahr 200.000 Euro aus ihrem Haushalt zur Verfügung. "Wir müssen gemeinsam jeden Tag dafür kämpfen, dass Gewalt und weitere Straftaten gegen Frauen und Kinder endlich aufhören und auch nicht verharmlost werden", so Spranger gegenüber rbb|24. Das BIG-Projekt ist damit nach den Worten ihrer Sprecherin erstmal gerettet. Wie es im nächsten Jahr weiter geht, ist für sie aber genauso offen, wie für alle anderen Projekte. Denn angekündigt ist, dass der Senat den Landeshaushalt insgesamt in den nächsten beiden Jahren weiter kürzen muss und wird.
Explizite Bekenntnisse für Frauenprojekte gibt es dennoch von SPD-geführten Senatsverwaltungen wie Soziales, Inneres und Wirtschaft. Franziska Giffey will als Wirtschaftssenatorin weiter "ganz stark Frauen in der Berliner Wirtschaft unterstützen, und deshalb wird da auch nicht gekürzt", sagt sie dem rbb. Es sei noch viel zu tun, beispielsweise weil der Anteil von Frauen, die ein Unternehmen gründen, im Vergleich zu Männern immer noch im Verhältnis 1:3 liege.
Cansel Kiziltepe hat als Sozialsenatorin, die auch für Gleichstellung zuständig ist, sicher die meisten Frauenprojekte des Senats in ihrer Verantwortung und sie bisher verteidigt. Im laufenden Haushaltsjahr habe es keine Kürzungen von Frauenprojekten gegeben, heißt es aus ihrer Verwaltung. Mit Blick auf die nächsten beiden Jahre wird die Aussage vorsichtiger: Das Verfahren zur Aufstellung des Doppelhaushalts habe erst begonnen und befinde sich im internen Verwaltungsverfahren.
Sendung: Radioeins, 06.03.2025, 09:40 Uhr