Ostprignitz-Ruppin - Mutmaßlich Wölfe an Tor eines Brandenburger Wohnhauses gefilmt

In Flecken Zechlin sorgen Videoaufnahmen für Unbehagen: Am Tor zu einem Wohnhaus sind mutmaßlich Wölfe gefilmt worden - obwohl die Tiere eher als scheu gelten. Im Dorf will man nun mit Wildtierkameras erfassen, ob Wölfe häufiger in die Ortschaft kommen.
Flecken Zechlin (Ostprignitz-Ruppin) liegt im Norden Brandenburgs an einem idyllischen See. Etwa 700 Menschen leben in dem kleinen Ortsteil von Rheinsberg, der von sehr viel Wald umgeben ist. Die Gebiete gehören größtenteils zum Naturpark Stechlin-Ruppiner Land.
Es ist ein Naturparadies, beliebt bei Mensch und Tier. Nachts sind nun offenbar zwei Wölfe durch das Urlauberdorf gezogen. Eine Überwachungskamera vor einem Wohnhaus filmte sie dabei, wie sie ein parkendes Auto umliefen. Eines der Tiere stellte sich dann auf die Hinterbeine und lugte über das Gartentor.
Wölfe auch bei Tageslicht gesehen
Wenige Stunden später wurden die beiden mutmaßlichen Wölfe nach Angaben von Anwohnerin Madleen Gebhard am Marktplatz erneut gesehen, bei Tageslicht: "Sie waren unterwegs in Richtung Ortsausgang - da ist auch noch ein Spielplatz." Ein paar Tage später sei ein Wildtier dann auch an der Schule gesichtet worden, sagte Gebhard weiter. Das an dem Wohnhaus aufgenommene Video verbreitete sich in Flecken Zechlin rasant, ging auch im Internet viral.
Auch zwei Wolfsbeauftragte des Landes Brandenburg haben sich die Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus Flecken Zechlin angesehen - darunter Eckhard Fuhr vom Ökologischen Jagdverein Brandenburg. Beide bestätigten dem rbb unabhängig voneinander auf Nachfrage, dass in dem Video aller Wahrscheinlichkeit nach Wölfe zu sehen sind.
Brandenburg hat höchste Wolfsdichte
Sie würden sich artgerecht wie Wildtiere verhalten - und nicht wie Hunde, hieß es von Experte Fuhr zur Begründung. Außerdem sei einmal der charakteristische schwarzen Schwanzfleck zu sehen. "Mittlerweile ist es in Brandenburg - und gerade in dieser Region - auch wahrscheinlicher, dass nachts zwei Wölfe durch ein Dorf laufen als zwei wolfsähnliche Hunde, die niemand kennt", erklärte Fuhr weiter.
Nach Angaben von Agrar-Sekretär Gregor Beyer (parteilos) hat Brandenburg weltweit die höchste Wolfsdichte: "Ich gehe davon aus, dass wir deutlich über 2.000 Wölfe haben." Norwegen sei elfmal größer als Brandenburg und begrenze den Wolfsbestand bei 250 Tieren. Nach Zahlen des Bundesamtes für Naturschutz für das Monitoring-Jahr 2023/24 lebten in Brandenburg 58 Wolfsfamilien, gefolgt von Niedersachsen (48 Wolfsfamilien) und Sachsen (37).
Anwohnerinnen und Anwohner in Sorge
Tierschützer und Landwirte streiten seit Jahren über den Umgang mit dem Wolf. Erst Anfang Januar kam es zu einem "Wolfshearing", einer Diskussionsveranstaltung, in Prenzlau (Uckermark). Der Konflikt hat sich verschärft, weil Wölfe immer wieder Nutztiere wie Schafe auch auf umzäunten Weiden reißen. Das brandenburgische Agrarministerium hält einen Abschussplan für Wölfe auch deshalb für notwendig. Bislang dürfen die Tiere der streng geschützten Art nicht getötet werden, es gibt aber Bestrebungen, die Regelungen zu lockern.
Bei den Anwohnerinnen und Anwohner in Flecken Zechlin siorgen Wölfe vor der eigenen Haustür für Unbehagen. "Das ist natürlich schon beängstigend", sagt Gebhard. "Die Situation war für die Wölfe nicht angenehm. Deshalb auch der eine Versuch, da an dem Tor hochzukommen. Sie suchen offenbar einen Ausweg, dann schepperte etwas, plötzlich ging ein Licht an. Die Wölfe waren gestresst", analysierte der Experte. Wenn dann ein Mensch aufgetaucht wäre, hätte das noch mehr Stress verursacht und möglicherweise eine aggressive Reaktion verursacht.
Wölfe normalerweise nicht gefährlich für den Menschen
Wölfe seien normalerweise aber nicht gefährlich für den Menschen - sie fliehen, so Fuhr weiter: "Sie greifen Menschen unter normalen Umständen auch nicht an, können in bestimmten Situationen aber wie alle größeren Wildtiere gefährlich sein." Ihre Beute sind vorwiegend Rehe, aber eben auch Schafe oder Ziegen.
Eine nächtliche Begegnung mit Wölfen ist aus Sicht des Experten in einem besiedelten Gebiet nicht ungewöhnlich: "Man sollte die Tiere einfach in Ruhe lassen und ignorieren, wenn sie einen nicht bedrängen oder hinterherlaufen. Wenn man aber Angst hat oder einen Hund dabei, dann kann man die Wölfe auch anschreien oder mit Gegenständen bewerfen und sie verjagen."
In Flecken Zechlin wurden nun Wildkameras installiert. Es solle geprüft werden, ob die Wölfe öfter durch das Touristendorf ziehen, berichtete der Ortsvorsteher: "Dann müssen wir überlegen, was wir dagegen tun."
Sendung: Antenne Brandenburg, 6.3.2025, 10:00 Uhr