Kultur- und Kreativhaus in Gefahr - Droht Potsdamer Rechenzentrum doch Abriss?

Fr 31.01.25 | 16:59 Uhr
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Wandbild an der Hausfassade des Rechenzentrum Potsdam, Brandenburg, aufgenommen am 05.03.2024. (Quelle: Picture Alliance/Karl Heinz Spremberg)
Audio: Antenne Brandenburg | 31.01.2025 | Felix Moniac | Bild: Picture Alliance/Karl Heinz Spremberg

Das Rechenzentrum ist Kreativhaus, Atelier und Zuhause für sozial engagierte Menschen mitten in Potsdams Innenstadt. Es steht zu einem Teil auf dem Grundstück der Stiftung Garnisonkirche. Seit zehn Jahren wird es geduldet, doch das könnte enden. Von Felix Moniac

Es ging um den letzten öffentlichen Punkt auf der Tagesordnung zum aktuellen Stand der "Projektstruktur Forum an der Plantage". Schnell entsponn sich im Hauptausschuss eine hitzige Debatte um die Zukunft des Rechenzentrums, dem Kunst-, Kultur- und Kreativzentrum in Potsdams Mitte.

Hintergrund ist ein Schreiben der Stiftung Garnisonkirche an den Potsdamer Oberbürgermeister. Ihr Verwaltungsvorstand Leinemann wirft der Stadt eine mangelnde Kommunikation mit der Stiftung vor. Konkret geht es um zwei Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung aus dem vergangenen Jahr.

Diese Beschlüsse sollten offenbar die Grundlage dafür bilden, dass das Rechenzentrum dauerhaft erhalten bleibt, heißt es in dem Schreiben.

Stiftung fühlt sich düpiert

Im ersten Beschluss vom Juni 2024 wurde dem Bau eines Plenarsaals auf dem Gelände der ehemaligen Garnisonkirche eine Absage erteilt. Der Plenarsaal soll stattdessen auf dem Verwaltungcampus in der Friedrich-Ebert-Straße gebaut werden. Damit ist das Konzept eines "Forums der Demokratie", in den auch der neue Kirchturm der Garnisonkirche eingebunden worden wäre, mindestens infrage gestellt.

Mit dem zweiten Beschluss sollen die Voraussetzungen für eine Mietvertragsverlängerung des Rechenzentrums um weitere fünf Jahre geschaffen werden. Damit, so heißt es in dem Brief der Stiftung, würde de facto darauf hingearbeitet, das Rechenzentrum dauerhaft zu erhalten.

Die Machbarkeitsstudie verfolgt nun vielmehr das Ziel, das benachbarte Rechenzentrum zu sanieren.

Verwaltungsvorstand Peter Leinemann, Stiftung Garnisonkirche

Beide Beschlüsse seien mit der Stiftung weder vorbesprochen worden, noch habe die Stadt sie später der Stiftung kommuniziert. Deswegen gibt es jetzt laut Stiftung eine "neue Lage": "Vor jeden weiteren denkbaren Schritten, wie Teilnahme des Vorstands an Workshops der Machbarkeitsstudie und ähnlichen, erkennen wir zwingend Beratungs- und Entscheidungsbedarf im Kuratorium", heißt es in dem Brief.

Die Machbarkeitsstudie sollte sich ergebnisoffen mit dem Areal der ehemaligen Garnisonkirche befassen. Der Gedanke, den Plenarsaal der Stadtverordneten in ein etwaiges Neubauvorhaben zu integrieren, sei aus Sicht der Stiftung wesentlicher Teil der Beschlusslage, heißt es in dem Brief. Schließlich wird in dem Schreiben die Frage aufgeworfen, wie die Stadt den finanziellen Unterhalt, die Erhaltung und die Teilsanierung in Anbetracht der prekären Haushaltslage der Stadt vorstellt.

Weitere Herausforderung bei Erhaltungswunsch

Dabei ist der Interessenkonflikt zwischen Stiftung Garnisonkirche und Stadt Potsdam nicht das einzige ungelöste Problem in Bezug auf eine Zukunft des Rechenzentrums. Es gibt auch baurechtliche Probleme.

Das Rechenzentrum steht sehr nah an dem neu gebauten Kirchturm der Garnisonkirche. Aus Sicht der Bauaufsicht aus Brandschutzgründen zu nah. Zum aktuellen Zeitpunkt ist das nur möglich, weil das Rechenzentrum offiziell nur geduldet wird. Die Kulanz der Bauaufsicht würde aber womöglich enden, wenn sich dieser Status ändern würde. Dann müsste diesbezüglich eine neue gesetzliche Regelung gefunden werden.

Und auch für die Mieterinnen und Mieter würde sich bei einer Vertragsverlängerung voraussichtlich etwas ändern. Denn die Stadt hat das Gebäude den Betreibern quasi zu einem "Selbstkostenpreis" überlassen. Das bedeutet, sie müssen nur so viel Geld durch Miete aufbringen, dass die laufenden Kosten gedeckt sind.

Auch eine Frage der finanziellen Gerechtigkeit

Deshalb können die Mieten auf einem für Potsdamer Verhältnisse sehr niedrigen Niveau gehalten werden. Rund zehn Euro kostet der Quadratmeter. Hinter vorgehaltener Hand heißt es aus der Verwaltung, wenn das Rechenzentrum länger erhalten bliebe, dann müssten auch die Mieten steigen. Ansonsten könnten andere Immobilienbetreiber in der Stadt dieselben Konditionen einfordern. Es ist eine Frage der finanziellen Gerechtigkeit.

Ob bei einem deutlich erhöhten Mietpreis die Mieterinnen und Mieter dann nicht freiwillig in das neue Künstlerquartier im Langen Stall umziehen würden, ist unklar. Die rechtlich sichere Situation dort könnte aber ein Argument sein.

 

Sendung: Antenne Brandenburg, 31.01.2025, 12:30 Uhr

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15 Kommentare

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  1. 15.

    Hätte eine Minderheit nicht die Garnisonkirche aufbauen wollen, hätten wir heute diese Probleme nicht. Die Freikorps sind Folge des preußischen Militarismus wie er in Garnisonkirche verherrlicht wurde und diese sind verantwortlich für tausend Morde auch gedeckt von der damaligen Reichsregierung kein Wort dazu bei den angeblich Versöhnern dort.

  2. 14.

    Militaristische und feudale Kopien für Unsummen an Steuergeld, statt vernünftiger moderner Wohn- und Kulrurraum.

    Das kann Potsdam so gut wie Berlin. Beides zeugt vom rückwärtsgewandten Zeitgeist inklusive Kriegsgeilheit.

  3. 13.

    Schon ein wichtiger Freiräume für Künstler*innen und Kreative. Ich war in den 10 Jahren mehrere Mal dort und fand die Stimmung und die Leute angenehm, tolle Ausstellungen, liebevoll ausgewählte Musik und Veranstaltungen für groß, klein, jung, alt. Als alter Mann, finde ich den Zeitgeist heutzutage schwer erträglich. Abriss statt Sanierung. Gute Beispiele für bezahlbare und zugängliche Räume werden von der Politik im Stich gelassen, die sich von einer Stiftung voller konservativer Reicher vorn Karren spannen lässt. Das ist enttäuscht. Meine Enkelkinder lieben diesen Ort und haben ihn mir gezeigt. Mein HeRZ bricht.

  4. 12.

    Der Bau einer Moschee, Basilika, Cathedral del Mexiko, oder was auch immer, wäre wahrscheinlich Zeitgemäßer - als eine deutsche Preußische Kirche.

  5. 11.

    Das Rechenzentrum ist doch noch, das modernste Bauwerk in Potsdam.

  6. 10.

    Bevor sie wieder solchen Unsinn schreiben informieren sie sich doch erst einmal. Die Kirche welche Ort des undemokratischen Geistes war wurde durch britischen Bomber zerstört und nicht etwa durch die DDR. Es wurde eine Ruine abgerissenen, was der Kirche recht war, aber diese leider bis heute nicht öffentlich zugeben möchte. Es lagen keinerlei Pläne würde den Wiederaufbau vor.

    Sie verschweigen zudem auch, dass sowohl die Nikolaikirche als auch der Berliner Dom auch mit Geldern der DDR aufgebaut wurden.

  7. 9.

    Absud ist die Aufrechnung mit Gebäuden außerhalb der Innenstadt. Dann könnte auch gesagt werden der Aufbau der Garnisonkirche und des Rosakoltz sind unnötig da es doch viele leere Kirchen gibt und so viele alte Mietskasernen. Hätte der Westen nicht Wiedervereinigung verhindert bräuchten sie heute nicht jammern. Lüge ist dieser Satz es sein „Diese Kirche+Kirchenschiff, wurden mutwillig zerstört,“. Die Garnisonkirche war eine Ruine für die es auch nach Jahrzehnten keine Pläne gab diese wiederzuerrichten.

  8. 8.

    Da würde Ich aber, nochmal durchzählen !!!
    Kastenförmige Gebäude/Plattenbauten, stehen in Potsdam, wahrscheinlich mehr herum, wie historische Schlösser, Burgen, oder Kirchen ???
    Wenn Ich durch Potsdam, gehe oder fahre, treffe Ich an jeder Ecke - auf Plattenbauten aus DDR-Zeiten bzw. auf Platten-und Kastenbauten aus heutiger Zeit.
    Diese Kirche+Kirchenschiff, wurden mutwillig zerstört, wie sehr viele historische Bauwerke, in der gesamten ehemaligen DDR und sollten daher, wieder aufgebaut werden.

  9. 7.

    Potsdam war und ist, eben langweilige Provinz.
    Sieht und merkt man schon, im Potsdamer Hauptbahnhof: vollkommen verdreckte und kaputte Fußböden, irgendeine Rolltreppe ist sowieso immer defekt und außerdem viel zu klein, für die ganzen Menschenmassen, die dort täglich an-oder abfahren müssen.
    Und von der langweiligen Kastenarchitektur, braucht man, erst gar nicht zu sprechen.

  10. 6.

    "Ansonsten könnten andere Immobilienbetreiber in der Stadt dieselben Konditionen einfordern. Es ist eine Frage der finanziellen Gerechtigkeit." Was für ein Skandal, wenn auch andere Immobilientreibende bezahlbare Mieten einfordern würden. Komische Definition von finanzieller Gerechtigkeit.

  11. 5.

    Selbst die Schloss-Attrappen in Potsdam, sind leblos, ungepflegt und spießig - wie eigentlich, die gesamte Stadt.
    Richtig moderne Architektur und auch richtig modernes Leben, sucht man in Potsdam vergeblich.
    Die Potsdamer/innen(wenn es die überhaupt noch gibt),
    haben kein wirkliches Interesse, an ihrer Stadt - das sieht man in Potsdam, eigentlich an jeder Ecke.
    Vom alten unmodernen DDR Krankenhaus, über die unzureichende Infrastruktur, bis hin zur spießigen Potsdamer Bauweise(Quadratisch-Eckig-,,Gut,,)
    Dazu fehlen, Ordnung und Sauberkeit, in der gesamten Stadt - ,,Landeshauptstadt,, findet man dort, sehr wenig bis eigentlich gar nichts, Viele Grüße.

  12. 4.

    Die Zerstörung der historischen Bebauung in meiner Heimatstadt zumeist durch Leute die aus dem Westen sind ist widerlich. Verlogen der DDR wurde vorgeworfen sie habe die alte Bebauung beseitigen wollen. Allerdings wird es heute umfänglicher gemacht und das im Gegensatz zu der DDR eben nicht aus wirtschaftlichen Gründen. Klimaschutz ist dann auch vollkommen egal weil intakte Gebäude abgerissen werden für die Protzbauten der Minderheit. Die Potsdamer inklusive der Stadtverordneten wollten die Walhalla des preußischen Militarismus nicht. Hunderte Jobs wurden vernichtet für sinnlose Kopien. Der Verkehr wird behindert, selbst Rettungswagen sind davon betroffen. Die übrige Entschädigung welche die Kirche für die Ruine der Garnisonskirche erhalten hatte wurde auch nicht zurückgezahlt. Über hundert Kirchen verfallen hier, aber dafür war Geld da. Zudem der Bau entgegen vorgehender Versprechen eben zum Großteil aus Steuergelder finanziert wurde.

  13. 3.

    Dem schließe ich mich an. Allein schon das Mosaik ist einzigartig. Hingegen die Kirche nebenan überflüssig,...
    Diese architektonische Ära wird gerade komplett eliminiert. Schlimm..

  14. 2.

    Das Rechenzentrum ist einer der wenigen interessanten Dinge im dem ansonsten spießigem Potsdam. Für den Aufbau der Schloss-Attrappe in einer Stadt mit dem meisten Schlossern pro Kopf war zudem doch auch Geld da.

  15. 1.

    Es ist so logisch wie nachvollziehbar, dass ein 1970er-Jahre-Bau natürlich nicht auf eine halbe Ewigkeit hin ohne Sanierung auskommen kann. Nach einer überfälligen Sanierung dürften die Mieten mindestens an diejenigen Mieten heranreichen, die beim Areal des künftigen Kunst- und Kreativzentrums hinter der ehem. Feuerwache verlangt werden. Zudem die Räume dort auch noch stärker auf die Bedürfnisse von jungen Kunstschaffenden ausgelegt sind, anstatt sich, mit Verlaub, die beengten Büroräume des Rechenzentrum-Verwaltungstraktes schön zu reden.