Maßnahmenpaket gegen Lehrermangel - Kritik an Plänen des Brandenburger Bildungsministeriums hält an
Dem Land Brandenburg fehlen im kommenden Schuljahr hunderte Lehrer. Gegen die Maßnahmenpläne des Bildungsministeriums gibt es dennoch heftige Kritik von Opposition und Lehrergewerkschaft. Bildungsministerin Ernst verteidigt ihre Pläne. Von Markus Woller
- 200 Lehrerstellen können 2023/24 nicht besetzt werden
- Bildungsministerin will dafür Assistenten einstellen
- GEW fordert mehr Anstrengung zur Lehrkräfte-Gewinnung
Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) hat in einer Sondersitzung des Bildungsausschusses ihre umstrittenen Pläne für das kommende Schuljahr verteidigt. Das Ministerium hatte angekündigt, dass 200 Lehrerstellen, für die man kein qualifiziertes Personal findet, zu Assistenzstellen umgewidmet werden sollen.
Außerdem sollen Lehrerwochenstunden gekürzt werden, die momentan noch für Extra-Unterricht, zum Beispiel beim flexiblen Lernen, beim Förderunterricht und dem jahrgangsübergreifenden Unterricht in der ersten und zweiten Klasse genutzt werden.
In der Sitzung sagte Ernst, die Umwidmung sei wichtig, damit vor allem Schulen in ländlichen Regionen auch im nächsten Schuljahr arbeitsfähig seien. "Unser Ziel ist, dass wir Bildungsgerechtigkeit erhalten. Unser Ziel ist, dass die Stundentafel in allen Teilen Brandenburgs unterrichtet werden kann. Unser Ziel ist, dass wir da steuernd eingreifen und nicht ungesteuert zuschauen", so die Bildungsministerin in der Online-Schalte. Ohne die Maßnahmen könnte grundlegender Unterricht wie Mathematik nicht mehr flächendeckend garantiert werden.
Linke: "Die Kürzungen hauen rein"
Heftigen Widerspruch erntete die Bildungsministerin von der bildungspolitischen Sprecherin der Linkspartei, Kathrin Dannenberg. Die Maßnahmen träfen vor allem Schulen, in denen eine ausreichende Ausstattung von Lehrern besonders wichtig sei. Grund- und Oberschulen vor allem auf dem Land müssten um ihre Möglichkeiten bangen, hilfsbedürftigen Schülern ausreichend Unterstützung zukommen zu lassen. Einige Schulen hätten bereits errechnet, dass ihnen zwei bis drei Lehrerstellen wegfielen. "Das sind Kürzungen, die richtig reinhauen", so Dannenberg. Sie forderte die Bildungsministerin auf, das Maßnahmenpaket zurückzunehmen. Es brauche nicht weniger Lehrerstellen, sondern mehr. Assistenzstellen müssten zusätzlich geschaffen werden.
Die Bildungsministerin verwies darauf, dass keine Stellen gestrichen, sondern nur jene mit Assistenzen ergänzt würden, die absehbar ohnehin nicht mit Lehrern besetzt werden könnten. Dies beträfe rund ein Prozent der Gesamtlehrerstellen. "Ich glaube, die meisten Schulen werden das nicht merken", so die Ministerin. Insgesamt sieht das Bildungsministerium einen Bedarf von 1.800 neuen Lehrerinnen und Lehrern. 200 Stellen werde man aber wohl nicht besetzen können und deshalb anderweitig besetzen.
Im Vorfeld der Sondersitzung des Bildungsausschusses hatte die Lehrergewerkschaft GEW gegen das Maßnahmepaket Stellung bezogen. Es sei keine Lösung, sondern verschärfe die Situation an den Schulen dramatisch, so GEW-Vorsitzender Günter Fuchs.
GEW fürchtet höhere Belastung kleinerer Schulen
Die vom Bildungsministerium angenommenen 1.800 Stellen seien zudem nur eine Minimalvariante. Realistisch betrachtet brauche man eher 2.200 neue Lehrer im neuen Jahr. Die Kürzungen würden auch aus seiner Sicht vor allem kleine Schulen auf dem Land treffen. Eine rein rechnerische Zahl von wenigen Stunden für Verwaltungsaufgaben nutze kleineren Schulen nichts, sagte Fuchs. Denn dafür könne keine Fachkraft eingestellt werden. Dagegen treffe diese Schulen schon eine Kürzung von drei bis fünf Lehrerstunden hart. Statt Umwidmungen brauche es zusätzliche Anstrengungen, neue Lehrer zu finden.
Fuchs schlug vor, stattdessen mehr finanzielle Angebote für ältere Lehrer zu unterbreiten. Viele von ihnen entschieden sich, schon mit 63 in Rente zu gehen. Sie davon zu überzeugen, länger zu arbeiten, könnte dem angespannten Fachkräftemarkt für Lehrer Entlastung bringen und Zeit für die Ausbildung neuer Lehrkräfte gewinnen. Die Bildungsministerin hatte bereits angekündigt, mit den Gewerkschaften dazu ins Gespräch kommen zu wollen. Die GEW rechnet damit, dass in den kommenden zehn Jahren rund 12.500 Lehrer in Pension gehen, das wären rund 60 Prozent der Lehrkräfte im Land.
Sendung: rbb24 Inforadio, 01.03.2023, 18:20 Uhr