Kultusministerkonferenz - Experten gehen von weiteren 20 Jahren Lehrermangel aus
Der Lehrkräftemangel ist ein Dauerthema in der Bildungspolitik - auch in Berlin und Brandenburg. Die Kultusministerkonferenz geht davon aus, dass es noch zwei Jahrezehnte so bleiben wird - und schlägt Gegenmaßnahmen vor.
Den Schulen in Deutschland steht nach Experteneinschätzung beim Personal noch eine sehr lange Durststrecke bevor. "Das Problem des Lehrkräftemangels wird aller Voraussicht nach in den kommenden 20 Jahren bestehen bleiben", heißt es in einer am Freitag vorgestellten Stellungnahme von Bildungswissenschaftlern für die Kultusministerkonferenz (KMK).
Der Mangel bedrohe die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung und beeinträchtige auch die Qualität des Unterrichts. In dem Papier werden Vorschläge für eine kurz- bis mittelfristige Entspannung der Situation gemacht. Manches davon wird in den Bundesländern bereits umgesetzt.
Teilzeitarbeit soll begrenzt werden
Die Kommission empfiehlt unter anderem Schritte zur Rückgewinnung von Lehrkräften aus dem Ruhestand oder zur Weiterbeschäftigung von Lehrerinnen und Lehrern über die Altersgrenze hinaus. Die Experten sprechen sich zudem für eine Begrenzung der Möglichkeiten für Teilzeitarbeit aus.
Auch sollte nach Ansicht der Wissenschaftler eine befristete Erhöhung der Unterrichtsstunden von Lehrern pro Woche geprüft werden - mit finanziellem Ausgleich oder Abgeltung durch weniger Arbeitszeit in späteren Jahren. Empfohlen wird auch die Erprobung von Hybridunterricht an Gymnasien und eine bessere Anerkennung der Abschlüsse von Lehrern aus dem Ausland.
Knapp tausend unbesetzte Stellen in Berlin
An den Berliner Schulen waren zum Stichtag 1. November 2022 knapp tausend Lehrerstellen unbesetzt. Damit fehlen mehr Lehrer als erwartet. Im Mai vergangenen Jahres hatte die Bildungsverwaltung 920 unbesetzte Lehrerstellen für das jetzt laufende Schuljahr prognostiziert. Dazu kamen laut einem Sprecher der Verwaltung aber insbesondere weitere Schwangerschaften und Dauererkrankungen. Damit stieg die Zahl auf 973 offene Vollzeitstellen.
Auch in Brandenburg gibt es einen akuten Bedarf an Lehrern. Laut Lehrergewerkschaft GEW besteht für das kommende Schuljahr 2023/24 ein voraussichtlicher Einstellungsbedarf von 1.600 Lehrkräften. Um dem entegegenzusteuern, hatte die Landesregierung kürzlich beschlossen, dass künftig auch Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit einem Bachelorabschluss als Seiteneinsteiger in der Schullaufbahn den Beamtenstatus erhalten können.
Historische Herausforderung
Die bei der KMK angesiedelte Kommission, die regelmäßig Empfehlungen für die Bildungspolitik abgibt, ist sich nach eigenen Worten bewusst, dass ihre Vorschläge "eine zusätzliche Belastung für Lehrkräfte mit sich bringen". "Deshalb müssen die hier vorgeschlagenen Maßnahmen befristet werden", heißt es. Das Gremium mahnt aber auch: Allen Akteuren im Schulsystem müsse klar sein, dass die Gesellschaft vor einer historischen Herausforderung stehe, die größte Anstrengungen erfordere.
Als Ursache für den Lehrkräftemangel wird unter anderem die Bevölkerungsentwicklung genannt: "Erheblichen Pensionierungswellen stehen kleine Geburtskohorten gegenüber, aus denen Lehramtsstudierende gewonnen werden können."
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.01.2023, 14:40 Uhr