Erinnerung an sechs Millionen Opfer - Israelische Botschaft gedenkt in Sachsenhausen der Holocaust-Opfer

Di 18.04.23 | 14:58 Uhr
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Kurt Hillmann (l-r), Holocaust-Überlebender, Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz, und Ron Prosor, Botschafter von Israel in Deutschland, sitzen zum Holocaust-Gedenktag Yom HaShoah in der Gedenkstätte Sachsenhausen (Quelle: dpa / Fabian Sommer).
Audio: rbb24 Inforadio | 18.04.2023 | Nico Hecht | Bild: dpa

Die israelische Botschaft in Deutschland hat am Dienstag in der Gedenkstätte Sachsenhausen anlässlich des Holocaust-Gedenktages Jom haScho'a an die sechs Millionen jüdischen Mordopfer der Nationalsozialisten erinnert. Neben dem Botschafter des Staates Israel, Ron Prosor, war auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) in Oranienburg (Kreis Oberhavel) zugegen.

Auch Überlebende des KZ Sachsenhausen waren zu der Veranstaltung gekommen. Der 1933 in Berlin geborene Kurt Hillmann, der die Verbrechen des NS-Regimes überlebte, entzündete eine Fackel am zentralen Gedenkort "Station Z". So nannte die SS-Mannschaft in Sachsenhausen ein Gebäude im Lager mit Gaskammer, Erschießungsbereich und Krematorium. Der letzte Buchstabe des Alphabets, als zynischer Hinweis für die letzte Station im Leben eines Häftlings.

Hillmann entkam der Verfolgung durch die Nazis nur mit Glück und der Unterstützung von Helfern. Die Familie seiner jüdischen Mutter sowie seine Freunde wurden in Vernichtungslagern ermordet. Seine kranke Mutter starb, weil man ihr als Jüdin die notwendige medizinische Behandlung verweigert hatte [stiftung-denkmal.de].

Justizminister: Niemals akzeptieren, dass Juden sich in Deutschland nicht sicher fühlen

Wie in Israel an dem Gedenktag üblich, ertönte auch am ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen für zwei Minuten eine Sirene. Die Menschen hielten inne und gedachten der Toten. Sie entzündeten Kerzen und legten Kränze nieder. In diesem Jahr wird besonders an den jüdischen Aufstand gegen die deutschen SS-Truppen im Warschauer Ghetto erinnert, der vor 80 Jahren am 19. April 1943 begann.

Der Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erinnerte bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust die ungeheuerlichen Verbrechen des Nationalsozialismus. "Die Scham werden wir ewig empfinden." Er sei demütig und dankbar, dass es ihm heute möglich sei, gemeinsam mit Juden der Opfer zu gedenken.

Buschmann nahm auch Bezug auf eine pro-palästinensische Demonstration in Berlin vor rund zehn Tagen in Berlin, bei der laut Videoaufnahmen israelfeindliche und antisemitische Parolen gerufen worden waren. Es könne niemals akzeptiert werden, wenn sich Juden in Deutschland nicht sicher fühlen könnten, sagte der Minister.

Kurt Hillmann, Holocaust-Überlebender aus Berlin steht bei einer Erinnerungsveranstaltung anlässlich des Holocaust-Gedenktages Yom HaShoah in der Gedenkstätte Sachsenhausen (Quelle: dpa / Fabian Sommer).Der Berliner Kurt Hillmann spricht als Zeitzeuge an Schulen. Er sagt, er sehe es als seine Pflicht an, seine Erinnerungen an Jüngere weiterzugeben - um gegen das Vergessen zu kämpfen.

Israel steht zwei Minuten still

Der israelische Botschafter Ron Prosor sagte dem rbb24 Inforadio am Morgen, Antisemitismus müsse tagtäglich durch Bildung begegnet werden. Es sei auch wichtig, junge Menschen dort zu erreichen, wo es zu antisemitischen Vorfällen komme - zum Beispiel auf Sportplätzen, im Internet und in der Schule.

In Israel wird seit 1951 am Gedenktag Jom haScho'a in landesweiten Zeremonien an die Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Nazis erinnert. Dazu gehören Erinnerungszeremonien an der Internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, zudem heulen an dem Tag im ganzen Land Sirenen, Autos halten an, Menschen verharren still in Gedenken.

Im KZ Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 nach Angaben der dortigen Gedenkstätte mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende Häftlinge kamen dort durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Versuche und Misshandlungen um oder wurden Opfer systematischer Vernichtungsaktionen. Am 23. April wird der 78. Jahrestag der Befreiung der Gefangenen des KZ Sachsenhausen begangen. Auch dazu werden Überlebende des Konzentrationslagers erwartet.

Sendung: rbb24 Abendschau, 18.04.2023, 19:30 Uhr

3 Kommentare

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  1. 3.

    Richard von Weizsäcker, Altbundespräsident des vorherigen Bundesgebietes, hat in seiner Rede zum 40jährigen Kriegsende 1985 bemerkt, dass der Krieg, der von Deutschland ausging, nach Deutschland zurückkehrte.

    Das war fern des pauschalen Begriffs eines Tätervolks, hier bezogen auf den Krieg, was die Shoa angeht, bezüglich der massenhaften, systematischen Vernichtung. "No german, no holocaust" habe ich woanders aufgesprüht auf einer Wand gelesen. Dahinter steckt dann die Behauptung eines quasi biologischen deutschen Wesens, das dies alles zustande gebracht habe.

    Nichts ist gewonnen durch solche pauschale Betitelungen wie Tätervolk. Wohl aber gibt es Erkenntnisse und Aufschlüsse, wenn die Strukturen benannt werden, die mehr als woanders zu so etwas führten. Die deutsche Art der Pedanterie ist jedenfalls eines davon. Und, ja, auch Widerständler hierzulande gehören zum Thema.

  2. 2.

    Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus ist keine Staatsräson!
    Sonst müsste man nachdenken.

  3. 1.

    Mein Großvater war einer der ersten Häftlinge dort in Sachsenhausen und das für 3 Jahre, die mussten sich das Lager selbst noch aufbauen zu der Zeit, sich faktisch selbst einsperren. Er kämpfte gegen die Nazis wie viele seiner Mithäftlinge aus politischen Gründen - aber einen Anspruch auf einen eigenen Gedenktag gibt es für die nicht wirklich. Es ist schlimm das man dies heute unterteilt nach Opfer-Herkunft. Eine Schande das es wieder so anfängt

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