Erste Aktionen in Mitte und Kreuzberg - Klima-Aktivisten beginnen mit angekündigten Verkehrsblockaden in Berlin
Bis Anfang Mai hat die "Letzte Generation" zahlreiche Aktionen in Berlin geplant, zuletzt war sogar von "unbefristeten" Protesten die Rede. Erste Proteste gab es am Mittwoch in Mitte und Kreuzberg, nahe der Spree.
Klima-Aktivisten der "Letzten Generation" haben an mehreren Orten in Berlin ihren angekündigten Protest gestartet. Wie die Polizei mitteilte, gab es am Mittwochnachmittag erste Aktionen in Mitte und in Kreuzberg. Auch die Aktivisten-Gruppe selbst postete auf Twitter Videos und Bilder von Protestmärschen auf Berliner Straßen.
Polizeisprecher Martin Halweg sagte dem rbb, es sei eine mobile Lage. Bisher habe es keine "Verklebungen" gegeben. Die Mitglieder der Gruppe bleiben demnach mobil und nicht lange an einem Ort. Die Polizei hat unterdessen ihre Kräfte verstärkt. Nun sind am Rande der Aktionen 200 Beamte im Einsatz, wie Halweg erklärte.
Demonstration und Blockaden
Unter anderem sollen 100 Menschen auf der Karl-Marx-Allee in Berlin-Mitte Richtung Frankfurter Allee unterwegs sein. Dies hat die Polizei als Versammlung eingestuft und den Protest gewähren lassen. In die Gegenrichtung seien etwa 30 Menschen unterwegs.
Auf der Holzmarktstraße in Mitte befinden sich zudem zwölf Aktivisten auf der Fahrbahn. Im Feierabendverkehr sorgen sie für Beeinträchtigungen.
Auf der Köpenicker Straße in Mitte soll nach Polizeiangaben eine etwa 30 Personen große Gruppe in Richtung Heinrich-Heine-Straße die Fahrbahn blockiert haben, zunächst mit einem Protestmarsch, aus dem heraus sich neun der Teilnehmer auf die Straße setzten. Dabei wurden nach Polizeiangaben neben Autos auch die dort verkehrenden Busse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) an der Weiterfahrt gehindert.
Nicht weit entfernt sollen einige Personen versucht haben, sich an der Michaelbrücke festzuketten. Dies sei von Einsatzkräften verhindert worden, so die Polizei. An der Schillingbrücke (Kreuzberg) soll nach dpa-Angaben ein Klima-Aktivist auf einen Polizeiwagen geklettert sein, weitere blockierten sitzend die Fahrbahn. Eigentlich hatte die "Letzte Generation" angekündigt, ihren groß angelegten Protest zunächst auf das Regierungsviertel konzentrieren zu wollen.
Spranger: "Man nimmt hier Berlinerinnen und Berliner in Geiselhaft"
Mit großem Unverständnis reagierte Innensenatorin Spranger auf den Proteststart am Mittwoch. "Angekündigte Straftaten" nannte sie die bevorstehende Protestwelle. "Man nimmt hier die Berlinerinnen und Berliner mit in Geiselhaft, die gesamte Stadt. Man möchte sie lahmlegen", sagte Spranger dem rbb.
Ihrer Ansicht nach habe Berlin schon viel für den Klimaschutz getan, im Entwurf des neuen Koalitionsvertrags von CDU und SPD seien Investitionen in Höhe von rund zehn Milliarden für den Klimaschutz geplant. Das bedeute, so Spranger, dass das Ziel Klimaschutz wichtig sei. Der Klimaprotest in der Form von Verkehrsblockaden sei allerdings nicht das richtige Mittel - und nicht als Versammlung geschützt. "Straftaten bleiben Straftaten. Wir sehen es ja, es wird festgeklebt. Es wird bewusst in Kauf genommen, dass die Berlinerinnen und Berliner nicht von A nach B kommen und das schützt das Versammlungsfreiheitsgesetz nicht", so die Senatorin.
Trotz ihrer eigenen scharfen Wortwahl rief Spranger die Autofahrer dazu auf, bei Blockaden nicht zu Selbstjustiz zu greifen, sondern die Polizei zu rufen.
"Unbefristete" Protestwelle ab Mittwoch angekündigt
Die Gruppe "Letzte Generation" hatte den Proteststart für diesen Mittwoch bereits vorab angekündigt. Zunächst unbefristet soll der Verkehr in Berlin mit zahlreichen Streiks gestört und blockiert werden. Dafür seien über 800 Aktivisten in der Stadt, behauptet die Gruppe. Bereits nach dieser Ankündigung hatte es scharfe Kritik gegen den Protest gegeben, unter anderem von der CDU und der Polizei-Gewerkschaft aber auch aus weniger konservativen Kreisen, von den Grünen.
Zu den geplanten Protesten in Berlin sagte Sprecherin Carla Hinrichs am Dienstag: "Wir werden die Stadt friedlich zum Innehalten bringen". Was genau wo und wie geplant ist, hält die Gruppe üblicherweise geheim, zumal die Polizei strikt gegen die illegalen Aktionen vorgeht und bereits zahlreiche Gerichtsverfahren wegen Straßenblockaden gegen Aktivisten laufen.
Die "Letzte Generation" fordert zur Bewältigung der Klimakrise von der Bundesregierung unter anderem einen Gesellschaftsrat mit 160 gelosten Mitgliedern, der das Ende der Nutzung von fossilen Brennstoffen wie Öl, Kohle oder Gas in Deutschland bis 2030 planen soll. Von der "Letzten Generation" heißt es, die Regierung könne die Blockaden stoppen, wenn sie den Gesellschaftsrat einsetze oder einen Plan zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels vorlege. Gemeint ist eine globale Erwärmung von nicht mehr als 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.
Polizei war auf Proteste vorbereitet
Eine Sprecherin der Berliner Polizei hatte im Vorfeld der Proteste auf rbb-Anfrage mitgeteilt, man richte sich auf die Blockaden ein, könne aber keine Details zur Einsatzplanung oder zu den erwarteten Orten nennen. Die Polizei hatte in den vergangenen Monaten Mühe, der Blockaden Herr zu werden. Möglich sind in Berlin bis zu 48 Stunden Präventivgewahrsam. Meist werden Ermittlungsverfahren eingeleitet und an die Justiz übergeben.
Sendung: rbb24 Inforadio, 19.04.2023, 15 Uhr