Antisemitismus-Streit - Lederer, Breitenbach, Scheel: Mehrere Ex-Senatoren verlassen Linkspartei

Mi 23.10.24 | 18:39 Uhr
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Klaus Lederer (Die Linke), Kultursenator. (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Video: rbb24 Abendschau | 23.10.2024 | Norbert Siegmund | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Verlorene Landtagswahlen, Konkurrenz durch das BSW und Antisemitismus: Die Linke steckt in einer schweren Krise. Nun erklären mehrere prominente Mitglieder des Berliner Landesverbands ihren Austritt aus der Partei.

Der Konflikt in der Linkspartei um die Ausrichtung der Partei und den Umgang mit Antisemitismus spitzt sich weiter zu. Mehrere prominente Berliner Mitglieder haben am Mittwochnachmittag ihren Austritt aus der Partei erklärt.

Neben dem früheren Kultursenator Klaus Lederer gaben auch der ehemalige Fraktionschef Carsten Schatz, der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion im Abgeordnetenhaus Sebastian Schlüsselburg, Ex-Bausenator Sebastian Scheel sowie die ehemalige Sozialsenatorin Elke Breitenbach ihre Austritte bekannt.

Die fünf Politiker veröffentlichten auf der Plattform x.com eine gemeinsame Erklärung. Zuletzt sei es ihnen immer seltener möglich gewesen, sich im Landesverband für ihre Positionen einzusetzen. Insbesondere bei den Thema Antisemitismus, aber auch in der Frage der Solidarität gegenüber der Ukraine.

"Inzwischen sind wir aber an einem Punkt angelangt, an dem sich in - für unser Selbstverständnis zentralen – politischen Fragen unvereinbare Positionen verfestigt gegenüberstehen und eine nötige sachlich-inhaltliche Klärung nicht stattfindet", heißt es in der Mitteilung.

Alle erklärten sich bereit, im Abgeordnetenhaus weiterhin mit der Linksfraktion zusammen zu arbeiten: "Als undogmatische, demokratisch-sozialistische Linke arbeiten wir weiter an unseren Zielen und beziehen politisch Position".

Fraktionsvorsitzende bedauern Austritte

Die Vorsitzenden der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Anne Helm und Tobias Schulze, bedauerten die Austritte. "Elke Breitenbach, Klaus Lederer, Carsten Schatz, Sebastian Scheel und Sebastian Schlüsselburg haben sich auf vielen Ebenen und in unterschiedlichen Funktionen für unsere Partei, die Fraktion und unsere Stadt verdient gemacht", so Helm und Schulze.

"Wir werden innerhalb unserer Fraktion in den Dialog treten wie wir in Zukunft weiterhin gemeinsam den Aufgaben, die die Berliner:innen uns als soziale Kraft übertragen haben, gerecht werden."

Am 11. Oktober war es beim Landesparteitag der Berliner Linken zu einer heftigen Auseinandersetzung über einen Antrag zur Ablehnung von Antisemitismus gekommen. Darin wurde Judenhass aus dem linken Spektrum thematisiert. Nachdem es keine Einigung gegeben hatte, verließen etliche Delegierte, darunter Lederer und die Bundestagsabgeordnete Petra Pau, die Versammlung.

Daraufhin hatten bereits der frühere Linke-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus Udo Wolf und Pankows Ex-Bezirksbürgermeister Sören Benn ihren Parteiaustritt erklärt.

Unvereinbare Positionen

Die Gruppe um Klaus Lederer kritisiert in ihrer Mitteilung am Mittwoch auch die Diskussionskultur innerhalb der Partei. Die fünf hätten den Eindruck, dass Differenzen verstärkt über soziale Netzwerke und personalisiert ausgetragen würden - ohne dass eine inhaltliche Klärung erfolge.

Zwar sei auf einer Sondersitzung am Dienstagabend eine Resolution verabschiedet worden, mit der jede Form von Antisemitismus verurteilt wird. Linken-Landeschef Maximilian Schirmer hatte danach von einer "guten und konstruktiven Debatte" gesprochen und eine weitere Aufarbeitung des parteiinternen Konflikts angekündigt.

Die Gruppe um Lederer sieht das anders. In ihrer Austrittserklärung heißt es zu dem Beschluss: "Die gestern beschlossene Resolution des Landesverbands bleibt weitgehend dem Modus treu, die zutage liegenden Differenzen verbal zu umschiffen." Innerhalb der Partei hätten sich Positionen verfestigt, die unvereinbar miteinander seien.

Die Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus zählt derzeit 21 Mitglieder und ist Teil der Opposition. Bis 2023 regierte sie in einer Koalition mit der SPD und den Grünen. Die Partei wurde unter anderem durch die Gründung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) geschwächt und verlor bei jüngsten Wahlen massiv.

Sendung: rbb 88.8, 23.10.2024, 15:30

 

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95 Kommentare

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  1. 95.

    Natürlich ist dessen Einordnung parteipolitisch geprägt. Erkennt man schon in den Begründungen, weshalb es das Hufeisen angeblich nicht gäbe. Da wird zum Beispiel angeführt, dass Antisemitismus automatisch rechts sei und es den links ja gar nicht gäbe. Die Widerlegung bringen ganz aktuell gerade die Linken.

  2. 94.

    Warum lügen sie? Hajo Funke ist ein anerkannter Forscher und nicht parteipolitisch geprägt.

  3. 93.

    Dieser Kommentar ist ein Beispiel für die "neue" Linksaußen, die sich nicht mehr um das Proletariat sorgt und für dieses stellvertretend "kämpft", sondern sie hat sich ein neues ideologisches Feld zur eigener Selbstverwirklichung gesucht, und nun mit ureigenen Theorien auwartet um ihren "Einsatz" zu rechfertigen.

  4. 92.

    Unterlassen Sie bitte diesen elenden Namensklau!
    Die Hufeisentheorie ist von einigen "Forschern" zwar angezweifelt, die Begründungen dafür sind aber alles andere als schlüssig und deutlich parteipolitisch geprägt.

  5. 91.

    Warum ablenken? Er hat doch recht. Sie könnten einfach nur die Münze umdrehen, um lesend zu verstehen.
    Oder beharrt man lieber auf seiner einseitigen Sichtweise?

  6. 90.

    Wir hatten in Berlin jahrzehntelang linke Senate.
    Die haben die prekäre Lage auf dem Wohnungsmarkt erzeugt!
    Wo war diese Politik denn sozial?

  7. 89.

    Wird interessant werden was diese Personen für ein Bündnis auf die Beine stellen (möchten).

    BÜNDNIS PROTEST GEGEN PROTEST = BPGP

  8. 88.

    Naja, nachdem die meisten Parteien im Becken der sog. Mitte rumdümpeln, sind klare Positionen nicht mehr gefragt. Was dabei auf der Strecke bleibt, sind die wahren Identitäten einzelner Parteien. Klar & deutlich für die eigenen Themen stehen wäre glaubwürdiger & vielfältiger. Soziale Themen finden sich immer weniger, dafür ist das LinksSein eigentlich da & ich hoffe für uns ALLE, dass sich das wieder findet, damit das RechtsSein keine Chance hat. Die Mitte tut es nicht.

  9. 87.

    Wenn er Anstand gehabt hätte, wäre Klaus ausgetreten, nachdem er in den 2000ern zig Tausende Berliner Wohnungen an private Investoren verschachert hat.
    Vielleicht gründet er jetzt eine FDP mit linkem Anstrich...

  10. 86.

    Ja, ganz meiner Meinung. Und wer mit der bösen „internationalen Finanzoligarchie“ gemeint ist, ist auch klar. Man kann nur hoffen, dass die Linke verschwindet.

  11. 85.

    Diese Partei ist doch eigentlich in einer Dauerkrise und nicht nur jetzt

  12. 84.

    Wenn´s vorne juckt und hinten brennt, sollte man aufhören. Ist schon richtig so. Willkommen im 21. Jahrhundert.

  13. 83.

    Den Zahlen des Terror Regimes kann man aber glauben. Manche Menschen lernen es nie.

  14. 82.

    Sie machen es sich zu kompliziert, genau wie die Linken. Praktische Politik kann man nicht von den Linken und Rechten erwarten. In diese Parteien, finden immer wieder tiefe Grabenkämpfe statt. Viele Egoisten, manche haben sogar eine Profil Neurose.

  15. 81.

    Das passiert eben, wenn man nicht mehr selber denkt, sondern dem MainStream folgt.
    Erst fängt man an zu Diskriminieren, dann bejubelt man Krieg und schwupps unterstützt man Leute, die einen zur Tür begleiten.....auf dem Weg den man ihnen geebnet hat....

  16. 80.

    Was soll auch passieren, wenn Westakadamiker*innen die SED/PDS/Linkspartei erben - deren Wähler*innen sind trotzdem bald alle tot. Und jetzt fällt auch die ganze Finanzierung für die akademischen Jobkarrieren weg. Mist.

  17. 79.

    Vielleicht war es doch ihr bedingungsloser Glaube an die Wirksamkeit von Staubschutzmasken und anderen autoritären Maßnahmen, die mit der Realität und Glaubwürdigkeit nicht mehr in Einklang zu bringen sind.

  18. 78.

    Au weia. Jetzt scheint es ja ganz schnell zu gehen mit dem Sturz in die Bedeutungslosigkeit. Aber dort fühlen sich ja gewisse Leute, die politisch weit links stehen, erfahrungsgemäß sehr wohl.

  19. 77.

    Die Linke hat in den 2 Punkten: Russland & Gaza, halt gleiche Positionen wie das BSW, ala: Frieden ist, wenn man keine Waffen mehr liefert.

    Dazu kommt eine imho einseitige Sichtweise auf diese Konflikte. - Das z.B. die mündlichen Zusagen 1994 die Nato nicht nach Osten zu erweitern, weder schriftlich abgeliefert wurden, und dazu noch gegenüber der Sowjetunion (nicht Russland) gegeben wurden interessiert einige schlichtweg nicht.

    Der zweite Punkt ist die Frage, inwieweit sich Israel verteidigen, bzw zurückschlagen darf, solange es Beschossen wird.
    Ich vermute, der größte Teil der Linken, sieht in den Palestinensern, ein von Israel unterdrücktes Volk, und kein von der Hamas manipuliertes, wobei natürlich dazu kommt, das auch Westliche Medien, eben mal so, die von der Hamas veröffentlichen Opferzahlen übernehmen.

    Für mich ist die Linke daher schon lange nicht mehr Wählbar!

  20. 76.

    Ist schon in Ordnung, sich von den Linksreaktionären zu trennen. Aber nun sind sie heimatlos.

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